BT-Drucksache 14/4102

Erfassungsmerkmale für Tötungsdelikte aus rechtsextremer und ausländerfeindlicher Motivation

Vom 18. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4102

14. Wahlperiode

18. 09. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Erfassungsmerkmale für Tötungsdelikte aus rechtsextremer und
ausländerfeindlicher Motivation

In der Sendung „Panorama“ vom 24. August 2000 wurde in dem Beitrag „Die
verschwiegenen Toten: Behörden vertuschen Ausmaß der rechtsradikalen Ge-
walt“ darauf hingewiesen, dass das Bundesministerium des Innern (BMI) die
Zahl der von Rechtsextremisten getöteten Personen falsch angebe. In dem
Bericht heißt es: „In der offiziellen Auflistung rechtsextremer Tötungsdelikte
seit der Wiedervereinigung verzeichnet das BMI genau 24 Tote. (...) Doch die
Zahl ist falsch ... Experten wissen es schon lange: Die Opferzahlen werden
möglichst niedrig gehalten, und zwar mit allen Tricks: Vertuschen, verheim-
lichen, fälschen, und das bundesweit, seit Jahren. Eine ungeschönte Liste der
Todesopfer zeigt das wahre Ausmaß des rechtsextremen Terrors. Er ist um
ein Vielfaches höher als von der Bundesregierung behauptet. Seit der Wende
mindestens 117 Todesopfer – zur Erinnerung: Die Bundesregierung spricht von
nur 24.“

Weiter wird in dem Bericht angeführt, dass schon die Bundesregierung unter
Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl die Opferzahlen bagatellisiert habe: „Da war
schon die Kohl-Regierung reichlich schamlos, verzeichnete seit der Wende nur
34 Tote. Rot-Grün ist da offenbar noch viel dreister. Noch ein paar Opfer weg-
gerechnet, und plötzlich stehen nur noch 24 auf der Liste“.

„Panorama“ führt eine ganze Reihe von Fällen an, wo Personen von Neonazis
aus ganz offensichtlich rechtsextremer oder ausländerfeindlicher Motivation
getötet worden sind, diese Fälle aber nicht vom BMI registriert werden. Selbst
auf die Ermordung eines Polizeibeamten durch den bekannten Neonazi K. D.
antwortet der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper: „Wenn ich
mich recht erinnere, ist dieser Täter in die von mir genannten Kategorien ein-
zuordnen“.

„Panorama“ berichtet weiter: „Einer der zehn Toten, die es bei Rot-Grün ein-
fach nicht mehr gibt: A. S., 1990 ermordet. Der Fall einfach weggestrichen, ob-
wohl der Täter ein organisierter Neonazi war. Warum eigentlich, fragen sich die
Angehörigen. Auch das Innenministerium räumt inzwischen höflich ein, dies
sei eine berechtigte Frage.“ Und Panorama weiter: „Auf die Antwort waren wir
natürlich gespannt. Wir wollten zu gern wissen, wie man die zehn Toten weg-
gerechnet, in der Statistik versenkt hat. Hier ist sie, die Antwort des Staats-
sekretärs (gemeint ist der Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper,
d. Verf.). Die Zahlen seien – Zitat – nicht vergleichbar, weil zwischenzeitlich
die statistischen Erfassungsmerkmale geändert wurden.“
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gibt es neue Erfassungsmerkmale für rechtsextrem und ausländerfeindlich
motivierte Tötungsdelikte, und wenn ja, wann wurden diese verfasst?

2. Was ist der wesentliche Inhalt dieser Erfassungsmerkmale?

3. Wodurch unterscheiden sich diese Erfassungsmerkmale von den vorher-
gehenden Erfassungsmerkmalen?

4. Was ist der Zweck für diese Neukonzipierung der Erfassungsmerkmale?

5. Welche Behörden werden bei der Beurteilung von zu vermutenden und tat-
sächlich rechtsextrem und ausländerfeindlich motivierten Straftaten heran-
gezogen?

Berlin, den 12. September 2000

Ulla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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