BT-Drucksache 14/4086

Aktueller Stand der HIPC-Entschuldungsinitative

Vom 12. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4086

14. Wahlperiode

12. 09. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, Siegfried Helias,
Rudolf Kraus, Dr. Manfred Lischewski, Marlies Pretzlaff, Erika Reinhardt,
Hans-Peter Repnik, Dr. Christian Ruck, Heinz Schemken,
Peter Weiß (Emmendingen) und der Fraktion der CDU/CSU

Aktueller Stand der HIPC-Entschuldungsinitiative

Auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Köln vom Juni 1999 und dem IWF/Weltbank-
Herbsttreffen vom September 1999 wurden wichtige Entscheidungen zur HIPC-
Heavily Indebted Poor Countries)-Entschuldungsinitiative zugunsten hochverschul-
deter armer Entwicklungsländer gefällt. Von den hierfür ausgewählten 36 ärmsten
Entwicklungsländern sind nach Auskunft des Bundesministeriums für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bislang Uganda und 8 weitere Län-
der in den Genuss von Entschuldungsmaßnahmen unter dem Dach dieser HIPC-Ent-
schuldungsinitiative gekommen.

Pressemeldungen zufolge befürchtet Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
nun ein Fehlschlagen der Entschuldungsinitiative, da gerade die ärmsten Entwick-
lungsländer wegen stark gesunkener Preise für Rohstoffe wie z. B. Kaffee, Kakao
und Baumwolle sowie stark gestiegener Rohölpreise sich mit einem erheblichen Ab-
sinken ihrer ohnehin bereits limitierten Devisenbestände konfrontiert sehen. Zur Ret-
tung der Initiative fordert die Bundesministerin angeblich die Zahlung von Zuschüs-
sen seitens der Gläubigerstaaten an die betroffenen Entwicklungsländer zum
Ausgleich der erlittenen Devisenverluste und plant, hierzu eine Entscheidung auf der
Herbsttagung von IWF und Weltbank im September dieses Jahres in Prag herbeizu-
führen.

Wir fragen die Bundesregierung,

1. Welche Staaten sind nach gegenwärtigem Stand in den Genuss konkreter Ent-
schuldungsentscheidungen unter dem Dach der HIPC-Entschuldungsinitiative
gekommen?

2. Für welche Länder ist im Rahmen der HIPC-Entschuldungsinitiative eine für die
Entschuldungsmaßnahme zwingend vorgeschriebene „Nationale Armutsbe-
kämpfungsstrategie“ („Poverty Reduction Strategy Paper“, PRSP) erarbeitet wor-
den?

3. Für welche Länder kann an konkretem Beispiel belegt werden, dass die im Rah-
men der HIPC-Entschuldungsinitiative erarbeiteten Nationalen Armutsbekämp-
fungsstrategien (PRSP) sich konkret auf die Entwicklungsorientierung staatlichen
Handelns ausgewirkt und zu einer spürbaren Anhebung der Mittel in den jeweili-
gen Staatshaushalten für Maßnahmen der Armutsbekämpfung geführt haben?
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4. Sind in allen betreffenden Staaten Vertreter der Bevölkerung bei der Erarbeitung
der nationalen Armutsbekämpfungsstrategien (PRSP) beteiligt worden und wie
ist diese Beteiligung erfolgt?

5. Hat die Bundesregierung ein Beispiel dafür, für welche armutsbekämpfenden
Vorhaben die Schuldnerregierung in einem der bislang begünstigten 9 Entwick-
lungsländer aufgrund der HIPC-Entschuldungsinitiative frei gewordene Finanz-
mittel bereits konkret eingesetzt hat?

6. Wie bringt die Bundesregierung es mit dem für ein Gelingen der HIPC-Entschul-
dungsinitiative zentralen Kriterium guter Regierungsführung der Schuldner-
staatregierung in Einklang, dass Uganda, das als erster Staat in den Genuss der
HIPC-Initiative kam, gleichzeitig immense Summen seines Staatshaushaltes für
seine kriegerische Verwicklung in den Kongo-Konflikt ausgibt bzw. ausgab?

7. Wie bringt die Bundesregierung es mit dem für ein Gelingen der HIPC-Entschul-
dungsinitiative zentralen Kriterium guter Regierungsführung der Schuldner-
staatregierung in Einklang, dass die ugandische Regierung ein Flugzeug zur al-
leinigen Benutzung durch Präsident Yoweri Museveni für 37 Millionen Dollar
geleast hat?

Trifft es zu, dass deswegen im Frühjahr dieses Jahres der Schuldenerlass für
Uganda vorübergehend gestoppt wurde, dann aber dieser Stopp trotz Beibehal-
tung des Leasing-Plans seitens der ugandischen Regierung aufgehoben wurde?

8. Wie bringt die Bundesregierung es mit dem für ein Gelingen der HIPC-Entschul-
dungsinitiative zentralen Kriterium guter Regierungsführung der Schuldner-
staatregierung in Einklang, dass die ugandische Regierung mittels eines umstrit-
tenen Referendums ein „Nichtparteiensystem“ unter Leitung der herrschenden
„Nationalen Widerstandsbewegung“ (NRM) etabliert und gleichzeitig damit die
Möglichkeit der Entstehung eines für demokratische Verhältnisse wesentlichen
Mehrparteiensystems blockiert hat?

9. Ist wegen der Widerstände im US-Repräsentantenhaus und -Senat gegen die
Höhe des diesjährigen US-Beitrags zur HIPC-Entschuldungsinitiative damit zu
rechnen, dass es zu einer gravierenden Verringerung des US-Beitrags und damit
zu Verzögerungen bei der Entschuldung ärmster Entwicklungsländer kommt?

Besteht dass Risiko, dass andere Gläubigerländer in einem derartigen Fall die
Höhe ihres Engagements überdenken und damit die gesamte HIPC-Entschul-
dungsinitiative gefährdet werden könnte?

10. Welche Position bezieht die Bundesregierung zur Forderung von Bundesminis-
terin Heidemarie Wieczorek-Zeul, an Entwicklungsländer Zuschüsse zum Aus-
gleich des Rückgangs von Devisenbeständen wegen gesunkener Rohstoffpreise
und gestiegener Rohölpreise zu zahlen?

Wie begegnet sie dem Vorwurf, dies könne zu dirigistischen Eingriffen in die
dem Welthandel zugrunde liegende freie Marktwirtschaft führen?

11. Besteht das Risiko, dass wegen der sinkenden Rohstoffpreise bzw. steigenden
Rohölpreise die Zahl von 36 sich für einen HIPC-Schuldenerlass qualifizieren-
den Entwicklungsländer nach oben zu korrigieren ist und die Gläubigerstaaten
damit von einem höheren Stand zu erlassender Schulden auszugehen haben?

12. Mit welchen Belastungen rechnet die Bundesregierung für die Bundeshaus-
halte in den kommenden Jahren aufgrund der HIPC-Entschuldungsinitiative?

Berlin, den 12. September 2000

Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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