BT-Drucksache 14/4072

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva-Maria Bulling-Schröter, Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS -14/2336- Keine Hermesbürgschaften für den Ilisu-Staudamm in der Türkei

Vom 13. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

4072

14. Wahlperiode

13. 09. 2000

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Eva-Maria Bulling-Schröter,
Carsten Hübner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/2336 –

Keine Hermesbürgschaften für den Ilisu-Staudamm in der Türkei

A. Problem

Das geplante Ilisu-Staudamm-Projekt in der Türkei ist ökologisch und poli-
tisch umstritten. Bei der Realisierung des Projektes soll der Tigris kurz vor der
Grenze zu Syrien und dem Irak aufgestaut werden. Es werden hohe öko-
logische und soziale Folgen des Projektes erwartet. Es wird befürchtet, dass
der Staudamm 52 Dörfer und 15 Kleinstädte unter Wasser setzen würde. Wei-
terhin werden bei einer Realisierung des Staudammprojektes schwerwiegende
Konsequenzen für die Sicherheitslage in der Region erwartet. Der Bundes-
regierung liegt seit längerem ein Antrag auf Gewährung einer Hermesbürg-
schaft für das Projekt vor, über den auf Ministerebene entschieden werden
soll.

Über den Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, aufgrund der
sozialen, menschenrechtlichen, ökologischen, wirtschaftlichen und sicherheits-
politischen Bedenken keine staatlichen Ausfuhrgewährleistungen (Hermes-
bürgschaften) für den Ilisu-Staudamm zu bewilligen. Weiterhin soll die Bun-
desregierung feststellen, dass eine bundesdeutsche finanzielle staatliche
Beteiligung am Ilisu-Staudamm nicht mit der entwicklungspolitischen, ökolo-
gischen und menschenrechtsorientierten Politik der Bundesregierung zu ver-
einbaren ist. Ferner wird die Aufforderung bekräftigt, die im Koalitionsvertrag
vereinbarte Reform der Hermesbürgschaften nach ökologischen, sozialen und
entwicklungspolitischen Gesichtspunkten umgehend durchzuführen und För-
derungen von Großstaudämmen grundsätzlich auszusetzen, bis die Empfehlun-
gen der World Commission on Dams vorliegen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrages der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/2336.

Mehrheit im Ausschuss
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Nicht ausgewiesen.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

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Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 14/2336 abzulehnen.

Berlin, den 5. Juli 2000

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Matthias Wissmann

Vorsitzender

Rolf Hempelmann

Berichterstatter
Drucksache

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– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Rolf Hempelmann

I.

Der Antrag der Fraktion der PDS – Drucksache 14/2336 –
wurde in der 84. Sitzung des Deutschen Bundestages am
27. Januar 2000 zur federführenden Beratung an den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie sowie zur Mitbera-
tung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit, den Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe sowie den Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen.

II.

Der

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit

hat die Vorlage in seiner Sitzung am 5. Juli 2000
beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen
SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.
gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktion der PDS be-
schlossen, dem federführenden Ausschuss Ablehnung der
Vorlage zu empfehlen.

Der

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe

hat den Antrag in seiner Sitzung am 5. Juli 2000 bera-
ten und mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen
CDU/CSU und F.D.P. sowie drei Stimmen aus den Reihen
der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Mitglieder der
Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS sowie
bei Stimmenthaltung von drei Mitgliedern der Fraktion der
SPD beschlossen, dem federführenden Ausschuss die Ab-
lehnung der Vorlage zu empfehlen.

Der

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

hat die Vorlage in seiner Sitzung am 5. Juli
2000 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD, CDU/CSU und F.D.P. gegen die Stimmen der
Mitglieder der Fraktion der PDS sowie bei Abwesenheit der
Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-
schlossen, dem federführenden Ausschuss die Ablehnung
der Vorlage zu empfehlen.

III.

Die antragstellende Fraktion fordert, dass aufgrund der
sozialen, menschenrechtlichen, ökologischen, wirtschaftli-
chen und sicherheitspolitischen Bedenken keine staatlichen
Ausfuhrgewährleistungen für den Ilisu-Staudamm bewilligt
werden. Ferner soll die Bundesregierung die im Koalitions-
vertrag vereinbarte Form der Hermesbürgschaften nach
ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Ge-
sichtspunkten umgehend durchführen und die Förderung

von Großstaudämmen grundsätzlich aussetzen, bis die
Empfehlungen der World Commission on Dams vorliegen.

Die Antragsteller begründen diese Forderung mit den nach
ihrer Auffassung negativen ökologischen und gesundheitli-
chen Folgen von Großstaudammprojekten. Auch werde der
Ilisu-Staudamm nach ihrer Einschätzung schwerwiegende
Konsequenzen für die Sicherheitslage in der Region haben.
Ferner wird darauf verwiesen, dass eine Beteiligung der be-
troffenen kurdischen Bevölkerung am Planungsprozess an-
gesichts des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung nicht
zu erwarten sei.

IV.

Der

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

hat die
Vorlage mehrfach, zuletzt in seiner Sitzung am 5. Juli 2000
in die Tagesordnung seiner Sitzung aufgenommen. Die
Bundesregierung hat im Rahmen eines Berichtes deutlich
gemacht, dass sie die Absicht verfolgt, die Hermesentschei-
dung im Gleichklang mit den anderen Exportkreditversiche-
rern zu treffen. Der Abstimmungsprozess solle deshalb fort-
gesetzt werden. Dies ist nicht nur für die im konkreten Fall
zu erzielenden Ergebnisse von Bedeutung. Wichtig ist nach
Auffassung der Bundesregierung darüber hinaus, dass das
neu etablierte Abstimmungsverfahren von den beteiligten
Staaten sowie der OECD als Muster- bzw. Testfall für zu-
künftige internationale Abstimmungen über Umwelt- und
soziale Aspekte bei Exportkreditversicherungen angesehen
wird.

Die Fraktion der SPD im Ausschuss machte deutlich, der
Antrag der Fraktion der PDS liege bereits seit längerer Zeit
vor. Die Fraktion der SPD habe jedoch noch die Ergebnisse
von noch anhängigen einschlägigen Untersuchungen ab-
warten wollen. Voraussichtlich würden im August 2000 nä-
here diesbezügliche Erkenntnisse vorliegen. Auch würden
noch weitergehende Informationen erwartet, die mit einem
anderen Staudammprojekt in Zusammenhang stünden. Die
Koalitionsfraktionen hätten vorgesehen, zu dieser Thematik
eigene Anträge vorzubereiten. Wenn die Koalitionsfraktio-
nen am heutigen Tage den Antrag der Fraktion der PDS ab-
lehnten, dann bedeute dies nicht, dass seitens der Koalition
keine Befassung mehr mit dieser Frage erfolgen werde.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Mitglie-
der der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimmen der Mitglieder der
Fraktion der PDS, dem Deutschen Bundestag die Ableh-
nung des Antrages – Drucksache 14/2336 – zu empfehlen.

Berlin, den 5. Juli 2000

Rolf Hempelmann

Berichterstatter

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