BT-Drucksache 14/4065

Umsetzung der Ergebnisse des Kommissionsberichts zur möglichen Umrüstung des Forschungsreaktors München II

Vom 8. September 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

08. 09. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Eva-Maria Bulling-Schröter und der Fraktion der PDS

Umsetzung der Ergebnisse des Kommissionsberichts zur möglichen Umrüstung
des Forschungsreaktors München II

Wissenschaftliche und wissenschaftspolitische Fragen im Zusammenhang mit
dem im Bau befindlichen Garchinger Forschungsreaktor FRM II (Forschungs-
reaktor München II) der TU München haben in den vergangenen Jahren zu er-
heblichen Kontroversen geführt. Schließlich steht die Brennstoffauslegung des
FRM II in direktem Widerspruch zu einer international geförderten Politik, die
der Weiterverbreitung von Kernwaffen entgegenwirken sollte. Es geht um eine
forschungspolitische Entscheidung mit Auswirkungen auf die internationale
Politik.

Die Koalitionsvereinbarung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom
Oktober 1998 enthält dazu folgenden Passus: Der Einsatz von waffenfähigem
Uran in Forschungsreaktoren ist hoch problematisch und außenpolitisch be-
denklich. Deshalb wird geprüft, ob Möglichkeiten einer Umrüstung des For-
schungsreaktors München II vom Betrieb mit hochangereichertem (highly
enriched uranium, HEU) auf niedrig angereichertes Uran (lowly enriched ura-
nium, LEU) bestehen.

Mit der Koalitionsvereinbarung wird dem Bundestagsbeschluss zu der einstim-
mig gefassten Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 12/5116 von
1993 der Sache nach Rechnung getragen.

Die Bundesregierung setzte im Januar 1999 unter Federführung des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung eine Kommission ein, die in ins-
gesamt fünf Sitzungen einen Fragenkatalog bearbeitete und Mitte Juni 1999
ihren Bericht vorlegte. Die Kommission hat insgesamt fünf Varianten unter-
sucht, wovon sich folgende drei Varianten als machbare LEU-Umstellungen
herauskristallisiert haben:



Umstellung und LEU-Anpassung vor Inbetriebnahme. Inbetriebnahme mit
26 % angereichertem Uran als Übergangsbrennstoff und späterer Einsatz
des neuen verbesserten niedrig angereicherten Uranmolybdän-Brennstoffs
UMo-LEU ohne weitere Umbauten. UMo-LEU befindet sich derzeit in der
Entwicklung.



Umstellung und LEU-Anpassung vor Inbetriebnahme. Inbetriebnahme mit
LEU als Übergangsbrennstoff und späterer Einsatz des neuen UMo-LEU-
Brennstoffs ohne weitere Umbauten.



Inbetriebnahme mit HEU und spätere Umstellung sowie LEU-Anpassung
unter Einsatz des neuen UMo-LEU-Brennstoffs mit Umbauten am radio-
aktiven Reaktor.
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Bei einer Umstellung vor Inbetriebnahme wird das proliferationspolitische Ziel
erreicht. Die spätere Umstellung (es wird ein Zeitraum von etwa zehn Jahren
diskutiert) erfüllt das proliferationspolitische Ziel zunächst nicht. Eine Ab-
sichtserklärung zu einer späteren Umstellung auf LEU ist keine Garantie für
deren Umsetzung. Das proliferationspolitische Ziel wird lediglich in Aussicht
gestellt.

Die TU München hat ungeachtet dessen bis heute das HEU-Konzept des Reak-
tors weiterverfolgt. Nach Aussagen der TU München ist der Forschungsreaktor
zu 90 % fertiggestellt, 90 % der Geldmittel sind ausgegeben, die Erteilung der
3. Teilerrichtungsgenehmigung soll noch für dieses Jahr erfolgen und der Be-
trieb soll Anfang 2001 aufgenommen werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aus dem Abschlussbericht
der Kommission gewonnen?

2. Welche der von der Kommission als machbar und proliferationsresistent
bewerteten Varianten favorisiert die Bundesregierung?

3. Welchen Zeitplan zur Behandlung und Umsetzung der Erkenntnisse aus
dem Kommissionsbericht verfolgt die Bundesregierung?

4. Wie reagiert die Bundesregierung darauf, dass die bayerische Staatsregie-
rung offenbar am bisher geplanten Betrieb des Reaktors mit HEU festhal-
ten möchte?

5. Welche Schritte hat die Bundesregierung seit Vorliegen des Kommissions-
berichts unternommen, um eine Umrüstung des in Bau befindlichen
FRM II auf LEU zu bewirken?

6. Wann ist damit zu rechnen, dass Entscheidungen getroffen werden?

7. Welche Schritte hat die Bundesregierung bisher unternommen, um eine
belastbare unabhängige Kostenabschätzung der favorisierten Varianten zu
erhalten?

8. Welche Institution/Einrichtung wurde mit einer Begutachtung der Umrüst-
kosten betraut?

9. Mit welchen Kosten ist bei den einzelnen Umrüstvarianten zu rechnen?

10. Wie setzen sich diese Kosten jeweils zusammen?

11. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Umrüstung bei einem
verstrahlten Reaktor teurer ist als bei einem unverstrahlten Reaktor?

Wenn nein, warum nicht?

12. Ist die Bundesregierung bereit, die Umrüstungskosten zu übernehmen?

13. Über welche Mengen an hochangereichertem Uran (HEU) verfügt die TU
München?

14. Woher stammt das HEU, über das die TU München verfügt?

15. Wie sieht die Versorgung mit HEU längerfristig aus?

16. Hält die Bundesregierung diese längerfristige Versorgung für gesichert?

17. Sind HEU-Brennelemente bereits in Auftrag gegeben und werden sie be-
reits produziert?

Wenn ja, wie viele?
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18. Hat die Bundesregierung bereits Gespräche mit der bayerischen Staats-
regierung geführt mit dem Ziel, keine HEU-Brennelemente in Auftrag zu
geben, so lange die Frage der Umrüstung noch nicht geklärt ist und noch
keine atomrechtliche Genehmigung für den Reaktorkern vorliegt?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Berlin, den 1. September 2000

Eva-Maria Bulling-Schröter
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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