BT-Drucksache 14/4043

Polizeiliche Befugnisse bei Abschiebungen auf dem Luftweg

Vom 1. September 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/4043
14. Wahlperiode 01. 09. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Polizeiliche Befugnisse bei Abschiebungen auf dem Luftweg

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra
Pau und der Fraktion der PDS zu „Freiheitsentzug bei Abschiebungen auf dem
Luftweg“ (Antwort: Bundestagsdrucksache 14/1454) hat die Bundesregierung
ausgeführt, ein „Tätigwerden der Polizeivollzugsbeamten (z. B. durch Anwen-
dung unmittelbaren Zwangs)“ bei Widerstand des abzuschiebenden Menschen
sei „von einer Aufforderung oder Ermächtigung durch den Luftfahrzeugführer
abhängig“.

Demgegenüber wird in der Rechtswissenschaft die Auffassung vertreten, „dass
die polizeilichen Kompetenzen des verantwortlichen Luftfahrzeugführers nicht
in der Lage sind, die zur Durchsetzung einer Abschiebung erforderlichen Ge-
waltbefugnisse gegenüber dem Rückzuführenden für die gesamte Dauer der
Flugreise in rechtlich unbedenklicher Weise zur Verfügung zu stellen. (...)
Demzufolge muss sich das vielfach beschworene Delegationsmodell, auf
welches in praxi sämtliche gewaltsamen Abschiebungen gestützt werden, ge-
rade in den besonders problematischen Fällen heftigen Widerstandes des Rück-
zuführenden als eklatante Fehlkonstruktion erweisen, die ihre beharrliche Exis-
tenz dem Anschein nach nur der allenthalben herrschenden Unsicherheit über
die Reichweite der Befugnisse des Luftfahrzeugkommandanten verdankt.“
(Karsten Baumann: Die „Bordgewalt“ bei Abschiebungen auf dem Luftweg als
Rechtsproblem. Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht 2/2000, S. 174
<183>.)

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Abschiebungen auf dem Luftweg wurden 1999 und in den Mona-
ten Januar bis August 2000 von deutschen Flughäfen durchgeführt (bitte
nach Flughäfen und Zielländern aufschlüsseln)?

2. In welche Länder wurden wie viele Personen in Charterflügen abgeschoben?

3. Wie viele Abschiebungen erfolgten

– in Begleitung von Beamten des Bundesgrenzschutzes?

– unbegleitet?

– in Begleitung von Beamten der Länderpolizeien oder anderer Länder-
behörden?

– in Begleitung von Sicherheitskräften der Zielstaaten?

– in Begleitung von Sicherheitskräften der Luftverkehrsgesellschaften?

Drucksache 14/4043 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
4. In wie vielen Fällen ist gegen Widerstand leistende Menschen, die abge-
schoben werden sollten, Gewalt angewandt worden

– durch Beamte des Bundesgrenzschutzes?

– durch Beamte der Länderpolizeien oder anderer Länderbehörden?

– durch Sicherheitskräfte der Zielstaaten?

– durch Sicherheitskräfte der Luftverkehrsgesellschaften?

5. In wie vielen Fällen ist die Anwendung von Gewalt auf Grund einer aus-
drücklichen Aufforderung beziehungsweise Ermächtigung durch den Luft-
fahrzeugführer erfolgt?

6. Auf welche Weise ist die Aufforderung beziehungsweise Ermächtigung
erteilt worden?

a) Sind Aufforderung beziehungsweise Ermächtigung mündlich oder
schriftlich erteilt worden?

b) Sind die (mündlich oder schriftlich erteilten) Aufforderungen bezie-
hungsweise Ermächtigungen und die Vorgänge, die zur Erteilung geführt
haben, später dokumentiert worden?

Wenn ja, wie?

Wo werden diese Dokumentationen aufbewahrt?

7. In wie vielen Fällen musste die Abschiebung wegen des Widerstandes des
Betroffenen abgebrochen werden?

8. Hält die Bundesregierung angesichts der detailliert begründeten Einwände
aus der Rechtswissenschaft ihre Auffassung aufrecht, das „Delegationsprin-
zip“ trage die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch die Polizeivollzugs-
beamten?

Wenn ja, mit welcher Begründung?

Wenn nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen
Einwänden?

Berlin, den 1. September 2000

Ullla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.