BT-Drucksache 14/388

Veröffentlichung von vertraulichen Protokollen und Unterlagen des Bundeskriminalamts

Vom 16. Februar 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/388 vom 16.02.1999

Kleine Anfrage der Fraktion der PDS Veröffentlichung von vertraulichen
Protokollen und Unterlagen des Bundeskriminalamts =

16.02.1999 - 388

14/388

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS
Veröffentlichung von vertraulichen Protokollen und Unterlagen des
Bundeskriminalamts

In der Ausgabe des Nachrichtenmagazins FOCUS vom 1. September 1998
(36/1998) widmet sich ein Artikel dem Thema Terrorismus. Der Artikel
trägt den Titel: "RAF: Depressive Terroristen". Verfaßt wurde er von
einem freien Mitarbeiter. In der Unterzeile wird festgestellt: "Das BKA
hört Gespräche zwischen Häftlingen und ihren Besuchern ab. Die
Protokolle offenbaren Selbstmitleid."
In diesem Artikel zitiert der Autor aus Protokollen und Unterlagen des
Bundeskriminalamts (BKA).
Einerseits bezieht sich der Autor auf Protokolle der "Akustischen
Gesprächsüberwachung" von RAF-Gefangenen durch das BKA. Zwar stellt der
Autor fest, daß es sich dabei um "streng vertrauliche BKA-Protokolle"
handelt. Dies hindert ihn aber nicht, u. a. Passagen aus Gesprächen des
ehemaligen RAF-Mitglieds C. K. vom Mai 1998 und aus einem Gespräch mit
R. K. W. vom 18. Juni 1998 ausgiebig zu zitieren.
An anderer Stelle im Artikel zitiert der Autor aus der "Ausschreibung
zur polizeilichen Beobachtung" (kurz PB 07). Die PB 07 wird auf Antrag
des BKA von einem Richter angeordnet. Dazu muß nach § 22 des nordrhein-
westfälischen Polizeigesetzes mindestens eine von zwei Bedingungen
gegeben sein. Entweder hat der Verdächtige in der Vergangenheit schwere
Straftaten begangen und es gibt Hinweise, nach denen in Zukunft mit
weiteren schweren Straftaten zu rechnen ist, oder es liegen Tatsachen
vor, die die Annahme rechtfertigen, daß in Zukunft mit schweren
Straftaten zu rechnen ist. Die Betroffenen erfahren in der Regel auch
nach Beendigung der PB 07 nichts von der richterlichen Anordnung und
können somit keinerlei Rechtsmittel einlegen. Der Autor des o. g.
Artikels nennt Namen von Personen, die unter Beobachtung stehen. Da die
Daten der Personen nicht ausreichend verschlüsselt sind, können diese
Personen identifiziert werden. So erfuhren die Betroffenen durch den
Artikel von ihrer Observation. Allerdings dürften mit der
Veröffentlichung der Daten datenschutzrechtliche Bestimmungen und die
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt worden sein.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche rechtlichen Grundlagen ermöglichen dem BKA, Gespräche
zwischen Gefangenen und deren Besuchern abzuhören und mitzuschneiden?
2. Welche Stelle des BKA wertet die abgehörten Gespräche nach welchen
Kriterien aus?
3. Wurden aus abgehörten Gesprächen zwischen Gefangenem und Besucher
schon einmal Erkenntnisse für die Strafverfolgung gewonnen?
Wenn ja, in welchem Fall?
4. Handelt es sich bei den im o. g. Artikel zitierten
Gesprächspassagen um abgehörte Gespräche zwischen den genannten
Gefangenen und deren Besucherinnen bzw. Besuchern?
5. Hat die Bundesregierung Kenntnis, ob neben den oben genannten
weitere Gesprächsprotokolle an die Öffentlichkeit gelangt sind?
Wenn ja, wann und wo?
6. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wie Protokolle und
Unterlagen des Bundeskriminalamtes in die Hände des o. g. Journalisten
gelangen konnten?
7. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Weitergabe der
abgehörten Gesprächsprotokolle zu einer Verletzung der
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen geführt hat?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen besser zu schützen?
8. Welcher Gerichtsstand gilt für die Anordnung der "Ausschreibung
zur polizeilichen Beobachtung" (kurz: PB 07)?
9. Auf welche Weise ist der Rechtsschutz von Beschuldigten gegen
diese Anordnung gewährleistet?
10. Wie oft wurde in der Vergangenheit eine PB 07 angeordnet, und in
wie vielen Fällen wurde dies den Betroffenen nach Beendigung der
Beobachtung mitgeteilt?
11. Welche Kriterien sind maßgeblich, um vom BKA dem sogenannten
linksextremen, terroristischen Umfeld zugeordnet zu werden?
12. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Weitergabe der
Namen von Personen, die der "Ausschreibung zur polizeilichen
Beobachtung" unterliegen, ohne hinreichende Tatsachen wie z. B. eine
rechtmäßige Verurteilung eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der
Betroffenen darstellt?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen besser zu schützen?
13. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um die
mißbräuchliche Anordnung der PB 07 zu verhindern?
14. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um die
mißbräuchliche Zuordnung von Personen zu einer
kriminellen/terroristischen Organisation oder deren Umfeld zu
unterbinden?
15. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Weitergabe der
Namen von Tatverdächtigen nicht zur Bekämpfung von eventuellen
Straftaten geeignet ist, und wie begründet sie ihre Haltung?
16. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die
Veröffentlichung von Ermittlungsergebnissen und Erkenntnissen des BKA
zu verhindern?
17. Hat die Bundesregierung Strafantrag wegen Geheimnisverrats
aufgrund der Veröffentlichung der o. g. Gesprächsmitschnitte und
Personendaten gestellt?
Wenn nein, warum nicht?
18. Hat die Bundesregierung in diesem Fall den Bundesbeauftragten für
den Datenschutz eingeschaltet?
Wenn nein, warum nicht?
19. Was wird die Bundesregierung unternehmen, um in Zukunft
Persönlichkeitsrechte von Gefangenen und Verdächtigen besser zu
schützen?
Bonn, den 3. Februar 1999
Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

16.02.1999 nnnn

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