BT-Drucksache 14/3873

Zur Situation der Biotechnologie in Deutschland

Vom 4. Juli 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3873
14. Wahlperiode 04. 07. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annette Widmann-Mauz, Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid),
Dr. Wolf Bauer, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Dr. Hans Georg Faust, Ulf Fink,
Helmut Heiderich, Hubert Hüppe, Dr. Harald Kahl, Eva-Maria Kors, Hans-Peter
Repnik, Aribert Wolf, Wolfgang Zöller, Ilse Aigner, Axel E. Fischer (Karlsruhe-
Land), Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Norbert Hauser (Bonn), Dr.-Ing. Rainer
Jork, Werner Lensing, Erich Maaß (Wilhelmshaven), Dr. Martin Mayer
(Siegertsbrunn), Thomas Rachel, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Dr. Erika
Schuchardt, Bärbel Sothmann, Angelika Volquartz, Heinz Wiese (Ehingen)
und der Fraktion der CDU/CSU

Zur Situation der Biotechnologie in Deutschland

Nach Presseberichten (DIE WELT und Berliner Zeitung, jeweils vom 22. Juni
2000) hat die Regierungskoalition Eckpunkte zur Biotechnologie erarbeitet und
plant Konsensgespräche mit Unternehmen der sog. „Grünen Gentechnik“. Vor
diesem Hintergrund und der Kontroverse des Bundesministeriums für Gesund-
heit mit der Zentralen Kommission für biologische Sicherheit (ZKBS) um die
Erteilung einer Genehmigung der Zulassung einer gentechnisch veränderten
Maissorte

fragen wir die Bundesregierung:

1. Wie hat sich die Zahl der Biotechnologie-Unternehmen seit dem von der
unionsgeführten Bundesregierung initiierten Bio-Regio-Wettbewerb entwi-
ckelt?

2. Wie lassen sich offizielle Ankündigungen der Bundesregierung, der Bio-
technologie auch in der Landwirtschaft vorbehaltlos zu begegnen, mit der
Aufforderung vereinbaren, vorerst auf den kommerziellen Anbau auch von
bereits zugelassenen und somit genehmigten gentechnisch veränderten
Pflanzen zu verzichten?

3. Welche Haltung nehmen die Biotechnologie-Unternehmen nach Kenntnis
der Bundesregierung zu dem angekündigten Moratorium ein?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Moratorium eine sachli-
che Diskussion des Einsatzes der Biotechnologie in der Landwirtschaft und
damit die Akzeptanz der „Grünen Gentechnik“ in der Bevölkerung verhin-
dert?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 14/3873 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

5. Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit den angekündigten Kon-
sensgesprächen über den Umgang mit der Biotechnologie?

Plant sie diese mit dem Ziel des Ausstiegs aus der „Grünen Gentechnik“ zu
führen?

Wie setzt sich der Teilnehmerkreis dieser Konsensgespräche zusammen?

6. Hat die Bundesregierung ihre Absicht, Konsensgespräche mit den Unter-
nehmen der „Grünen Gentechnik“ zu führen, mit den übrigen EU-Mit-
gliedstaaten und der Kommission abgestimmt?

Wenn nein, welches sind die Gründe?

Bejahendenfalls, wie soll künftig in Europa mit der „Grünen Gentechnik“
verfahren werden?

7. Beabsichtigt die Bundesregierung, mit den Unternehmen der „Grünen
Gentechnik“ ein Forschungs- und Beobachtungsprogramm zu vereinbaren,
um den kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu
begleiten?

8. Für welchen Zeitraum soll ein solches „Monitoring-Programm“ vereinbart
werden?

9. Hat die Bundesregierung die Absicht, die Zulassung gentechnisch verän-
derter Pflanzensorten von diesem Beobachtungsprogramm abhängig zu
machen?

Bejahendenfalls, in welcher Weise?

10. Ist das geplante Forschungs- und Beobachtungsprogramm mit den übrigen
EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission abgesprochen?

Wenn nein, warum nicht?

11. Welchen Inhalt haben die von der Regierungskoalition vereinbarten Eck-
punkte zur Biotechnologie?

12. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die deutschen Biotechnolo-
gie-Unternehmen keine Rechts- und Planungssicherheit mehr haben, weil
das Bundesministerium für Gesundheit das Robert-Koch-Institut (RKI) an-
gewiesen hat, die 1997 erteilte gentechnikrechtliche Anbaugenehmigung
für den Bt-Mais der N. S. GmbH ruhen zu lassen?

Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre abweichende Auffas-
sung?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch die Weisung der
Bundesministerin für Gesundheit an das RKI das Vertrauen deutscher Bio-
technologie-Unternehmen in die Politik der Bundesregierung nachhaltig
erschüttert ist und zu befürchten ist, dass die Biotechnologie-Unternehmen
ihre Standorte ins Ausland verlagern?

Wenn nein, wie begründet sie dies?

Bejahendenfalls, was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um das ver-
loren gegangene Vertrauen von Biotechnologie-Unternehmen wieder zu
gewinnen?

14. War das Bundeskanzleramt vorab über die Weisung der Bundesministerin
für Gesundheit an das RKI informiert?

15. War die Weisung der Bundesministerin für Gesundheit innerhalb der Bun-
desregierung abgestimmt?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3873

16. Welche Haltung haben der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten, der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und die
Bundesministerin für Bildung und Forschung in dieser Frage eingenom-
men?

17. Welche Auffassung vertreten der Bundesminister für Ernährung, Landwirt-
schaft und Forsten, der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
und die Bundesministerin für Bildung und Forschung in der Frage der Ge-
nehmigung von Bt-Mais der N. S. GmbH?

18. Wie kommt die Bundesregierung dazu, das Votum eines Sachverständigen-
gremiums, hier der ZKBS, welches die Bundesregierung in allen sicher-
heitsrelevanten Fragen in der Gentechnik zu beraten hat, zu ignorieren und
ihre Entscheidung u.a. auf ein Gutachten zu stützen, das nach Aussage der
wissenschaftlichen Fachwelt nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht
und somit wissenschaftlich höchst fragwürdig ist?

19. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Interessen des Umwelt-
schutzes in der ZKBS hinreichend repräsentiert sind und deshalb das Vo-
tum des Ökoinstitutes in der Frage des Bt-Mais nicht erforderlich war?

20. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage, „eine Beratung im übli-
chen Sinne“ durch das ZKBS „habe beim Verbot von Bt-Mais nicht stattge-
funden“ (Professor Gerd Hobom in: „DIE ZEIT“ vom 15. Juni 2000)?

21. Ist die Bundesregierung der Überzeugung, dass die Entscheidungsfindung
des Bundesministeriums für Gesundheit im Falle von Bt-Mais der
N. S. GmbH mit geltendem Recht in Einklang steht?

Bejahendenfalls, wie begründet sie dies?

22. Wie beurteilen der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten, der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und die Bun-
desministerin für Bildung und Forschung die Aussage der zuständigen Ab-
teilungsleiterin im Bundesministerium für Gesundheit: „Überall da, wo die
ZKBS darauf hinweist, dass chemische Spritzmittel erspart werden, trifft
sie keine wissenschaftliche, sondern eine fragwürdige wirtschaftliche
Einschätzung, was nicht Aufgabe der Kommission ist“ (DIE ZEIT vom
15. Juni 2000)?

23. Treffen Presseberichte (FAZ 19. April 2000) zu, wonach die ZKBS bei der
Europäischen Kommission gegen das Bundesministerium für Gesundheit
vorgehen und darauf hinwirken will, dass der Anbau von gentechnisch ver-
ändertem Bt-Mais der Firma N. S. GmbH dennoch gestattet wird?

Welche Haltung will die Bundesregierung dann gegenüber der Europäi-
schen Kommission einnehmen?

24. Teilt die Bundesregierung den Eindruck, dass das Verhalten des Bundesmi-
nisteriums für Gesundheit darauf zielte, die wissenschaftliche Reputation
und Autorität der ZKBS in Frage zu stellen?

Wenn nein, warum nicht?

25. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch das Verhalten des
Bundesministeriums für Gesundheit das Verhältnis zwischen der ZKBS
und der Bundesregierung nachhaltig belastet ist?

Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um wieder ein vernünftiges
Klima für die gesetzlich vorgesehene Beratung durch das ZKBS herzustel-
len?

Drucksache 14/3873 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
26. Mit welcher Handhabung beabsichtigt die Bundesregierung, in die Konsens-
gespräche einzutreten angesichts der Haltung des Bundesministeriums für
Gesundheit gegenüber der ZKBS und der Äußerung des Fraktionsvorsitzen-
den von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Rezzo Schlauch, er „begrüße aus-
drücklich, dass die Haltung von Gesundheitsministerin Andrea Fischer zur
gemeinsamen Regierungsposition geworden sei“ (Tagesspiegel 23. Juni
2000)?

27. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung bei der anstehenden Novellie-
rung der EU-Freisetzungsrichtlinie ein?

Inwieweit lässt sich die Bundesregierung bei ihrer Meinungsbildung von
Erfahrungen der durch die Freisetzungsrichtlinie betroffenen Biotechnolo-
gieunternehmen leiten?

Berlin, den 4. Juli 2000

Friedrich Merz,
Michael Glos und Fraktion

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