BT-Drucksache 14/3702

Bekämpfung der illegalen Kabotage und des Sozialdumpings im Transportgewerbe

Vom 28. Juni 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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3702

14. Wahlperiode

28. 06. 2000

Antrag

der Abgeordneten Angelika Mertens, Angelika Graf (Rosenheim), Hans-Werner
Bertl, Hans-Günter Bruckmann, Marion Caspers-Merk, Dr. Peter Wilhelm Danckert,
Annette Faße, Norbert Formanski, Rainer Fornahl, Iris Gleicke, Günter Gloser,
Klaus Hasenfratz, Gustav Herzog, Reinhold Hiller (Lübeck), Lothar Ibrügger,
Gabriele Iwersen, Konrad Kunick, Helga Kühn-Mengel, Dr. Christine Lucyga,
Dieter Maaß, Winfried Mante, Heide Mattischeck, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Dietmar
Nietan, Günter Oesinghaus, Eckhard Ohl, Holger Ortel, Karin Rehbock-Zureich,
Gudrun Roos, Michael Roth (Heringen), Gerhard Rübenkönig, Wilhelm Schmidt
(Salzgitter), Ottmar Schreiner, Wieland Sorge, Wolfgang Spanier, Rita Streb-Hesse,
Hedi Wegener, Reinhard Weis (Stendal), Dr. Peter Struck und Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Kerstin Müller (Köln),
Albert Schmidt (Hitzhofen), Helmut Wilhelm (Amberg), Rezzo Schlauch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bekämpfung der illegalen Kabotage und des Sozialdumpings
im Transportgewerbe

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In der Bundesrepublik Deutschland nehmen die Probleme der illegalen oder
„grauen“ Kabotage und Beschäftigung zu. In- und ausländische Transport-
unternehmer versuchen Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile zu erlangen,
indem bei der Beschäftigung von ausländischem Fahrpersonal Regelungen des
Arbeits-, Sozialversicherungs- und Aufenthaltsrechts umgangen werden. Dazu
gehört die immer häufiger anzutreffende Praxis, dass Unternehmen mit Nieder-
lassungen sowohl in MOE-Staaten als auch in EU-Partnerstaaten auf ihren in
EU-Ländern zugelassenen Fahrzeugen Fahrer aus MOE-Staaten beschäftigen.
Diese Fahrer aus osteuropäischen Ländern werden z. B. mit Visa ausgestattet,
die zwar für den grenzüberschreitenden Verkehr – nicht jedoch für den inner-
gemeinschaftlichen Verkehr – gültig sind. Gleichwohl werden diese Fahrer zu
Dumpinglöhnen für Transporte innerhalb der EU eingesetzt. Die Folgen sind
ruinöser Lohn-Preisdruck für die Fahrer und das Transportgewerbe insgesamt.
Der gemeinwirtschaftliche Schaden geht weit darüber hinaus: Ausfälle bei
Steuern und Sozialbeiträgen sowie Wettbewerbsverzerrungen und negative
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt müssen hinzugerechnet werden.

Wegen der Unterschiedlichkeit der Vorschriften in den EU-Ländern zur Rege-
lung der Beschäftigungsverhältnisse und des Aufenthaltsrechts für Arbeitneh-
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mer aus Drittstaaten in Kombination mit der Vielzahl von nationalen Regelun-
gen zum Arbeits- und Sozialrecht sowie der zwischen Bund und Länder
aufgeteilten Kompetenzen ist es für die heimischen Behörden äußerst schwie-
rig, effektive Kontrollen durchzuführen. In der Unübersichtlichkeit der Rege-
lungen ist eine Grauzone entstanden, in der der einzelne Kontrollbeamte nicht
mehr in der Lage ist, zu erkennen, ob der in Frage stehende Fahrer aus einem
Drittstaat legal als Fahrer am Steuer eines EU-LKW tätig ist.

Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bundesregierung in ihren Bemühun-
gen, diese grauen und illegalen Praktiken im EU-Güterverkehr und das Sozi-
aldumping zu unterbinden.

Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf, zügig ein
Gesamtkonzept vorzulegen zur Bekämpfung der grauen und illegalen Kabo-
tage sowie der illegalen Beschäftigung im EU-Straßengüterverkehr. Hierzu be-
darf es einer engen Zusammenarbeit mit den Ländern. Dabei sollten folgende
Maßnahmen und Regelungen umgesetzt werden:

1. Einführung einer EU-Fahrerlizenz für Fahrer aus Drittstaaten: Den Trans-
portunternehmen soll künftig für jeden Fahrer aus Drittstaaten, der in einem
rechtmäßigen Beschäftigungsverhältnis steht, eine solche Fahrerlizenz aus-
gestellt werden. Mit der Ausstellung eines solchen Fahrerausweises an den
Fahrer wird bescheinigt, dass der Fahrer legal arbeitet; damit übernimmt der
Unternehmer die Verantwortung für die Entrichtung von Steuern und Sozial-
abgaben. Ein solches Dokument macht es jedem Kontrolleur innerhalb der
EU möglich zu erkennen, ob der Fahrer in einem legalen Beschäftigungs-
verhältnis steht.

2. Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Behörden, den wirt-
schaftlichen Vorteil, den die Unternehmern durch Sozialdumping erzielen,
bei den Kontrollen wieder einkassieren zu können. Dafür ist es notwendig,
die Bußgelder deutlich heraufzusetzen und die Möglichkeiten zu erleichtern,
Fahrzeuge bei schwerwiegenden Verstößen vorübergehend stillzulegen.

3. Um die Wirkungsmöglichkeiten der Kontrollmaßnahmen zu steigern, ist es
notwendig, das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) entsprechend anzupassen:

– Festschreibung der Pflicht zur Mitführung der neuen EU-Fahrerlizenz

– Erweiterung der Vorlagepflicht dieser Lizenz gegenüber dem Bundesamt
für Güterverkehr und/oder anderen Kontrollbehörden

– Spürbare Maßnahmen bei Fehlen der Fahrerlizenz: Untersagung der Wei-
terfahrt, bis ein ordentlich beschäftigter Fahrer das Fahrzeug weiter-
fahren kann; erhöhte Bußgelder und/oder Sicherheitsleistungen.

4. Zu prüfen sind weitere flankierende Maßnahmen hinsichtlich ihrer Bedeu-
tung beim Kampf gegen die illegale Beschäftigung:

– Entzug der Erlaubnisse nach GüKG bei drastischen Verstößen gegen die
Sozial-, Arbeits- und Aufenthaltsvorschriften

– Ausnutzen der elektronischen Überwachungsmöglichkeiten, die im Rah-
men der Zollversandverfahren entwickelt wurden, für weitergehende
Kontrollen bezüglich der grauen und illegalen Kabotage.

Berlin, den 28. Juni 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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