BT-Drucksache 14/3668

Soziale Wohnraumförderung-Reform im Einklang mit einer kohärenten Wohnungs- und Städtebaupolitik

Vom 27. Juni 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

27. 06. 2000

Antrag

der Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald,
Renate Blank, Georg Brunnhuber, Hubert Deittert, Peter Götz, Manfred Heise,
Norbert Königshofen, Dr. Herrmann Kues, Peter Letzgus, Eduard Lintner,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Michael Meister, Norbert Otto (Erfurt),
Hans-Peter Repnik, Wilhelm Josef Sebastian und der Fraktion der CDU/CSU

Soziale Wohnraumförderung – Reform im Einklang mit einer kohärenten
Wohnungs- und Städtebaupolitik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Am 1. Januar 1999 sollte ein neues Wohnungsbaurecht in Kraft treten, deren
Reformschritte von der Vorgänger-Bundesregierung vorbereitet worden waren
und über deren Notwendigkeit, Zielrichtung und Gestaltung sich Bund, Länder,
Wohnungswirtschaft und Wissenschaft im Grundsatz einig waren. Die Geset-
zesvorlage zur Reform des Wohnungsbaurechts (Drucksache 13/8802) stieß
jedoch auf eine politisch-wahltaktisch motivierte Blockade-Haltung der SPD-
regierten Länder.

Bis zur Mitte der neuen Legislaturperiode hat die jetzt Regierungsverantwor-
tung tragende Koalition von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keine neue
Gesetzesinitiative vorzulegen vermocht. Vielmehr wurden von ihr Maßnahmen
beschlossen, die den Stellenwert des sozialen Wohnungsbaus als auch die Vor-
aussetzungen für eine Einbettung seiner Reform in eine integrative, kohärente
Wohnungs- und Städtebaupolitik deutlich verschlechterten. Dazu gehören vor
allem:

1. Die Bundesregierung hat sich aus der Mitfinanzierung des sozialen Woh-
nungsbaus schrittweise bis zum gesetzlichen Mindestniveau zurückgezogen.
Binnen zweier Haushaltsjahre wurden die Bundesmittel um 55 % reduziert.
Zu Recht hat dies Zweifel aufkommen lassen, ob ein so drastischer Ausstieg
aus der Mitfinanzierung der richtige Weg für einen Einstieg in eine Reform-
diskussion unter führender Beteiligung des Bundes sein kann.

2. Der Versuch der Bundesregierung, aus der hälftigen Mitfinanzierung des
Wohngeldes auszusteigen, konnte erst im Vermittlungsausschuss verhindert
werden.

3. Die steuerlichen Förderbedingungen des Mietwohnungsbaus wurden abge-
baut, teilweise sogar rückwirkend, investitionshemmende Eingriffe in die
Vermietungs-Ertragsspielräume über eine Mietrechtsreform sind von der
Bundesregierung angekündigt.
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4. Der in der sozialen Wohnraumförderung angestrebte besondere Stellenwert
des selbstgenutzten Wohneigentums erscheint durch den stufenweisen Ab-
bau der Eigenheimzulage wie durch die drastische Kürzung der Bundesmit-
tel beim sozialen Wohnungsbau, bei dessen Förderung Eigentumsmaßnah-
men immer wichtiger werden, gefährdet.

5. Die stärkere Gewichtung der Bestandsförderung, eine der unumstrittenen
Zielsetzungen einer Reform der sozialen Wohnraumförderung, wird durch
den Wegfall der Geltendmachung von Erhaltungsaufwendungen als Vorkos-
ten wie der Verteilung von Erhaltungsaufwand auf mehrere Jahre, durch die
Ablehnung einer Initiative der Fraktion der CDU/CSU zur Förderung der
mittelbaren Belegung – von der Wohnungswirtschaft dringend gefordert als
Instrument zur Gegensteuerung in sozial destabilen Stadtquartieren – sowie
durch die von der Bundesregierung angestrebte Absenkung der Modernisie-
rungskosten-Umlage im Mietrecht konterkariert.

6. Der finanzielle Start des Programms „Soziale Stadt“ ging in Wahrheit zu
Lasten der sozialen Wohnungsbauförderung; Mängel bei seiner Dotierung
und seiner Ausgestaltung wie bei der Schaffung von Synergieeffekten durch
zielgerichtete Ausrichtung anderer Förderprogramme des Bundes konnten
auch durch vorrangig auf PR-Kampagnen ausgerichtete Aktivitäten der
Bundesregierung nicht verborgen bleiben.

7. Über eine Reform der sozialen Wohnraumförderung gilt es auch die Abstim-
mung wohnungspolitischer mit städtebaulichen und siedlungsstrukturellen
Erfordernissen zu verbessern. Die rot-grüne Koalition verharrt jedoch in der
Städtebaupolitik in völliger Passivität. Dazu gehören unter anderem die Ver-
weigerung gegenüber Anträgen der Fraktion der CDU/CSU bei den Haus-
haltsberatungen zur nachhaltigen Stärkerung der Städtebauförderungsmittel,
der Verzicht auf Fortsetzung der aktiven Politik der letzten Wahlperiode zur
Stärkung der Innenstädte wie die jüngst bekundete Absage der Bundesregie-
rung gegenüber dem vom Deutschen Bundestag Mitte 1997 einvernehmlich
beschlossenen Auftrag, die Ziele der Nutzungsmischung und der „Stadt der
kurzen Wege“ durch eine Novellierung der Baunutzungsverordnung in die-
ser Legislaturperiode zu verwirklichen.

Zur Mitte dieser Legislaturperiode hin ist unübersehbar geworden, dass –
neben einem vielfältigen Wortbruch der rot-grünen Koalition gegenüber ih-
ren Wählern – die Abschaffung des Bundesministeriums für Raumordnung,
Städtebau und Wohnungswesen zu einer uneffizienten, unkoordinierten
Wohnungs- und Städtebaupolitik geführt hat.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in Kenntnis des von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Reform des Woh-
nungsbaurechts“ erarbeiteten Berichts vom 27. März 2000:

1. Zügig einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der sozialen Wohnraum-
förderung vorzulegen. Der soziale Wohnungsbau ist auch in Zukunft unent-
behrlich. Angesichts der in die 50er Jahre reichenden gesetzlichen Grundla-
gen ist eine Reform dringlich und duldet, angesichts eines Inkrafttretens
frühestens im Jahr 2002, keine weiteren Verzögerungen;
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2. Die Reform schwerpunktmäßig an folgenden Leitlinien auszurichten:

– Größere Effizienz und bessere soziale Treffsicherheit im sozialen Woh-
nungsbau;

– Die Förderung der Schaffung individuellen Wohneigentums insbeson-
dere für Familien mit Kindern und zur Vorsorge für das Alter stärker in
den Vordergrund zu stellen;

– Die stärkere Förderung des Erwerbs von vorhandenem Wohnraum und
von Belegungsrechten im Wohnungsbestand;

– Die Gewährleistung ausgewogener Bewohnerstrukturen im Interesse der
Bewahrung des sozialen Friedens;

– Ausreichende Flexibilisierung wohnungspolitischer Regelungen für eine
effiziente Wohnungspolitik in den Ländern, Regionen und „vor Ort“;

– Die Unterstützung und Förderung ökologischer Belange und Bauweisen,
auch im Sinne einer Vorreiterfunktion für Innovationen und Entwicklun-
gen in Bereichen in und außerhalb der sozialen Wohnraumförderung;

– Abstimmung der verschiedenen wohnungspolitischen Instrumente im
Interesse einer effizienten Wohnungspolitik;

3. Sich mit einer Verstetigung der Bundesfinanzhilfen auf angemessenem
Niveau an den Aufgaben einer sozialen Wohnraumförderung dauerhaft zu
beteiligen;

4. Den einvernehmlichen Beschluss des Deutschen Bundestages von Mitte
1997 umzusetzen durch Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Novellierung der
Baunutzungsverordnung mit dem Ziel mehr Nutzungsmischung.

Berlin, den 27. Juni 2000

Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Dirk Fischer (Hamburg)
Eduard Oswald
Renate Blank
Georg Brunnhuber
Hubert Deittert
Peter Götz
Manfred Heise
Norbert Königshofen
Dr. Herrmann Kues
Peter Letzgus
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Dr. Michael Meister
Norbert Otto (Erfurt)
Hans-Peter Repnik
Wilhelm Josef Sebastian
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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