BT-Drucksache 14/3664

Den sozialen Wohnungsbau erhalten und reformieren

Vom 27. Juni 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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3664

14. Wahlperiode

27. 06. 2000

Antrag

der Abgeordneten Wolfgang Spanier, Dieter Maaß (Herne), Angelika Mertens,
Hans-Günter Bruckmann, Dr. Peter Wilhelm Danckert, Annette Faße,
Norbert Formanski, Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Klaus Hasenfratz,
Gustav Herzog, Reinhold Hiller (Lübeck), Gabriele Iwersen, Konrad Kunick,
Dr. Christine Lucyga, Heide Mattischeck, Karin Rehbock-Zureich, Gerhard
Rübenkönig, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Wieland Sorge, Dr. Margrit Spielmann,
Rita Streb-Hesse, Reinhard Weis (Stendal), Dr. Peter Struck und der Fraktion
der SPD
sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried Hermann, Albert
Schmidt (Hitzhofen), Helmut Wilhelm (Amberg), Kerstin Müller (Köln),
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Den sozialen Wohnungsbau erhalten und reformieren

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der soziale Wohnungsbau ist, neben den Rahmenbedingungen des frei finan-
zierten Wohnungsbaus, ein zentrales Element der Wohnungspolitik. Seine Bi-
lanz ist hervorragend: Mit rund 9 Millionen geförderten Wohnungen seit 1953
hat er dazu beigetragen, dass die überwiegende Mehrheit unserer Bürger heute
gut mit Wohnraum versorgt ist.

Während in den Jahren nach 1945 die zentrale Herausforderung der Wohnungs-
politik der sehr hohe Wohnungsfehlbestand war, wandelten sich die Erforder-
nisse, denen sich Bund und Länder in den Folgejahren stellen mussten. Heute
gilt es, den sozialen Wohnungsbau effizienter und flexibler zu machen. Die
Neubauförderung ist um die Bestandsförderung zu ergänzen. Das Problem der
„überforderten Nachbarschaften“ ist zu lösen. Der soziale Wohnungsbau muss
auf die geänderten Problemstellungen reagieren. Damit er erfolgreich bleibt,
muss er reformiert werden.

Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bleibt unentbehrlich, um einen aus-
reichenden Bestand an preisgünstigen, belegungsgebundenen Wohnungen zu
sichern. Derzeit stehen bundesweit noch etwa 1,9 Millionen Sozialwohnungen
zur Verfügung. Doch dieser Bestand schrumpft stetig, da jährlich 100 000
Wohnungen aus der Sozialbindung fallen.

Während die Situation auf dem Wohnungsmarkt im oberen und mittleren Preis-
segment derzeit weitgehend entspannt ist, gibt es im unteren und preisgebunde-
nen Segment des Wohnungsmarktes eine Verknappung. In den kommenden
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Jahren ist zunehmend von Engpässen, insbesondere in Ballungsgebieten, aus-
zugehen. Das Beispiel der achtziger Jahre, in denen erst unter Druck gravieren-
der Wohnungsengpässe und mit erheblichem Zeitverzug zu Lasten wohnungs-
suchender Haushalte die zunächst drastisch zurückgefahrenen Förderleistungen
wieder gesteigert wurden, darf sich nicht wiederholen.

Eine wesentliche Aufgabe des sozialen Wohnungsbaus ist die Versorgung von
Haushalten mit Zugangsproblemen auf den Wohnungsmarkt. Wohnen muss
auch für Haushalte, die sich nicht aus eigener Kraft über den freien Wohnungs-
markt versorgen können, bezahlbar bleiben. Aufgrund vielfältiger regionaler
Unterschiede sollten differenzierte Kriterien für den Zugang zu Wohnraum im
sozialen Wohnungsbau ermöglicht werden. Mit Wohngeld allein können die
Versorgungsprobleme dieser Haushalte nicht überwunden werden.

Um mit begrenzten Mitteln ein hohes Maß an sozialer Treffsicherheit zu errei-
chen und die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau künftig effizienter
und zielgenauer einsetzen zu können, müssen bundesgesetzliche Regelungen
vereinfacht und flexibel ausgestaltet werden. Die bisher hauptsächlich auf den
Neubau ausgerichtete Förderung ist stärker auf den Wohnungsbestand zu er-
weitern und zu einer sozialen Wohnraumförderung weiterzuentwickeln. Sie
sollte für den Erhalt preiswerten Wohnraumes und zum Erwerb von Belegungs-
bindungen und Bestandswohnungen eingesetzt werden. Der Sicherung von
sozial und städtebaulich ausgewogenen Siedlungsstrukturen kommt eine
wachsende Bedeutung zu.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

Einen Gesetzentwurf zur Reform des sozialen Wohnungsbaus vorzulegen.
Ziele dieser Reform müssen sein:

– Der Bund beteiligt sich weiterhin an der Finanzierung des sozialen Woh-
nungsbaus.

– Das jetzige Fördersystem muss weiterentwickelt werden, damit die Förder-
mittel flexibel und zielgenau eingesetzt werden können.

– Die Förderung muss zum Erhalt und zur Schaffung sozial ausgewogener
Bewohner- und Siedlungsstrukturen beitragen.

– Die Förderung des Neubaus von Sozialwohnungen für besondere Bedarfs-
gruppen und Bedarfsschwerpunkte ist auch weiterhin unverzichtbar.

– Die Bestandsförderung erhält einen besonderen Stellenwert und tritt künftig
gleichberechtigt neben die Neubauförderung. Ziel muss es sein, vorhandene
Wohnungsbestände stärker und effektiver für Zwecke der sozialen Wohn-
raumversorgung zu nutzen.

– Die Entscheidungsmöglichkeiten über den Einsatz der Förderinstrumente
sollen dezentralisiert werden, beispielsweise durch kommunale Wohnungs-
baukonzepte, die im Einklang mit den Förderschwerpunkten der Länder
innerhalb eines bundesgesetzlichen Rahmens abgestimmt werden.

Berlin, den 27. Juni 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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