BT-Drucksache 14/3337

Umsetzung der sog."Altfallregelung" für Flüchtlinge in den Bundesländern

Vom 10. Mai 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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3337

14. Wahlperiode

10. 05. 2000

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Umsetzung der sog. „Altfallregelung“ für Flüchtlinge in den Bundesländern

Am 18./19. November 1999 hatte die Innenministerkonferenz (IMK) eine sog.
„Altfallregelung“ für Flüchtlinge beschlossen, die lange hier lebenden Flücht-
lingen und ihren Angehörigen unter bestimmten Bedingungen für die Dauer
von zwei Jahren ein Bleiberecht gewähren soll. Angeblich sollten nach Erwar-
tungen der Innenminister und -Senatoren auf diese Weise etwa 23 000 Flücht-
linge ein Bleiberecht für zwei Jahre erhalten.

Anspruchsberechtigt auf dieses Bleiberecht sollten Flüchtlingsfamilien sein,
die vor dem 1. Juli 1993 eingereist waren und mehrere, eng definierte Voraus-
setzungen erfüllen.

Von verschiedenster Seite (u. a. dem SPD-Bundesparteitag, dem württembergi-
schen evangelischen Landesbischof Rentz u. v. a. m.) war bald nach Bekannt-
werden der neuen „Altfallregelung“ eine erheblich großzügigere „Altfallrege-
lung“ gefordert worden, um den Kreis der Flüchtlinge, die ein Bleiberecht
erhalten, zu erhöhen.

Tatsächlich zeichnet sich bereits jetzt ab, dass noch nicht einmal die von den
Innenministern angekündigten 23 000 Flüchtlinge ein Bleiberecht erhalten
werden. So haben zum ersten Stichtag, dem 29. Februar 2000, nach unvollstän-
digen Angaben der Bundesländer (aus Nordrhein-Westfalen lagen keine An-
gaben, aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen nur unvollständige
Angaben vor) erst etwa 10 000 Flüchtlinge einen Antrag auf ein Bleiberecht
nach der „Altfallregelung“ gestellt. Nur in 2 768 Fällen war ihrem Antrag statt-
gegeben worden.

Zu dieser geringen Zahl von Bleiberechtserteilungen trägt auch bei, dass ein-
zelne Bundesländer nach Berichten von Flüchtlingsorganisationen und aus der
Presse die vereinbarte Regelung extrem restriktiv interpretieren oder sogar die
Voraussetzungen für ein neues Bleiberecht enger fassen, als auf der IMK be-
schlossen.

Bereits im Januar 2000 hatte die Bundesregierung bei einer Obleutebespre-
chung einräumen müssen, dass die Anordnungen der Bundesländer zur Um-
setzung der „Altfallregelung“ „sehr unterschiedlich“ ausfallen. So werde der
Begriff „Familie“ unterschiedlich ausgelegt. In Bayern müsse die gesamte
Flüchtlingsfamilie vor dem Stichtag 1. Juli 1993 eingereist sein, in anderen
Bundesländern nur ein Elternteil. Auch die Kriterien „Sicherung des Lebens-
unterhalts“ und „keine Straffälligkeit“ würden sehr unterschiedlich ausgelegt.
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Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Anträge auf Bleiberecht nach der sog. „Altfallregelung“ waren
nach Kenntnis der Bundesregierung bis 1. Mai 2000 in den Bundesländern
gestellt, wie viele davon abschließend bearbeitet worden (bitte nach Bun-
desländern aufgeschlüsselt die Zahl der eingereichten Anträge und der
positiv und negativ beschiedenen Anträge auflisten)?

2. Welche Anforderungen stellen nach Kenntnis der Bundesregierung die Bun-
desländer

– bei der Auslegung des Begriffs „Familie“, die zum Stichtag 1. Juli 1993
in das Bundesgebiet eingereist sein muss, d. h. welche Bundesländer ver-
langen, dass ein Mitglied der „Familie“ zu diesem Stichtag eingereist
sein muss, welche stellen andere, höhere Anforderungen,

– im Hinblick auf das Kriterium „Sicherung des Lebensunterhalts“, das
zum 19. November 1999 erfüllt sein soll,

– im Hinblick auf das Kriterium „keine Straffälligkeit“

(bitte die konkreten Anforderungen zu den o. a. Punkten für jedes Bundes-
land einzeln angeben)?

3. Welche Schritte will die Bundesregierung ergreifen, um die Bundesländer
zu einer einheitlichen Anwendung der „Altfallregelung“ zu bewegen?

4. Welche Schritte will die Bundesregierung ergreifen, um zu verhindern, dass
am Ende erneut die Hoffnungen von tausenden von Flüchtlingsfamilien ent-
täuscht und ihre Anträge abgewiesen werden?

Berlin, den 2. Mai 2000

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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