BT-Drucksache 14/3324

Haltung der Bundesregierung zum "Plan Colombia"

Vom 9. Mai 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3324
14. Wahlperiode 09. 05. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, Siegfried Helias,
Rudolf Kraus, Dr. Manfred Lischewski, Marlies Pretzlaff, Erika Reinhardt,
Hans-Peter Repnik, Dr. Christian Ruck, Peter Weiß (Emmendingen)
und der Fraktion der CDU/CSU

Haltung der Bundesregierung zum „Plan Colombia“

Morde und Entführungen waren in den vergangenen Jahren im Bürgerkriegs-
land Kolumbien so häufig, dass die Weltöffentlichkeit selbst von größeren Mas-
sakern kaum noch Notiz genommen hat. Auch wenn die innenpolitische Lage
weiterhin von bürgerkriegsähnlichen Konflikten zwischen der Armee, para-
militärischen Gruppen, Guerilla und Drogenmafia geprägt ist, verweisen Beob-
achter auf nennenswerte Fortschritte beim Prozess der Friedenssuche zwischen
der Regierung und Guerilla. Die Friedensverhandlungen zwischen der Regie-
rung von Präsident Andrés Pastrana mit den größten Guerillaverbänden FARC
(„Bewaffnete Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens“) und ELN („Nationales
Befreiungsheer“), die seit Oktober 1999 in regelmäßigen Abständen stattfin-
den, haben dazu geführt, dass mit der ELN die Einrichtung von „Zonen des Zu-
sammenlebens“ vereinbart wurden. Mit den FARC einigte sich die Regierung
auf die Entwicklung eines neuen Modells für die Sozial- und Wirtschaftspolitik
des Landes während der nächsten sechs Monate. Leider führten diese Abkom-
men offensichtlich bislang nicht zum allgemeinen Stopp der terroristischen
Aktionen dieser Gruppierungen.

Gleichzeitig verzeichnete Kolumbien 1999 die schwerste Wirtschaftsrezession
seit 100 Jahren (BIP-Rückgang 1999 gegenüber 1998 um mehr als 6 Prozent).
Trotz positiver Trendwenden bei Erdöl- und Kaffeepreisen, den beiden wich-
tigsten Exportgütern Kolumbiens, sowie ersten Anzeichen einer Erholung der
Wirtschaft wird für das laufende Jahr mit nur wenig besseren Zahlen gerechnet.

Die Regierung von Präsident Andrés Pastrana hat im September 1999 ein Ge-
samtkonzept („Plan Colombia“) zur wirtschaftlichen und sozialen Entwick-
lung, Reform des Rechtswesens, Befriedung des Landes und zum Kampf gegen
die Rauschgiftkriminalität vorgelegt. Das Gesamtmittelvolumen des Plans
beträgt für die nächsten drei Jahre 7,5 Mrd. US-$, von denen die Regierung
4 Mrd. US-$ selber aufbringen will. Den Rest erhofft sie sich von den USA
(1,5 Mrd. US-$) sowie Japan und der EU (zusammen 2 Mrd. US-$). Genauere
Details sollen im Sommer auf einer Geberkonferenz in Madrid festgelegt
werden. Zirka 80 Prozent des von den USA avisierten Beitrags sollen sich auf
Militärhilfe zur Unterstützung des Kampfes gegen den Drogenhandel beziehen.

Drucksache 14/3324 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchem Umfang und in welchen Sektoren arbeitet die Bundesregierung
gegenwärtig mit Kolumbien auf entwicklungspolitischem Gebiet zusam-
men?

2. Inwieweit sieht sie gegenwärtig in Kolumbien die von ihr für eine effizi-
ente und nachhaltige entwicklungspolitische Kooperation als notwendig
angesehenen Kriterien erfüllt?

3. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den andauernden
gravierenden Menschenrechtsverletzungen für ihre Kontakte mit der ko-
lumbianischen Regierung?

Sind nach ihrer Einschätzung Bemühungen der kolumbianischen Regie-
rung erkennbar, die Streitkräfte zur Achtung der Menschenrechte anzu-
halten und Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsorgane straf-
rechtlich und disziplinarrechtlich zu ahnden?

Sind nach Ansicht der Bundesregierung Erklärungen der kolumbianischen
Regierung, man gehe mit Entschiedenheit gegen die Menschenrechtsver-
letzungen durch rechte Paramilitärs vor, glaubhaft und gibt es entspre-
chende Bemühungen der kolumbianischen Sicherheitsorgane?

Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, dass die kolumbianische Regie-
rung das Gesetz zur strafrechtlichen Definition von gewaltsamem Ver-
schwindenlassen, Genozid, gewaltsamer Vertreibung und Folter doch noch
unterzeichnet?

4. Wie bewertet die Bundesregierung den „Plan Colombia“?

5. Wie bewertet sie insbesondere den Vorwurf, der „Plan Colombia“ konzen-
triere sich zu stark auf militärische Aktivitäten und lasse zivile Komponen-
ten der Konfliktbewältigung und Landesentwicklung zu kurz kommen?

6. Sind neben den USA auch Gebernationen wie die EU oder Deutschland an
der Erarbeitung des „Plan Colombia“ beteiligt worden?

7. Falls nein, plant die EU bzw. die Bundesregierung trotzdem eine Unter-
stützung des „Plan Colombia“ und dies in welchem Umfang und welcher
Form?

8. Wie bewertet die Bundesregierung Verlauf und Ergebnisse der bisherigen
Verhandlungen zwischen Regierung und Guerillagruppierungen wie FARC
und ELN?

Wie und in welchem Umfang ist die Bundesregierung an den Friedens-
gesprächen beteiligt?

9. Welche Risiken sieht sie insbesondere in der vereinbarten Schaffung von
entmilitarisierten und damit dem Regierungseinfluss entzogenen „Inseln“
wie den „Zonen des Zusammenlebens“ inmitten des kolumbianischen
Hoheitsgebietes?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung die Problematik von Kinderarbeit und
Kindersoldaten in Kolumbien?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3324

11. Wie beurteilt die Bundesregierung Vorwürfe, dass in zwischenindigenen
Bevölkerungsgruppen und der kolumbianischen Regierung ausgehandelten
Schutzgebieten verabredungswidrig wirtschaftliche Großprojekte (z. B.
Staudämme, Erdölförderung) durchgeführt werden?

Berlin, den 9. Mai 2000

Klaus-Jürgen Hedrich
Siegfried Helias
Dr. Norbert Blüm
Rudolf Kraus
Dr. Manfred Lischewski
Marlies Pretzlaff
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Dr. Christian Ruck
Peter Weiß (Emmendingen)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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