BT-Drucksache 14/3264

Bundeseinheitliche Anwendung der Altfallregelung nach § 32 Ausländergesetz

Vom 20. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3264
14. Wahlperiode 20. 04. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva-Maria Bulling-Schröter, Ulla Jelpke
und der Fraktion der PDS

Bundeseinheitliche Anwendung der Altfallregelung nach § 32 Ausländergesetz

Das Bayerische Innenministerium legt die von der Ständigen Konferenz der
Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) auf der Grundlage des § 32
AuslG am 19. November 1999 beschlossene Altfallregelung nicht nur äußerst
restriktiv aus. In manchen Punkten stehen die von Bayern durch so genannte
„Innenministerielle Schreiben“ erlassenen Ausführungsbestimmungen in ekla-
tanter Weise dem Wortlaut und dem Zweck des IMK-Beschlusses entgegen.

So heißt es beispielsweise bei Ziffer II.3.1 des IMK-Beschlusses:

„Asylbewerberfamilien und abgelehnten Vertriebenenbewerbern mit einem
oder mehreren minderjährigen Kindern kann der weitere Aufenthalt im Bun-
desgebiet gestattet werden, wenn sie vor dem 1. Juli eingereist sind, seitdem ih-
ren Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet gefunden und sich in die hiesige wirt-
schaftliche, soziale und rechtliche Ordnung eingefügt haben. Dabei muss der
Ausländer mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemein-
schaft leben, das sich seit dem 1. Juli 1993 oder seit seiner Geburt im Bundes-
gebiet aufhält. …“

Damit gilt dieser Stichtag sowohl für Ehegatten, die mit mindestens einem min-
derjährigen Kind vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, als auch für solche, die
vor dem 1. Juli 1993 kinderlos waren und erst in Deutschland ein Kind bekom-
men haben.

Das Bayerische Innenministerium hat nun im Gegensatz zu dieser Regelung
mit Schreiben vom 27. Dezember 1999 der Regierung von Bayern hierzu Fol-
gendes mitgeteilt:

„… Für Ehegatten, die vor 1993 ohne Kinder eingereist sind, gilt der Stich-
tag 1. 1. 1990, selbst wenn nach dem 1. 7. 1993 eheliche Kinder geboren wur-
den. …“

Im IMK-Beschluss wird unter Ziffer II.3.2 u. a. die Sicherung des Lebensunter-
haltes ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe als eine „Integrationsbedingung“
benannt, die am Tag des Beschlusses, also dem 19. November 1999, vorliegen
muss.

„… Sowohl die Erteilung als auch jede Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis
setzen außer der Erfüllung der Passpflicht das Vorliegen und Fortbestehen fol-
gender Integrationsbedingungen am 19. November 1999 voraus:

Drucksache 14/3264 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Der Lebensunterhalt der Familie einschließlich ausreichenden Krankenversi-
cherungsschutzes ist durch legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Mittel der
Sozialhilfe gesichert. Ausnahmen können in besonderen Härtefällen gemacht
werden:

– bei Auszubildenden in anerkanntem Lehrberuf,

– bei Ausländerfamilien mit Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Hilfe
zum Lebensunterhalt angewiesen sind, sowie

– Alleinerziehende mit kleinen Kindern, soweit ihnen nach § 18 Abs. 3 Bun-
dessozialhilfegesetz eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar ist,

– bei erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer
erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der
öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beru-
hen auf Beitragsleistungen.“

In einer Weisung des Bayerischen Innenministeriums vom 28. Januar 2000
heißt es aber:

„… Zur Klarstellung von Ziff II.3.2 bzw. 5.5 im Innenministeriellen Schreiben
vom 25. 11. 1999 wird darauf hingewiesen, dass grundsätzlich jeder Bezug von
Sozialhilfe während der gesamten Aufenthaltsdauer, der über die genannte Ba-
gatellgrenze von 6 Monaten hinausging, die Erteilung einer Aufenthaltsbefug-
nis nach der Altfallregelung hindert. …“

Andere Bundesländer haben teilweise gegenteilige Landesregelungen erlassen
(wie etwa Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt). Damit
stellt sich die Frage, ob durch diese Art und Weise der Handhabung des IMK-
Beschlusses vom 19. November 1999 die in § 32 Satz 2 AuslG zwingend vor-
geschriebene Bundeseinheitlichkeit verletzt wurde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ausführungsbestimmungen des
Bayerischen Innenministeriums zur Altfallregelung (Innenministerielle
Schreiben vom 25. November 1999, 27. Dezember 1999 und 28. Januar
2000) hinsichtlich der gemäß § 32 Satz 2 AuslG vorgeschriebenen Bundes-
einheitlichkeit unter Berücksichtigung von Wortlaut, Zweck und Regelungs-
gehalt des IMK-Beschlusses vom 19. November 1999?

2. Hat das Bayerische Innenministerium für seine Ausführungsbestimmungen
bisher um das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern nachge-
sucht, wurde es erteilt und wenn ja, in welcher Form?

3. Falls nicht: Geht die Bundesregierung von der Notwendigkeit der Zustim-
mung des Bundesministeriums des Innern angesichts dieser Ausführungsbe-
stimmungen aus?

4. Welches Vorgehen plant die Bundesregierung, um die Bundeseinheitlichkeit
zu wahren und somit den Anforderungen des § 32 Satz 2 AuslG genüge zu
tun?

Berlin, den 14. April 2000

Eva-Maria Bulling-Schröter
Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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