BT-Drucksache 14/3181

Die Förderung des Bundes der Vertriebenen aus Mitteln des Bundeshaushalts und die Publikation "Danziger Erklärungen" in der Zeitschrift "Deutscher Ostdienst"

Vom 5. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3181
14. Wahlperiode 05. 04. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Die Förderung des Bundes der Vertriebenen aus Mitteln
des Bundeshaushalts und die Publikation „Danziger Erklärungen“
in der Zeitschrift „Deutscher Ostdienst“

Die Zeitschrift „Deutscher Ostdienst“, herausgegeben durch den Bundesver-
band der Vertriebenen (BdV), dokumentiert in ihrer Ausgabe Nr. 11 vom
17. März 2000 auf den Seiten 8/9 „Danziger Erklärungen“.

In diesen ist von einem „Danziger Volk“ die Rede, das durch „Exilorgane“ ver-
treten werde. Alle in dem Bericht genannten Funktionsträger, alte wie neue,
dieser „Exilorgane“ sind zugleich Funktionsträger des „Bund der Danziger“.

In der ebenfalls dokumentierten, auf einem Treffen am 11. März in Hamburg
beschlossenen Erklärung dieser „Exilorgane“ unter der Überschrift „Die Zu-
kunft der Danziger im zusammenwachsenden Europa“ wird weiter behauptet,
die „Freie Stadt Danzig“ sei seit 54 Jahren Opfer einer „militärischen Beset-
zung durch die Sowjetunion und durch Polen“.

Es sei Aufgabe und Verpflichtung der neuerlich gewählten „Exilorgane“ der
„entrechteten Danziger“, „eine gerechte völkerrechtliche Lösung für die Danzi-
ger zu erreichen und die in Potsdam veranlasste polnische Verwaltungsbeset-
zung durch eine tragfähige dauerhafte Friedensregelung zu ersetzen. Eine der-
artige völkerrechtlich gebotene Regelung ist bisher ausgeblieben.“

Gefordert wird weiter eine „Wiedergutmachung nach über 50 Jahren Fremd-
besetzung“.

Damit werden die seit 1945 bestehenden Nachkriegsgrenzen in Europa, der
2+4-Vertrag und die darin erneut bekräftigte deutsch-polnische Grenze in Frage
gestellt und der Eindruck verbreitet, als sei die deutsch-polnische Grenze revi-
dierbar. Die Legitimität der polnischen Verwaltung in Gdansk wird als „mili-
tärische Besetzung“ bzw. „Fremdbesetzung“ verunglimpft.

Damit leisten der „Bund der Danziger“, soweit er als Institution hinter den o. g.
Erklärungen steht, sowie die Zeitschrift „Deutscher Ostdienst“ revanchisti-
schen und rechtsextremistischen Positionen, die eine Rückeroberung von
Gdansk und eine Änderung der Nachkriegsgrenzen bezwecken und eine Politik
der guten Nachbarschaft mit Osteuropa untergraben wollen, offen Vorschub.

Drucksache 14/3181 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Prüft die Bundesregierung die Inhalte und programmatischen Ziele des BdV
und dessen Publikationen im Hinblick auf eine weitere Förderung aus Bun-
desmitteln?

Wenn ja, zu welchen Ergebnissen ist die Bundesregierung dabei gekommen?

2. Sind dem „Bund der Danziger“ nach Kenntnis der Bundesregierung die o. g.
Danziger Erklärungen als Institution zuzurechnen?

3. a) Hat der „Bund der Danziger“ – direkt oder über den Dachverband BdV –
oder eine der ihm verbundenen Organisationen, Zeitschriften o. ä. seit
1990 öffentliche Fördermittel (institutionelle Förderung oder Projektför-
derung) aus dem Bundeshaushalt erhalten?

Wenn ja, wie viel (Bitte nach Jahren aufschlüsseln und nach Projekten
bzw. Institutionen, für die Bundesmittel in Anspruch genommen wur-
den)?

b) Welche programmatischen Ziele vertritt der „Bund der Danziger“ nach
Kenntnis der Bundesregierung?

Wie beurteilt die Bundesregierung diese Ziele im Hinblick auf eine wei-
tere Förderung?

4. Hält die Bundesregierung die in der o. g. „Danziger Erklärung“ formulierten
Ziele der angeblichen „Exilorgane“ für vereinbar mit den völkerrechtlichen
Verträgen der Bundesrepublik Deutschland mit Polen und anderen Staaten in
Osteuropa?

Wenn nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Propa-
gierung solcher Ziele durch den „Bund der Danziger“ hinsichtlich der Ein-
stufung der Förderungsfähigkeit des Verbandes?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die möglichen Folgen dieser „Danziger
Erklärung“ für die deutsch-polnischen Beziehungen?

6. Sind der Bundesregierung bereits erste Reaktionen der polnischen Regie-
rung oder der Stadtverwaltung von Gdansk auf diese „Danziger Erklärung“
bekannt?

Wenn ja, was beinhalten diese polnischen Reaktionen?

7. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Teilnehmerkreis und
Ablauf des Treffens des „Bund der Danziger“ am 11. März in Hamburg?

Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung für dieses Treffen öffentliche
Fördermittel in Anspruch genommen?

8. Waren öffentliche Vertreter des Bundes oder eines Landes bei dieser Tagung
anwesend?

Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der dort
beschlossenen „Danziger Erklärung“ für die Frage der künftigen Teilnahme
öffentlicher Vertreter an diesen Tagungen?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3181

9. Erhält die Zeitschrift „Deutscher Ostdienst“ direkt oder indirekt Unterstüt-
zung aus öffentlichen Mitteln?

Wenn ja, hält die Bundesregierung die Fortsetzung einer solchen direkten
oder indirekten Unterstützung der Zeitschrift angesichts der offenen Infrage-
stellung bestehender Grenzen und der Nachkriegsordnung in Europa in Auf-
sätzen wie dem oben genannten für vereinbar mit dem Grundgesetz, mit ih-
rer Außenpolitik und mit der Haushaltsordnung des Bundes?

Berlin, den 5. April 2000

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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