BT-Drucksache 14/3127

Lebensbegleitendes Lernen für alle - Weiterbildung ausbauen und stärken

Vom 6. April 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

3127

14. Wahlperiode

06. 04. 2000

Antrag

der Abgeordneten Ernst Küchler, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Klaus Barthel
(Starnberg), Christel Humme, Ute Kumpf, Heinz Schmitt (Berg), Hans-Werner Bertl,
Willi Brase, Ursula Burchardt, Dr. Peter Eckardt, Lothar Fischer (Homburg),
Stephan Hilsberg, Walter Hoffmann (Darmstadt), Ulrich Kasparick, Siegrun
Klemmer, Dr. Uwe Küster, Andrea Nahles, Günter Oesinghaus, Dr. Edelbert
Richter, René Röspel, Gudrun Roos, Dr. Hansjörg Schäfer, Dagmar Schmidt
(Meschede), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Dr. R. Werner Schuster, Dr. Angelica
Schwall-Düren, Bodo Seidenthal, Wieland Sorge, Jörg Tauss, Franz Thönnes,
Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Matthias Berninger, Ekin Deligöz, Hans-Josef Fell,
Antje Hermenau, Christian Simmert, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Lebensbegleitendes Lernen für alle – Weiterbildung ausbauen und stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1.1. Der Strukturwandel in Gesellschaft und Wirtschaft

Gesellschaft und Wirtschaft befinden sich in einem rasanten, vor allem techno-
logisch bedingten Strukturwandel. Die tiefgreifenden Umbrüche, die mit ihm
verbunden sind, erfassen den Alltag, Arbeitswelt und Beruf, die Familien, die
zwischenmenschlichen Beziehungen, das Geschlechter- und das Generationen-
verhältnis, die politische Kultur. Die Informations- und Kommunikationsstruk-
turen entwickeln sich dynamisch. Wissensbestände wachsen und veralten im-
mer schneller. Kein Lebensbereich kann sich dieser Dynamik entziehen. Die
Bürgerinnen und Bürger stehen vor immer neuen Anforderungen im persön-
lichen und gesellschaftlichen Leben. Um auf diese Prozesse reagieren und sich
in ihnen entfalten zu können, wächst und wandelt sich der Bedarf an Qualifika-
tionen und Kompetenzen. Diese Veränderungen beschränken sich nicht auf die
Notwendigkeit, sich immer wieder fachlich zu qualifizieren und das beruflich-
fachliche Know-how ständig zu erneuern. Vielmehr wird auch die Fähigkeit
unverzichtbar, Wissen stets neu anzueignen, Informationen zu verarbeiten und
zu interpretieren, also selbständig zu denken. Ebenso steigt der Bedarf an um-
fassendem Orientierungswissen sowie personellen, interkulturellen und sozia-
len Kompetenzen, wie Kommunikations- und Medienkompetenz, Handlungs-
und Innovationskompetenz, an Konflikt- und Teamfähigkeit, an der Entwick-
lung kreativer Potentiale.
Drucksache

14/

3127

– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Lebenslanges, lebensbegleitendes Lernen wird zu einer wesentlichen Voraus-
setzung, um im Beruf und als Staatsbürger bestehen zu können und zum zentra-
len Charakteristikum der sich anbahnenden „Informations- und Wissensgesell-
schaft“. In dieser Gesellschaft wird der Anteil der Lebenszeit, die für Bildung
aufgewandt wird, gegenüber dem Anteil der Lebenszeit, die im Beruf verbracht
wird, steigen. Ebenso werden die Bildungszeiten im Weiterbildungssystem ge-
genüber der Erstausbildung zunehmen.

Besondere Herausforderungen entstehen durch die Umbrüche in der Arbeits-
welt und im Erwerbsleben. Aufgrund revolutionärer technologischer Entwick-
lungen schwindet die Beschäftigungssicherheit im einmal erlernten Beruf, die
Notwendigkeit, sich mehr als früher auf Tätigkeits- und Berufswechsel einzu-
lassen, steigt. Die Ära der Lebensberufe neigt sich dem Ende zu.

– Auf der betrieblichen Ebene wächst die Bedeutung einer Anpassung der
Qualifikationen an veränderte Strukturen der Arbeitsorganisation.

– Die technischen Innovationen zur Entwicklung neuer Produkte verändern
auch die Qualifikationserfordernisse.

– Auch die wachsende Bedeutung von Dienstleistungen stellt immer wieder
neue Anforderungen an die Qualifikationen der Arbeitnehmer/innen.

– Der Strukturwandel verschärft die Segmentierung zwischen Stammbeleg-
schaften, Arbeitnehmer/innen in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen
und Arbeitslosen.

– Die Chancen von Absolventen ohne Abschluss auf dem Arbeitsmarkt ver-
ringern sich durch den fortgesetzten Abbau von Arbeitsplätzen mit niedri-
gem Qualifikationsprofil.

– Frauen sind in besonderem Maße von dem Strukturwandel betroffen. Denn
das Berufswahlspektrum vieler Frauen ist immer noch auf eine geringe An-
zahl wenig zukunftsträchtiger, häufig schlecht entlohnter Tätigkeiten mit
relativ niedrigen Qualifikationsanforderungen beschränkt. Die einmal ge-
troffene Berufswahl kann dann verhindern, dass Frauen an den Chancen, die
neue Berufe im technischen und im Dienstleistungsbereich im Hinblick auf
bessere Entlohnung, höhere Qualifizierung und beruflichen Aufstieg bieten,
partizipieren.

– Außerdem sind Mütter und Väter durch familienbedingte Unterbrechungen
ihrer Erwerbsbiographien in hohem Maße von dem Problem der Dequalifi-
zierung betroffen. Möglichkeiten zur betrieblichen Weiterbildung während
des Erziehungsurlaubs stehen nur wenigen Frauen offen. Das eingeschränkte
Berufswahlspektrum, die zerstückelten Erwerbsbiographien, Teilzeitarbeit
und die zunehmende Segmentierung der Arbeitsmärkte bergen die Gefahr,
dass gerade Frauen dauerhaft in den Bereich niedrig entlohnter Tätigkeiten
ohne Qualifizierungsmöglichkeiten abgedrängt werden.

Das Erfordernis, neue Kompetenzen zu erwerben sowie bestehende Kompeten-
zen zu erhalten und sie kontinuierlich an neue Anforderungen anzupassen, ist
Chance und Herausforderung zugleich. Die Bereitschaft der Bürgerinnen und
Bürger, sich dieser Situation zu stellen, ist beträchtlich. Gemessen an Teilneh-
merzahlen und am Finanzvolumen ist Weiterbildung bereits heute der größte
Bildungssektor. Der Weiterbildungsmarkt wird weiter expandieren, neue An-
bieter – Hochschulen, Bildungseinrichtungen großer Konzerne und private Bil-
dungsunternehmen – werden ebenso verstärkt auftreten wie ausländische An-
bieter, virtuelle Angebote werden ein eigenes bedeutendes Marktsegment
erobern. Dennoch muss das Bildungssystem – um nicht auf dem jeweils er-
reichten Niveau zu stagnieren, sondern am rapiden sozialen Wandel antizipie-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

Drucksache

14/

3127

ren zu können – fortlaufend und umfassend reformiert werden. Um im Struk-
turwandel von Gesellschaft und Wirtschaft gesellschaftliche Kohäsion und
sozialen Zusammenhalt zu sichern, sind alle Gruppen durch lebensbegleitendes
Lernen zu aktiver Teilhabe zu befähigen und durch aktivierende

Beschäfti-
gungs- und Strukturpolitik zu unterstützen

.

Dem Weiterbildungsbereich kommt
eine besondere Bedeutung zu, um die selbstbestimmte Teilnahme aller am ge-
sellschaftlichen Wandel sicherzustellen. Um in Zukunft die Bildungschancen
auch im Weiterbildungsbereich zu verbessern, sind transparente Weiterbil-
dungsstrukturen und ein System durchgängiger Qualitätssicherung zu ent-
wickeln, die Weiterbildungsbereitschaft zu fördern und möglichst alle Bil-
dungsbereiche in ein integratives Konzept einzubeziehen.

1.2. Weiterbildung ausbauen – Defizite abbauen

Um den Weiterbildungsbereich auf die vielfältigen neuen Herausforderungen
vorzubereiten, müssen strukturelle und qualitative Defizite abgebaut werden.
Hierzu sind vor allem

– mehr Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt, der sich dynamisch, aber
unstrukturiert entwickelt, zu schaffen,

– die Beratung zu verbessern und ein Weiterbildungsberatungssystem aufzu-
bauen,

– allgemein anerkannte Qualitätsstandards zu sichern und Qualitätssiche-
rungssysteme aufzubauen,

– personelle und sächliche Ressourcen (Kompetenzen und Kapazitäten) in
überschaubaren regionalen Kooperationsverbünden und Netzwerken zu
bündeln,

– neue Lernformen und Lernarrangements für das selbstgesteuerte Lernen zu
entwickeln und zu erproben,

– geeignete Finanzierungsinstrumente und -systeme zur Deckung der Kosten
des lebenslangen Lernens zu entwickeln,

– den Zugang zu Weiterbildungsangeboten zu erleichtern und dabei insbeson-
dere die Zugangschancen für bildungsferne Schichten zu verbessern,

– die professionelle Qualität des Personals nicht zuletzt bei der Wahrnehmung
neuer Aufgaben und Rollen – zum Beispiel als Moderator oder Lernberater
in selbstgesteuerten Lernprozessen – zu erhöhen.

1.3. Ein neues Leitbild: Eigenverantwortung und Selbststeuerung der Lernen-
den fördern – öffentliche Verantwortung wahrnehmen

Mit dem Bekenntnis zum lebenslangen Lernen ist mehr gefordert als die Über-
windung der Vorstellung, dass man am Ende der Berufsausbildung „ausgelernt“
hat. Lebenslanges Lernen ist auch mehr als die Verlängerung traditionellen
Lernens über die Erstausbildung hinaus bis an das Lebensende. Lebenslanges
Lernen schließt eine Veränderung der Sicht des Lernens selbst ein und verlangt
einen weitreichenden Einstellungswandel der Lehrenden und Lernenden.

Mit der Aufforderung zum lebenslangen Lernen wird die Eigenverantwortung
der am Lernprozeß Beteiligten als grundlegendes Prinzip zur Gestaltung der
Lernprozesse neu bestimmt. Der Prozess des eigenverantwortlichen und selbst-
gesteuerten Lernens in Schule, Ausbildung und Weiterbildung erhält zentrale
Bedeutung. Die Lernenden sollen mit dem Qualifikationsniveau, Ausbildungs-
stand und Lebensalter zunehmend selbststeuernd und eigenverantwortlich be-
Drucksache

14/

3127

– 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

stimmen, wann, wo und was sie lernen. Damit sind weitreichende organisatori-
sche, curriculare und methodisch-didaktische Veränderungen auf allen Ebenen
des Bildungssystems verbunden.

Die Stärkung der Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Lernen ist eine der we-
sentlichen Aufgaben zukünftiger Bildungspolitik und Bildungspraxis. Die Teil-
bereiche Erstausbildung, Studium und Weiterbildung sollen zu einem differen-
zierten Gesamtsystem lebensbegleitenden Lernens entwickelt werden.
Selbststeuerung und Eigenverantwortung werden gestärkt, in öffentlicher Ver-
antwortung werden dafür die Rahmenbedingungen geschaffen. Die öffentliche
Verantwortung nehmen Bund, Länder und Gemeinden wahr.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen bestärkt werden, eigenverantwortlich Bil-
dungsanstrengungen zu unternehmen. Voraussetzung dafür ist, dass sie finan-
ziell in die Lage versetzt werden, sich angemessen an den Weiterbildungskos-
ten zu beteiligen. Es ist vorrangige Aufgabe der Politik, auch benachteiligten
Gruppen Zugänge zu neuen Lernmöglichkeiten zu eröffnen und damit der
Tendenz entgegenzuwirken, ganze Gruppen von Bildungs- und damit auch von
Karrierechancen auszugrenzen.

2. Initiativen für eine offensive Weiterbildungspolitik

2.1. Eine Reform mit dem Ziel „Lebensbegleitendes Lernen für alle“ ist eine
Querschnittsaufgabe, die gemeinsam von Bund, Ländern, Bildungseinrichtun-
gen und ihren Nutzern, Sozialpartnern, Betrieben, Arbeitsverwaltung, Kommu-
nen und anderen Akteuren zu verwirklichen ist:

– Ein solches Projekt reicht wegen des bildungsbereichsübergreifenden Ansat-
zes über die Zuständigkeiten des Bundes hinaus. Einen Schwerpunkt bilden
gleichwohl die berufsbildungspolitischen Zuständigkeiten des Bundes.
Grundlage für ein Förderprogramm sollte eine Vereinbarung mit den Län-
dern in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und For-
schungsförderung (BLK) auf der Grundlage von Artikel 91 b Grundgesetz
sein.

– Wegen der überragenden Bedeutung dieser Innovation für die Zukunft-
schancen aller Menschen in Aus- und Weiterbildung und Beruf einerseits,
für die aktive Gestaltung des Strukturwandels in Gesellschaft und Wirt-
schaft andererseits ist es angemessen, dass auch der Bund die notwendigen
Forschungs- und Entwicklungskosten für Modelle und Projekte übernimmt,
die die Machbarkeit der Konzepte, auch im Wege des Erfahrungsaustauschs
untereinander erproben und demonstrieren sollen.

– Das Projekt geht von einem integrativen Ansatz aus, da sich allgemeine,
politische, kulturelle und berufliche Bildung nicht länger voneinander tren-
nen lassen.

– Es knüpft, um erfolgreich zu sein, an vorhandene Strukturen und Entwick-
lungen in den Ländern und bei den Trägern an.

Der Deutsche Bundestag begrüßt deshalb das kürzlich von der Bund-Länder-
Kommission verabschiedete Modellversuchsprogramm „Lebenslanges Ler-
nen“. Zum ersten Mal wird hiermit eine Kooperation über alle Bildungsberei-
che hinweg angestoßen. Der Programmstart ist für April 2000 vorgesehen. Ins-
gesamt sollen bei fünfjähriger Laufzeit 25 Mio. DM für bis zu 20 Projekte,
Programmbetreuung und wissenschaftliche Begleitung bereitgestellt werden.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 –

Drucksache

14/

3127

2.2. Das Aktionsprogramm der Bundesregierung, das über die BLK-Modell-
versuchsprogramme hinausgeht, soll sich auf Innovationen in einer Reihe von
Handlungsfeldern konzentrieren, um den Aufbau innovativer „lernender Re-
gionen“ zu ermöglichen, wobei sich der Regionenbegriff ableitet aus den öko-
nomischen, gemeindlichen, kulturellen und institutionellen Zusammenhängen.
Zu den Handlungsfeldern gehören:

– Qualitätssicherung,

– Zertifizierung von Qualifikationen/Kompetenzen und Verwertbarkeit von
Abschlüssen,

– Verbesserung der Beratung und Motivierung,

– Förderung neuer Lehr- und Lernkulturen,

– Schaffung eines lernförderlichen Umfeldes für Menschen in speziellen
Lebenslagen,

– Intensivierung des Austauschs und der internationalen Zusammenarbeit.

2.3. Den Kern des Aktionsprogramms soll das geplante Bundesprogramm
„Netzwerke Lebensbegleitendes Lernen“ bilden. Der Deutsche Bundestag
unterstützt die Absicht der Bundesregierung, hierfür ab dem Jahr 2000 jeweils
8 Mio. DM für zunächst fünf Jahre bereitzustellen.

Über einen Teilnahmewettbewerb sollen Mittel für die Schaffung von Koopera-
tionsverbünden vergeben werden, wobei für die einzelnen Netzwerke – auch
für bereits bestehende – keine Vorgaben gemacht werden sollen, die Beteiligte
und Aufgabenbeschreibung einengen. Allerdings ist sicherzustellen, dass die
Verbünde Mindestanforderungen an die Zusammensetzung der Beteiligten und
die Formen ihrer Zusammenarbeit erfüllen und dass sie auf je eigenem Weg auf
die Verwirklichung der Ziele des Programms hinarbeiten. Die Wege zum ge-
meinsamen Ziel „Aufbau lernender Regionen“ können unterschiedlich sein.
Außerdem sollen die Netzwerke während der Förderung aus Bundesmitteln be-
reits die Sicherung ihres Bestandes nach Beendigung der Förderung vorberei-
ten.

Diese Netzwerke sollen

– auf die Verwirklichung der „lernenden Region“ hinarbeiten und sich dabei
auf bereits bestehende Kooperations- und Angebotsstrukturen stützen,

– qualitative und quantitative Verbesserungen der Angebotsstrukturen – ins-
besondere die Erhöhung der Transparenz der Angebote durch Optimierung
und Ausbau von benutzerfreundlichen Weiterbildungsdatenbanken, Verbes-
serung der Information und Beratung, Qualitätssicherung und Zertifizierung
– bewirken,

– die Motivation und Bildungsbereitschaft der Menschen und insbesondere
bisher bildungsferner oder benachteiligter Gruppen erhöhen und

– die Möglichkeiten der neuen Medien zur Entwicklung neuer Angebote und
der Förderung selbstgesteuerten Lernens wie zum überregionalen Erfah-
rungsaustausch gezielt nutzen.

Die Netzwerke sollen primär die Bereitschaft für lebensbegleitendes Lernen
wecken. Eine zentrale Rolle für das Aktionsprogramm kommt ihnen auch beim
Versuch zu, Innovationen in die weiteren Handlungsfelder, die mittels Projekt-
förderung und Erfahrungsaustausch im Rahmen des Aktionsprogramms umge-
setzt werden sollen, zu transferieren.
Drucksache

14/

3127

– 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

In diesen Erfahrungsaustausch sollen auch Regionen, Anbieter von Bildungs-
und Weiterbildungsmaßnahmen, Betriebe und andere Interessierte einbezogen
werden, die nicht unmittelbar an geförderten Netzen beteiligt sind. Hierdurch
kann das Aktionsprogramm eine größere Breitenwirkung erzielen.

2.4. Der Deutsche Bundestag erwartet, dass die Maßnahmen zum Ausbau der
Weiterbildung und zu einem Aktionsprogramm „Lebensbegleitendes Lernen
für alle“ verstetigt werden, um die Ergebnisse von Programmen und Projekten
zu sichern und der Weiterbildungspolitik Kontinuität zu verleihen.

Hierbei sind auch alle Möglichkeiten für eine Kofinanzierung, u.a. aus europäi-
schen Mitteln (z.B. Europäischer Sozialfonds, Leonardo II) auszuschöpfen.

2.5. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass das lebenslange Lernen Thema im
„Forum Bildung“ im „Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähig-
keit“ und in der „Konzertierten Aktion Weiterbildung“ ist. Der Deutsche Bun-
destag fordert die Bundesregierung auf, Möglichkeiten zu prüfen,

– ein Weiterbildungsaudit zur Förderung der Weiterbildungsbereitschaft und
der Weiterbildungsaktivitäten der Betriebe und Verwaltungen (Leitbild:
„Lernende Organisationen“) zu entwickeln,

– die Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) im Sinne einer Bundes-
anstalt für Arbeit und Weiterbildung zu präzisieren und das Bundesinstitut
für Berufsbildung (BIBB) zum Bundesinstitut für Berufsbildung und Wei-
terbildung auszubauen,

– eine differenzierte, bundeseinheitliche Weiterbildungsstatistik und ein ent-
sprechendes Berichtssystem (unter Berücksichtigung des Gender-Main-
stream) zu entwickeln,

– die Bund-Länder-Kooperation im Weiterbildungsbereich zu intensivieren,

– die Kooperation von Einrichtungen der Weiterbildung auf regionaler und
kommunaler Ebene auszuweiten, um Tätigkeiten aufeinander abzustimmen,
Kompetenzen zu bündeln und Ressourcen besser zu nutzen,

– ein Akkreditierungssystem für Weiterbildungseinrichtungen und Zertifizie-
rung erreichter Qualifikationen zur Sicherung der Vergleichbarkeit von Ab-
schlüssen („Stiftung Bildungstest“) einzurichten,

– einen europaweit verwendbaren Weiterbildungspass, der die individuellen
Fähigkeiten und Kenntnisse darstellt, einzuführen,

– arbeitsmarktpolitische Instrumente im Hinblick auf den Qualifikations- und
Weiterbildungsbedarf weiterzuentwickeln (z. B. Job-Rotation und Bildungs-
konten),

– geeignete Finanzierungsinstrumente insbesondere zur Deckung individuel-
ler Kosten des lebenslangen Lernens zu entwickeln und in ein innovatives
System der Weiterbildungsfinanzierung zu integrieren,

– Modularisierungskonzepte für die Weiterbildung zu entwickeln, um die Ver-
knüpfung zur beruflichen Erstausbildung zu verbessern,

– Möglichkeiten für Arbeitslose auszubauen, sich am „Lernort Betrieb“
weiterzubilden,

– die Weiterbildungsforschung zu intensivieren.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 –

Drucksache

14/

3127

3. Erweiterung des Berufsbildungsberichts

Der von der Bundesregierung regelmäßig erstellte Berufsbildungsbericht soll
in Zukunft einen umfassenden Bericht über die Entwicklung des Weiter-
bildungsbereichs enthalten. In dem Bericht soll über Fortschritte und Entwick-
lungen der Programme und Modellvorhaben informiert werden. Auf die Ergeb-
nisse von Maßnahmen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Weiterbil-
dungsbereich soll eingegangen werden. Weiterer Reformbedarf soll dargestellt
werden.

Berlin, den 5. April 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.