BT-Drucksache 14/3103

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Ulrike Flach, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -14/678, 14/2942- Chancen der Gentechnik als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

Vom 5. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3103
14. Wahlperiode 05. 04. 2000

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ulrike Flach, Ulrich Heinrich, Hildebrecht Braun (Augsburg),
Ernst Burgbacher, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Dr. Helmut Haussmann,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Dr. Günter Rexrodt, Dr. Irmgard
Schwaetzer, Marita Sehn, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

zu der Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Ulrich Heinrich,
Ulrike Flach, Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der F.D.P.
– Drucksachen 14/678, 14/2942 –

Chancen der Gentechnik als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag begrüßt die positive Stellungnahme der Bundesregie-
rung auf die Große Anfrage der Fraktion der F.D.P. und unterstützt insbeson-
dere folgende Punkte:

– Bio- und Gentechnologie sind Schlüsselbereiche für künftige Innovationen
und damit essenziell für die weitere wissenschaftliche und wirtschaftliche
Entwicklung. Ihre Einsatzmöglichkeiten in der Human- und Veterinärmedi-
zin, im Agrar- und Ernährungssektor sowie im Umweltbereich sind tenden-
ziell vielfältig und eröffnen den Weg für Problemlösungen.

– Biotechnologische Maßnahmen in der Landwirtschaft können, wenn sie von
geeigneten entwicklungspolitischen Maßnahmen flankiert werden, einen
Beitrag zur Verbesserung der Welternährung leisten.

– Angesichts der technologischen Entwicklung sind die Potentiale der Bio-
und Gentechnik mittel- bis langfristig von großer Bedeutung für die interna-
tionale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Land- und
Ernährungswirtschaft.

– Im Bereich der Umwelt ist der Biotechnologie auf Grund ihrer Potentiale für
einen vorsorgenden, produktionsintegrierten Umweltschutz ein hoher Stel-
lenwert beizumessen. Durch die Biotechnologie und Gentechnik können zu-
künftig verstärkt energieaufwendige und umweltbelastende klassische Pro-

Drucksache 14/3103 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

duktionstechniken durch so genannte nachhaltige Produktionsverfahren
abgelöst werden.

– Neben der pharma- und der chemischen Industrie, der Landwirtschaft und
dem Umweltsektor werden Verfahren der Bio- und Gentechnik zukünftig
auch in ganz neuen Branchen und Disziplinen – zum Beispiel in Grenzberei-
chen zur Informationstechnik, Materialforschung und Energietechnik – Be-
deutung gewinnen.

– Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen der Bio- und Gen-
technologie bestehen gute Markt- und Beschäftigungschancen. So entstan-
den neue Arbeitsplätze in Deutschland in den vergangenen Jahren nachweis-
lich bei kleinen und mittleren Unternehmen, die vorwiegend Produkte,
Verfahren und Dienstleistungen entwickeln, die der so genannten roten Bio-
und Gentechnologie (Pharma und Diagnostika) zuzuordnen sind.

– Die Biotechnologie ist eine entscheidende Basis für Innovationen in weiten
Teilen der pharmazeutischen Industrie und der Medizin. Auch für die Land-
wirtschaft und Umwelt werden Vorteile erwartet.

– Auf diesem Niveau wird die Bundesregierung bei ihren Innovationsstrate-
gien weiter aufbauen, wobei ihr Ziel ist, die wirtschaftlichen Chancen der
Bio- und Gentechnologie stärker auch für ökologische Lösungsansätze an-
zuwenden.

– Die Bundesregierung misst der Förderung von Forschung und Entwicklung
in diesem Bereich einen hohen Stellenwert zu.

– Die Bundesregierung setzt sich auf nationaler und europäischer Ebene sowie
im Rahmen der einschlägigen UN-Aktivitäten für Rahmenbedingungen ein,
die den deutschen und europäischen Biotechnologie-Unternehmen ver-
gleichbare Wettbewerbsbedingungen bieten.

– Deutschland steht wie auch andere Länder, noch am Anfang des Biotechno-
logie-Zeitalters. Die steigende Zahl von Biotechnologie-Unternehmen in
Deutschland zeigt jedoch, dass die deutsche Biotechnologie-Branche im
Vergleich zu den britischen und amerikanischen Wettbewerbern aufholt.

– Die Bundesregierung wird alles tun, um die neue Freisetzungsrichtlinie zur
Ablösung der Richtlinie 90/220/EWG zu einem schnellstmöglichen Ab-
schluss zu bringen und damit die Zulassungspraxis auf eine neue, sichere
und von breitem Konsens getragene Grundlage zu stellen.

– Unter der Voraussetzung einer in den nächsten Jahren zunehmenden Akzep-
tanz dieser Technologie in der Gesellschaft könnten für Teile der Landwirt-
schaft Vorteile erwachsen, und zwar zunächst eher in Regionen, in denen die
Feldfruchtarten Mais, Zuckerrübe, Kartoffel oder Raps angebaut werden.
Beim gegenwärtigen Stand der Technologieentwicklung kann unter deut-
schen Verhältnissen vor allem für die Feldfruchtarten mit der Entwicklung
gentechnisch veränderter Sorten gerechnet werden.

– Positive Tendenzen bei Innovationsindikatoren dürfen nicht darüber hin-
wegtäuschen, dass es vermehrter Anstrengungen bedarf, um in der mittel-
und insbesondere langfristigen Perspektive die hohe Effizienz deutschen In-
novationssystems zu erhalten.

– Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung waren in den 90er Jahren zu
gering. Auch wenn die gesamtwirtschaftliche FuE-Intensität in Deutschland
zuletzt wieder etwas angestiegen ist, befindet sich Deutschland mit einem
Anteil der FuE-Ausgaben von 2,3 % am Bruttoinlandsprodukt im internatio-
nalen Vergleich immer noch im Mittelfeld.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3103

– Die Bundesregierung setzt sich zur Gewährleistung der Wahlfreiheit der
Verbraucher für klare und praktikable Kennzeichnungsvorschriften bei gen-
technisch veränderten Produkten auf EU-Ebene ein.

– Zur Änderung bzw. Ablösung der Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG ist
nicht geplant, sozioökonomische Kriterien in Genehmigungsverfahren auf-
zunehmen.

– Die Bundesregierung befürwortet den Grundsatz, dass die Prüfung der Ver-
kehrsfähigkeit eines Produktes möglichst in einem einzigen Genehmigungs-
verfahren konzentriert werden soll. Voraussetzung ist allerdings, dass in die-
sem Verfahren alle relevanten Gesichtspunkte Berücksichtigung finden.

– Der Deutsche Bundestag begrüßt eine sachliche Auseinandersetzung mit der
Gentechnik und verurteilt mutwillige Zerstörungen von Versuchsfeldern mit
gentechnisch veränderten Organismen. Sie sind zudem kontraproduktiv,
nicht zuletzt, weil damit auch Ergebnisse aus Begleitforschungsvorhaben im
Rahmen der Risikoabschätzung und Wirkungsanalyse zerstört werden.

– Der Deutsche Bundestag lehnt das am 24./25. Juni 1999 im Umweltrat der
EU beschlossene so genannte Moratorium zum Anbau von gentechnisch
veränderten Nutzpflanzen in Europa ab.

– Der Deutsche Bundestag bewertet ein Moratorium als einen Verstoß gegen
geltendes EG-Recht und innerstaatliches Recht.

Berlin, den 5. April 2000

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Begründung

Der Deutsche Bundestag begrüßt die positive Antwort der Bundesregierung auf
die Große Anfrage der Fraktion der F.D.P. Mit einem ausgewogenen Kurs bei
der Nutzung der Gentechnik können die verantwortbaren Innovationspotentiale
der Bio- und Gentechnik systematisch weiterentwickelt und dabei gleichzeitig
dem Aspekt der Risikovorsorge im erforderlichen Umfang Rechnung getragen
werden. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Gen- und Biotechnologie
und eine differenzierte und konkrete Betrachtung und Bewertung der Bio- und
Gentechnik in ihren unterschiedlichen und vielfältigen Anwendungsbereichen
ist erforderlich.

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