BT-Drucksache 14/3102

Agrarpolitische Entwicklungszusammenarbeit fördern

Vom 5. April 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

05. 04. 2000

Antrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Haussmann, Joachim Günther (Plauen),
Ulrich Irmer, Ulrich Heinrich, Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher,
Paul K. Friedhoff, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Walter Hirche,
Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Irmgard Schwaetzer, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der F.D.P.

Agrarpolitische Entwicklungszusammenarbeit fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Für die Zukunft der meisten Entwicklungsländer spielt die Landwirtschaft eine
zentrale Rolle. Der Agrarsektor beschäftigt den überwiegenden Teil der Ar-
beitskräfte und trägt maßgeblich zum Sozialprodukt bei. Viele Entwicklungs-
länder erzielen ihre Deviseneinnahmen zu einem hohen Anteil aus dem Export
landwirtschaftlicher Produkte. Das anhaltende hohe Bevölkerungswachstum in
der so genannten Dritten Welt stellt die dortige Landwirtschaft und damit auch
die entwicklungspolitische Zusammenarbeit in diesem Sektor in den kommen-
den Jahrzehnten vor große Herausforderungen. Nach Berechnung der FAO
werden in den nächsten 25 Jahren weltweit 60 % mehr Nahrungsmittel produ-
ziert werden müssen, um die wachsende Nachfrage vor allem in Entwicklungs-
ländern befriedigen zu können. In der entwicklungspolitischen Zusammenar-
beit sollte daher der Förderung der Landwirtschaft Priorität eingeräumt werden.
Dabei sollte ein besonderer Schwerpunkt auf die Stärkung der Kapazitäten der
Partnerländer zur Ernährungssicherung durch nachhaltige Steigerung der
pflanzlichen und tierischen Produktion gesetzt werden.

Zu dem entwicklungspolitischen Engagement der Geberländer gehört auch die
Verantwortung für eine weitere Liberalisierung des Welthandels. Die Chancen
der Globalisierung müssen für eine schnelle Einbeziehung der Entwicklungs-
länder genutzt und Handelsbarrieren zu ihren Gunsten aufgehoben werden.
Dies setzt vor allem einen weiteren Abbau des industriellen und des Agrarpro-
tektionismus der entwickelten Welt sowie von Exportsubventionen voraus. Ex-
portsubventionen führen zu Verzerrungen des Wettbewerbes auf den Weltagrar-
märkten und beeinträchtigen dadurch die landwirtschaftliche Produktivität in
den Entwicklungsländern. Als weltweit größter Importeur und zweitgrößter Ex-
porteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse hat die Europäische Union hier eine
besondere Verantwortung. Bei der Weiterentwicklung der europäischen Agrar-
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politik muss daher ein Konzept für den Ausgleich der Interessen der europäi-
schen Landwirte und Verbraucher sowie den Interessen der Entwicklungsländer
erarbeitet werden.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. den Anbau qualitativ verbesserter und ertragsstabiler Nutzpflanzen in Ver-
bindung mit der grünen Gentechnik, integrierter Pflanzenschutzsysteme
sowie die Verbesserung der tierischen Produktion einschließlich der Fische-
rei- und Aquakultur in den Mittelpunkt der agrarpolitischen Entwicklungs-
zusammenarbeit zu stellen.

2. in diesem Zusammenhang insbesondere standortgerechte landwirtschaftli-
che Produktionssysteme, die eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürli-
chen Ressourcen zum Ziel haben, zu fördern.

3. die Partnerländer bei der Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen
für ein effizientes, privatwirtschaftlich gestaltetes Vermarktungs- und Verar-
beitungswesen beratend zu unterstützen. Hierzu gehören vor allem auch
gesicherte Bodenbesitzverhältnisse bzw. langfristige Nutzungsrechte der
Landwirte sowie eine Markt- und Preispolitik, die die notwendigen ökono-
mischen Anreize zur Produktionssteigerung schafft.

4. die landwirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit nicht in erster Linie
auf Einzelprojektförderung, sondern auf systemorientierte Politikberatung
und Programmentwicklung, insbesondere bei der Einführung innovativer
und standortangepasster Wirtschaftsweisen zu konzentrieren und hierbei
stärker das Know-how der Nichtregierungsorganisationen und des lokalen
privaten Sektors zu nutzen.

5. einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung einer auf die bäuerlichen
Bedürfnisse ausgerichteten Agrarforschung mit dem Ziel weiterer Produkti-
vitätssteigerungen zu setzen.

6. in der zukünftigen agrarpolitischen Zusammenarbeit mit Entwicklungslän-
dern regionale Schwerpunkte auf die besonders betroffenen Räume Süd-
asiens und Afrikas zu setzen.

7. gemeinsam mit den europäischen Partnern die EU-Kommission zu veranlas-
sen, bei internationalen Verhandlungen auf mehr Kohärenz zwischen Ent-
wicklungs-, Agrar- und Handelspolitik zu achten.

8. bei der Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik
nicht nur die unmittelbaren Interessen des europäischen Agrarmarktes, son-
dern auch dessen Auswirkungen auf die Entwicklungsländer zu berücksich-
tigen und bei der Gestaltung zukünftiger Subventionen für die Landwirt-
schaft besonders auf die Vermeidung von Handelsverzerrungen zu achten.

9. sich im Rahmen zukünftiger Verhandlungen über weitere Liberalisierung
des Welthandels für eine Verbesserung des Marktzuganges für landwirt-
schaftliche Produkte aus den Entwicklungsländern einzusetzen.

Berlin, den 5. April 2000

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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