BT-Drucksache 14/310

Gegen den Mißbrauch von Kindern als Soldaten

Vom 26. Januar 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/310 vom 26.01.1999

Antrag der Fraktion der CDU/CSU Gegen den Mißbrauch von Kindern als
Soldaten =

26.01.1999 - 310

14/310

Antrag
der Abgeordneten Erika Reinhardt, Dr. Norbert Blüm, Klaus-Jürgen
Hedrich, Siegfried Helias, Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Christian
Ruck, Marlies Pretzlaff, Dr. Manfred Lischewski, Rudolf Kraus, Hermann
Gröhe, Norbert Geis, Dr. Heiner Geißler, Monika Brudlewsky, Dr.
Christian Schwarz-Schilling und der Fraktion der CDU/CSU
Gegen den Mißbrauch von Kindern als Soldaten

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
In kriegerischen Auseinandersetzungen werden zunehmend mehr Kinder als
Soldaten eingesetzt. Dies hat im wesentlichen zwei Gründe: Zum einen
gibt es eine wachsende Zahl innerstaatlicher Kriege, in denen Konflikte
gewaltsam ausgetragen werden und zwischen Armee und Zivilbevölkerung
nicht mehr unterschieden wird. Die Regeln der Kriegsführung, die für
die von Berufsarmeen geführten Kriege zwischen Staaten galten, werden
von bewaffneten Gruppen, die innerhalb bestehender Staatsgrenzen
kämpfen, nicht beachtet. Im vergangenen Jahrzehnt starben 2 Millionen
Kinder bei bewaffneten Konflikten, etwa 6 Millionen wurden verwundet
oder verstümmelt. Fast 90 % der Kriegstoten der 90er Jahre waren
Zivilisten, in der Hauptsache Frauen und Kinder. Der Einsatz von
Kindern als Soldaten wurde auch durch die Verbreitung von billigen und
leichten Schnellfeuerwaffen möglich gemacht, die auch Kinder ohne große
Schwierigkeiten handhaben können.
Nach dem Bericht des VN-Sonderberichterstatters Olava Otunnu stehen bis
zu 300 000 Jungen und Mädchen unter 18 Jahren weltweit aktiv als
Soldaten im Dienst von Regierungsarmeen oder Rebellenverbänden. In
mindestens 25 Konfliktgebieten werden Kinder ab 7 Jahren als Soldaten
eingesetzt. Sie werden für Minenräumung, Spionage und
Selbstmordanschläge benutzt.
Die speziellen Eigenschaften der Kinder werden gezielt ausgenutzt:
Kinder sind leichter zu manipulieren und zu kontrollieren als
Erwachsene, sie sind billiger in Sold und Verpflegung und ihre
Unerfahrenheit im Umgang mit der Gefahr schafft Raum für effektive
Selbstmordkommandos. Die Rekrutierung der Kinder erfolgt sehr oft durch
Zwang. Häufig werden sie entführt. Durch die Verabreichung von Drogen
werden Kinder dazu gebracht, ihre Eltern und Geschwister zu töten, um
sie gefügig zu machen. Weit verbreitet ist die Verabreichung von
Amphetaminen oder Beruhigungsmitteln an Kindersoldaten, um ihren Mut zu
steigern und sie gegen Schmerzen unempfindlich zu machen. Während
Jungen anfänglich als Kuriere oder Wachpersonal eingesetzt werden und
später an der Front kämpfen müssen, müssen Mädchen kochen, Verwundete
versorgen und sexuell verfügbar sein. So werden z. B. in Uganda junge
Mädchen von bewaffneten Gruppen entführt und dann Soldaten als
"Ehefrauen" zugeteilt.
Kinder sind die Zukunft der menschlichen Zivilisation. Sie dürfen nicht
als Schachfiguren in einem Krieg - weder als Opfer noch als Täter -
mißbraucht werden.
Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf:
1. die Lage von Kindern in ihren bilateralen Kontakten und
Konsultationen zur Entwicklungszusammenarbeit einzubeziehen und darauf
zu achten, daß Empfängerländer deutscher Entwicklungshilfe nicht
gleichzeitig den Einsatz von Kindersoldaten billigen oder fördern.
2. sich in den multilateralen Verhandlungen im Rahmen der Vereinten
Nationen in Genf und New York für eine weitere Anhebung der für Kinder
relevanten menschenrechtlichen Standards einzusetzen. Ein wichtiger
Aspekt dabei ist die Mobilisierung der öffentlichen Meinung mit dem
Ziel, ein politisches Klima zu erzeugen, das den Mißbrauch von Kindern
in bewaffneten Konflikten verhindert.
3. die durch die ehemalige Bundesregierung erfolgte Unterstützung des
Büros des VN-Sonderbeauftragten für Kinder in bewaffneten Konflikten,
Olara Otunnu, das ausschließlich durch freiwillige Spenden der
Mitgliedstaaten finanziert wird, weiterzuführen.
4. sich in den Verhandlungen zu einem fakultativen Zusatzprotokoll
zum Internationalen Übereinkommen über die Rechte des Kindes ("VN-
Kinderkonvention") betreffend Kinder in bewaffneten Konflikten für eine
Schutzaltersgrenze von 18 Jahren für eine Teilnahme an bewaffneten
Konflikten einzusetzen und für diese Position auch in den USA und in
Pakistan zu werben, die eine Schutzaltersgrenze von 18 Jahren ablehnen.
5. in der Entwicklungszusammenarbeit verstärkt darauf zu achten, daß
Maßnahmen zur Demobilisierung und Resozialisierung von Kindersoldaten
gefördert werden. Kindersoldaten leiden neben körperlichen Folgeschäden
(Behinderungen etc.) auch unter seelischen Schäden, wie Angst und
Panikattacken, Alpträumen, ausgeprägten Scham- und Schuldgefühlen und
schwer depressiven Zuständen mit suizidalen Tendenzen. Viele sind
drogenabhängig und werden zu "Straßenkindern".
Wiedereingliederungsprojekte müssen deshalb auf die spezifische
Situation von Kindersoldaten zugeschnitten sein. Die Therapie von
kriegstraumatisierten Kindern muß die kulturellen Werte und Traditionen
der Menschen des betreffenden Landes berücksichtigen und die lokale
Bevölkerung bei der Erarbeitung, Einsetzung und Überwachung solcher
Programme miteinbeziehen.
6. in internationalen Gremien darauf hinzuwirken, daß in allen
Friedensabkommen die Abrüstung von Kindern und Maßnahmen zu deren
Reintegration in die Gesellschaft festgeschrieben werden.
7. darauf zu achten, daß Kinder in bewaffneten Konflikten bei allen
internationalen Überwachungsmissionen und Berichterstattungen von
seiten der Vereinten Nationen u. a. gesondert und vordringlich
behandelt werden.
Bonn, den 28. Januar 1999
Erika Reinhardt
Dr. Norbert Blüm
Klaus-Jürgen Hedrich
Siegfried Helias
Peter Weiß (Emmendingen)
Dr. Christian Ruck
Marlies Pretzlaff
Dr. Manfred Lischewski
Rudolf Kraus
Hermann Gröhe
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Monika Brudlewsky
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

26.01.1999 nnnn

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