BT-Drucksache 14/3097

Sicherung der außeruniversitären interdisziplinären Grundlagenforschung in der Informations-und Kommunikationstechnik

Vom 4. April 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3097
14. Wahlperiode 04. 04. 2000

Antrag
der Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn), Norbert Röttgen, Ilse Aigner, Axel E.
Fischer (Karlsruhe-Land), Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Dr.-Ing. Rainer Jork,
Werner Lensing, Erich Maaß (Wilhelmshaven), Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn),
Thomas Rachel, Hans-Peter Repnik, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke),
Dr. Erika Schuchardt, Bärbel Sothmann, Angelika Volquartz, Heinz Wiese
(Ehingen) und der Fraktion der CDU/CSU

Sicherung der außeruniversitären interdisziplinären Grundlagenforschung in der
Informations- und Kommunikationstechnik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Am 29. September 1999 hat die Bundesregierung die beabsichtigte Fusion der
GMD – Forschungszentrum Informationstechnik GmbH (GMD) mit der Fraun-
hofer-Gesellschaft e. V. (FhG) bekannt gegeben. Seitdem gab es zwischen den
Beteiligten intensive Verhandlungen, die bisher nicht zu einem positiven Ab-
schluss gebracht werden konnten. Ungeklärt ist insbesondere, ob die interdiszi-
plinäre Grundlagenforschung, die einen Schwerpunkt der Arbeit bei der GMD
bildet, weiter verfolgt wird.

Der Deutsche Bundestag spricht sich dafür aus, dass eine Fusion der GMD und
der FhG nur dann vollzogen wird, wenn auch in der zukünftigen Organisation
mit Willen und Unterstützung aller Beteiligten die interdisziplinäre Grundla-
genforschung gesichert ist.

Die interdisziplinäre Grundlagenforschung ist für die Informations- und Kom-
munikationstechnologie von fundamentaler Bedeutung. Sie bietet die Grund-
lage für die anwendungsbezogene Forschung nachfolgender Jahre, nicht nur im
unmittelbaren Informations- und Kommunikationstechnikbereich, sondern
auch auf zahlreichen anderen Feldern. Obwohl die Grundlagenforschung für
die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland von un-
schätzbarem Wert ist, wird sie in Deutschland außerhalb von Universitäten im
Wesentlichen nur in sehr wenigen forschenden Einrichtungen betrieben: in der
GMD mit den Standorten Sankt Augustin, Darmstadt und Berlin, im Deutschen
Forschungsinstitut für künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern und
Saarbrücken und im Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken.

Obwohl die Bedeutung der Grundlagenforschung in Deutschland unumstritten
ist, droht jetzt aufgrund der Fusionsverhandlungen zwischen der Bundesregie-
rung, der GMD und der FhG die Gefahr, dass eine Einrichtung mit Grundlagen-

Drucksache 14/3097 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

forschung verloren geht. Angesichts der Konkurrenz zu anderen Staaten und
damit anderen Märkten wäre dies ein großer Rückschritt.

Die Folgen der Fusionsverhandlungen sind noch weitreichender. Qualifizierte
Wissenschaftler, die zurzeit (noch) bei der GMD beschäftigt sind, befürchten,
ihr Forschungsvorhaben drohe der geplanten Fusion zum Opfer zu fallen und
sehen sich bereits nach Alternativen um – vornehmlich in den USA. Während
die Bundesregierung versucht, im Ausland qualifizierte IT-Mitarbeiter anzu-
werben, schafft sie gleichzeitig die Voraussetzung dafür, dass deutsche Spitzen-
kräfte ins Ausland abwandern.

Die Fusion von GMD und FhG könnte für die Forschung im Informations- und
Kommunikationstechnikbereich positive Wirkungen erzielen. Voraussetzung
dafür ist, dass beide Partner gleichberechtigt ihre Forschungsziele und -schwer-
punkte einbringen, um positive Synergieeffekte zu erzielen und zu nutzen. Da-
her müssen die kommenden Monate dazu genutzt werden, die Stärken beider
Einrichtungen zu definieren und anschließend zusammenzuführen, um so eine
herausragende Einrichtung für die Informations- und Kommunikationstechno-
logie zu schaffen, die Grundlagen-, Vorlauf- und anwendungsorientierte For-
schung miteinander verbindet. Tabus hinsichtlich der eigenen Einrichtung dür-
fen nicht aufgebaut werden. Darüber hinaus müssen die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Einrichtungen in den Fusionsprozess eingebunden werden.
Über ihr zukünftiges Betätigungsfeld erfuhren die Beschäftigten in der FhG
und GMD zunächst aus den Medien, was zu Unsicherheit und Ablehnung der
Fusion mit den bereits beschriebenen Folgen führt. Die Fusion kann nur gelin-
gen, wenn die Mitarbeiter von ihr überzeugt sind. Zurzeit lehnen sie sie jedoch
zu Recht ab.

Besonders die USA sind bei der Beurteilung und Förderung der Grundlagenfor-
schung weiter. Der PITAC-Report (President’s Information Technology Advi-
sory Committee) aus dem Jahr 1999 macht deutlich, dass die Informationstech-
nologie einer der Schlüsselfaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung des
21. Jahrhunderts ist. Um für diesen Bereich zu einer lang angelegten Strategie
zu gelangen, ist es nach dem PITAC-Report unerlässlich, die Forschungsförde-
rung auszudehnen und zeitintensive Forschungen zu Grundsatzfragen in den
Bereichen Computerwesen, Information und Kommunikation zu fördern. Für
2001 ist in diesem Bereich eine Erhöhung der Ausgaben um 36 % vorgesehen.

Statt – wie in den USA – die Förderung der Grundlagenforschung in den Infor-
mations- und Kommunikationstechnologien in Deutschland voranzutreiben,
droht jetzt einer der beiden außeruniversitären Einrichtungen für die Grundla-
genforschung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnolo-
gie das Aus. Deshalb wäre es die vordringliche Aufgabe der Bundesregierung,
rasch ein solides Konzept für die Förderung der außeruniversitären Grundla-
genforschung in diesem Bereich zu entwickeln.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Sorge dafür zu tragen, dass die interdisziplinäre Grundlagenforschung auch
wesentliches und umfassend gefördertes Forschungsziel bei einer möglichen
Fusion von GMD und FhG wird, um so die Stellung Deutschlands auf dem
internationalen Informations- und Kommunikationstechnologiemarkt zu si-
chern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Einrichtungen sind früh-
zeitig über die weiteren Schritte der Fusion zu informieren und in den Fu-
sionsprozess einzubinden;

2. als letzte Konsequenz auf eine Fusion von GMD und FhG zu verzichten,
wenn eine der beteiligten Forschungseinrichtungen die Fortsetzung der
Grundlagenforschung ablehnt, da dann keine Fusion besser ist als eine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3097

schlechte. Der Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
in der Gesellschafterversammlung der GMD wird in einem solchen Fall an-
gehalten, die Fusion abzulehnen;

3. noch in diesem Jahr ein Konzept vorzulegen, das die Förderung der außer-
universitären interdisziplinären Grundlagenforschung in der Informations-
und Kommunikationstechnologie in der Bundesrepublik Deutschland für die
kommenden Jahre sichert. Ziel muss es sein, den Anteil der außeruniversitä-
ren Grundlagenforschung in Deutschland auszubauen, um so dauerhaft auf
dem internationalen Informations- und Kommunikationstechnologiemarkt
konkurrenzfähig zu bleiben.

Berlin, den 4. April 2000

Norbert Hauser (Bonn)
Norbert Röttgen
Ilse Aigner
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)
Dr.-Ing. Rainer Jork
Werner Lensing
Erich Maaß (Wilhelmshaven)
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Thomas Rachel
Hans-Peter Repnik
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Dr. Erika Schuchardt
Bärbel Sothmann
Angelika Volquartz
Heinz Wiese (Ehingen)
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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