BT-Drucksache 14/2936

Soldatische Traditionsverbände und Pressemeldung über Mittel aus dem Bundeshaushalt für ein Seminar in Aachen

Vom 13. März 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2936
14. Wahlperiode 13. 03. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidi Lippmann und der Fraktion der PDS

Soldatische Traditionsverbände und Pressemeldung über Mittel aus dem
Bundeshaushalt für ein Seminar in Aachen

In ihrer Ausgabe vom Dezember 1999 kündigt die Zeitung „Soldat im Volk“,
herausgegeben vom „Verband deutscher Soldaten“ (VDS) und „Ring deutscher
Soldatenverbände“ (RDS), ein europapolitisches Seminar vom 4. bis
6. April 2000 in Aachen an. Dieses Seminar, schreibt „Soldat im Volk“, sollte
ursprünglich im niederländischen Valkenburg stattfinden, gemeinsam geplant
„mit niederländischen Kameradinnen und Kameraden“. Weiter heißt es im
Text: „Es musste jedoch wegen der Bezuschussung in eine deutsche Stadt ver-
legt werden.“ („Soldat im Volk“, Dezember 1999). Die Zeitung „Aachener
Nachrichten“ meldete dann, dass diese Veranstaltung von der Bundeszentrale
für politische Bildung gefördert wird (Aachener Nachrichten, 8. Februar 2000).

Es passt ins Bild, dass ausgerechnet in dieser Dezember-Ausgabe der Zeitung
„Soldat im Volk“ ein Bericht enthalten ist, in dem gegen die Errichtung eines
Holocaust-Mahnmals in Berlin polemisiert wird. In „Soldat im Volk“ wird „zu
diesem leidigen Thema“ vorgeschlagen, schon aus Kostengründen das Holo-
caust-Mahnmal in Berlin nicht zu bauen („Soldat im Volk“, Dezember 1999).
Damit schließen sich die herausgebenden Verbände von „Soldat im Volk“ jenen
rechtsextremen Organisationen an, die gegen die Errichtung eines Holocaust-
Mahnmals in Berlin Sturm laufen.

In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Die Traditionsverbände und der
Rechtsextremismus“ (Antwort: Drucksache 14/1485) hat die Bundesregierung
erklärt, ihr lägen „keine Erkenntnisse“ über eine mögliche rechtsextreme Aus-
richtung der Zeitung „Soldat im Volk“ und der sie herausgebenden Verbände
VDS und RDS vor. Die Bundesregierung musste aber auch einräumen, dass die
Zeitung „Soldat im Volk“ nicht auf eine mögliche rechtsextreme Ausrichtung
ausgewertet worden ist. Hinweisen auf eine rechtsextreme Durchsetzung dieses
Verbandsblatts, wie sie beispielsweise in der Kleinen Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Soldatische Traditionsverbände und ihre Bezie-
hungen zur Bundeswehr“ (Drucksache 13/10273) aufgeführt wurden, ist man
offenbar nicht nachgegangen; gleichfalls wurden offenbar auch ähnliche Hin-
weise aus der wissenschaftlichen Literatur über den Rechtsextremismus (wie
z. B. Siegfried Jäger [Hrsg.] „Rechtsdruck. Die Presse der neuen Rechten“,
Berlin/Bonn 1988, Kurt Hirsch, „Rechts von der Union“, München 1989,
Bernd Wagner [Hrsg.] „Handbuch Rechtsextremismus“ Reinbeck 1994) igno-
riert.

In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Die Traditionsverbände und der
Rechtsextremismus“ hat die Bundesregierung ebenfalls eindeutig festgestellt,

Drucksache 14/2936 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
dass keine Traditionsverbände der Waffen-SS dem VDS und dem RDS angehö-
ren (Drucksache 14/1485, Antwort zu Frage 6h).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wer ist nach Kenntnis der Bundesregierung der tatsächliche Veranstalter

des im „Soldat im Volk“ angekündigten Seminars vom 4. bis 6. April 2000
in Aachen?

2. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung oder die Bundeszentrale für
politische Bildung über die genauen Hintergründe der Verlegung des Ver-
anstaltungsorts des Seminars aus dem niederländischen Valkenburg nach
Aachen?

3. Wurden zuvor Mittel bei der Bundeszentrale für politische Bildung für das
geplante Seminar in Valkenburg beantragt und handelte es sich dabei um
denselben Veranstalter wie bei der Veranstaltung in Aachen?

4. Wie viele Mittel wurden für dieses Seminar beantragt?
5. Welche Referenten treten auf diesem Seminar auf?
6. Mit wie vielen Mitteln aus dem Bundeshaushalt hat die Bundesregierung in

den letzten zehn Jahren
– den VDS,
– den RDS und
– „Soldat im Volk“
bezuschusst (bitte nach Zeitpunkt, Verwendungszweck, Zuwendungsgeber,
Zuwendungshöhe auflisten)?

7. Wie kann die Bundesregierung eine rechtsextreme Durchsetzung und Aus-
richtung der Zeitung „Soldat im Volk“ ausschließen, wie sie dies in ihrer
Antwort auf die Kleine Anfrage „Traditionsverbände und der Rechtsextre-
mismus“ getan hat, ohne Ausgaben dieser Zeitung ausgewertet zu haben?
Welche einzelnen Schritte der Prüfung hat es gegeben?

8. Auf Grund welcher umfassenden und gewissenhaften Prüfungen kann die
Bundesregierung eine geschichtsrevisionistische Ausrichtung dieser Zei-
tung ausschließen, wie sie dies in der besagten Antwort getan hat (Druck-
sache 14/1485, S. 5)?

9. Auf Grund welcher umfassenden und gewissenhaften Recherchen bzw.
Auskünften von Seiten des RDS und VDS kommt die Bundesregierung zu
dem Schluss, dass keine Traditionsverbände der Waffen-SS Mitglied im
RDS und VDS sind?

10. Hat die Bundesregierung Hinweise über eine rechtsextreme Durchsetzung
der Zeitung „Soldat im Volk“ und der sie herausgebenden Verbände VDS
und RDS in der Literatur über den bundesdeutschen Neofaschismus sowie
in der Kleinen Anfrage der Fraktion der PDS „Die Traditionsverbände und
der Rechtsextremismus“ vom Juni 1999 und der Kleinen Anfrage der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Die Traditionsverbände und ihre Be-
ziehungen zur Bundeswehr“ vom April 1998 zum Anlass genommen, um
diese Verbände auf eine rechtsextreme Ausrichtung hin zu prüfen?

Berlin, den 13. März 2000

Ulla Jelpke
Heidi Lippmann
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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