BT-Drucksache 14/2693

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und zum Ausbau der gekoppelten Strom-und Wärmeerzeugung (KWK-Gesetz)

Vom 16. Februar 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

2693

14. Wahlperiode

16. 02. 2000

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Eva-Maria Bulling-Schröter, Rolf Kutzmutz, Ursula Lötzer,
Christine Ostrowski, Dr. Winfried Wolf, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und zum Ausbau der gekoppelten Strom-
und Wärmeerzeugung (KWK-Gesetz)

A. Problem

Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gilt durch ihren von anderen T echnolo-
gien nicht erreichbar hohen Ausnutzungsgrad von Primärenergie weltweit als
wünschenswertes Instrument zur Ener gieeinsparung und Minderung des Aus-
stoßes von Kohlendioxid. Durch den Strompreisverfall im Gefolge der Libera-
lisierung des deutschen Strommarktes können die Selbstkosten von KWK-An-
lagen aller Bauarten im W ettbewerb nicht mehr erwirtschaftet werden. Seit
Beginn 1999 kam daher der Neubau von KWK-Anlagen praktisch zum Erlie-
gen und ein zunehmender Rückbau vorhandener Anlagen in Gang.

B. Lösung

Kurzfristige Existenzsicherung bestehender Anlagen durch Einführung eines
auf fünf Jahre befristeten, degressiv gestalteten Bonus auf in solchen Anlagen
erzeugten Strom ab Jahresbeginn 2000, der auf die allgemeinen Netznutzungs-
kosten übergewälzt wird.

Langfristiger Ausbau des KWK-Anteiles am Stromabsatz durch Einführung ei-
ner jährlich festgelegten KWK-Pf ichtquote für jeden in Deutschland tätigen
Stromverkäufer bzw. Stromeigenerzeuger ab 2001. Zertif zierung des erzeugten
Stromes als KWK-Strom, wenn die Erzeugungsanlage einen energetischen
Wirkungsgrad von mindestens 70 % erzielt und der Strom der nutzbaren
Wärme zuzuordnen ist. Die frei handelbaren, auf das Folgejahr übertragbaren
Zertifikate müssen vom Stromverkäufer/-eigenerzeuger bei eigener Quoten
unterdeckung zugekauft werden.

C. Alternativen

Ohne staatlichen Eingriff verschwinden KWK-Anlagen innerhalb der nächsten
Jahre vollständig vom deutschen Ener giemarkt. Auch eine alleinige kurzfris-
tige Sicherung bestehender Anlagen sichert nicht den Fortbestand und Ausbau
dieser vielgestaltigen Technologie.
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D. Kosten der öffentlichen Haushalte

Geringfügige Kostenrisiken für den Bund durch einen per V erordnung festzu-
legenden garantierten Mindestwert von Zertif katen.

E. Sonstige Kosten

Erhöhung der Stromkosten um ca. 0,2 Pfennig pro Kilowattstunde. Angesichts
des ebenfalls durch politische Rahmenvor gaben (Liberalisierung des Strom-
marktes) bedingten Rückganges der Endverbraucher-Strompreise um das zehn-
bis 50fache der eintretenden Erhöhung stellt sie keine relevante Belastung dar.
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Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und zum Ausbau der gekoppelten Strom-
und Wärmeerzeugung (KWK-Gesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Gesetz zur Sicherung der gekoppelten Strom- und
Wärmeerzeugung in der allgemeinen Versorgung

§ 1
Zweck des Gesetzes

Zweck des Gesetzes ist der Erhalt der Kraft-Wärme-
Kopplung im Interesse von Ener gieeinsparung und Kli-
maschutz.

§ 2
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt die gekoppelte Strom- und
Wärmeerzeugung in zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
des Gesetzes bestehenden mit Braunkohle, Steinkohle,
Öl, Gas oder Müll befeuerten Kraftwerken von V ersor-
gungsunternehmen, die Strom und Wärme für die allge-
meine Versorgung von Letztverbrauchern erzeugen.

(2) Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-
Strom) ist der Strom, der mit der für die Auskopplung
entnommenen Wärmemenge in Turbinen erzeugt wird.

§ 3
Ausgleichsystem

(1) Versorgungsunternehmen nach § 2 erhalten einen
Ausgleichsbetrag von 3 Pfennig auf den marktüblichen
Strombezugspreis, insgesamt mindestens aber 9 Pfennig
pro erzeugter Kilowattstunde (kWh) vom vor gelagerten
Netzbetreiber, wenn die installierte KWK-Stromleistung
bezogen auf die installierte Strom-Gesamtleistung von
Anlagen des Unternehmens nach § 2 mindestens 25 %
und die im Jahr erzeugte KWK-Strommenge an der ge-
samten Stromerzeugung der Anlagen des Unternehmens
mindestens 10 % betragen.

(2) V ersorgungsunternehmen nach § 2, die an Ge-
meinschaftskraftwerken mit einem Anteil von mindes-
tens 25 % beteiligt sind und von diesen Strom und
Wärme für allgemeine V ersorgung von Letztverbrau-
chern beziehen, erhalten unter den V oraussetzungen des
Absatzes 1 einen Ausgleichsbetrag von 3 Pfennig pro
aus dem Gemeinschaftskraftwerk bezogener Kilowatt-
stunde.

(3) Der Ausgleich ist auf fünf Jahre nach Inkrafttreten
des Gesetzes befristet; Ausgleichsbetrag und Mindest-
vergütung sinken jährlich um 0,5 Pf/kWh ab.

(4) Auf V erlangen der zuständigen Behörden der
Bundesländer sind die Vollkosten des Unternehmens für
die Stromerzeugung aus Kraftwerken nach § 2 unter Ab-
zug der unternehmensintern angesetzten Fernwärmegut-
schriften, mindestens jedoch der Brennstof fmehrkosten,
für die Wärmeerzeugung nachzuweisen und gegebenen-

falls testieren zu lassen. Die Ermittlung erfolgt auf der
Basis der kalkulatorischen Kosten nach den Grundsätzen
der Strompreisgenehmigung.

(5) Sofern der Netzbetreiber nur die Mindestver gü-
tung zahlt, muss er dem KWK-Strom-Erzeuger nachwei-
sen, dass im abzurechnenden Jahr sein üblicher Strom-
bezugspreis pro Kilowattstunde die Mindestver gütung
um mindestens den Ausgleichsbetrag unterschritten hat.

§ 4
Kostenwälzung

(1) Der jährlich zu beanspruchende Ausgleichsbetrag
nach § 3 Abs. 1 wird vom vor gelagerten Netzbetreiber
jeweils zum 31. Dezember , erstmals zum 31. Dezember
2000 ausgeglichen. Der vor gelagerte Netzbetreiber hat
einen entsprechenden Ausgleichsanspruch gegenüber
dem Übertragungsnetzbetreiber . Die Übertragungsnetz-
betreiber sind verpflichtet und berechtigt, die dabei an
fallenden Beträge in das Kostenvolumen der Übertra-
gungsnetze aufzunehmen, das die Grundlage für das
Netznutzungsentgelt bildet.

(2) Die Berechnung des Ausgleichbetrages für das
Jahr 2000 erfolgt auf der Grundlage der unternehmens-
spezifischen Daten des Jahres 1998. Mit irkung ab 1.
Januar 2000 ist das Netznutzungsentgelt um 0,2 Pf/kWh
zu erhöhen. Eine mögliche Über- oder Unterzahlung aus
dem Jahr 2000 wird mit dem Nutzungsentgelt für das
Jahr 2001 ausgeglichen.

Artikel 2

Gesetz zum Ausbau der gekoppelten Strom-
und Wärmeerzeugung

§ 1
Zweck des Gesetzes

(1) Zweck des Gesetzes ist der Ausbau der Kraft-
Wärme-Kopplung im Interesse von Ener gieeinsparung
und Klimaschutz.

(2) Der Ausbau der umwelt- und ressourcenschonen-
den Stromerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung im Gel-
tungsbereich dieses Gesetzes ist mittels einer Quote zu
bewirken. Durch diese Quote wird festgelegt, welchen
Anteil die in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Elektrizi-
tät an der Gesamtmenge der erzeugten Elektrizität ab-
züglich der aus regenerativen Ener gien erzeugten Elek-
trizität haben soll. Die Quote ist in zeitlichen Abständen
angemessen zu erhöhen.

(3) W er Elektrizität in Kraft-Wärme-Kopplung er -
zeugt, erhält auf Antrag von der zuständigen Behörde
Zertifikate über die erzeugten Kilowattstunden. er im
Geltungsbereich des Gesetzes Elektrizität an Letztver -
braucher verkauft oder als Letztverbraucher für den
eigenen Bedarf erzeugt, hat für jede verkauften oder
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eigenerzeugten Kilowattstunden die Quote durch zertifi
zierte Eigenerzeugung oder den Erwerb von Zertifikate
zu erfüllen.

§ 2
Anwendungsbereich

Als in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Elektrizität
im Sinne dieses Gesetzes gilt:

1. die Netto-Elektrizitätserzeugung der Kraft-Wärme-
Kopplungs-Anlagen, deren jährliche Netto-Netz-
einspeisung von elektrischer Ener gie und von zur
energetischen Nutzung bestimmten Wärmeener gie
mindestens 70 Prozent der jährlich eingesetzten
Brennstoffenergie (unterer Heizwert) ist oder

2. bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit einer Brenn-
stoffausnutzung unter 70 Prozent das Produkt aus der
zur energetischen Nutzung bestimmten Wärmenetz-
einspeisung und der Stromkennzahl; die Stromkenn-
zahl ist das Verhältnis der Erzeugung von elektrischer
Energie zu Wärmeenergie bei Vollast und maximaler
Wärmeauskopplung.

§ 3
Zusatzzertifikate für Kleinanlage

Zur Erschließung kleiner Wärmebedarfspotentiale für
die Kraft-Wärme-Kopplung werden für die Elektrizitäts-
erzeugungen in kleinen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anla-
gen unterhalb 1 000 kWh elektrischer Leistung zusätz-
liche Zertifikate ausgegeben in Höhe vo

1. 100 Prozent der Elektrizitätserzeugung in Kraft-
Wärme-Kopplung bei Anlagen unter 50 kWe

2. 60 Prozent der Elektrizitätserzeugung in Kraft-
Wärme-Kopplung bei Anlagen ab 50 bis 199 kWe

3. 40 Prozent der Elektrizitätserzeugung in Kraft-
Wärme-Kopplung bei Anlagen ab 200 bis 499 kWe

4. 20 Prozent der Elektrizitätserzeugung in KraftWärme-
Kopplung bei Anlagen ab 500 bis 999 kWe

§ 4
Durchführungsbestimmungen

(1) Das Nähere einschließlich der Quote und des V er-
fahrens wird durch Rechtsverordnung des Bundesminis-
teriums für W irtschaft und T echnologie in Einverneh-
men mit dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit mit Zustimmung des
Bundesrates festgelegt.

(2) In der Rechtsverordnung muss ein Interventions-
recht der zuständigen Behörde zur Stabilisierung des
Kurses der Zertifikate durch erkauf ungedeckter Zerti-
fikate festgelegt werden, dabei erzielte Einnahmeübe -
schüsse sind zweckgebunden zur Förderung der Kraft-
Wärme-Kopplung zu verwenden.

Artikel 3

Inkrafttreten

(1) Artikel 1 dieses Gesetzes tritt mit W irkung zum
1. Januar 2000 in Kraft.

(2) Artikel 2 dieses Gesetzes tritt mit W irkung zum
1. Januar 2001 in Kraft.

Berlin, den 15. Februar 2000

Eva-Maria Bulling-Schröter
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Christine Ostrowski
Dr. Winfried Wolf
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
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Begründung

A. Allgemeiner Teil

Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gilt durch ihren von an-
deren T echnologien nicht erreichbar hohen Ausnutzungs-
grad von Primärener gie weltweit als wünschenswertes In-
strument zur Ener gieeinsparung und Minderung des
Ausstoßes von Kohlendioxid. So sollten in Deutschland mit
Beschluss der Bundesregierung vom 6. November 1997 zur
Erreichung des Kohlendioxid-Reduktionszieles in 2005
durch Einsatz von KWK 60 Mio. t T reibhausgas vermieden
werden – ebensoviel, wie durch alle anderen Maßnahmen
zusammen (W eiterentwicklung der „Erklärung der Deut-
schen Wirtschaft zur Klimavorsorge“ – 20 Mio. t; Förderung
des Einsatzes erneuerbarer Energien – 7 Mio. t; Energieein-
sparverordnung – 24 Mio. t; Fortbildungsprogramme –
4 Mio. t; Information und Aufklärung zum kraftstoffsparen-
den Fahren – 5 Mio. t). Andererseits muss konstatiert wer -
den, dass die Bundesrepublik bis Mitte der 80er Jahre inner-
halb der EU führend in der Nutzung von KWK-Technik war,
heute aber ins Mittelfeld zurückgefallen ist. Der Anteil des
KWK-Stromes an der Gesamterzeugung ging von 13 % in
1998 auf 8 % im ver gangenen Jahr zurück (zum Vergleich:
Niederlande 34 %, Dänemark und Finnland 27 %, Frank-
reich 0,5 %). 1998 wurden hierzulande rund 67 000 Giga-
wattstunden Strom in KWK-Prozessen erzeugt, wovon
41 000 auf Industrieanlagen, 21 000 auf städtische Heiz-
kraftwerke und 5 000 auf dezentrale kommunale und private
Motoren-Blockheizkraftwerke entfielen

Durch den seit Anfang 1999 erfolgenden Strompreisverfall
im Gefolge der Liberalisierung des deutschen Strommarktes
können die Selbstkosten von KWK-Anlagen aller Bauarten
im Wettbewerb nicht mehr erwirtschaftet werden. Seit Be-
ginn 1999 kam daher der Neubau von KWK-Anlagen prak-
tisch zum Erliegen und ein zunehmender Rückbau vorhan-
dener Anlagen in Gang – allein im Oktober 1999 wurden
150 bis 200 Megawatt Leistung abgebaut.

Grund sind die auf ein Dumping-Preisniveau gefallenen
Strombezugskonditionen, die von den großen Stromliefe-
ranten mit ihren abgeschriebenen Atom- und Kohle-Groß-
kraftwerken in Grenzkostenbetrachtung erreicht werden
können. Es wird noch mehrere Jahre dauern, bis durch den
erst dann entstandenen Ersatz-Bedarf im Großkraftwerks-
park die Strompreise wieder auf ein Niveau steigen, mit
dem für KWK-Betreiber kalkulierbare V ollkosten durch
Einsatz modernster T echnik erreicht werden können. Bis
dahin wären aber bestehende Anlagen vollständig vom
Markt verschwunden und es erscheint zweifelhaft, ob sich
durch die bis dahin geschaf fenen Tatsachen der Weg zu ei-
ner effizienten dezentralen und damit ökologischen Strom
erzeugung und Wärmeversorgung erneut eröffnen ließe.

Ein umgehender regulierender Eingriff des Staates ist daher
unverzichtbar. Der hier vor gelegte Entwurf geht auf V or-
schläge aus den Stadtwerken vom Januar 2000 und das von
Prof. Klaus T raube im Auftrag der Bundesländer Berlin,
Brandenburg, Bremen, Hessen, Saarland und Schleswig-

Holstein Mitte 1998 entwickelte Quoten-/Zertifikatsmodel
zurück.

Artikel 1 dieses Gesetz dient der Sicherung der ressourcen-
schonenden, umwelt- und klimafreundlichen Ener gieerzeu-
gung in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), deren Fortbestand
im liberalisierten Strommarkt akut bedroht ist. Dieses Ge-
setz beabsichtigt, auf der Grundlage der EU-Binnen-
marktrichtlinie stranded investments im Bereich der KWK-
Anlagen zu vermeiden, Produktionsstandorte zu erhalten
und Beschäftigung zu sichern. Das Ausgleichsystem ist eine
degressive Betriebskostenbeihilfe zur befristeten Stabilisie-
rung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes be-
stehenden gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung.

Artikel 2 des Gesetzes zielt auf eine sukzessive Erhöhung
des KWK-Stromverbrauches in Deutschland unter Berück-
sichtigung der damit einher gehenden Erfordernisse am
Wärmemarkt durch Einführung einer jährlich festgelegten
KWK-Pflichtquote für jeden in Deutschland tätigen Strom
verkäufer bzw. Stromeigenerzeuger ab 2001 und regelt die
Zertifizierung des erzeugten Stromes als KWK-Strom
wenn die Erzeugungsanlage einen energetischen Wirkungs-
grad von mindestens 70 % erzielt und der Strom der nutz-
baren Wärme zuzuordnen ist. Die frei handelbaren, auf das
Folgejahr übertragbaren Zertifikate müssen vom Stromve -
käufer/-eigenerzeuger bei eigener Quotenunterdeckung zu-
gekauft werden.

Die EU-Richtlinie 96/92/EG zum Elektrizitätsbinnenmarkt
ermöglicht in Artikel 3 Abs. 2 (gemeinwirtschaftliche/Um-
weltschutzverpflichtungen) sowie Artikel 8 Abs. 3 (Vorrang
für KWK-Strom) ausdrücklich eine Förderung der KWK.
Eine Ausländer -Diskriminierung ist nicht gegeben, da je-
dermann innerhalb der Bundesrepublik mit Zertifikate
handeln kann. Sollten andere Länder Zertifikate in gleiche
Qualität auflegen – was erwünscht ist – so könnte jederzei
auch ein internationaler Zertifikatehandel entstehen. De
Stromhandel – national wie EU-weit – bleibt vom Zertifika
tehandel abgekoppelt und in jedem Falle unberührt.

Die Mindestquote dient dem tatsächlichen Erreichen des
völkerrechtlich vereinbarten Kohlendioxid-Reduktionszie-
les. Sie wirkt über die Zertifizierung jedoch nicht nur ord
nungsrechtlich, sondern auch ökonomisch. Denn innerhalb
dieser Vorgabe bleibt den Betrof fenen die volle Entschei-
dungsfreiheit hinsichtlich konkreter Einzelmaßnahmen –
vom Bau eigener KWK-Anlagen unterschiedlichster T ech-
nologien, Brennstoffe, Größen, Einsatzgebiete über Koope-
ration mit KWK-Anlagenbetreibern bis zum Zukauf von
Zertifikaten. Innerhalb der Quotenerfüllung als vo gegebe-
nem Rahmen gelten also Markt und W ettbewerb uneinge-
schränkt, was größtmögliche Kosteneffizienz bei der Ziele -
reichung sichert.

Eine Erhöhung der Strompreise für die V erbraucher durch
die Preise der Zertifikate ist nicht zwangsläufig zu erwarte
denn aufgrund der Marktsituation wird der größte T eil der
Kosten bei jenen Stromversor gern bleiben, die einen unter -
durchschnittlichen Anteil an KWK-Strom aufweisen. Sie
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müssen Zertifikate zukaufen und werden so veranlasst, alt
ineffiziente Kraftwerke beschleunigt stillzulegen. Stromve -
sorger mit Quotenübererfüllung werden hingegen entlastet,
es findet in erster Linie eine Umverteilung innerhalb de
Versorger und nicht zwischen ihnen und den Endkunden
statt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

(Gesetz zur Sicherung der gekoppelten
Strom- und Wärmeerzeugung in der all-
gemeinen Versorgung)

Zu § 1

Zweckbestimmung des Gesetzes.

Zu § 2

Bestimmung der in KWK-Anlagen eingesetzten Primäre-
nergieträger und Definition des KWK-Stromes

Zu § 3

Bestimmung des Ausgleichbetrages, der EU-beihilfekon-
form zeitlich befristet und degressiv ausgestaltet wird. Die
zu zahlende Mindestvergütung in 2000 liegt geringfügig un-
ter den kalkulierten Mindesterlösen, die bei den Investitions-
entscheidungen für größere kommunale Heizkraftwerke vor
Öffnung des Strommarktes zugrunde gelegt wurden. Sie
trägt somit dem V ertrauensschutz Rechnung, zumal solche
Investitionen seinerzeit regelmäßig im Rahmen entsprechen-
der politischer Vorgaben erfolgten.

Die 25 %- und 10 %-Grenzen definieren einen Mindest
anteil der KWK-Stromproduktion, der von den V ersor-
gungsunternehmen zu erbringen ist, um an dem Ausgleich-
system partizipieren zu können. Bei Unternehmen, die
einen geringeren KWK-Stromanteil aufweisen, wird davon
ausgegangen, dass dieser im Rahmen der rationellen Be-
triebsführung auch im liberalisierten Strommarkt wirt-
schaftlich darstellbar ist.

Auf eine generelle Nachweispflicht der ollkosten der Un-
ternehmen wird im Interesse der Minimierung des V oll-
zugsaufwandes verzichtet.

Da der Netzbetreiber nicht in jedem Falle mit dem KWK-
Stromerzeuger identisch ist, soll mit der Nachweispflich
tatsächlicher Strombezugskosten die Gewährung eines
KWK-Bonus sicher gestellt werden – anderenfalls würden
nur die Mindestpreise, die möglicherweise sogar unter den
dann üblichen Marktpreisen liegen, gezahlt

Zu § 4

Der Ausgleich erfolgt jährlich rückwirkend durch die vor -
gelagerten Netzbetreiber , die ihrerseits einen Ausgleichs-
anspruch gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern besit-
zen.

Die Finanzierung erfolgt durch die Erhöhung des Netznut-
zungsentgeltes in 2000 um 0,2 Pf/kWh, in den Folgejahren
auf Basis der tatsächlichen Mehrkosten des Vorjahres.

Zu Artikel 2

(Gesetz zum Ausbau der gekoppelten
Strom- und Wärmeerzeugung)

Zu § 1

Zweckbestimmung des Gesetzes.

Vom gesamten Strom, der in Deutschland verbraucht wird,
soll ein vorgegebener Anteil in KWK erzeugt werden. In die
Bemessungsgrundlage nicht einbezogen wird regenerativ
erzeugte Elektrizität, da sie in besonderem Maße zur Res-
sourcenschonung beiträgt. Einbezogen wird hingegen aus-
drücklich der von Endverbrauchern selbst erzeugte Strom,
da insbesondere industrielle KWK-Anlagen, aber auch
kleine Blockheizkraftwerke gänzlich oder überwiegend
Elektrizität für den Eigenbedarf produzieren. Das sind die
typischen KWK-Anwendungen – schon insofern erscheint
eine KWK-Förderung über Stromeinspeisevergütungen we-
nig sinnvoll, da dieser Strom häufig gar nicht in Übertra
gungsnetze eingespeist wird.

Um den Ausbau der KWK-Kapazität zu erreichen, soll die
Quote im Laufe der Zeit bis zum Erreichen eines vom
Verordnungsgeber (§ 4) zu definierenden Zieles gesteiger
werden. Um den physikalischen Stromfluss vom kaufmänni
schen zu trennen, werden handelbare KWK-Stromzertifikat
eingeführt. Wer in Deutschland KWK-Strom herstellt, pro-
duziert damit zusätzlich zu Strom und Wärme noch ein
marktfähiges Zertifikat über die von ihm erzeugte Menge a
KWK-Strom im Sinne dieses Gesetzes (§ 2).

Wer Strom an Endverbraucher verkauft oder als solcher
selbst erzeugt, benötigt diese Zertifikate für den als KWK
Quote festgesetzten Anteil des verkauften bzw . eigener -
zeugten, abzüglich des davon regenerativ erzeugten Stroms.
Sofern der Verkäufer/Eigenverbraucher die Zertifikate nich
oder nicht in genügendem Maße selbst erzeugt, muss er sie
auf dem Zertifikatemarkt, gegebenenfalls direkt von KWK
Strom-Erzeugern, erwerben.

Die Quoten/Zertifikatsregelung verscha ft jedem KWK-
Strom-Erzeuger – egal, ob Ener gieversorgungs-, Industri-
eunternehmen oder Privatperson – unabhängig von der Art
der Einspeisung eine zusätzliche Einnahme durch den Zerti-
fikathandel. Sie scha ft aber keinen wettbewerbsfreien
Raum: von dieser Kostenentlastung abgesehen konkurrieren
KWK-Stromerzeuger ohne sonstigen Schutz mit allen sons-
tigen Erzeugern und auch untereinander . KWK-Strom, der
trotz dieser Entlastung nicht konkurrenzfähig ist, ver -
schwindet vom Markt.

Zu § 2

Definition des KWK-Stromes im Sinne dieses Gesetzes

Sie unterscheidet sich von Artikel 1 § 2, da es dort um die
zeitweilige Sicherung bestehender Anlagen der allgemeinen
Versorgung, hier aber um den Ausbau ef fizientester KWK
Anlagen sowohl für allgemeine, als auch Eigen-Versorgung
geht.

Zu § 3

Kleinere Blockheizkraftwerke im Leistungsbereich unter
1 Megawatt hätten gegenüber größeren Anlagen nur geringe
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Chancen, können aber in ihrer Summe ein energie- und um-
weltpolitisch bedeutendes Potential an Wärmebedarf für die
KWK erschließen – man denke nur an den Einsatz solcher
Anlagen anstelle von reinen Erdgasheizungen in neugebau-
ten oder sanierten Gebäuden. Daher wird für sie ein gewis-
ser, vom Verordnungsgeber (§ 4) zu definierender Zuschla
an Zertifikaten vo gesehen.

Zu § 4

Ausschließlicher Gesetzgeber aufgrund Artikel 73 Abs. 5.
GG ist der Bund, V erordnungsgeber aufgrund seiner Zu-
ständigkeit für die Energiewirtschaft ist das Bundesministe-
rium für W irtschaft und T echnologie (BMWi). Wegen der
überragenden umweltpolitischen Bedeutung muss das
BMWi vor Erlass jedoch Einvernehmen mit dem Bundes-
ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
herstellen, wegen der großen wirtschaftspolitischen Bedeu-
tung die Zustimmung des Bundesrates einholen.

Die Höhe der Quote soll sich nach dem durch Gutachten
wissenschaftlich abgesicherten Bedarf nach Nutzung von
KWK zum Erreichen des Klimaschutzzieles – der Reduk-
tion des Kohlendioxidausstoßes bis zum Jahr 2005 um 25 %
gegenüber 1990 – bemessen. Der staatliche Interventions-
preis für die Zertifikate soll so bemessen sein, dass er eine
Beitrag zur kalkulatorischen W irtschaftlichkeit von KWK-
Anlagen liefert – zu denken ist an eine Größenordnung von
0,02 DM pro Kilowattstunde. Zu diesem Preis kauft dann
die zuständige Behörde Zertifikate an, sobald ihr Marktprei
darunter fallen sollte. Dadurch besteht auch für den Bund
ein fiskalisches Eigeninteresse, durch angemessene jäh -
liche Quotenerhöhung stets eine hinreichende Knappheit an
Zertifikaten sicherzustellen, die ein Absinken ihres Markte
unter den Interventionspreis verhindert. Dadurch schaf ft er
darüber hinaus das zum KWK-Ausbau notwendige V er-
trauen für Investoren. Durch Zweckbindung erzielter Über -
schüsse, die beim Verkauf zum Interventionspreis erworbe-
ner Zertifikate zu späteren höheren Marktpreisen entstehe
würden, soll verhindert werden, dass der Bund die KWK-
Quote zur Haushaltsanierung missbrauchen kann.

Die Administration der Quoten-/Zertifikatsregelung sollt
einer Bundesbehörde, z. B. dem Bundesamt für W irtschaft,
übertragen werden. Sie stellt Zertifikate aus, überprüft di

Angemessenheit der Quotenhöhe, organisiert – sofern erfor-
derlich – den Zertifikatshandel und überwacht mittels er-
waltungshelfern die Einhaltung der Zertifikatsverpflichtu
gen. Nähere Einzelheiten zur Ausgestaltung der Verordnung
und den in ihrem Zusammenhang erforderlichen einfachen
Formblättern können der von Prof. Klaus T raube im Auf-
trag der Bundesländer Berlin, Brandenbur g, Bremen, Hes-
sen, Saarland und Schleswig-Holstein im Juni 1998 vor ge-
legten Studie „Quoten-/Zertifikatsmodell zur Förderung de
Ausbaus der Elektrizitätserzeugung in Kraft-Wärme-Kopp-
lung“ entnommen werden.

Zu Artikel 3

(Inkrafttreten)

Artikel 1 des Gesetzes soll rückwirkend zum 1. Januar 2000
in Kraft treten, da nur so der vorläufige Fortbestand a
KWK-Anlagen in der allgemeinen Versorgung sichergestellt
werden kann. Das stößt auf keine Probleme, da der Bonus
erst zum 31. Dezember 2000 fällig, das erhöhte Nutzungs-
entgelt von den Netzbetreibern also noch rechtzeitig ein-
getrieben werden kann und zu seiner Verteilung bereits ver-
fügbare unternehmensspezifische Daten – die von 1998
heranzuziehen sind. Artikel 1 soll unabhängig von Artikel 2
bis Ende 2004 gelten, da die hier geförderten Anlagen regel-
mäßig nicht den Kriterien nach Artikel 2 genügen werden
oder zumindest betriebswirtschaftlich ver gleichsweise so
wenig effizient sind, dass auch das Zertifikatsystem nicht i
ren dauerhaften Bestand sichert. Eine Doppelförderung liegt
daher nicht vor.

Artikel 2 des Gesetzes soll trotz des erforderlichen or gani-
satorischen Aufwandes Anfang 2001 in Kraft treten, da nur
eine schnellstmögliche Umsetzung der Quoten-/Zertifikats
regelung einen wirksamen Beitrag der KWK-T echnologien
zum Erreichen des anspruchsvollen Klimaschutzzieles si-
cherstellen kann. Einerseits wird durch die dazu erforder -
lichen Anlageninvestitionen nur allmählich ein tatsächlicher
Anstieg des KWK-Stromes am Gesamtverbrauch zu er -
reichen sein. Andererseits würde trotz anfänglich hoher
Zertifikatspreise das gegenwärtig vorherrschende, nur noc
wenige Jahre anhaltende – weil nur mit dem betriebswirt-
schaftlich abgeschriebenem Kraftwerkspark erzielbare –
Strompreisdumping jetzt einen spürbaren Anstieg der Preise
für die Endverbraucher verhindern.

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