BT-Drucksache 14/2685

Waldschäden durch die Orkane 1999

Vom 15. Februar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2685
14. Wahlperiode 15. 02. 2000

Antrag
der Abgeordneten Heidemarie Wright, Iris Follak, Renate Gradistanac, Reinhold
Hemker, Gustav Herzog, Marianne Klappert, Werner Labsch, Holger Ortel,
Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Karsten Schönfeld, Jella Teuchner, Matthias
Weisheit, Heino Wiese (Hannover), Waltraud Wolff (Zielitz), Dr. Peter Struck
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Steffi Lemke, Ulrike Höfken, Winfried Hermann,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Waldschäden durch die Orkane im Dezember 1999

Der Bundestag wolle beschließen:

I.

Der Deutsche Bundestag bringt seine Betroffenheit über den Verlust von Men-
schenleben und das Ausmaß der Schäden an Wäldern, Häusern und anderen
Werten zum Ausdruck, die die Orkane im Dezember 1999 in weiten Gebieten
Europas angerichtet haben. Ein Zusammenhang zwischen einer möglicher-
weise bereits eingetretenen Klimaerwärmung und der Zunahme von starken
Stürmen auch in unseren Breiten ist zu befürchten.

Der Gewalt von Orkan „Lothar“ hielten auch ansonsten stabile Nadel- und
Laubwälder und sogar die wertvollen Plenterwälder im Schwarzwald nicht
stand. Der Schaden betrifft nicht nur das Ökosystem Wald, sondern auch viele
Forstbetriebe in Südwestdeutschland sowie die europäischen Holzmärkte. Die
schwersten Waldschäden hat Frankreich (140 Mio. m3 Holzanfall) zu beklagen,
gefolgt von Deutschland (30 Mio. m3) und der Schweiz (12 Mio. m3), Schwe-
den (8 Mio. m3) und Dänemark (31/2 Mio. m3). In Deutschland konzentrieren
sich die Schäden im Wesentlichen auf Baden-Württemberg (25 Mio. m3), Teile
von Bayern (41/2 Mio. m3) und Rheinland-Pfalz.

II.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Bundesregierung umgehend Sofort-
maßnahmen zugunsten der geschädigten Waldbesitzer und zur Stabilisierung
der Holzmärkte beschlossen hat. Zu nennen sind insbesondere:

– Auflegen eines Sonderkreditprogramms bei der Landwirtschaftlichen Ren-
tenbank mit vergünstigten Krediten für die Beseitigung orkanbedingter
Waldschäden und für die Wiederaufforstung, die den Waldbesitzern über
ihre Hausbanken gewährt werden,

Drucksache 14/2685 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

– der umgehende Erlass einer Verordnung des Bundesministers für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, auf der Basis des Forstschäden-Ausgleichsge-
setzes, zur Beschränkung des ordentlichen Holzeinschlags bei den hauptbe-
troffenen Baumarten Fichte und Buche im Forstwirtschaftsjahr 2000, auch
in nicht vom Orkan geschädigten Gebieten, sowie Steuererleichterungen für
Kalamitätsnutzungen, entsprechend der Bundesratsinitiative Baden-Würt-
tembergs und Bayerns,

– verkehrsrechtliche Ausnahmen zur Heraufsetzung der Beladungsgrenzen so-
wie für Transporte an Sonn- und Feiertagen und in Ferienzeiten,

– Zurückhaltung der Bundesforstverwaltung beim Holzeinschlag und Angebot
qualifizierter Arbeitskräfte zur Sturmholzaufarbeitung,

– Angebot von Luftaufnahmen der orkangeschädigten Regionen sowie zeit-
weise Freistellung von Forstwirten und Hofnachfolgern vom Wehrdienst
durch die Bundeswehr und

– konzertiertes Vorgehen mit den hauptbetroffenen Nachbarländern Frank-
reich und Schweiz.

Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und
des Küstenschutzes“ (GAK), zu der der Bund mit 1,7 Mrd. DM beiträgt, ist die
Förderung der Anlage von Holzlagerplätzen und der Wiederaufforstung von
Sturmflächen bereits möglich. Auf EG-Ebene konnte eine Förderung für von
Naturkatastrophen geschädigtes forstliches Produktionspotential aus den EG-
Mitteln zur Entwicklung ländlicher Räume ermöglicht werden.

Der Deutsche Bundestag begrüßt die im Agrarrat am 24. Januar 2000 zum Aus-
druck gebrachte Solidarität der EU-Mitgliedstaaten und dankt der Europäi-
schen Kommission für die Bereitschaft, den von den Orkanschäden Betroffe-
nen jegliche Unterstützung im Rahmen ihrer finanziellen und rechtlichen
Möglichkeiten zu gewähren.

III.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

– sich innerhalb der EU weiterhin energisch für eine Ausschöpfung der zur
Beseitigung der Sturmschäden verfügbaren Fördermittel einzusetzen,

– zusammen mit den Bundesländern die für die Beseitigung der Orkanschäden
notwendigen Fördertatbestände in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) aufzunehmen,

– die Möglichkeiten für zusätzliche Zinsverbilligungen zugunsten der geschä-
digten Waldbesitzer zu prüfen,

– die Vermittlung freier Kapazitäten an forstlichen Fachkräften und Maschi-
nen auch zur Bewältigung der Orkanschäden in den Nachbarländern zu prü-
fen,

– die Effizienz der bisherigen verkehrsrechtlichen Ausnahmen im Hinblick
auf eine zügige Abfuhr des aufgearbeiteten Sturmholzes zu prüfen,

– sich bei der Räumung der Wurfflächen für bodenschonende und die Verjün-
gungsvorräte erhaltende Methoden einzusetzen,

– Absatz und Verwendung des nachwachsenden Rohstoffes Holz zu unterstüt-
zen und die energetische Holznutzung z. B. im Rahmen des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes und der Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur
Nutzung erneuerbarer Energien weiter zu fördern,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2685

– sich bei der Wiederaufforstung dafür einzusetzen, dass standortgerechte, sta-
bile Mischbestände begründet werden und dabei auch die natürliche Sukzes-
sion zu nutzen, um die Aufforstungskosten zu minimieren, und

– die Klimaschutzpolitik und -forschung auch vor dem Hintergrund der mögli-
chen Zusammenhänge zwischen Klimaänderungen und der Gefahr stärkerer
und häufiger Orkane zu intensivieren.

Berlin, den 15. Februar 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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