BT-Drucksache 14/2618

zu dem Gesetzentwurf der Abg. Eva-Maria Bulling-Schröter, weiterer Abg. und der Fraktion der PDS -14/841- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes

Vom 28. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2618
14. Wahlperiode 28. 01. 2000

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Eva-Maria Bulling-Schröter,
Monika Balt, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/841 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes

A. Problem

Mit dem Gesetzentwurf soll das geltende Atomgesetz u. a. so novelliert wer-
den, dass anstelle des Förderzwecks der Zweck der schnellstmöglichen Ab-
schaltung der Atomanlagen eingefügt und die Wiederaufarbeitung von abge-
brannten Kernbrennstoffen zum 1. Januar 2000 verboten wird. Zur Begründung
wird darauf hingewiesen, dass die mit der Nutzung der Kernenergie verbunde-
nen Gefahren und Risiken nicht länger akzeptiert werden könnten.

B. Lösung

Ablehnung des Gesetzentwurfs.

Entscheidung mit großer Mehrheit

Die Ausschussmehrheit ist zum Teil der Auffassung, der vorliegende Gesetz-
entwurf regele nicht ausreichend detailliert den Ausstieg aus der Kernenergie-
nutzung. Zudem sei vor Vorlage eines Gesetzentwurfs der Ausgang der Kon-
sensgespräche abzuwarten. Ein anderer Teil der Ausschussmehrheit lehnt den
Gesetzentwurf wegen des damit bezweckten Ausstiegs aus der Kernenergienut-
zung ab.

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Von den Verfassern des Gesetzentwurfs wird auf Kosten zur Errichtung von Er-
satzkapazitäten zur Stromerzeugung verwiesen, ohne dass dazu eine Summe
genannt wird. Auswirkungen auf die Geldwertstabilität seien nicht zu erwarten.

Drucksache 14/2618 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/841 abzulehnen.

Berlin, den 15. Dezember 1999

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Christoph Matschie
Vorsitzender

Horst Kubatschka
Berichterstatter

Michaele Hustedt
Berichterstatter

Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Kurt-Dieter Grill
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2618

Bericht der Abgeordneten Horst Kubatschka, Kurt-Dieter Grill, Michaele Hustedt,
Birgit Homburger und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/841 wurde in der
61. Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. Oktober 1999
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie zur Mitberatung
an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union überwiesen.

Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und der F.D.P. gegen die Stimmen der Antrag-
steller empfohlen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

II.

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/841 hat zum Ziel, die
Nutzung der Kernenergie schnellstmöglich zu beenden und
die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennstoffen
zum 1. Januar 2000 zu verbieten. Darüber hinaus soll eine
Reihe von Regelungen, die mit der Atomgesetznovelle von
1998 in das Gesetz eingefügt wurden, rückgängig gemacht
werden.

Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass das Risiko
schwerer Unfälle in Reaktoren mit erheblichen Folgen für
das Leben und die Gesundheit vieler Menschen nicht länger
hingenommen werden dürfe. Die besondere Eilbedürftigkeit
ergebe sich aus dem Umstand, dass Ereignisse mit hohem
Schadenspotential jederzeit eintreten könnten. Übergangs-
fristen hätten sich deshalb am technisch unabwendbaren
Maß zu orientieren. Auch die Wiederaufarbeitung abge-
brannter Brennelemente könne nicht länger verantwortet
werden, da die in den Nachbarländern Großbritannien und
Frankreich befindlichen Wiederaufbereitungsanlagen
Mensch und Umwelt in erheblichem Umfang mit radioakti-
ven Spaltprodukten verseuchten. Mit der Aufhebung der in
der Atomgesetznovelle von 1998 eingefügten Bestimmun-
gen sollen insbesondere die Enteignungsregelungen, die
Veränderungssperrungen und sonstigen Regelungen zum
Zwecke der Erkundung eines Endlagers wieder aufgehoben
werden.

III.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/841 in
seiner Sitzung am 15. Dezember 1999 beraten.

Von Seiten der Fraktion der PDS wurde ausgeführt, die
neue Bundesregierung sei mit dem Ziel angetreten,
schnellstmöglich und unumkehrbar die Atomenergienut-
zung zu beenden. Viele Bürger hätten auch vor diesem
Hintergrund ihre Wahlentscheidung getroffen. Bis zum heu-
tigen Tage liege aber noch kein entsprechender Gesetzent-

wurf vor. Die Bundesregierung sei offensichtlich der Mei-
nung, im Konsens mit den Energieversorgungsunternehmen
aus der Atomenergienutzung aussteigen zu können. In
Übereinstimmung mit den Anti-Atomkraft-Bürgerinitia-
tiven sei man dagegen der Auffassung, dass dieser Ausstieg
nur im Dissens erfolgen könne. Was die dagegen erhobenen
verfassungsrechtlichen Bedenken anbelange, so sei auf die
Sonderstellung des Atomrechts hinzuweisen, die es gerecht-
fertigt erscheinen lasse, unter bestimmten Voraussetzungen
von Grundsätzen abzuweichen, die auf anderen Rechtsge-
bieten anerkannt seien. Entsprechend sei vom Bundesver-
fassungsgericht bei der Stilllegung des Reaktors in Kalkar
argumentiert worden.

Der eigene Gesetzentwurf sehe daher als Zweckbestim-
mung die schnellstmögliche Abschaltung der Atomanlagen
und ein Verbot der Wiederaufarbeitung von abgebrannten
Kernbrennstoffen zum 1. Januar 2000 vor. Die Wiederaufar-
beitung bestrahlter Brennelemente erfolge eben nicht schad-
los. So entstammten über 90 % der gesamten radioaktiven
Belastung der Nordsee den entsprechenden Anlagen. Da das
gegenwärtige Entsorgungskonzept gescheitert sei, spreche
man sich dafür aus, ein neues Endlager zu suchen und ein-
zurichten.

Von Seiten der Fraktion der SPD wurde festgestellt, man
lehne den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/841 ab. Die
Beendigung der Kernenergienutzung, die man selbst an-
strebe, sei eine komplizierte Angelegenheit. Man habe er-
klärt, dass man innerhalb eines Jahres mit den Kernkraft-
werksbetreibern zu einem Konsens kommen wolle. Gelinge
das nicht, wobei ein oder zwei Monate mehr nicht die ent-
scheidende Rolle spielten, werde man den Ausstieg im Dis-
sens vornehmen. Die erforderlichen Gesetzentwürfe würden
im nächsten Jahr vorgelegt. Von den Kernkraftwerksbetrei-
bern sei angekündigt worden, dass beim Ausstieg im Dis-
sens der Weg zu den Gerichten gegangen werde, so dass
dort letztendlich die Entscheidung falle. Wichtiger sei aller-
dings, dass neben dem Ausstieg aus der Kernenergienut-
zung der Einstieg in eine neue Energieversorgung gelinge.
Noch in diesem Jahr werde man auf diesem Weg weiter vor-
anschreiten und einen Gesetzentwurf zur erforderlichen No-
vellierung des Stromeinspeisegesetzes vorlegen.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde darauf
hingewiesen, dass man den Ausstieg aus der Kernenergie-
nutzung ablehne. Von der neuen Bundesregierung sei zu-
dem noch nicht deutlich gemacht worden, wie man die
Energieversorgung in Deutschland ohne Kernenergienut-
zung sichern wolle. Von daher lehne man den Gesetz-
entwurf auf Drucksache 14/841 ab.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde vorgetragen, man lehne den Gesetzentwurf auf
Drucksache 14/841 ab, da man selbst nach Abschluss der
Konsensgespräche einen eigenen durchdachteren Gesetz-
entwurf vorlegen werde. Der vorliegende Gesetzentwurf be-
ziehe sich nur auf den Förderzweck, die Wiederaufarbeitung

Drucksache 14/2618 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

und die Entsorgungsfrage. Darüber hinaus gebe es aber wei-
tere Fragestellungen, die im Einzelnen zu klären seien.

Von Seiten der Fraktion der F.D.P. wurde darauf hingewie-
sen, man lehne den gesamten Gesetzentwurf, insbesondere
aber die dort für den 1. Januar 2000 vorgesehene Beendi-
gung der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente,
ab.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.,
gegen die Stimmen der Fraktion der PDS, dem Bundestag
zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/841
abzulehnen.

Berlin, den 27. Januar 2000

Horst Kubatschka
Berichterstatter

Michaele Hustedt
Berichterstatter

Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin

Kurt-Dieter Grill
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

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