BT-Drucksache 14/2598

Feste Querung des Femarnbelt- zwischen Handlungsbedarf und Finanzierungsproblemen

Vom 25. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2598
14. Wahlperiode 25. 01. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dirk Fischer (Hamburg),
Dietrich Austermann, Dr. Wolf Bauer, Otto Bernhardt, Renate Blank, Paul Breuer,
Georg Brunnhuber, Peter Harry Carstensen (Nordstrand), Wolfgang Dehnel,
Hubert Deittert, Renate Diemers, Hansjürgen Doss, Anke Eymer (Lübeck),
Georg Girisch, Peter Götz, Manfred Heise, Hans Jochen Henke, Klaus Hofbauer,
Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Norbert Königshofen, Peter Letzgus, Eduard Lintner,
Dr. Michael Meister, Dr. Gerd Müller, Günter Nooke, Eduard Oswald,
Norbert Otto (Erfurt), Hans-Peter Repnik, Hannelore Rönsch (Wiesbaden),
Heinz Schemken, Michael von Schmude, Wilhelm Josef Sebastian,
Angelika Volquartz, Gert Willner, Werner Wittlich, Elke Wülfing,
Peter Kurt Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU

Feste Querung des Fehmarnbelt – zwischen Handlungsbedarf und
Finanzierungsproblemen

Die landfeste Verbindung über den Fehmarnbelt zwischen dem Königreich Dä-
nemark und der Bundesrepublik Deutschland stellt einen zentralen Lücken-
schluss im transeuropäischen Verkehrsnetz dar. Sie wird die Integration des
Ostseeraumes weiter voranbringen. Erhebliche Meinungsunterschiede bestehen
jedoch darin, welche infrastrukturpolitische Priorität diesem Lückenschluss zu-
kommt und in welcher Relation sowohl die gesamt- als auch die einzelwirt-
schaftlichen Kosten und Nutzen dieses Projektes stehen.

Fakt ist: Weder im Bundesverkehrswegeplan noch im Kieler Landeshaushalt
sind finanzielle Mittel für das deutsch-dänische Verkehrsvorhaben vorgesehen.
Ob und inwieweit die Europäische Union Fördergelder zur Verfügung stellen
wird, ist ebenfalls unklar. Ändert sich diese Finanzsituation der öffentlichen
Haushalte nicht grundlegend, erscheint eine „Entscheidung“ für oder gegen die
Fehmernbelt-Querung durch die Kieler Landesregierung unmöglich, wollte
man sich der Thematik seriös annähern. Sollen dennoch bereits im Jahr 2000
konkrete Planungen für die landfeste Verbindung aufgenommen und das Infra-
strukturvorhaben nicht verschoben werden, bliebe daher nur eine gebühren-
pflichtige Privatfinanzierung als realistische Finanzierungsalternative übrig.
Diese Schlussfolgerung bestätigt auch die schleswig-holsteinische Landesre-
gierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 17. Juni des Jahres
1999.

Damit kommt der privatwirtschaftlichen Gewinnerwartung eine herausragende
Bedeutung zu und beschränkt sich der aktuelle politische Handlungsbedarf dar-
auf, etwaige fehlende rechtliche Grundlagen für eine privatfinanzierte Lösung

Drucksache 14/2598 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

zu schaffen. Hierzu kommt eine privatwirtschaftliche Kosten-Erlös-Analyse
des dänischen Verkehrsministeriums im August diesen Jahres zu folgendem Er-
gebnis:

Insgesamt sechs Querungsmodelle werfen prinzipiell eine positive privatwirt-
schaftliche Eigenkapitalverzinsung ab. Drei dieser Varianten, die lediglich eine
Verzinsung von deutlich unter fünf Prozent versprechen, scheiden aus Rentabi-
litätsgründen bereits in der ersten Stufe aus der weiteren Betrachtung wieder
aus. Bestehen bleiben der Bau eines Absenkungstunnels (9,1 % Eigenkapital-
verzinsung), eines gebohrten Tunnels (7,9 % Eigenkapitalverzinsung) und eine
Schrägkabelbrücke (7,3 % Eigenkapitalverzinsung), deren einzelwirtschaftli-
che Gewinnerwartung aber immer noch deutlich unter den von der Wirtschaft
benötigten Renditen von zehn bis 15 Prozent zurückbleibt. Politische oder öko-
logische Präferenzen für oder gegen eines dieser Modelle ändern nichts an die-
ser Sachlage.

Ob die feste Fehmarnbelt-Querung privatwirtschaftlich realisiert werden wird,
hängt folglich davon ab, inwiefern die vorliegenden Rentabilitätsperspektiven
mögliche Interessenten überzeugen, in dieses Verkehrsinfrastrukturvorhaben zu
investieren – und deren Entscheidung ist derzeit noch völlig offen.

Deshalb gilt es, so schnell wie möglich Klarheit über die politische Priorität
dieses Infrastrukturprojektes zu schaffen und im Konsens mit dem Königreich
Dänemark zu entscheiden, ob eine privatwirtschaftliche Trägerschaft politisch
gewollt ist oder aber welche öffentlichen Haushalte die entsprechenden Mittel
zur Verfügung stellen. Nur so kann der infrastrukturpolitische Lückenschluss
über den Fehmarnbelt in absehbarerer Zukunft gelingen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung prinzipiell die verkehrpolitische Bedeu-
tung einer festen Querung des Fehmarnbelt – unabhängig von den vor-
liegenden Lösungsvorschlägen, und welcher der drei zurzeit diskutierten
Alternativen (Absenkungstunnel, gebohrter Tunnel, Schrägkabelbrücke)
würde sie den Vorzug gegeben?

2. In welcher Relation steht dieses Projekt zu anderen norddeutschen Infra-
strukturvorhaben wie der westlichen Elb-Querung oder dem weiteren Aus-
bau der A 20?

Welchen dieser Projekte räumt die Bundesregierung Priorität gegenüber der
Fehmarnbelt-Querung ein und warum?

3. Ist die Bundesregierung bereit, innerhalb der nächsten fünf Jahre sich an ei-
ner festen Querung des Fehmarnbelt durch Bundesmittel zu beteiligen, und
wenn ja, in welcher Größenordnung?

4. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten der landseitigen An-
schlüsse einer festen Fehmarnbelt-Querung – je nach Querungsalternative –
an die bestehende Infrastruktur ein, und wird die Bundesregierung diese
Kosten vollständig übernehmen, bzw. in welcher Größenordnung wird sie
sich an diesen Kosten durch Bundesmittel beteiligen?

5. Welche Möglichkeiten bestehen nach Einschätzung der Bundesregierung,
eine Förderung durch die Europäische Union für dieses Projekt zu erhalten,
und in welcher Größenordnung und wann könnten europäische Fördergelder
bewilligt werden?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung eine privatfinanzierte Querung, und in
welcher Art und Weise würde sie ein derartiges Vorhaben unterstützen?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2598

7. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang – wie „Der Nordschleswi-
ger“ und das „Flensburger Tageblatt“ berichten – die Äußerungen däni-
scher Regierungsvertreter, wonach nur eine rein staatliche Holding als
Bauträger dieses Verkehrsprojektes in Frage komme?

8. Welche Bedeutung hätte eine feste Querung des Fehmarnbelt für den regio-
nalen und nationalen Arbeitsmarkt, und wie viele neue Arbeitsplätze könn-
ten per Saldo in den kommenden Jahren entstehen?

9. Wie viele Arbeitsplätze wären nach Einschätzung der Bundesregierung im
Bereich der Fährschifffahrt über den Fehmarnbelt gefährdet, sollte es zum
Bau einer festen Querung dieser Wasserstrasse kommen?

10. In welchem Zeitraum rechnet die Bundesregierung mit dem Abschluss der
politischen Diskussion und dem Baubeginn einer festen Fehmarnbelt-Que-
rung?

11. Inwiefern kann eine feste Fehmarnbelt-Querung die Verkehrsentwicklung
Norddeutschlands positiv beeinflussen, und wie schätzt die Bundesregie-
rung das Verkehrsaufkommen in dieser Region in den kommenden zehn
Jahren insgesamt ein?

12. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Tatsache,
dass nach Angaben der IHK Rostock die in der Verkehrsnachfragestudie
getroffenen Annahmen zur Entwicklung des Fährverkehrs bis 2010 bereits
1998 um mehr als Doppelte übertroffen wurden?

13. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, ob auch andere An-
nahmen in den Studien zur festen Fehmarnbelt-Querung ähnlich Abwei-
chungen gegenüber der Realität aufweisen, und wenn ja, welche?

14. Welche Bedeutung kommt dem Bau einer festen Verbindung zwischen
dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland bezüglich
der bilateralen Zusammenarbeit zu?

15. Welche negativen Konsequenzen könnte ein Scheitern des Fehmarnbelt-
Projektes für die deutsch-dänischen Beziehungen haben?

16. Inwiefern steht eine feste Querung des Fehmarnbelt, die möglicherweise
zu einer weiteren Verlagerung auf den Straßenverkehr führen wird, dem
Konzept „From Road to Sea“ entgegen?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zukunftschancen der Jütland-Route,
und mit welcher Verkehrsaufkommensentwicklung rechnet sie auf dieser
Strecke, wenn es zum Bau der Fehmarnbelt-Querung kommen sollte?

Berlin, den 25. Januar 2000

Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Dirk Fischer (Hamburg)
Dietrich Austermann
Dr. Wolf Bauer
Otto Bernhardt
Renate Blank
Paul Breuer
Georg Brunnhuber
Peter Harry Carstensen (Nordstrand)
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Renate Diemers

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Hansjürgen Doss
Anke Eymer (Lübeck)
Georg Girisch
Peter Götz
Manfred Heise
Hans Jochen Henke
Klaus Hofbauer
Dr.-Ing. Dietmar Kansy
Norbert Königshofen
Peter Letzgus
Eduard Lintner
Dr. Michael Meister
Dr. Gerd Müller
Günter Nooke
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)
Hans-Peter Repnik
Hannelore Rönsch (Wiesbaden)
Heinz Schemken
Michael von Schmude
Wilhelm Josef Sebastian
Angelika Volquartz
Gert Willner
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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