BT-Drucksache 14/2562

a) zu dem A der Frak SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/999- Nationale Armuts- und Reichtumsberichterstattung b) zu dem A der Frak der PDS -14/1069- Regelmäßige Vorlage eines Berichtes über die Entwicklung von Armut und Reichtum in der Bundesrepublik Deutschland c) zu dem A der Abg Birgit Schnieber-Jasram weiterer Abg und der Frak der CDU/CSU -14/1213- Bekämpfung der "verdeckten Armut" in Deutschland

Vom 24. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2562
14. Wahlperiode 24. 01. 2000

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/999 –

Nationale Armuts- und Reichtumsberichterstattung

b) zu dem Antrag der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/1069 –

Regelmäßige Vorlage eines Berichts über die Entwicklung von Armut und
Reichtum in der Bundesrepublik Deutschland

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram, Wolfgang
Meckelburg, Hans-Peter Repnik, Peter Weiß (Emmendingen) und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksache 14/1213 –

Bekämpfung der „verdeckten Armut“ in Deutschland

A. Problem

a) Nach Auffassung der einbringenden Fraktionen ist eine nationale Armuts-
und Reichtumsberichterstattung seit langem überfällig. Die Armutsbericht-
erstattung sei in der Bundesrepublik Deutschland verglichen mit anderen
europäischen Staaten rückständig. Eine offizielle Reichtumsberichterstattung
finde bislang überhaupt noch nicht statt. Die Bundesregierung soll daher auf-
gefordert werden, regelmäßig einen Armuts- und Reichtumsbericht zu erstat-
ten. Diese Berichterstattung und die Diskussion im Deutschen Bundestag sei
die Voraussetzung für eine wirksame Bekämpfung von Armut.

Drucksache 14/2562 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

b) Mit ihrer Unterschrift unter das Abschlussdokument des Weltsozialgipfels
von Kopenhagen habe sich die alte Bundesregierung verpflichtet, einen nati-
onalen Armutsbericht zu erstellen. Dieser Verpflichtung sei sie bis zum Ende
ihrer Amtszeit nicht nachgekommen. Die Bundesregierung soll daher aufge-
fordert werden, den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, das sie verpflichtet,
den Deutschen Bundestag in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung
von Armut und Reichtum in der Bundesrepublik Deutschland zu unterrichten.

c) Die Bundesregierung müsse sich nach Ansicht der einbringenden Fraktion
mit der „verdeckten Armut“, d. h. jenen Menschen, die trotz Rechtsanspruchs
auf Sozialhilfe nicht ihre berechtigten Ansprüche einfordern, verstärkt ausei-
nandersetzen. Die Bundesregierung soll daher aufgefordert werden, sobald
als möglich einen Bericht vorzulegen, in dem sie statistisches Material über
„verdeckte Armut“ zusammenstellt und Strategien zu ihrer Bekämpfung ent-
wickelt. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung soll verstärkt
Mittel für Forschungsaufträge zur Analyse und Bekämpfung der „verdeckten
Armut“ bereitstellen.

B. Lösung

Annahme des Antrags auf Drucksache 14/999 und Ablehnung der Anträge auf
den Drucksachen 14/1069 sowie 14/1213.

Mehrheit im Ausschuss

C. Alternativen

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 14/999 und Annahme der anderen An-
träge.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2562

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 14/999 anzunehmen,

b) den Antrag auf Drucksache 14/1069 abzulehnen,

c) den Antrag auf Drucksache 14/1213 abzulehnen.

Berlin, den 24. Januar 2000

Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung

Doris Barnett
Vorsitzende

Peter Weiss (Emmendingen)
Berichterstatter

Drucksache 14/2562 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Peter Weiss (Emmendingen)

I. Überweisung, Voten der mitberatenden
Ausschüsse und Abstimmungsergebnis im
federführenden Ausschuss

1. Allgemeines

Die Anträge auf den Drucksachen 14/999, 14/1069 und
14/1213 sind in der 58. Sitzung des Deutschen Bundesta-
ges am 30. September 1999 an den Ausschuss für Arbeit
und Sozialordnung zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und
den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur Mitberatung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 14/999 ist zusätzlich dem
Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder und dem
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur
Mitberatung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 14/1069 ist zusätzlich dem Fi-
nanzausschuss und dem Ausschuss für Angelegenheiten der
neuen Länder zur Mitberatung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 14/1213 ist zusätzlich dem In-
nenausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Technolo-
gie und dem Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung
überwiesen worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

a) Antrag auf Drucksache 14/999

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 45. Sitzung
am 1. Dezember 1999 beraten und mit den Stimmen der
Mitglieder der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der
PDS gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der
CDU/CSU und F.D.P. empfohlen, den Antrag anzunehmen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat den Antrag in seiner 26. Sitzung am 19. Januar
2000 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der
Koalitionsfraktionen und der Fraktion der PDS gegen die
Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und
F.D.P. empfohlen, den Antrag anzunehmen.

Der Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder
hat den Antrag in seiner 29. Sitzung am 15. Dezember 1999
beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Stimme des
Mitglieds der Fraktion der PDS gegen die Stimmen der Mit-
glieder der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der
Fraktion der F.D.P. empfohlen, den Antrag anzunehmen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 24. Sitzung am 27. Oktober
1999 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU bei Ab-
wesenheit der Mitglieder der Fraktionen der F.D.P. und PDS
empfohlen, den Antrag anzunehmen.

b) Antrag auf Drucksache 14/1069

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 45. Sitzung
am 1. Dezember 1999 beraten und mit den Stimmen der

Mitglieder der Koalitionsfraktionen und der Fraktionen der
CDU/CSU und F.D.P. gegen die Stimmen der Mitglieder
der Fraktion der PDS empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat den Antrag in seiner 26. Sitzung am 19. Januar
2000 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und
F.D.P. gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktion der
PDS empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder
hat den Antrag in seiner 29. Sitzung am 15. Dezember 1999
beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Koalitions-
fraktionen und der Fraktion der CDU/CSU gegen die Stim-
men der Mitglieder der Fraktion der PDS bei Stimmenthal-
tung des Mitglieds der Fraktion der F.D.P. empfohlen, den
Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 24. Sitzung am 27. Oktober
1999 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Abwesenheit der Mitglieder der Fraktionen der F.D.P.
und PDS empfohlen, den Antrag abzulehnen.

c) Antrag auf Drucksache 14/1213

Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner Sitzung am
19. Januar 2000 beraten und mit den Stimmen der Mitglie-
der der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
F.D.P. und PDS gegen die Stimmen der Mitglieder der Frak-
tion der CDU/CSU empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 22. Sitzung am 19. Januar 2000 beraten
und mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen
der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat den Antrag in seiner 26. Sitzung am 19. Januar
2000 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen
die Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU
und F.D.P. empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat den Antrag in seiner
41. Sitzung am 19. Januar 2000 beraten und mit den Stim-
men der Mitglieder der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen der CDU/CSU, F.D.P. und PDS empfohlen, den An-
trag abzulehnen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 24. Sitzung am 27. Oktober
1999 beraten und mit den Stimmen der Mitglieder der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU bei Ab-
wesenheit der Mitglieder der Fraktionen der F.D.P. und PDS
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/2562

Berlin, den 24. Januar 2000

Peter Weiss (Emmendingen)
Berichterstatter

3. Beratungen und Abstimmungsergebnisse im
federführenden Ausschuss für Arbeit und
Sozialordnung

Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung hat alle An-
träge in seiner 36. Sitzung am 19. Januar 2000 beraten und
abgeschlossen.

a) Antrag auf Drucksache 14/999

Im Ergebnis der Beratungen wurde der Antrag mit der
Mehrheit der Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die Stimmen
der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. an-
genommen.

b) Antrag auf Drucksache 14/1069

Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Mitglieder der
Fraktion der PDS mit der Mehrheit der Stimmen der Mit-
glieder aller übrigen Fraktionen abgelehnt.

c) Antrag auf Drucksache 14/1213

Der Antrag wurde mit der Mehrheit der Stimmen der Mit-
glieder der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und PDS gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktion
der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Mitglieder der
Fraktion der F.D.P. abgelehnt.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

a) Antrag auf Drucksache 14/999

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, im Jahr
2001 einen nationalen Armuts- und Reichtumsbericht vor-
zulegen. Ein solcher Bericht soll aber nicht zu einem Zah-
lengrab werden. Daher soll u. a. die Analyse von Armut und
Reichtum in die Analyse der gesamten Verteilung von Ein-
kommen und Lebenslagen eingebettet sein. Armuts- und
Reichtumsberichterstattung benötigten eine qualifizierte
Datengrundlage. Die Berichterstattung müsse der Komple-
xität und Vielschichtigkeit von Armut und Reichtum Rech-
nung tragen. Sie müsse über individuelle und kollektive Le-
benslagen und über die Ursachen von Reichtum und Armut
Aufschluss geben. In ihrem gemeinsamen Sozialwort hätten
die beiden großen christlichen Kirchen in der Bundesrepub-
lik Deutschland 1997 zu Recht festgehalten: „Armut wird
heute immer noch stark tabuisiert.“

b) Antrag auf Drucksache 14/1069

Die alte Bundesregierung habe trotz ihrer Unterschrift unter
das Abschlussdokument des Weltsozialgipfels von Kopen-
hagen 1995 bis zum Ende ihrer Amtszeit keinen nationalen
Armutsbericht erstellt. Unter Bezugnahme auf das gemein-
same Sozialwort der beiden großen christlichen Kirchen
1997 und auf die hohe Arbeitslosigkeit als wichtigste Ur-
sache für die Zunahme der Armut soll die Bundesregierung
einen Gesetzentwurf mit der Verpflichtung vorlegen, dem
Parlament in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung
von Armut und Reichtum zu berichten. In die Erarbeitung
des Berichts sollten alle mit dem Thema befassten Organi-
sationen, Verbände und Institutionen einbezogen werden.

c) Antrag auf Drucksache 14/1213

Eine generelle Armuts- und Reichtumsberichterstattung,
wie sie von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN und PDS gefordert werde, sei aufgrund der bereits
vorliegenden vielfältigen statistischen und analytischen Un-
tersuchungen zur Situation einkommensschwacher Haus-
halte in der Bundesrepublik Deutschland nicht von vorran-
giger Bedeutung. Vielmehr solle die Bundesregierung einen
Bericht über die „verdeckte Armut“ vorlegen, der den Um-
fang dieses Problems umreißen und detaillierte Aussagen
zur soziologischen Struktur der Betroffenen enthalten soll.
Dabei sollen u.a. spezielle Strategien aufgezeigt werden, um
die wirklich von Verarmung bedrohten Bevölkerungsteile
zu informieren und über ihre Rechte aufzuklären.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Druck-
sachen verwiesen.

III. Ausschussberatungen

Einig war sich der Ausschuss darüber, dass zur gezielten
Bekämpfung der Armut eine gesicherte Datengrundlage er-
forderlich ist. Kontrovers wurde diskutiert, welcher der drei
vorliegenden Anträge diesem Ziel am besten dienen könne.

Die Mitglieder der Fraktion der SPD vertraten die Ansicht,
nur eine umfassende Datenerhebung über die Armut und
den Reichtum in Deutschland könne Grundlage für entspre-
chende Konsequenzen sein, die die Bundesregierung zu zie-
hen habe. Es gehe darum, im Ergebnis mehr Gerechtigkeit
zu schaffen. Die verengte Betrachtung im Antrag der Frak-
tion der CDU/CSU reiche dafür nicht aus.

Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU wiesen darauf
hin, dass es in der Bundesrepublik Deutschland bereits ein
ausgeprägtes System der Lebenslagenforschung gäbe. Die
Berichte sollten sich auf das fokussieren, wo politischer
Handlungsbedarf bestehe. Hinsichtlich der „verdeckten Ar-
mut“ gebe es nur wenige Daten. Um Ansprüche auf Sozial-
hilfe auch erfüllen zu können, seien hier Untersuchungen
notwendig.

Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sahen in dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU keinen ge-
eigneten Ansatz zur Armutsbekämpfung, da die Sozialhilfe
nicht zur Abdeckung des soziokulturellen Mindestniveaus
ausreiche.

Die Mitglieder der Fraktion der F.D.P. betonten, die Sozial-
hilfe orientiere sich am soziokulturellen Existenzminimum.
Es bestehe zwar Handlungsbedarf im Bereich der „verdeck-
ten Armut“, aus grundsätzlichen Erwägungen werde man
sich jedoch bei dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU ent-
halten.

Die Mitglieder der Fraktion der PDS erklärten, der vorlie-
gende Antrag der Koalitionsfraktionen unterscheide sich
kaum von dem der PDS. Der Antrag der Fraktion der CDU/
CSU greife demgegenüber zu kurz, da er sich nur mit der
„verdeckten Armut“ beschäftige. Die Sozialhilfe allein
könne keine Lösungsstrategie zur Armutsbekämpfung sein.

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