BT-Drucksache 14/2520

Biosicherheits-Protokoll erfolgreich abschließen

Vom 18. Januar 2000


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

18. 01. 2000

Antrag

der Abgeordneten René Röspel, Heino Wiese (Hannover), Dr. Wolfgang Wodarg,
Ulrike Mehl, Matthias Weisheit, Brigitte Adler, Ingrid Becker-Inglau, Dr. Axel Berg,
Petra Bierwirth, Rudolf Bindig, Rainer Brinkmann (Detmold), Hans Büttner
(Ingolstadt), Marion Caspers-Merk, Christel Deichmann, Detlef Dzembritzki,
Marga Elser, Iris Follak, Monika Ganseforth, Iris Gleicke, Anke Hartnagel,
Reinhold Hemker, Frank Hempel, Gustav Herzog, Ingrid Holzhüter,
Eike Hovermann, Barbara Imhof, Ulrich Kasparick, Klaus Kirschner,
Marianne Klappert, Karin Kortmann, Horst Kubatschka, Helga Kühn-Mengel,
Werner Labsch, Eckhart Lewering, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg),
Tobias Marhold, Lothar Mark, Christoph Matschie, Jutta Müller (Völklingen),
Holger Ortel, Dr. Martin Pfaff, Gudrun Roos, Dr. Hansjörg Schäfer, Gudrun
Schaich-Walch, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Dagmar Schmidt (Meschede),
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Regina Schmidt-Zadel, Karsten Schönfeld,
Dr. R. Werner Schuster, Dr. Margrit Spielmann, Reinhold Strobl (Amberg),
Jella Teuchner, Adelheid Tröscher, Dr. Margrit Wetzel, Jürgen Wieczorek (Böhlen),
Waltraud Wolff (Zielitz), Heidemarie Wright, Dr. Peter Struck und der SPD-Fraktion
sowie der Abgeordneten Ulrike Höfken, Hans-Josef Fell, Steffi Lemke,
Dr. Reinhard Loske, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Biosicherheits-Protokoll erfolgreich abschließen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Rahmen des internationalen Übereinkommens zum Schutz der biologischen
Vielfalt (Convention on Biological Diversity), das 1992 auf dem Umweltgipfel
in Rio de Janeiro verabschiedet wurde, wird zz. das internationale Biosafety
Protocol (Biosicherheits-Protokoll) verhandelt. Die in Cartagena 1999 un-
terbrochene Vertragsstaatenkonferenz wird vom 20. bis 28. Januar 2000 in
Montreal fortgesetzt, um eine Einigung über das Biosicherheits-Protokoll zu er-
zielen. Das Biosicherheits-Protokoll soll den grenzüberschreitenden Verkehr
mit gentechnisch veränderten Organismen regeln.

Bei der außerordentlichen Vertragsstaatenkonferenz im Februar 1999 in Carta-
gena konnte kein Einvernehmen über den Entwurf der zur Erarbeitung des Pro-
tokolls eingesetzten Biosafety Working Group erzielt werden. Hauptstreit-
punkte zwischen wichtigen Agrarexportländern, die gentechnisch veränderte
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Produkte exportieren, und einer zahlenmäßig starken Gruppe, der vor allem
Entwicklungsländer angehören, sind: der Anwendungsbereich des Protokolls,
die Regelungen bezüglich landwirtschaftlicher Massengüter, die Verankerung
des Vorsorgeprinzips, die Berücksichtigung sozioökonomischer Aspekte, die
Regelung von Kennzeichnungs- und Haftungsfragen sowie die Notwendigkeit
der Zustimmung der Empfängerländer zum Import.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass sich die EU in den bisherigen Verhand-
lungen um eine vermittelnde Rolle bemüht hat. Grundlage für die Konferenz in
Montreal ist der Gemeinsame Standpunkt zur EU Freisetzungsrichtlinie 90/
220/EWG, der im Frühsommer 1999 unter deutscher Ratspräsidentschaft aus-
gehandelt wurde.

Die gemeinsame Verhandlungsposition der EU – zuletzt konkretisiert in den
Schlussfolgerungen des Umweltrates vom 13. Dezember 1999 – geht davon
aus, dass ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen zum Biosicherheits-
Protokoll die Voraussetzung dafür ist, sichere und klare Rahmenbedingungen
für den internationalen Handel mit gentechnisch veränderten Organismen zu
schaffen. Dies liegt gleichermaßen im Interesse der Verbraucher, der Produzen-
ten, des Handels und des Schutzes der Umwelt. Einer Einigung in Montreal
kommt insbesondere nach den – vorläufig – gescheiterten WTO-Verhandlun-
gen eine herausragende Bedeutung zu. Vor dem Hintergrund der insbesondere
in Europa und mittlerweile auch in den USA und Kanada bei Erzeugern und
Verbrauchern intensiv geführten öffentlichen Debatte um gentechnisch verän-
derte Lebensmittel sollten alle Vertragsstaaten das Biosicherheits-Protokoll als
Chance und notwendige Voraussetzung für weitere, von Fragen der biologi-
schen Sicherheit unbelastete Handelsvereinbarungen im Rahmen der WTO be-
greifen.

Für die Sicherheit im internationalen Handel ist es wichtig, durch präventive
Kontrollen Umwelt und Verbraucher – unabhängig von den technischen Mög-
lichkeiten und wirtschaftlichen Abhängigkeiten der einzelnen Vertragsstaaten –
umfassend vor möglichen Risiken zu schützen.

Wichtige Eckpunkte der EU-Position sind

– der Schutz von Verbrauchern und Umwelt durch die Verankerung des Vor-
sorgeprinzips,

– die Transparenz für Behörden, Handel und Verbraucher durch klare Rege-
lungen der Vorab-Benachrichtigung, Kennzeichnung und Rückverfolgbar-
keit,

– die dauerhafte Sicherheit der Anwender und Verbraucher durch ein umfas-
sendes Monitoring.

Der Deutsche Bundestag unterstützt die Verhandlungsposition der Bundesre-
gierung und der EU.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf

1. bei den Verhandlungen zum Biosicherheits-Protokoll im Januar 2000 in
Montreal auf einen schnellen und einvernehmlichen Abschluss eines Proto-
kolls hinzuwirken, dem möglichst viele Vertragsstaaten – insbesondere auch
die Hauptexportländer – beitreten. Dabei sind die folgenden wichtigen Eck-
punkte der gemeinsamen EU-Position in das Biosicherheits-Protokoll einzu-
bringen:
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– die Sicherung größtmöglicher Transparenz durch Trennung der Agrarroh-
stoffe,

– umfassende Information der Empfängerländer und deutliche Kennzeich-
nung der gentechnisch veränderten Produkte,

– die Verankerung des Vorsorgeprinzips sowie eine lückenlose Rückver-
folgbarkeit und ein effizientes Monitoring;

2. die Umsetzung des Abkommens und seine Kontrolle in allen Vertragsstaaten
sicherzustellen – dort, wo die institutionellen Voraussetzungen fehlen, auch
durch internationale Unterstützung der Informations-, Kontroll- und Verwal-
tungsstrukturen bzw. den Aufbau entsprechender Kapazitäten;

3. die umfassende Gültigkeit des Biosicherheits-Abkommens durch die Auf-
nahme von gentechnisch veränderten Organismen und deren Produkte, die
zur Verwendung oder Verarbeitung als Lebensmittel, Futtermittel und Zu-
satzstoffe bestimmt sind sowie die Gleichrangigkeit der Vereinbarung zu an-
deren internationalen Übereinkommen sicherzustellen;

4. daran mitzuwirken, eine flexible Kompromissstrategie der EU zu entwickeln
und in den Verhandlungen umzusetzen, die darauf hinwirkt, in Montreal ei-
nen Abschluss zu erreichen: dies auch als notwendige Voraussetzung für
eine erfolgreiche Fortsetzung der WTO-Verhandlungen;

5. den Deutschen Bundestag und seine Ausschüsse zügig und umfassend über
Stand und Ergebnisse der Verhandlungen zum Biosicherheits-Protokoll zu
informieren;

6. die Öffentlichkeit und insbesondere Umweltverbände, Verbraucherorganisa-
tionen, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und andere Nichtregierungs-
organisationen umfassend über die Verhandlungsergebnisse und ihre Aus-
wirkungen auf den europäischen und den deutschen Markt zu informieren;

7. die öffentliche Debatte über Chancen und Risiken des Einsatzes gentech-
nisch veränderter Organismen in Lebensmittelproduktion und -verarbeitung
und -handel zu fördern.

Berlin, den 18. Januar 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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