BT-Drucksache 14/2501

Aufnahme der Türkei in den Kreis der EU- Beitrittskandidaten

Vom 12. Januar 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2501
14. Wahlperiode 12. 01. 2000

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Aufnahme der Türkei in den Kreis der EU-Beitrittskandidaten

Der EU-Gipfel in Helsinki vom 10. bis 12. Dezember 1999 hat die Aufnahme
der Türkei in den Kreis der EU-Beitrittskandidaten beschlossen. Infolge dieses
Beschlusses hat die Türkei offenbar Anspruch auf nicht unerhebliche Mittel aus
EU-Programmen.

So soll EU-Kommissar Günther Verheugen erklärt haben, die Türkei habe nun
Anspruch auf 180 Mio. Euro Finanzhilfen pro Jahr (Berliner Zeitung, 13. De-
zember 1999). Außerdem nehme die Türkei an mehreren Programmen teil, u.a.
am Studentenaustausch und an Forschungsprogrammen (ebenda).

Ähnliche Äußerungen werden von dem neuen außenpolitischen Repräsentan-
ten der EU, Javier Solana, berichtet (u.a. NZZ, 13. Dezember 1999).

In einem dritten Zeitungsbericht (taz, 13. Dezember 1999) ist unter Berufung
auf EU-Kommissar Verheugen von 540 Mio. Euro (umgerechnet etwa 1,1 Mrd.
DM) die Rede, auf die die Türkei in den nächsten drei Jahren Anspruch habe.
Zusätzlich erhalte die Türkei 325 Mio. Euro im Rahmen der Zollunion und
noch einmal den gleichen Betrag im Rahmen des „MEDA-Programms“ der
EU.

All diese Zahlungen sollen offenbar aufgenommen werden, obwohl noch un-
mittelbar vor dem Gipfel die EU-Kommission in einem Bericht festgestellt
hatte, dass die Türkei als einziger potentieller Beitrittskandidat derzeit die „Ko-
penhagener Kriterien“ nicht erfüllt.

Schließlich ist in der Presse davon die Rede, dass die EU „nun die türkische
Gesetzgebung analysieren“ werde, „um festzustellen, wo Anpassungsbedarf an
das EU-Recht bestehe.“ (Berliner Zeitung, 13. Dezember 1999).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Ansprüche auf welche EU-Programme und -Finanzmittel hat die
Türkei mit der Aufnahme in den Kreis der Beitrittskandidaten erworben
(bitte die Programme, ihren konkreten Inhalt und die mit dem jeweiligen
Programm bzw. Haushaltstitel verbundenen Zahlungen, Kredite etc. pro
Jahr einzeln auflisten)?

2. Aus welchen anderen EU-Programmen hat die Türkei schon vor dieser Ent-
scheidung wie viele Mittel erhalten (bitte Programme und Zahlungen im
Einzelnen auflisten)?

Drucksache 14/2501 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
3. Welche dieser EU-Programme, aus denen die Türkei nun Zahlungen erhält,
sind wie befristet?

4. Kommen irgendwelche dieser Programme auch den kurdischen Gebieten in
der Türkei zugute?

Wenn ja, wie werden die demokratisch gewählten Repräsentanten dieser Ge-
biete (Bürgermeister, andere gewählte Vertreter der Kommunen und Provin-
zen) bei der Planung und Durchführung der Programme einbezogen?

Wenn nein, warum nicht?

5. Welche menschenrechtlichen Bedingungen sind mit welchem dieser Pro-
gramme verknüpft?

Innerhalb welcher Fristen muss die Türkei diese Bedingungen erfüllen?

Wenn nein, warum erfolgen diese Zahlungen trotz Nichterfüllung der „Ko-
penhagener Kriterien“ durch die Türkei?

6. Sind der Türkei in Helsinki formelle Fristen gesetzt worden, innerhalb derer
sie die „Kopenhagener Kriterien“ erfüllen muss?

Wenn ja, welche Fristen sind das?

Wenn nein, warum nicht?

7. Hat es im Zusammenhang mit dem Gipfel in Helsinki seitens der EU oder
der Bundesregierung Gesprächsangebote an die türkische Regierung über
eine Reform der türkischen Verfassung und der türkischen Gesetzgebung
zur Erfüllung der Kopenhagener Kriterien gegeben?

Wenn ja, wie hat die Türkei darauf reagiert und wann sollen diese Gespräche
mit welchem Teilnehmerkreis beginnen?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 20. Dezember 1999

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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