BT-Drucksache 14/2318

Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland und in der EU (I)

Vom 8. Dezember 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2318
14. Wahlperiode 08. 12. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Asylrecht in der Bundesrepublik Deutschland und in der EU (I)

Der Bundesminister des Innern, Otto Schily, hat in mehreren Pressegesprächen
den Eindruck verbreitet, das deutsche Asylrecht sei im europäischen Vergleich
außerordentlich großzügig, werde von den anderen EU-Staaten bei der Anglei-
chung des Asylrechts sicher nicht übernommen und müsse deshalb noch ein-
mal überprüft werden.

„Hauptproblem sei das Recht jedes Flüchtlings, vor einem deutschen Gericht
zu klagen“, schreibt die Zeitschrift „Focus“ am 8. November 1999 über Otto
Schilys Überlegungen und zitiert dann aus seinem „ZEIT“-Interview: „Ein sub-
jektives Recht auf Asylgewährung wird die EU nicht akzeptieren.“

Der Minister zeichnet damit ein Bild des Asylrechts und der Asylpolitik in der
Bundesrepublik Deutschland und den anderen EU-Staaten, das mit der Wirk-
lichkeit nicht viel gemein hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Flüchtlinge in Belgien gegen eine
Ablehnung ihrer Asylanträge Beschwerde bei einer Beschwerdekommission
einlegen können, der auch ein Vertreter des UNHCR angehört, und dass ih-
nen gegen die Entscheidung der Beschwerdekommission der Rechtsweg
zum obersten belgischen Verwaltungsgericht, dem Conseil d’Etat, offen
steht?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Flüchtlinge in den Niederlanden ge-
gen eine Ablehnung ihrer Asylanträge Beschwerde bei einer Kommission
einlegen können, bei der der UNHCR vertreten ist, und dass ihnen gegen die
Entscheidungen dieser Kommission Klage vor dem Staatsrat, der obersten
verwaltungsgerichtlichen Instanz, möglich ist?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, das Flüchtlinge in Finnland gegen ableh-
nende Bescheide ihrer Asylanträge Widerspruch beim Beschwerderat des
Justizministeriums einlegen können, einer lt. Wissenschaftlichem Dienst des
Deutschen Bundestages „gerichtsähnlichen Instanz“?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Flüchtlinge in Luxemburg gegen ab-
lehnende Entscheidungen über ihre Asylanträge Beschwerde beim Streitsa-
chenausschuss des Staatsrates einlegen können?

Drucksache 14/2318 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Flüchtlinge in Portugal gegen ableh-
nende Bescheide ihrer Asylanträge vor dem obersten Verwaltungsgericht
klagen können?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Flüchtlingen in Spanien gegen die
Ablehnung ihrer Asylanträge der Klageweg durch alle Verwaltungsgerichts-
instanzen offen steht?

7. Ist der Bundesminister des Innern bereit, seine o. g. Beschreibung des Asyl-
rechts in den anderen EU-Staaten zu korrigieren, und wenn ja, wann und auf
welche Weise soll dies geschehen?

8. Wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass in amtlichen Dokumen-
tationen, Broschüren, Faltblättern etc. zur Problematik des Asyls und des
Asylrechts in der EU die oben aufgeführten Rechtsmittel von Flüchtlingen
in den anderen EU-Staaten in angemessener Weise dokumentiert und be-
schrieben werden?

Berlin, den 3. Dezember 1999

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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