BT-Drucksache 14/2290

Reform des Behindertenrechts

Vom 1. Dezember 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2290
14. Wahlperiode 01. 12. 99

Große Anfrage
der Abgeordneten Claudia Nolte, Birgit Schnieber-Jastram, Dr. Maria Böhmer,
Rainer Eppelmann, Ingrid Fischbach, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof),
Klaus Hofbauer, Karl-Josef Laumann, Julius Louven, Wolfgang Meckelburg,
Franz-Xaver Romer, Heinz Schemken, Johannes Singhammer, Andreas Storm,
Thomas Strobl (Heilbronn), Peter Weiß (Emmendingen) und der Fraktion
der CDU/CSU

Reform des Behindertenrechts

Die Hilfen für Menschen mit geistiger, körperlicher oder seelischer Behinde-
rung sind in der Bundesrepublik Deutschland vor allem seit In-Kraft-Treten des
Bundessozialhilfegesetzes im Jahre 1961 qualitativ und quantitativ erheblich
ausgebaut worden. Während zuvor Geistig- und Mehrfachbehinderte vor allem
in ortsfernen Pflegeanstalten lebten und ihre Hilfe im Rahmen des Fürsorge-
rechts der einzelnen Bundesländer finanziert wurden, führte die Eingliede-
rungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz vor allem in der Fassung durch
das Dritte Änderungsgesetz von 1974 zum Aufbau eines differenzierten und ge-
gliederten Hilfesystems. Moderne Behindertenhilfe geschieht heute zunehmend
gemeindenah in der Frühförderung, in Kindergärten und Schulen, in Werkstät-
ten für Behinderte, kleinen Wohnheimen und im Betreuten Wohnen in der eige-
nen Wohnung.

Auch in den neuen Bundesländern sind seit 1990 diese Strukturen der Behin-
dertenhilfe zügig auf- und ausgebaut worden.

Neben den traditionellen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege waren es ins-
besondere Elternvereinigungen, die die Trägerschaft für neue Einrichtungen
übernahmen.

Der Auf- und Ausbau der Hilfestrukturen wurde vor allem mit Haushaltsmitteln
der jeweiligen Bundesländer, mit Mitteln der Ausgleichsabgabe nach dem
Schwerbehindertengesetz, Lotteriemitteln und Spendengeldern, die die frühere
Aktion Sorgenkind mit großer Öffentlichkeitsarbeit aufbrachte, und mit eige-
nen Mitteln der Einrichtungsträger finanziert.

Der Schwerpunkt der Finanzierung der modernen Behindertenhilfe lag seit In-
Kraft-Treten des Bundessozialhilfegesetzes in den Leistungen der Einglie-
derungshilfe für Behinderte, die von örtlichen und überörtlichen Sozialhilfe-
trägern gewährt wurden. So wurden von den Sozialhilfeträgern in der Bundes-
republik Deutschland allein im Jahre 1997 mehr als 15 Mrd. DM für die
Eingliederungshilfe für Behinderte aufgewandt.

Drucksache 14/2290 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Trotz der erheblich verbesserten Hilfestrukturen und der ständig steigenden
Ausgaben für die Behindertenhilfe bleiben bis zur Gleichstellung Behinderter
mit Nichtbehinderten in der Gesellschaft noch viele Schritte zu tun. Der Ge-
setzgeber hat dies gesehen und mit der Änderung des Grundgesetzes vom
27. Oktober 1994 ein Benachteiligungsverbot für Menschen mit Behinderun-
gen in den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes aufgenommen. Dieses Be-
nachteiligungsverbot verpflichtet vor allem auch zur Weiterentwicklung des
Leistungsspektrums. Die künftige Gestaltung des Sozialrechts, der Ausbau der
Hilfestrukturen und die Entscheidungen in jedem Einzelfall müssen noch stär-
ker als bisher die Integration von Menschen mit Behinderungen in die Gesell-
schaft zum Inhalt haben und jeder Benachteiligung und Ausgrenzung entgegen-
treten.

Zur Weiterentwicklung der Hilfestrukturen für Menschen mit Behinderungen
sind auch Feststellungen zur demographischen Entwicklung und zur Entwick-
lung der Zahl der Menschen mit Behinderungen notwendig. Nur so kann recht-
zeitig dafür gesorgt werden, dass Hilfemöglichkeiten in ausreichender Anzahl
zur Verfügung stehen.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vom 20. Oktober 1998 zahlrei-
che Vorhaben im Bereich der Behindertenhilfe angekündigt. Inzwischen ist ein
Jahr vergangen und bisher liegen noch keine konkreten Entwürfe vor.

Deshalb fragen wir die Bundesregierung:

I. Entwicklungsangebote für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen

1. Wie hat sich der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit schwerer körper-
licher und geistiger Behinderung an der Gesamtzahl eines jeden Geburts-
jahrganges seit 1980 entwickelt?

2. Führt die Inanspruchnahme von Vorgeburtsuntersuchungen in der Schwan-
gerschaft und die verbesserte Frühgeburtsmedizin zu einer Veränderung im
Ausmaß und in der Anzahl der Schädigungsarten und der Funktionsstörun-
gen und damit zu einer anderen zahlenmäßigen Ausprägung und Zusam-
mensetzung der Arten von Behinderungen und der Schwere der Behinde-
rung?

Muss dadurch das Angebot der Behindertenhilfe, die Leistung und deren
Qualität und die Qualifikation der Mitarbeiter/-innen verändert werden?

3. Wie hat sich in dieser Zeit die Zahl der Betreuungs- und Bildungsangebote
für Kinder mit Behinderung entwickelt

– in vorschulischen Einrichtungen?

– in öffentlichen und privaten Sonderschulen oder vergleichbaren Einrich-
tungen?

– in Sonderschulen mit gleichzeitiger Heim- oder Internatsunterbringung?

4. In welchem Umfang werden Kinder mit geistiger und körperlicher Behinde-
rung in den einzelnen Bundesländern integrativ in Regelkindergärten betreut
und in allgemeinbildenden Schulen unterrichtet?

Wie sehen die Qualifikationsmerkmale aus

– bei der Größe der Gruppen oder Klassen?

– bei dem Zahlenverhältnis zwischen behinderten und nichtbehinderten
Kindern?

– bei dem Verhältnis von Erziehern/innen und Lehrern/innen und deren
Qualifikation?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2290

5. Wie hoch ist der Anteil der jungen Menschen mit geistigen und körper-
lichen Behinderungen, die nach Beendigung der Schulpflicht auf dem all-
gemeinen Arbeitsmarkt vermittelt wurden?

Hält die Bundesregierung die Vorbereitung geistig- und körperbehinderter
junger Menschen auf eine Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeits-
markt im bisherigen Schulsystem für ausreichend?

II. Chancen für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeits-
markt

6. Wie hat sich seit 1980 die Zahl der anerkannten Schwerbehinderten entwi-
ckelt, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden?

7. Wie hat sich seit 1980 die Zahl der arbeitslosen anerkannten Schwerbehin-
derten entwickelt

– in absoluten Zahlen?

– in Relation zur Zahl der Arbeitslosen?

8. Liegen der Bundesregierung bereits Erkenntnisse vor, dass es im Rahmen
des Umzuges der Bundesregierung von Bonn nach Berlin zu einer Verän-
derung der Beschäftigungsquote der Behinderten in den umziehenden
Dienststellen gekommen ist?

9. Wie viele Vermittlungen Schwerbehinderter in den allgemeinen Arbeits-
markt erfolgten seit 1980 jährlich durch die Bundesanstalt für Arbeit bzw.
den Arbeitsämtern?

Wie viele erfolgten durch Fachdienste/Integrationsfachdienste?

Wie bewertet die Bundesregierung diese Ergebnisse?

10. Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um die Ankündigung
ihres Beauftragten für die Belange der Behinderten, Hermann Haack, in
der Zeitschrift „Selbsthilfe“ 1/99 umzusetzen, „die Fähigkeiten von Men-
schen mit Behinderungen zu fördern, ihre Qualifikation zu verbessern, eine
größere Transparenz der Beschäftigungs- und Förderungsmöglichkeiten zu
schaffen und die Arbeit der Arbeitsvermittlung insgesamt zu verbessern“?

11. Wie sollen die neuen von der Bundesregierung angesprochenen innovati-
ven Beschäftigungspolitiken für Schwerbehinderte aussehen?

12. In welcher Form und in welcher Ausrichtung gedenkt die Bundesregierung
nach Ablauf der entsprechenden Modellversuche die eingerichteten Inte-
grationsfachdienste weiterzuführen?

13. In welcher Form sollen nach Ablauf der Modellversuche die von den
Hauptfürsorgestellen selbst initiierten und finanzierten Fachdienste einge-
bunden werden?

14. Ist die Bundesregierung bereit, die Integrationsfachdienste schon vor der
Schaffung eines Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) gesetzlich zu
verankern?

15. Auf welche Weise möchte die Bundesregierung die Finanzierung der Inte-
grationsfachdienste abdecken? Wird dabei an eine institutionelle Absiche-
rung gedacht?

16. Welche Finanzierungsmodelle plant die Bundesregierung für die Integra-
tionsfirmen?

Denkt die Bundesregierung dabei auch an eine mögliche Selbstbeteili-
gung?

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17. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Werkstätten für Be-
hinderte (WfB) den Anforderungen, die der technische Fortschritt, der
wirtschaftsstrukturelle Wandel und die Europäisierung der Märkte an sie
stellen, entsprechen können?

18. Welche Konzepte verfolgt die Bundesregierung bei den WfB?

Plant sie, die WfB wieder zu einem Ort der beruflichen Rehabilitation zu
machen, oder soll die WfB zu einem Ort für die Menschen werden, die
durch alle anderen vorgeschalteten Raster fallen, d. h. soll die WfB dann
die Funktion der bisherigen Förderstätten übernehmen?

19. Sieht das Konzept der Bundesregierung im Zusammenhang mit den neuen
Modellen einen Rechtsanspruch des Schwerbehinderten auf freie Auswahl
seiner beruflichen Integration zwischen einem Arbeitsplatz auf dem freien
Arbeitsmarkt, in einer Werkstatt für Behinderte oder in einem Integrations-
betrieb sowie die Inanspruchnahme eines Integrationsfachdienstes vor?

Soll ein Rechtsanspruch auf Arbeitsassistenz geschaffen werden?

20. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage in der Zeitschrift „Leben
und Weg“ 2/99, „dass sich für behinderte Jugendliche, die ja laut Pro-
gramm (i.e. JUMP – Jugend mit Perspektive –) besonders gefördert wer-
den sollten, unterm Strich wenig bis gar nichts tut“?

Wie beurteilt sie die weitere Aussage in dieser Zeitschrift, der Großteil der
Jugendlichen mit Behinderung, nämlich diejenigen, die ohnehin in regulä-
ren Fördermaßnahmen, z. B. in Berufsbildungswerken sind, könnten das
Programm nicht in Anspruch nehmen, da sie nicht arbeitslos gemeldet
seien?

21. Liegen der Bundesregierung bereits Zahlen über die Vermittlung von be-
hinderten Jugendlichen im Rahmen des JUMP-Programmes vor – wenn
möglich, aufgeteilt nach Qualifizierungsmaßnahme, Ausbildungsplatz und
betrieblicher Arbeitsplatz?

22. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des „Sozialverbandes
Reichsbund“, ihn als Vertreter der Behinderten an den Gesprächen im Rah-
men des Bündnisses für Arbeit teilnehmen zu lassen?

23. Wie hat sich seit 1980 das Aufkommen an Ausgleichsabgaben entwickelt?

Wie wurden die Mittel über die Jahre aufgeteilt

– auf die Investitionsförderung?

– zur individuellen Förderung einer Beschäftigung auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt?

24. Hält die Bundesregierung die Erhöhung der Ausgleichsabgabe für einen
richtigen Weg, auch wenn keine Lenkungswirkung durch Erhöhungen in
der Vergangenheit unmittelbar erreicht wurde?

Wenn ja, um welchen Betrag?

25. Wie stellt sich die Bundesregierung die Neuverteilung der Ausgleichsabga-
ben zwischen Bund und Ländern vor?

26. Was hat die Bundesregierung bisher getan, um der Forderung der damali-
gen Beauftragten für Behindertenfragen der Fraktion der SPD, Antje-Ma-
rie Steen, aus dem September 1998 gerecht zu werden, „dass die Umwelt
endlich barrierefrei wird“ ?

27. Wie gedenkt die Bundesregierung den problemlosen Zugang zu öffentli-
chen Gebäuden und Verkehrsmitteln für Behinderte sicherzustellen?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/2290

Hält sie dabei ein einklagbares Zugangsrecht für Behinderte für richtig?

28. Sieht die Bundesregierung Reformbedarf im Bereich der Berufs- und
Erwerbsunfähigkeitsrenten?

Wenn ja, liegen für eine solche Reform bereits Planungen vor?

29. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die sozialen und so-
ziostrukturellen Lebensbedingungen von Berufs- und Erwerbsunfähig-
keitsrentnern vor?

Wenn nein, plant die Bundesregierung in nächster Zeit eine diesbezügliche
Untersuchung in Auftrag zu geben?

30. Wie will die Bundesregierung dem Umstand Rechnung tragen, dass die
Anzahl der älteren Mitmenschen mit Behinderungen immer mehr steigt?

31. Ist zu befürchten, dass für die Leistungen der Eingliederungshilfe Alters-
grenzen vorgesehen werden, um dann auf andere Leistungen zurückgreifen
zu können?

III. Eingliederungshilfe und Nachrang der Sozialhilfe

32. Hält die Bundesregierung die Finanzierung der schulischen Bildung junger
Menschen mit Behinderung, soweit sie in privaten Schulen oder Heim-
schulen erfolgt, durch die Sozialhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe
für gerechtfertigt?

Verstößt diese besondere Finanzierung der Erfüllung der Schulpflicht nicht
gegen das Benachteiligungsverbot nach Artikel 3 GG, zumal sie nach den
Regeln des Bundessozialhilfegesetzes oft mit Kostenbeiträgen verbunden
ist?

33. Wie steht die Bundesregierung zu der in den Eckpunkten der Koalitionsar-
beitsgruppe vorgenommenen Differenzierung der Sozialhilfe in Rehabilita-
tionsleistungen, die nicht der Nachrangigkeit und der Bedürftigkeitsprü-
fung unterliegen, und Eingliederungsleistungen, die den Prinzipien des
Sozialhilferechts mit Nachrangigkeit und Bedürftigkeitsprüfung verhaftet
bleiben?

34. Wie haben sich die Ausgaben der Sozialhilfe für Eingliederungsmaßnah-
men in der Bundesrepublik Deutschland seit 1980 entwickelt?

Wie ist die Entwicklung in den neuen Bundesländern seit 1990?

35. Wie hat sich die Zahl der Menschen mit Behinderungen in dieser Zeit ent-
wickelt, die qualifizierte Hilfen in Werkstätten, Wohnheimen und großen
Betreuungseinrichtungen erhalten?

Wie hat sich die Anzahl der Plätze und des Betreuungspersonals in diesem
Zeitraum entwickelt?

Wie ist die Entwicklung in den neuen Bundesländern seit 1990?

36. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse insbesondere über die Einglie-
derungserfolge der Werkstätten für Behinderte vor im Hinblick darauf,
dass Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz eine zielge-
richtete, rehabilitative Maßnahme sein soll?

Wie viele behinderte Werkstattmitarbeiter werden jährlich auf dem allge-
meinen Arbeitsmarkt vermittelt?

Wie bewertet die Bundesregierung die Vermittlungsergebnisse?

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37. Wie hoch sind die jährlichen durchschnittlichen Steigerungen der Ausga-
ben der Sozialhilfe pro Behindertem seit 1980, getrennt nach Werkstätten,
Wohnheimen und großen Anstalten?

38. Wie hat sich die stationäre Versorgung psychisch Kranker in Kliniken und
Heimen zwischen 1980 und heute verändert, differenziert nach Akutbe-
handlung und Langzeitbereichen, in denen die Sozialversicherten keine
Leistungen erbringen?

39. Wie hat sich die Zahl der Plätze für psychisch Kranke zwischen 1980 und
heute entwickelt, die Eingliederungshilfe für Behinderte nach dem Bun-
dessozialhilfegesetz erhalten, getrennt nach

– Werkstätten für Behinderte,

– Betreutes Wohnen in der eigenen Wohnung,

– Wohnheimen der örtlichen Versorgung im gemeindenahen Verbund?

40. Wie hat sich der Aufwand im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem
Bundessozialhilfegesetz für psychisch Kranke seit 1980 entwickelt?

Wie haben sich im Vergleich dazu die stationären und ambulanten Rehabi-
litationsmaßnahmen für psychisch Kranke in der Finanzverantwortung der
Sozialversicherungen entwickelt?

Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklungen?

41. Wie hoch ist die Zahl der jährlich aufgrund psychischer Erkrankungen
„frühverrenteten“ Menschen?

42. In wie vielen Fällen mussten im vergangenen Jahr Menschen mit Behinde-
rungen aufgrund der Nachrangigkeit der Sozialhilfe ihre Eingliederungs-
hilfe ganz oder teilweise selbst bezahlen

– in Werkstätten für Behinderte,

– in Wohnheimen?

43. In wie vielen Fällen mussten sich Eltern Behinderter im vergangenen Jahr
in welchem Umfang im Rahmen der Unterhaltspflicht oder mit Kostenbei-
trägen an Maßnahmen der Eingliederungshilfe für ihre Kinder beteiligen?

44. Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, dass die Kosten der Maß-
nahmen der stationären Eingliederungshilfe als Einkommen behinderter
Kinder über 18 Jahren gewertet werden und den Eltern deshalb das Kinder-
geld verwehrt wird?

45. Wie hoch ist derzeit der finanzielle Aufwand der Sozialhilfeträger, um das
anrechnungsfähige Einkommen und Vermögen zu bestimmen?

Wie hoch sind im Gegenzug die Leistungen, die durch Anrechnung von
Einkommen und Vermögen erzielt werden?

46. Für wie viele pflegebedürftige Menschen mit Behinderungen in vollstatio-
nären Einrichtungen der Behindertenhilfe haben die Pflegekassen im Jahre
1998 Leistungen nach § 43a SGB XI erbracht?

47. Wie viele Plätze in Pflegeabteilungen oder Pflegeeinrichtungen mit Versor-
gungsvertrag nach § 71 Abs. 2 SGB XI für Menschen mit Behinderungen
gibt es, in denen pflegebedürftige Menschen mit Behinderungen vollstatio-
näre Pflege nach § 43 SGB XI erhalten?

48. Hält die Bundesregierung die Begrenzung der Leistungen für vollstationär
versorgte pflegebedürftige Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen
der Behindertenhilfe nach § 43a SGB XI auf monatlich höchstens 500 DM
für mit dem Benachteiligungsverbot nach Artikel 3 Grundgesetz vereinbar?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/2290

49. Wie beurteilt die Bundesregierung Berichte von Behindertenverbänden,
dass Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe von den Sozialhilfe-
trägern aufgefordert werden, sich ganz oder teilweise in Pflegeabteilungen
bzw. -heimen umzuwandeln, damit behinderte Menschen mit erheblichem
Pflegebedarf in die Lage versetzt werden, die Leistungen der sozialen
Pflegeversicherung für den stationären Bereich voll auszuschöpfen?

50. Was beabsichtigt die Bundesregierung – sollte sie die Vorwürfe der Behin-
dertenverbände für gerechtfertigt halten – gegen die Umwandlung von
Einrichtungen der Behindertenhilfe in Pflegeplätze zu unternehmen?

51. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die fachliche Zielsetzung der
Novellierung der §§ 93 ff. BSHG in der Praxis sicherzustellen?

Welche Möglichkeiten sieht sie, Verfahren zu gewährleisten, die einen ein-
klagbaren Zusammenhang zwischen Hilfebedarf, notwendiger Leistung
zur Deckung dieses Bedarfs und der Kosten zur Deckung des Aufwandes
herstellen?

52. Wann ist mit einer Werkstättenverordnung zu rechen?

53. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, in welchem Aus-
maß die Behindertenhilfe von der ab 1. Juli 2000 geplanten Verkürzung des
Zivildienstes von bisher 13 auf 11 Monate betroffen sein wird?

54. Gibt es Planungen, die durch die Kürzung des Zivildienstes in der Behin-
dertenhilfe eintretenden Beeinträchtigungen auszugleichen?

IV. Menschen mit Behinderungen und ihre Stellung in der Gesellschaft

55. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Forderung der damaligen Beauf-
tragten für Behindertenfragen der Fraktion der SPD, Antje-Marie Steen,
aus dem September 1998 umzusetzen, dass „der Antidiskriminierungsauf-
trag des Grundgesetzes ,niemand darf wegen seiner Behinderung benach-
teiligt werden‘ mit einklagbaren Einzelgesetzen verwirklicht wird“?

Wenn ja, was hat die Bundesregierung bislang zur Umsetzung dieser For-
derung unternommen und was beabsichtigt die Bundesregierung zukünftig
zu unternehmen?

56. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung der damaligen Beauftrag-
ten für Behindertenfragen der Fraktion der SPD, Antje-Marie Steen, aus
dem September 1998 umzusetzen, dass behindertenrelevante Themen ver-
stärkt in das politische Tagesgeschehen einbezogen und die Stellung des/
der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung verbessert wird?

57. Wie steht die Bundesregierung zu einem Verbandsklagerecht für bundes-
weit organisierte Behindertenverbände?

58. Wie steht die Bundesregierung zur Kritik der Behindertenverbände, der
Rechtsschutz der von einem Betreuungsverfahren betroffenen Menschen
sei nicht ausreichend?

59. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung in der Frage der Unterzeich-
nung der Bioethikkonvention ein?

Berlin, den 1. Dezember 1999

Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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