BT-Drucksache 14/2264

Einstellung des Bundeswehreinsatzes in Ost-Timor

Vom 1. Dezember 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2264
14. Wahlperiode 01. 12. 99

Antrag
der Abgeordneten Carsten Hübner, Heidi Lippmann, Fred Gebhardt,
Wolfgang Gehrcke-Reymann, Uwe Hiksch, Manfred Müller (Berlin),
Dr. Winfried Wolf und der Fraktion der PDS

Einstellung des Bundeswehreinsatzes in Ost-Timor

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Einsatz eines luftgestützen Sanitätskontingents der Bundeswehr (ME-
DEVAC) im Rahmen der INTERFET-Mission hat sich aufgrund der umfassen-
den medizinischen Versorgung der in Ost-Timor eingesetzten internationalen
Streitkräfte als überflüssig und unverhältnismäßig erwiesen. Lediglich 39 Ver-
wundete und Kranke wurden im Rahmen von MEDEVAC bis zum 11. Novem-
ber 1999 aus Ost-Timor ausgeflogen. Vor dem Hintergrund der inzwischen sta-
bilisierten Sicherheitslage auf Ost-Timor steht auch nicht zu erwarten, dass
zukünftig ein Bedarf am MEDEVAC-Kontingent besteht. Stattdessen ist offen-
sichtlich geworden, dass die zum Transport von insgesamt 39 erkrankten bzw.
verwundeten Personen benötigten Kapazitäten erheblich kostengünstiger auch
von zivilen regionalen Kräften hätten bereitgestellt werden können.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. den MEDEVAC-Einsatz der Bundeswehr unverzüglich zu beenden,

2. die für den MEDEVAC-Einsatz bis zum 31. März 2000 eingeplanten und
noch nicht ausgeschöpften Mittel dem Bundesministerium für wirtschaftli-
che Zusammenarbeit und Entwicklung zur Verfügung zu stellen, um damit
dringend notwendige Maßnahmen in den Bereichen Wasserversorgung und
Abwasser, flächendeckende medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung
und Wiederaufbau der Infrastruktur zu unterstützen.

Berlin, den 30. November 1999

Carsten Hübner
Heidi Lippmann
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Uwe Hiksch
Manfred Müller (Berlin)
Dr. Winfried Wolf
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 14/2264 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung

Bei der Diskussion um den Antrag der Bundesregierung vom 6. Oktober 1999
(Drucksache 14/1719), ein luftgestütztes Sanitätskontingent der Bundeswehr
im Rahmen der INTERFET-Mission nach Darwin/Australien bzw. Ost-Timor
zu entsenden, gab es erhebliche Zweifel an der fachlichen Notwendigkeit des
Bundeswehreinsatzes. Bereits zu diesem Zeitpunkt konnte die medizinische
Versorgung der eingesetzten Streitkräfte als gesichert gelten. Bereits zu diesem
Zeitpunkt verfügten die INTERFET-Streitkräfte aufgrund ihrer Stationierungs-
und Versorgungsaktivitäten über erhebliche luftgestützte Transportkapazitäten,
die nicht zuletzt auch für den Personentransport eingesetzt wurden und noch
immer werden. Auch vor Ort tätige Vertreter der UNO und des Internationalen
Roten Kreuzes haben auf diese Situation hingewiesen und deutlich gemacht,
dass auf Ost-Timor kein Bedarf an weiteren militärischen Sanitätskontingenten,
sondern dringender Bedarf in den zivilen Bereichen Wasser/Abwasser, Infra-
struktur und der flächendeckenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung
besteht.

Die Erfahrungen des ersten Einsatzmonats bestätigen diese Einschätzungen.
Bis zum 11. November 1999 wurden nur 39 Personen in acht Einsätzen aus
Ost-Timor im Rahmen der MEDEVAC ausgeflogen, ausnahmslos verletzte
bzw. erkrankte Soldatinnen und Soldaten sowie Zivilangehörige der INTER-
FET-Mission. Pro Person bedeutet dies bei geschätzten monatlichen Gesamt-
kosten für das Bundeswehrkontingent von ca. 5,1 Mio. DM einen Kostenauf-
wand von rund 130 000 DM. Dabei sind die kalkulierten einmaligen
Stationierungskosten von rund 3 Mio. DM noch nicht berücksichtigt. Für die
Flugstrecke Darwin–Ost-Timor und zurück erscheinen diese Kosten, selbst
unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen beim Transport er-
krankter und verletzter Personen, als völlig unangemessen. Auch die Einschät-
zung des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Verteidi-
gung, Walter Kolbow, der in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom
10. November 1999 zudem „eine positive psychologische Wirkung auf die Sol-
daten der INTERFET-Truppe“ aufgrund der eingesetzten Flugzeuge ausge-
macht hat, rechtfertigt diesen Kostenaufwand nicht.

Es ist deshalb zu kritisieren, dass nicht erheblich kostengünstiger arbeitende zi-
vile regionale Kräfte, sondern Bundeswehreinheiten zur Erbringung der erfor-
derlichen medizinischen Dienstleistungskontingente eingesetzt wurden. Wobei
zudem festzustellen ist, dass der Einsatz des Sanitätskontingents der ost-timore-
sischen Zivilbevölkerung bisher nicht zugute gekommen ist, obwohl im Antrag
der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag vom 6. Oktober 1999
(Drucksache 14/1719) als Zielsetzung des Einsatzes u. a. die Unterstützung
„humanitärer Hilfsmaßnahmen im Rahmen vorhandener Fähigkeiten“ angege-
ben wurde.

Aufgrund dieser Bilanz und vor dem Hintergrund, dass auf Ost-Timor derzeit
ein erheblicher Finanzbedarf zum Wiederaufbau des zivilen Sektors besteht, er-
scheint es dringend geboten, den überflüssigen Einsatz des Bundeswehr-Sani-
tätskontingents unverzüglich einzustellen und die dafür bereits bewilligten Mit-
tel zur Steigerung des deutschen Anteils an den zivilen Aktivitäten der UNO in
Ost-Timor umzuwidmen.

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