BT-Drucksache 14/2262

Für eine sozial, finanziell und ökologisch nachhaltige Bundesverkehrswegeplanung

Vom 1. Dezember 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2262
14. Wahlperiode 01. 12. 99

Antrag
der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Christine Ostrowski, Carsten Hübner,
Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS

Für eine sozial, finanziell und ökologisch nachhaltige Bundesverkehrs-
wegeplanung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Ein neuer Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ist wegen Fristablaufs des
BVWP 92 überfällig.

Die Geltungsdauer der Bundesverkehrswege-Bedarfsplanung ist um Jahre
überschritten. Gemäß §§ 4 und 5 des Fernstraßenausbaugesetzes sind Fünf-
jahrespläne für eine dem Bedarf gerechte Ausbauplanung aufzustellen. Das
Gesetz verpflichtet die Bundesregierung, nach Ablauf einer Fünfjahresfrist
den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen der aktuellen Entwicklung anzu-
passen. Eine dementsprechende zeitliche Verpflichtung ist auch in den Rege-
lungen zum Ausbau der Bundesschienenwege vorgesehen worden. Es wurde
zunächst ein Dreijahresplan für den Zeitraum 1995 bis 1997 vorgesehen mit
der Festlegung, anschließend Fünfjahrespläne im Rhythmus der Fernstra-
ßenausbauplanung aufzustellen.

2. Der Bundesverkehrswegeplan 1992 (BVWP 92) genügt nicht dem Infra-
strukturerhalt.

Den „Vorrang der Schiene“ oder ein „ausgewogenes Miteinander von
Schiene und Straße“ haben Abgeordnete aller im Deutschen Bundestag ver-
tretenen Parteien gefordert. Tatsächlich sind im Bundesverkehrswegeplan
1992 Steigerungen des Schienenpersonenverkehrs und des Schienengüter-
verkehrs vorgesehen. In Wirklichkeit stagniert der Personenverkehr auf der
Schiene und der Güterverkehr auf der Schiene verbucht massive Einbrüche.
Gleichzeitig kam es im Straßengüterverkehr und im Luftverkehr zu massi-
ven Verkehrssteigerungen, die über dem „Plan“ liegen. Dem entspricht die
Entwicklung der Verkehrswege: Das Netz der überörtlichen Straßen ist im
Zeitraum von 1991 bis 1996 um rund 4 800 Kilometer gewachsen. Stillle-
gung oder Rückbau sind hier nicht bekannt. Im gleichen Zeitraum aber wur-
den 2 258 Kilometer Schienenstrecken stillgelegt, und in den Jahren 1997
und 1998 kam die Stilllegungsgenehmigung für weitere 1 112 Kilometer
Eisenbahnstrecken hinzu. Als Schienenneubaustrecken wurden von 1990 bis
1998 rund 700 Kilometer in Betrieb genommen. Allerdings sind nahezu
zwei Drittel dessen (447 Kilometer) Schnellfahrstrecken. Sie dienen mehr

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dem Fernverkehr und bringen trotz hoher Investitionskosten für den Verkehr
in und zwischen den Regionen nur wenige Trassen mit Ausweitungen des
Angebots, aber keinerlei Erschließung der Fläche. Hingegen bedeuten die
vielen stillgelegten und stilllegungsbedrohten Schienenstrecken mindestens
ein Drittel mehr Zugangspunkte zum Eisenbahnnetz, mit denen der Eisen-
bahnverkehr bundesweit deutlich mehr Verbindungen gewährleisten kann –
weit mehr Verbindungen als entlang der wenigen Schnellfahrstrecken, die
mit wenigen Zughalten nur wenig Zugangsmöglichkeiten zum Bahnnetz
bieten.

3. Der BVWP 92 genügt nicht dem Erkenntnisstand.

Der BVWP 92 bewirkt zusätzliche Straßenkapazitäten, obwohl bereits das
bestehende Gesamtsystem Straße einen mannigfachen immanenten Korrek-
turbedarf hat. Trotz aller technischen Reduktionsmaßnahmen und trotz aller
Gewinne an fahrzeugspezifischer Effizienz während der 90er Jahre bedeutet
Straßenverkehr weiterhin erhebliche Folgekosten, Schadstoffbelastungen,
Lärmbelästigungen, den unter allen Verkehrsträgern größten Energiebedarf,
Schäden an Wäldern und Gebäudesubstanz, Flächenverbrauch, Bodenver-
siegelung, Landschaftsveränderung und vor allem auch erhebliche Risiken
für Leib und Leben. Die Nutzen-Kosten-Analyse, die derzeit über die Ein-
stufung der Bundesfernstraßenprojekte entscheidet, ermittelt mit den Bewer-
tungsziffern keine schlüssigen Resultate. Die Auswahl der Projekte ist in der
Vergangenheit nicht genügend von Netzbetrachtungen oder von verkehrsträ-
gerübergreifenden Planungen ausgegangen. In den einzelnen Projektdarstel-
lungen der Bedarfsplanung ist die raumordnende Komponente überhaupt
nicht nachvollziehbar. Die Bewertung von Rückkopplungseffekten auf be-
stehende Wirtschaftsgefüge, auf andere Verkehrsarten, auf bestehende Bau-
und Siedlungsstrukturen oder auf die Induktion von zusätzlichem Verkehr ist
nicht ersichtlich. Insbesondere die fehlende Bewertung von verkehrsbeding-
ten Schäden an örtlicher Bausubstanz erweist sich als folgenschwerer Man-
gel. Nachdem die Bundesregierung die Ressorts Bauen/Wohnen und Ver-
kehr zusammengelegt hat, sollte sie auch einen integrierten Ansatz verfolgen
und die Rückwirkungen des Verkehrs auf Menschen, Städte und Siedlungen
berücksichtigen. Durch massive, aber oft nur abschnittsweise vorgenom-
mene Fernstraßenausbauten sind vielerorts Engpässe entstanden. Ein neuer
Bundesverkehrswegeplan muss geeignet sein, diese Engpässe in integrierter
Bewertung von Verkehrsfolgewirkungen zu beseitigen.

4. Der BVWP 92 genügt nicht dem Verkehrswegeerhalt.

Die kommenden Jahre werden einen steigenden Bedarf an Ersatz- und Er-
haltungsinvestitionen bringen. Dies ergibt sich allein schon aus der Alters-
struktur der vorhandenen Vielzahl an Verkehrsbauten. Die Folge unterlasse-
ner Instandhaltung zeigt sich nicht zuletzt in den Eisenbahn-Strecken-
stilllegungen aus technischen Gründen. Insbesondere aber verursacht der
stetig zunehmende Schwerlastverkehr auf den Straßen erhebliche Schäden:
Bereits ein einziger 40-Tonnen-Lkw belastet den Straßenoberbau ebenso
stark wie 100 000 Pkw. Die Erweiterung der zulässigen Achslasten auf 11,5
(bisher 10) Tonnen wird Fahrbahnschäden nochmals steigern. Ein weiteres
Problem im Bereich der Erhaltungsinvestitionen sind die zahlreich vorhan-
denen Bauwerke aus Spannbeton, deren Konstruktionsweise in der Fachwelt
umstritten ist. Dies wird deutlich an der in den 80er Jahren erbauten Bahn-
strecke Würzburg–Fulda, bei der bereits jetzt umfangreiche Sanierungen
vorgenommen werden müssen.

Im Bereich der Bundesfernstraßen ist allein zum Erhalt von Brücken ein
jährlicher Finanzbedarf von rund 500 Mio. DM vonnöten.

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Eine zeitgemäße Verkehrswegeplanung muss daher die Bestandssicherung
beinhalten. Infrastruktursicherung ist Gemeinwohlverpflichtung des Bun-
des. Deshalb ist es das wichtigste Gebot, in den Erhalt der Flächenerschlie-
ßung durch die Eisenbahn zu investieren. Das jetzige System der Trassen-
preise gewährleistet in keiner Weise den Erhalt der Flächenerschließung. Es
müssen Kriterien aufgestellt werden, damit die Erlöse aus den Trassenprei-
sen und aus dem Stations- und Servicebereich der Bahn für eine solche Ver-
kehrspolitik eingesetzt werden. Inwieweit hier mit der Neufassung der Bun-
desverkehrswegeplanung Finanzen akquiriert werden können, bedarf der
näheren Untersuchung.

5. Das Verkehrswege-Investitionsprogramm 1999 bis 2002 genügt nicht den
Anforderungen, die an einen neuen Bundesverkehrswegeplan zu stellen
sind.

Das Anfang November 1999 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen vorgelegte Verkehrswege-Investitionsprogramm übernimmt
im Wesentlichen rund 1000 Projekte aus dem Bundesfernstraßen- und dem
Schienenwegeausbauprogramm, denen wiederum der Bundesverkehrswege-
plan 1992 zugrunde liegt. Es stellt eine Reihe von umstrittenen Bauprojekten
nicht sofort auf den Prüfstand, sondern verschiebt die erforderlichen Über-
prüfungen bis an das Ende dieser oder bis in die nächste Wahlperiode. Ein
aufgrund überarbeiteter Projektbewertungsverfahren neu aufgestellter Bun-
desverkehrswegeplan und die daraus abzuleitenden gesetzlichen Regelungen
für den Straßen- und Schienenwegeausbau sind von der Bundesregierung erst
ab Ende des Jahres 2002 zu erwarten. Bis dahin würden weiterhin Verkehrs-
bauprojekte realisiert, die bei Anwendung zeitgemäßer Bewertungsverfahren
nicht mehr zur Realisierung kämen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend einen neuen Bundesverkehrswegeplan aufzustellen, der die nachste-
henden Maßgaben berücksichtigt:

1. Bewertungsverfahren

1.1 Umweltpolitische Kriterien

Ökologische und verkehrswissenschaftliche Bewertungen sind neu in Ein-
klang zu bringen. Deshalb sind insbesondere Maßnahmen zum Vermeiden
bzw. zum Ausgleich von Bodenversiegelung, Kohlendioxid-Emission, Flä-
chenverbrauch, Gefahrenpotenzialen, induziertem Verkehr, induzierten Fol-
geausbauten, Lärmentwicklung, Nachteilen für andere Verkehrsarten, Land-
schaftsveränderung und Zersiedlung exakt zu benennen und zu bewerten.
Der notwendige Rahmen, in dem der Bedarf von einzelnen Verkehrswege-
planungen untersucht werden kann, ist die präzise Begründung von detail-
lierten Projektvorgaben, die den umweltpolischen Zielen dienen, z. B.:

a) die Minderung von Umweltkosten (externer Kosten) von Transport und
Verkehr,

b) der vordringliche Erhalt und die Nutzung der Infrastruktur des Schie-
nennetzes,

c) die Bewahrung von Bausubstanz, Gebäude- und Siedlungsstrukturen
und

d) die Stärkung des Umweltverbundes (Fußgänger, Fahrrad, Schiene,
ÖPNV).

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Bei der Bewertung von schadensmindernden Verkehrsausbaumaßnahmen,
insbesondere zum Erhalt von Bausubstanz, sind Planungen von Ortsumge-
hungen so zu gestalten, dass weder zusätzlicher Verkehr induziert noch eine
stärkere Nutzung von Ortsdurchfahrten (so genannte Schleichwege) bewirkt
werden.

1.2 Verkehrswissenschaftliche Kriterien

Weder möglichst viele gefahrene Kilometer noch möglichst hohe Fahrge-
schwindigkeiten sind zeitgemäße Ansatzpunkte der Verkehrswegeplanung,
sondern einzig die Maßgabe, mit möglichst wenig Aufwand den Verkehrs-
bedarf zu decken. Verkehr sollte möglichst vermieden oder verlagert, Wege
sollten verkürzt werden: Jeder Weg, der nicht zurückgelegt werden muss
oder der verkürzt werden kann, ist Ansatz für eine gute Verkehrspolitik.
Flugverkehr, der auf die Schiene oder Autoverkehr, der auf nichtmotorisier-
ten Verkehr verlegt werden kann, entspricht dem Vorrang der Schiene bzw.
der Stärkung des Umweltverbundes. Deshalb ist das Hauptkriterium einer
Projektbewertung der Verkehrswegebedarfsplanung die präzise, verständli-
che, für Dritte nachvollziehbare Beschreibung der Probleme und ihrer Lö-
sung. Dabei sind zu berücksichtigen:

a) die differenzierte mehrdimensionale Analyse der örtlichen Verkehrs-
potenziale,

b) das Bewirken besserer Erreichbarkeit in definierten Nahbereichen, un-
mittel- und mittelbar,

c) das Beseitigen und Regulieren von Schäden und Folgewirkungen des
Verkehrs,

d) die Erarbeitung und Darstellung kostengünstiger Lösungsvarianten und

e) die Stärkung regionaler Beschäftigungsstrukturen.

Bei der Untersuchung von Verkehrspotenzialen und Erreichbarkeitsverbes-
serungen sind Schienen-, Straßen-, Orts-, Quell-/Ziel-, Durchgangs-, Nah-
und Fernverkehr hinsichtlich Wirtschafts-, Berufs-, Ausbildungs-, Einkaufs-
und Freizeitverkehr quantitativ zu bewerten. In zunehmendem Maße sind
die verschiedenen Varianten des Freizeitverkehrs zu berücksichtigen, denn
touristische Ziele können mit neuen Verkehrswegen nicht nur erreicht, son-
dern auch erheblich beeinträchtigt werden. Zerschnittene, verlärmte und an-
derweitig gestörte Erholungsgebiete verlieren an Aufenthaltsqualität und in-
duzieren in aller Regel weiteren Freizeitverkehr. Demgegenüber ist die
Schienenanbindung solcher Gebiete oft schlecht. Die Planungspriorität soll
hier helfen, verlorene Nähe zurückzugewinnen.

2. Vorgaben für Schiene und Straße

Es ist ein qualifiziertes Auslaufen der bisherigen Bundesverkehrswegepla-
nung zu gewährleisten. Inwieweit noch nicht begonnene oder in Teilen be-
gonnene Projekte bis zu möglichen Anschlussstellen weitergeführt werden
sollen, bedarf besonderer Untersuchungen und genauer Übergangsregelun-
gen. Dabei ist zu prüfen, wie weit frei werdende Investitionsmittel, ggf. in
Teilen, in Programme für Erhaltungsinvestitionen und insbesondere für die
flächenerschließende Wiederherstellung des Eisenbahnnetzes einzusetzen
sind. Diese Programme müssen geeignet sein, auch den lokalen Eisenbahn-
unternehmen, den potentiellen Gleisanschließern, den Anbietern von Eisen-
bahn-Transportleistungen sowie den Bestellern von Verkehrsleistungen
Einfluss- und Gestaltungsspielräume zu eröffnen, z. B. hinsichtlich Strecken-
ertüchtigung, Einrichtung zusätzlicher Haltepunkte, anderer zusätzlicher Er-
schließungsmaßnahmen, Elektrifizierung oder gemischten Verkehren.

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3. Vorgaben für den Ausbau von Wasserstraßen

In der Wasserstraßen-Verkehrspolitik gilt es künftig wieder, die Schiffe den
Flüssen anzupassen statt umgekehrt. Der Trend der Binnenschifffahrt zu im-
mer größeren Schiffen (1 350 Tonnen und mehr) erfordert erheblichen In-
vestitionsaufwand. Dieses Finanzvolumen ist nicht akzeptabel. Darüber hin-
aus werden damit viele Arbeitsplätze auf kleinen Binnenschiffen
(Partikuliere) zerstört.

4. Vorgaben für den Flugverkehr

Angesichts der besonders schädlichen Umweltauswirkungen des Flugver-
kehrs gilt auch hier das Primärziel der Verkehrsvermeidung. Eine weitere
extensive und das Reiseverhalten prägende Expansion widerspricht dem
Ziel einer nachhaltigen sozialen und umweltfreundlichen Verkehrsentwick-
lung. Weil der Eisenbahnverkehr allmählich zwar Inlandspotenziale des
Flugverkehrs übernimmt, die frei werdenden Start- und Landekapazitäten
aber verstärkt für internationale Flüge und für vermehrte Inlandsflüge über
längere Distanzen nutzbar gemacht werden, sind Flughafen- oder Luftver-
kehrskonzepte so in den Rahmen der Planung von Bundesverkehrswegen zu
integrieren, dass Flugbewegungen reduziert, auf die Schiene verlagert oder
vermieden werden. Die Tendenz, den Großflugverkehr zu entlasten, ist zu
überwinden.

5. Vorgaben für den nichtmotorisierten Verkehr

Ein Schattendasein in der Bundesverkehrswegeplanung führte bisher der
nichtmotorisierte Verkehr. Innerorts von je her spielt er seit Beginn der Re-
naissance des Fahrrads auch überorts eine nicht mehr zu vernachlässigende
Rolle.

Bei künftigen Verkehrswegeplanungen ist deshalb Wert darauf zu legen,
dass die Bedingungen des nichtmotorisierten Verkehrs nicht verschlechtert,
sondern verbessert werden. Dabei dürfen dann auch Zufußgehen oder Inline-
Skating auf ortsverbindenden Straßen nicht länger ein Risiko für die körper-
liche Unversehrtheit sein.

6. Vorgaben für Verkehrsprojekte Deutsche Einheit

Durch die innerdeutsche Grenzziehung wurde in den Jahren nach dem Zwei-
ten Weltkrieg das Eisenbahnnetz an insgesamt 55 Stellen zwischen den da-
maligen Westzonen und der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. zwi-
schen den damaligen beiden deutschen Staaten unterbrochen. Rund um
Westberlin wurde in den 50er Jahren und 1961 das Bahnnetz an insgesamt
16 Stellen unterbrochen, wovon elf S-Bahnstrecken und zehn sonstige Bahn-
strecken betroffen waren, abgesehen von einer Reihe attraktiver Straßen-
bahnverbindungen. Bis heute, zehn Jahre nach der Maueröffnung, sind da-
von lediglich sechs innerdeutsche Bahnstrecken und im Berliner Raum acht
S-Bahnstrecken sowie eine zusätzliche Fernbahnstrecke wiederhergestellt
worden. Dutzende weiterer wichtiger Ost-West-Verbindungen warten noch
immer auf ihre Wiederherstellung.

Die bisherigen Projekte Deutsche Einheit (VDE) sind, auch bedingt durch
den technischen Wandel der Eisenbahntechnik, auf ihre Zweckmäßigkeit hin
zu prüfen. Bereits heute stellt die Einführung von Neigetechnikzügen, auch
für ICE-Verbindungen, eine Reihe von teuren Trassenausbauten für den
Hochgeschwindigkeitsverkehr infrage. Gegebenenfalls ist ein neu zu benen-
nendes Programm aufzustellen, das speziell die Wiederherstellung von noch
immer unterbrochenen und die Fläche erschließenden Verbindungen zwi-
schen den Bundesländern und zu den Nachbarstaaten gewährleistet.

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7. Vorgaben für Folgegesetze

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Überarbeitung der
Regelwerke für den Verkehrswegebau in Gang zu setzen, um einen mit den
Zielen des neuen BVWP konformen Ausbau der Verkehrswege zu ermögli-
chen. Insbesondere die Förderkriterien des Gemeindeverkehrsfinanzierungs-
gesetzes bedürfen einer Überprüfung, um gemäß der o. g. Kriterien in Krei-
sen, Städten und Gemeinden die Verkehrsverhältnisse künftig nachhaltiger
zu verbessern.

Im technischen Bereich ist einerseits das in den Richtlinien für den Straßen-
bau festgehaltene System von Fahrbahnbreiten den künftigen Aufgabenstel-
lungen gemäß zu überarbeiten. Andererseits sind die Bau- und Betriebs-
vorschriften bei der Eisenbahn dahin gehend zu entwickeln, dass ein
ausreichend differenziertes Regelwerk vorliegt, das dem jeweils spezifi-
schen Bedarf auf Strecken unterschiedlicher Kategorien entspricht.

Berlin, den 1. Dezember 1999

Dr. Winfried Wolf
Christine Ostrowski
Carsten Hübner
Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

I. Allgemein

Wasserleitungen im Haushalt sind bekanntlich nicht dafür gedacht, möglichst
große Mengen an Wasser durchzuleiten, sondern dazu, eine weitgehend kon-
stante Zahl von Wasch-, Spül- und Kochvorgängen zu ermöglichen. So gesehen
sollten auch Verkehrswege nicht dazu da sein, größtmögliche Verkehrsmengen
zu bewältigen, sondern als Leitungssystem für die Gewährleistung von Mobili-
tät, die sich kaum verändert hat. Seit mehr als hundert Jahren ist nämlich in
allen untersuchten Ländern nicht nur die von den Menschen im Verkehr ver-
brachte Zeit annähernd gleichgeblieben. Auch die Zahl der Zielbewegungen
pro Person und Jahr liegt praktisch unverändert bei dem runden Wert von etwa
tausend, wobei die einzelnen Wege zur Befriedigung der unterschiedlichen
Mobilitätsbedürfnisse als Zielbewegungen definiert sind. Verändert haben sich
allenthalben die zurückgelegten Weglängen zur Befriedigung jedes einzelnen
Mobilitätsbedürfnisses und die entwickelten Geschwindigkeiten. So wurde in-
dividuell letztlich nur „Entfernung“ gewonnen. Eine nicht unähnliche Entwick-
lung zeigt sich im gewerblichen Verkehr. Hier haben allerdings die höheren Ge-
schwindigkeiten durch neue oder ausgebaute Verkehrssysteme nicht nur zum
„Entfernungs-Gewinn“ geführt. Durch verkürzte Umlaufzeiten von Fahrzeugen
und durch die immer intensivere Nutzung von Personal werden gesteigerte ein-
zelbetriebliche Erlöse erzielt, denen allerdings ein Milliardenaufwand an Steu-
ergeld gegenübersteht. Die Absicht der früheren Bundesregierung, die Erarbei-
tung eines neuen Bundesverkehrswegeplans ständig zu verschieben, ist deshalb
inakzeptabel und sollte von der neuen Bundesregierung nicht übernommen
werden. Dies gilt umso mehr, als der BVWP 92 im unmittelbaren Umfeld der
deutschen Einheit entstand. Vieles war im Fluss, doch vieles lief aus dem Ruder

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und kann weiter aus dem Ruder laufen, wenn nur die Geltungsdauer von Geset-
zen verlängert wird.

Dass die Entwicklung der Schiene nicht dem Infrastrukturerhalt gerecht wird,
zeigt die Entwicklung des Erschließungsnetzes im Zeitraum 1991 bis 1998 in
prägnanter Weise: Lediglich 252 neue Strecken-Kilometer (145 Kilometer
S-Bahn und 107 Kilometer regionale Eisenbahnen) stehen den abgebauten
3 370 Kilometern gegenüber. Die Fachliteratur (Hüsing, Martin: Die Flächen-
bahn als verkehrspolitische Alternative, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt,
Energie, 1999) verweist für diesen Sachzusammenhang auf den Auftrag des
Grundgesetzes zum Infrastrukturerhalt (Artikel 87e, i. d. F. vom 3. November
1995). Der fehlende Einfluss von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen
auf die Netzgestaltung wird als gravierend, der Handlungsbedarf als akut be-
zeichnet. Ein Beispiel mag das drastische Gegeneinander von Streckenabbau
und heutigem Neubau veranschaulichen: Im Korridor der Neubaustrecke Nürn-
berg–Ingolstadt, d. h. im Naturpark Altmühltal, gab es einst 175 Kilometer
Bahnstrecke mit zusammen 62 Stationen. Nach Stilllegung all dieser Strecken
soll für rund 3,8 Mrd. DM eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürn-
berg und München gebaut werden. Sie wird durch die geplante Darlehensfinan-
zierung letztlich sogar 9,3 Mrd. DM kosten, zwar die gleiche Streckenlänge ha-
ben, aber ohne Stationen keinerlei Erschließung bei erheblicher Zerschneidung
der Landschaft bewirken.

Der Stand der Verkehrsprognostik heute ist vergleichbar mit dem Stand der
Energieprognosen Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre. Die heutige Energie-
politik hat die Notwendigkeit des sparsamen Umgangs mit Energie erkannt.
Insbesondere der Umgang mit den nicht erneuerbaren Rohstoffen wird disku-
tiert, so dass hier heute andere Ziele gelten als die eindimensionale Steigerung
des Energieverbrauchs. Indessen ist die Verkehrswende überfällig. In der Ver-
kehrspolitik existiert noch immer das Primat des „Mehr, Schneller und Weiter“.
Und noch immer gelten Verkehrsmengenbetrachtungen und Steigerungen des
Verkehrsaufwands als erstrebenswerte Zielvorgaben oder gar als Wohlstandsin-
dikatoren. Dagegen sind heute Betrachtungsweisen gefordert, die von mit ge-
ringem Aufwand zu erreichenden Zielsetzungen ausgehen. Ein erster Schritt
dazu war die vorübergehende Einführung der Kategorie Transportintensität in
die Statistik des Bundesministeriums für Verkehr (Verkehr in Zahlen, BMV
1994). Die Verhältniswerte von Verkehrsleistungen und produzierten Warenein-
heiten zeigen die Effizienzentwicklung nach Branchen. Regional gegliederte
Vergleiche von Verkehrsleistungen und Wertschöpfung helfen auch im Bereich
des Personenverkehrs, Entwicklungen zu veranschaulichen.

Eine spezielles Erhaltungsproblem stellt sich bei Spannbetonbrücken, die – vor
allem im so genannten Takt-Schiebe-Verfahren – die bevorzugte Bauweise bei
Brückenbauwerken sind. In der 13. Legislaturperiode bestätigte die Bundesre-
gierung, dass die Kalkulation der Lebensdauer von rund 70 Jahren für solche
Brückenkonstruktionen nicht haltbar ist. Viele Brücken müssen schon nach
kurzer Zeit saniert werden, oft mit höheren Kosten als der Bau selbst. Von den
Anfang der 80er Jahre neugebauten Spannbetonbrücken hatte nach einer Statis-
tik der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) mindestens jede zehnte Risse
in zweifelsfrei nicht tolerabler Breite von über 0,2 Millimetern, teils sogar über
0,5 Millimetern. Mindestens jede weitere fünfte Brücke weist Risse bis 0,2 Mil-
limeter Breite auf. Von den 1 221 Spannbetonbrücken im Bereich der Deut-
schen Bahn AG wird amtlich jede fünfte als sanierungsbedürftig eingestuft,
rund ein Dutzend Brücken fällt in die Zustandsnote C (dringende Maßnahmen
erforderlich zur Wahrung der Sicherheit).

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II. Zum Bewertungsverfahren

Zu Nummer 1.1 (BVWP – Umweltpolitische Bewertungskriterien)

Ausarbeitungen des Umweltbundesamtes und des wissenschaftlichen Beirates
beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zur Entwick-
lung und Anwendung überzeugender umweltpolitischer Bewertungskriterien
liegen vor. Sie sehen vor, den ökologischen Kriterien Vorrang vor Wirtschaft-
lichkeitsberechnungen zu geben. Es müssen Ziele definiert werden; dabei ge-
hört das Betrachten von Netzwirkungen und langfristigen Risiken neu in die
Planung von Verkehrswegen.

Zu Nummer 1.2 (BVWP – Verkehrswissenschaftliche Bewertungskriterien)

Dass die Wissenschaft sich bereits der Fragwürdigkeit des derzeitig angewen-
deten Projektbewertungsverfahrens der Bundesverkehrswegeplanung ange-
nommen hat, belegt ein Schreiben zur Problematik des induzierten Verkehrs
und des Gesetzes der konstanten Reisezeit, das den Mitgliedern im Verkehrs-
ausschuss des Deutschen Bundestages im Herbst 1998 zugeleitet worden ist.
Die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Bewertung für die Projekte der bestehenden
Bundesverkehrswegeplanung werden von Prof. Haefner (Institut für Informatik
und Verkehr, Universität Bremen) als aus der Luft gegriffen und empirisch
nicht belegbar bezeichnet. Er unterstellt dem Bewertungsverfahren sogar syste-
matische und grundsätzliche Berechnungsfehler. Und er bemerkt ferner, dass
die Bevölkerung in der Frage des Straßenausbaus in zwei gleichstarke Lager
gespalten ist.

Zwar liegt noch kein ausgearbeitetes neues Konzept zur Ermittlung des Nutzen-
Kosten-Faktors vor. Es ist jedoch zu befürchten, dass die meisten mit hohen
Nutzen-Kosten-Faktoren bewerteten Projekte des Straßenbaus sich als hoff-
nungslose Steuergeldverschwendung erweisen werden.

Zu Nummer 2 (Straße und Schiene)

Welch gravierende Auswirkungen das Unterlassen von rechtzeitiger Instandhal-
tung haben kann, zeigt sich deutlich in den Auseinandersetzungen um die
Neufassung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes, das vielen Gebietskörperschaf-
ten nicht tragbare Lasten aufgebürdet hat. Für reine Erhaltungsmaßnahmen an
Bundesfernstraßen beziffert der „Zweite Bericht zu Schäden an Bundesver-
kehrswegen“ aus dem Jahr 1996 die jährlichen Kosten auf mindestens 2,5 Mrd.
DM und an den Bundeswasserstraßen auf zusätzliche 1,35 Mrd. DM. Der Be-
richt stellt weiter fest: „Dies kann zu schweren Störungen im Verkehrsablauf,
Beeinträchtigungen der Wirtschaft, zu Nachteilen für den Wirtschaftsstandort
Deutschland und zu erheblichen finanziellen Belastungen des Bundes führen.
Diese Aufgabe wird durch die Entwicklung des Verkehrs, des Alters des Anla-
gebestandes und der Umweltbelastung künftig immer mehr an Bedeutung ge-
winnen.“

Zu Nummer 3 (Wasserstraßen)

Strittige Projekte im Bereich der Wasserstraßen sind u. a. der Donauausbau
zwischen Straubing und Vilshofen, der Ausbau von Mittellandkanal und Havel
sowie das Emssperrwerk. Die Wasserstraßen sind anerkanntermaßen der Ver-
kehrszweig mit der niedrigsten Kostendeckung, d. h. die am höchsten
subventionierte Transportart – womit die grundsätzliche Umweltverträglichkeit
dieser Verkehrsart nicht infrage gestellt wird. Bereits heute sind gemessen an
den im tatsächlichen Transport Beschäftigten unverhältnismäßig viele Personen
in der Verwaltung der Wasserstraßen beschäftigt. Demgegenüber würden durch
Stärkung der Partikuliere bei kleineren, angepassten Schiffen mehr Arbeits-
plätze geschaffen. Etwas verteuerten Transportvorgängen stünden erhebliche
Einsparungen bei Unterhalt und Folgeschäden gegenüber. Zudem würde die Er-

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reichbarkeit auf dem Wasserstraßennetz verbessert, könnten weniger breite und
tiefe Gewässer genutzt werden. Die geringe Netzdichte der Wasserstraßen be-
mängelt übrigens auch das Binnenschiffsgewerbe.

Zu Nummer 4 (Flugverkehr)

Die offenbar uneingeschränkte Unterstützung der Bundesregierung, für die
deutschen Flughafenunternehmungen in ihrer Aufgabe, dem internationalen
und dem deutschen Luftverkehrsmarkt ein ständig expandierendes Leistungs-
angebot bereitzustellen (Drucksache 14/1047), ist aus sozialen, gesundheitspo-
litischen und ökologischen Gründen fragwürdig. Für die nächsten zehn Jahre ist
bei Fortsetzung dieser Politik mit einer Verdoppelung des Flugverkehrs zu
rechnen. Eine Belastung stellt dabei der Fluglärm dar, eine andere der Ausstoß
an Schadstoffen. Bei vergleichbarer Leistung beträgt die Schadstoffbelastung
ein Vielfaches derjenigen des Schienenverkehrs. Bereits jetzt sind Beeinträchti-
gung des Wohlbefindens sowie der Gesundheit zwangsläufig die Folge, und mit
zunehmenden Flugbewegungen und mit dem Ausbau bestehender Flughäfen
wird sich die Situation verschärfen. Deshalb gibt es keine ökologische Anpas-
sung der Luftverkehrsinfrastruktur, es sei denn, man verringert die Flugbewe-
gungen. Überfällig sind gesetzliche Nachtflugverbote, Lärmkataster, Jahresbe-
richte der Flughäfen zur Luftverschmutzung und zur Lärmbelastung.

Insgesamt hat sich bei den Flugpreisen, u.a. durch die Nichtbesteuerung von
Flugtreibstoffen, ein fragwürdiges Niedrigpreisgefüge herausgebildet, beson-
ders auffällig im Last-Minute- oder im Rabatt- und Zugabenbereich. Das Flie-
gen wird für viele immer attraktiver. – Dabei spielt es offenbar kaum noch eine
Rolle, ob von einem Flughafen aus geflogen wird, der Hunderte von Kilome-
tern entfernt liegt. Eben weil der gesteigerte Flugverkehr auch anderen zusätzli-
chen Zubringerverkehr induziert, sind die Flughafenanbindungen genauer zu
untersuchen, denn der Flächen- und Energieverbrauch des Flugverkehrs geht
schon längst weit über den unmittelbaren Flugverkehrsbereich hinaus.

Zu Nummer 5 (Nichtmotorisierter Verkehr)

Der Neu- und Ausbau von Wegen und die Vervielfachung des motorisierten
Verkehrs haben in der Vergangenheit oft zu erheblichen Einschränkungen des
nichtmotorisierten Verkehrs geführt. Querungen von Schnellstraßen sind nicht
selten so angelegt, dass nichtmotorisierte Menschen hier große, so genannte
verlorene Höhenunterschiede und Zeitverluste hinnehmen müssen.

Das derzeit laufende Milliardenprogramm zum Bau von Radwegen an Bundes-
straßen ist nicht nur durch hohe Kosten, sondern auch von zusätzlichem Flä-
chenverbrauch und Bodenversiegelung geprägt. Es ist zu prüfen, in welchen
Bereichen das Ziel der Förderung des Radverkehrs billiger und umweltscho-
nender auf bestehenden Straßenflächen erreicht werden kann. Die künftige Ver-
kehrswegeplanung für den Fahrradverkehr sollte übrigens auch auf Fahrbahn-
beläge achten, deren Rollwiderstand dem der Autofahrbahnen nicht nachsteht.

Zu Nummer 6 (Verkehrsprojekte Deutsche Einheit)

Beispielsweise sei hier die Dömitzer Brücke genannt. Sie würde über die Elbe
hinweg die wichtigen Verbindungen zwischen Ludwigslust und Uelzen sowie
Ludwigslust und Lüneburg mit wichtigen Flächenerschließungen wiederher-
stellen. Als weitere, fehlende, eher punktuelle Verbindung sei hier aber auch die
Karniner Brücke genannt, auch wenn sie nicht im ehemaligen Grenzbereich
beider deutscher Staaten liegt, sondern in Randlage Mecklenburg-Vorpom-
merns, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Polen. Usedom, die berühmte „Bade-
wanne Berlins“, ist wegen dieser fehlenden Verbindung noch immer nur auf
Umwegen zu erreichen. Für einen leistungsfähigen und attraktiven Verkehr von
direkten Reisezügen aus dem Ballungsraum Berlin und anderen südlichen

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Regionen fehlt im Wesentlichen nur diese Brücke über den Peenestrom samt
einem kurzen Stück Bahnstrecke. Die vorgesehene Integration der Eisenbahn in
die neu erbaute Brücke in Wolgast als Verbindung zum Norden der Insel ist
übrigens für schwere Lokomotiven und Reisezüge gar nicht ausgelegt.

Zu Nummer 7 (Folgegesetze)

Die Überarbeitung des Regelwerks für den Verkehrswegebau ist im Fünfjahres-
rhythmus vorgeschrieben. Die frühere Bundesregierung sah diese gesetzliche
Verpflichtung als erfüllt an, wenn sie erklärte, das Gesetz mit den bisherigen
Plandaten fortzuführen. Eine solche Praxis wird den gesetzlichen Anforderun-
gen und dem technischen Wandel nicht gerecht. Sie entspricht nicht den Zielen,
die mit diesen Gesetzeswerken erfüllt werden sollen.

Das geltende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz koppelt unter anderem die
Verteilung der Gelder an die Zahl der im jeweiligen Bundesland zugelassenen
Kraftfahrzeuge. Dieses Verfahren könnte zwar – im Widerspruch zur offiziellen
Verkehrspolitik – insofern eine gewisse Plausibilität beanspruchen, als eine
überdurchschnittlich hohe Dichte an Kraftfahrzeugen Ausdruck eines Missstan-
des im Verkehrswesen ist und somit zu vermuten ist, dass die betreffenden Re-
gionen einen besonders hohen Sanierungsbedarf haben. Jedoch kann bei dem
bestehenden System ein Land offenbar kein Interesse daran haben, für einen
optimalen öffentlichen Personennahverkehr zu sorgen, der es ermöglicht, die
Zahl der Kfz in seinem Bereich zu verringern, da dies unmittelbar finanzielle
Einbußen zur Folge hätte. Dies ist ein maßgeblicher Grund für die Bevorzu-
gung von übereffizienten, teuren U-Bahn-Systemen in vielen Städten.

Die bisher angewandten Regelquerschnitte im Straßenbau sind fast durchweg
völlig überzogen. Viel zu breite Straßen bedeuten nicht nur unnötigen Flächen-
verbrauch und überhöhte Kosten, sie verleiten auch zum zu schnellen Fahren.
Eine drastische Reduzierung der Straßenquerschnitte ist in den meisten Fällen
sogar ohne eine Einschränkung der Durchlassfähigkeit möglich. So können ins-
besondere die Fahrbahnbreiten der Autobahnen ohne weiteres von den derzeiti-
gen 3,75 Metern auf international übliche 3,50 bis 3,25 Meter reduziert werden.
Ebenso ist der Querschnitt der Bundesstraßen auf ein verträgliches und ange-
passtes Maß zu reduzieren. Dies steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der
dringend gebotenen Festlegung eines Tempolimits auf Autobahnen und damit
der Angleichung der deutschen Verkehrspolitik an diejenige aller übrigen euro-
päischen Staaten.

Das derzeitige Regelwerk der Eisenbahnen sieht nur völlig unzureichende Dif-
ferenzierungen für verschiedene Streckenkategorien vor und ist generell von
einer Überbetonung hochwertiger Schnellfahrstrecken sowie von einer in vie-
len Bereichen veralteten Sicherheitstechnik bestimmt. Mit einem differenzier-
ten Regelwerk können der Bau und Betrieb von regionalen Schienenstrecken
gefördert werden.

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