BT-Drucksache 14/2031

Eckpunkte für eine BAföG-Reform

Vom 9. November 1999


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

2031

14. Wahlperiode

09. 11. 99

Antrag

der Abgeordneten Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen), Angelika Volquartz, Thomas
Rachel, Ilse Aigner, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Norbert Hauser (Bonn),
Dr.-Ing. Rainer Jork, Werner Lensing, Erich Maaß (Wilhelmshaven), Dr. Martin
Mayer (Siegertsbrunn), Heinz Schemken, Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke),
Dr. Erika Schuchardt, Bärbel Sothmann, Heinz Wiese (Ehingen), Katherina Reiche
und der Fraktion der CDU/CSU

Eckpunkte für eine BAföG-Reform

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Schon seit einigen Jahren sprechen sich alle Fraktionen des Deutschen Bun-
destages für eine umfassende Reform der Ausbildungsförderung (BAföG-Re-
form) aus. Bereits in der letzten Legislaturperiode wurden die Freibeträge beim
BAföG schrittweise um insgesamt 12 % und die Bedarfssätze um 6 % ange-
hoben. Mit der 20. Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes wurden
in diesem Jahr die BAföG-Freibeträge um weitere 6 % und die BAföG-Be-
darfssätze um 2 % angehoben. Aber auch diese Erhöhung reicht nicht aus, das
Hauptziel einer BAföG-Reform, nämlich eine deutliche Verbesserung der Ge-
fördertenquote, zu erreichen.

Die Bundesregierung hatte im Zusammenhang mit der Verabschiedung der
20. BAföG-Novelle angekündigt, dass sie Ende 1999 ein Reformkonzept vor-
legen wird. Der Bundesfinanzminister hat anlässlich der Vorlage des Haushalts-
entwurfs für das Jahr 2000 dann aber erklärt, dass die Bundesregierung über die
Reform der Ausbildungsförderung im Jahr 2001 im Zusammenhang mit der
nächsten Stufe des Familienleistungsausgleichs entscheiden wird. Da letztere
im Jahr 2002 in Kraft treten soll, spricht alles dafür, dass auch die dringend er-
forderliche BaföG-Reform auf die lange Bank geschoben wird.

II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
(BAföG) so vorzulegen, dass dieser Mitte 2000 (Schul- bzw. Semester-
beginn) in Kraft treten kann. Mit der Novelle soll sichergestellt werden, dass
die BAföG-Gefördertenquote auf mindestens 25 % aller dem Grunde nach Be-
rechtigten angehoben wird. Gesetzgeberisches Ziel muss es sein, dass alle, die
die Voraussetzungen für eine schulische Ausbildung und ein Hochschulstu-
dium erfüllen, unabhängig von ihren sozialen Verhältnissen eine Schule be-
suchen bzw. studieren können.
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Folgende Eckpunkte sind dabei zu berücksichtigen:

1. Bei einer Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen des BAföG wird zukünftig auf
eine Anrechnung des Kindergeldes und gleichartiger Vergünstigungen ver-
zichtet (z. B. Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder
Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung).

2. Die Freibeträge und Bedarfssätze sind auch nach dem Inkrafttreten der No-
velle angemessen zu erhöhen, damit die Ziele des Gesetzes dauerhaft er-
reicht werden.

3. Die rechtlichen Regelungen der Ausbildungsförderung sind im Interesse
der Auszubildenden und eines einfacheren Vollzugs des BAföG zu straf-
fen. Dadurch wird die Akzeptanz des Gesetzes bei Schülern, Studierenden
und Eltern erhöht. So sollten z. B. die Vorschriften bei der Ermittlung des
anzurechnenden Einkommens stärker den Regeln des Einkommensteuer-
rechts angepasst werden.

4. Auszubildende, die im Zusammenhang mit der Kindererziehung eine Ab-
schlussprüfung erstmals nicht bestehen, erhalten für eine angemessene Zeit
weiterhin Ausbildungsförderung in Form eines Zuschusses.

5. Zügiges Studieren und überdurchschnittliche Studienabschlüsse werden
weiter durch den teilweisen Erlass des Darlehens belohnt. Die Erlassbeträge
sind zu erhöhen.

6. Ausbildungsförderung wird bis zu einem monatlichen Betrag von 800 DM
wie bisher hälftig als Darlehen und als Zuschuss geleistet. Eine darüber hin-
ausgehende Förderung erfolgt voll als Zuschuss.

Berlin, den 27. Oktober 1999

Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)
Angelika Volquartz
Thomas Rachel
Ilse Aigner
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Norbert Hauser (Bonn)
Dr.-Ing. Rainer Jork
Werner Lensing
Erich Maaß (Wilhelmshaven)

Begründung

Das bisherige BAföG-System soll im Kern beibehalten werden, da es – dem
Subsidiaritätsprinzip folgend – Personen aus finanziell besser gestellten Fami-
lien von der Inanspruchnahme öffentlicher Gelder ausschließt und alle Auszu-
bildenden unabhängig davon, ob sie eine schulische Ausbildung oder Hoch-
schulausbildung durchführen, prinzipiell gleich behandelt.

Das bisherige BAföG steht im Einklang mit der neuen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, nach der die Familie zugleich eine Erziehungs-
und Wirtschaftsgemeinschaft ist.

Deshalb wollen wir auch den bisherigen Familienleistungsausgleich beibehal-
ten und so die Familie stärken.

Die Zahlung eines Ausbildungsgeldes (Sockelbetrag) direkt an die Studieren-
den als Ersatz für Kindergeld, Kinderfreibetrag und Ausbildungsfreibetrag leh-
nen wir ab, weil

Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Heinz Schemken
Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke)
Dr. Erika Schuchardt
Bärbel Sothmann
Heinz Wiese (Ehingen)
Katherina Reiche
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion
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– es keine hinreichende Begründung dafür gibt, erwachsene Studierende und
andere Auszubildende ungleich zu behandeln,

– das Ausbildungsgeld allein nicht ausreicht, um studierende Kinder von Un-
terhaltsleistungen ihrer Eltern wirtschaftlich unabhängig zumachen,

– unterhaltsleistenden Eltern die Leistungen/Steuervergünstigungen des Fami-
lienleistungsausgleichs direkt zugute kommen müssen und ihnen deshalb
ein Rückrufrecht eingeräumt werden muss,

– Zahlungen des Ausbildungsgeldes nicht von BAföG-Kriterien (z. B. Beste-
hen der Zwischenprüfung) abhängig gemacht werden können, ohne dass
gleichzeitig Unterhaltsansprüche entfallen.

Im Einzelnen bedeutet das:

Um eine deutliche Steigerung der Gefördertenquote auf eine Größenordnung
von mindestens 25 % zu erreichen, sollen bei der Bemessung von BAföG-För-
derleistungen Kindergeld und gleichartige Leistungen zukünftig unberücksich-
tigt bleiben. So wird der Effekt vermieden, dass der Staat mit der einen Hand
gibt und mit der anderen nimmt.

Die Nichtanrechnung von Kindergeld und ähnlichen Leistungen brächte Leis-
tungsverbesserungen in einer Höhe von 450–500 Mio. DM. Die monatlichen
Förderungsleistungen würden sich durchschnittlich um rund 150 DM erhöhen.
Dies entspräche einer Freibetragserhöhung von durchschnittlich 15 %. Auf
diese Weise könnte das Ziel, die Gefördertenquote zu erhöhen, sehr schnell er-
reicht werden, da eine Steigerung um einen Prozentpunkt eine Zunahme von
rund 3 900 geförderten Auszubildenden bewirken würde. Bei einer Erhöhung
der Freibeträge um rund 15 % würde die Zahl der Geförderten um rund 59 000
steigen. Die Gefördertenquote könnte so zügig auf über 25 % angehoben wer-
den.

Die hohen Belastungen der Studierenden und sich in Ausbildung befindenden
Frauen und Männer, die zugleich – oft allein verantwortlich – Kinder erziehen,
sind durch großzügige Förderungsmöglichkeiten anzuerkennen.

Um die Entlastung der Auszubildenden aus einkommensschwächeren Familien
zu erreichen, wird vorgeschlagen, den Darlehensbetrag der Ausbildungsförde-
rung anlässlich des Besuchs von Höheren Fachschulen, Akademien und Hoch-
schulen zu begrenzen. Bis zu einer monatlichen Leistung von 800 DM bleibt es
dabei, dass diese zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als Darlehen gewährt
wird. Eine darüber hinausgehende Förderung erfolgt voll als Zuschuss.

Die maximale Darlehensbelastung nach einem mit Höchstbeträgen geförderten
Studium sinkt damit von derzeit über 30 000 DM auf ca. 24 000 DM. Damit
werden Hemmschwellen für Kinder aus einkommensschwachen Familien bei
der Aufnahme eines Studiums abgebaut. Gleichzeitig erfolgt ein Ausgleich da-
für, dass einkommensstarke Eltern durch steuerliche Freibeträge stärker entlas-
tet werden als die Empfänger von Kindergeld.

Eine Hochrechnung auf der Grundlage der Statistik für das Jahr 1998 ergibt,
dass nach diesem Vorschlag jährlich Darlehen in Höhe von insgesamt ca.
82 Mio. DM durch Zuschüsse ersetzt werden müssen. Erfolgt die Bereitstel-
lung der Darlehensmittel – wie geplant – durch die Deutsche Ausgleichsbank,
müssen Bund und Länder in dieser Höhe zusätzliche Haushaltsmittel bereitstel-
len. Bei Ländern, die ihren Darlehensanteil weiter über ihren Haushalt finanzie-
ren, vermindern sich entsprechend die Darlehensrückflüsse.

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