BT-Drucksache 14/2030

zu dem A der Abg Birgit Homburger, weiterer Abg und der Fraktion der F.D.P. - 14/570 - Erhöhung der Attraktivität des freiwilligen Umweltaudits durch Deregulierung

Vom 9. November 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2030
14. Wahlperiode

09. 11. 99

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach,
Hildebrecht Braun (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.
– Drucksache 14/570 –

Erhöhung der Attraktivität des freiwilligen Umweltaudits durch Deregulierung

A. Problem
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung u. a. aufgefordert werden,
eine Deregulierungsinitiative für diejenigen Unternehmen zu star-
ten, die sich einem betrieblichen Umweltmanagement unterziehen.
Dadurch sollen dem Umweltaudit neue Impulse gegeben werden.

B. Lösung
Ablehnung des Antrages.
Mehrheitsentscheidung
Der Ausschuss ist mehrheitlich der Auffassung, dem Grundanliegen
des Antrages, die Attraktivität des freiwilligen Umweltaudits zu
erhöhen, könne zugestimmt werden. Zum Teil seien die gestellten
Forderungen zur Deregulierung aber abzulehnen, da sie sich an den
falschen Adressaten wendeten bzw. rechtsstaatlich bedenklich seien.
Zudem habe man in einem bereits verabschiedeten eigenen Ent-
schließungsantrag (siehe Drucksache 14/1131) die erforderlichen
Maßnahmen bereits angeregt und dabei insbesondere auch die euro-
päische Ebene berücksichtigt.

C. Alternativen
Annahme des Antrages der Fraktion der F.D.P.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 14/2030 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 14/570 abzulehnen.

Berlin, den 27. Oktober 1999

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Christoph Matschie Marion Caspers-Merk Bernward Müller (Jena) Winfried Hermann
Vorsitzender Berichterstatterin Berichterstatter Berichterstatter

Ulrike Flach Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2030

Bericht der Abgeordneten Marion Caspers-Merk, Bernward Müller (Jena),
Winfried Hermann, Ulrike Flach und Eva-Maria Bulling-Schröter

I.
Der Antrag auf Drucksache 14/570 wurde in der 47. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 24. Juni 1999 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung
an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie über-
wiesen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und PDS, gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und der F.D.P. empfohlen, den
Antrag abzulehnen.

II.
In dem Antrag wird zunächst festgestellt, dass sich das
Umweltaudit als Instrument bewährt habe, sich nun aber
mehr und mehr in Konkurrenz zur ISO-Norm 14001 be-
finde. Deshalb seien eine Aufwertung des Umweltaudits
und eine Verstärkung der Anreize zur Teilnahme erfor-
derlich. Die Bundesregierung soll daher aufgefordert
werden, eine Deregulierungsinitiative für diejenigen
Unternehmen zu starten, die sich einem betrieblichen
Umweltmanagement unterziehen. Insbesondere soll es
zu Erleichterungen bei den Genehmigungsverfahren und
zur Entlastung bei Berichtspflichten, Nachweisverfahren
und der Überwachung für zertifizierte Betriebe kommen.
Dazu werden in 14 Punkten detaillierte Vorschläge un-
terbreitet.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit hat den Antrag auf Drucksache 14/570 in
seiner Sitzung am 27. Oktober 1999 beraten.
Von Seiten der Antragsteller wurde festgestellt, dass das
Umweltaudit sich als Instrument bewährt habe. Die Zu-
wachsrate der national registrierten Standorte sei aller-
dings gesunken. Zunehmend würden Zertifizierungen
nach der ISO-Norm 14001 vorgenommen. Nach vielen
Gesprächen auch mit mittelständischen Unternehmen sei
man zur Auffassung gelangt, dass Deregulierungsmaß-
nahmen das einzige Mittel seien, dem Umweltaudit in
Zukunft weiter eine Überlebenschance zu sichern. In
dem eigenen Antrag habe man die diesbezüglichen For-
derungen konkretisiert. Er sehe durchgehend Öffnungs-
klauseln vor. Immer dann, wenn ein Umweltaudit-
Verfahren vorgenommen worden sei, solle auch eine
Erleichterung bei den Genehmigungsverfahren möglich
sein.
Von Seiten der Fraktionen SPD und von BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN wurde auf die vom Ausschuss im April
dieses Jahres bereits verabschiedete Entschließung (siehe

Drucksache 14/1131) verwiesen, die sich in zwei Punk-
ten mit dem vorliegenden Antrag decke. So werde dort
gefordert, das Umweltaudit so auszugestalten, dass bei
Qualifizierung für dieses Verfahren die Norm ISO 14001
praktisch miterfüllt werde. Dieser Punkt sei seinerzeit
einvernehmlich beschlossen worden. Weiter enthalte die
Entschließung die Forderung auch an die Bundesregie-
rung, bei der Überarbeitung des Umweltauditverfahrens
dafür zu sorgen, dass Doppelarbeit bei Protokoll-, Doku-
mentations- und Mitteilungspflichten vermieden und ein
echter Anreiz für die Zertifizierung sichergestellt werde.
Der vorliegende Antrag richte sich ausschließlich an die
nationale Ebene. Man lehne ihn aus mehreren Gründen
ab. Zum einen werde eine Vielzahl von Deregulierungs-
maßnahmen von der Bundesregierung gefordert, deren
Adressat eigentlich die Bundesländer sein müssten. Ins-
besondere die unter Ziffer 11 bis 14 geforderten Maß-
nahmen seien aber auch vom Inhalt her abzulehnen.
Hauptproblem sei, dass das Umweltaudit (englisch: Eco
Management and Audit Schema [EMAS]) in den ande-
ren EU-Mitgliedstaaten kaum akzeptiert werde. Insofern
habe der seinerzeitige Entschließungsantrag die europäi-
sche Ebene als Hauptadressaten angesprochen. Von der
Bundesregierung sei die geforderte Überarbeitung des
neuen EMAS im Rahmen der deutschen Präsidentschaft
bis zum gemeinsamen Standpunkt weitergebracht wor-
den. Es gebe also Fortschritte. Schließlich sei darauf zu
verweisen, dass die Entschließung vom April dieses Jah-
res auch insofern weitergehend gewesen sei, als sie die
Forderung enthalten habe, die Position der Umweltver-
bände in den Umweltgutachterausschüssen zu stärken
und ein einheitliches Logo einzuführen. Von daher lehne
man trotz des gemeinsamen Wunsches einer Stärkung
von EMAS auf europäischer Ebene den vorliegenden
Antrag ab.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde ergänzt, es gebe einen entscheidenden Unter-
schied zwischen Deregulierung und Entbürokratisierung.
Man selbst habe sich im Zusammenhang mit dem
EMAS-Verfahren immer ausdrücklich für eine Verein-
fachung und Entbürokratisierung der Zusammenarbeit
mit den Behörden ausgesprochen. Auch Hilfestellungen
für kleine und mittlere Betriebe befürworte man. Davon
zu trennen seien aber allgemeine Forderungen nach De-
regulierung und insbesondere Versprechungen, wonach
Umweltaudit-zertifizierte Betriebe von sonstigen forma-
len Überwachungen und Kontrollen ausgenommen wür-
den. Dies halte man auch rechtsstaatlich gesehen für
fragwürdig. Es könne nicht sein, dass Betriebe sich
selbst überwachten, wenn beispielsweise Gefahr im Ver-
zug sei, oder der Verdacht bestehe, dass sie bestimmte
Regelungen nicht erfüllten. Es dürfe auch nicht der Ein-
druck erweckt werden, dass beim EMAS-Verfahren
maximale ökologische Ansprüche erfüllt würden, da die
Zielvorgaben völlig offen seien. Von daher spreche man

Drucksache 14/2030 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

sich für eine Erleichterung und Beförderung des Um-
weltaudits aus, widersetze sich aber einer allgemeinen
und Laisser-faire-Deregulierung, wie sie mit dem vorlie-
genden Antrag gefordert werde.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde festge-
stellt, wenn man warte, bis auch das letzte EU-
Mitgliedsland sich an EMAS beteilige, werde man die
seit mehreren Jahren eingetretene Stagnation bei der An-
nahme dieses Verfahrens im eigenen Lande nicht besei-
tigen können. Von daher gebe es erheblichen Hand-
lungsbedarf, um das Interesse der Unternehmen zur Be-
teiligung an diesem System gerade auch in Deutschland
zu erhöhen. Dazu gehöre, die genannte Anpassung an die
ISO-Norm 14001 vorzunehmen und die Anreize für die
Unternehmen, sich zertifizieren zu lassen, zu verbessern.
Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang seien die
Deregulierungsmaßnahmen. Die Kompetenz hierzu liege
gerade auch bei der Bundesregierung, die aber untätig
bleibe. Der vorliegende Antrag der Fraktion der F.D.P.
zeige die richtige Richtung auf. Von daher stimme man
ihm zu.
Von Seiten der Fraktion der PDS wurde ausgeführt, der
vorliegende Antrag der Fraktion der F.D.P. strebe in
großem Umfang Deregulierungsmaßnahmen an. So wer-
de beispielsweise gefordert, dass Prüfungen von Abfall-

wirtschaftskonzepten und Bilanzen durch den Ver-
pflichteten selbst durchgeführt werden könnten und die
Emissionsfernüberwachung nach § 31 BimSchG bei re-
gistrierten Standorten entfallen solle. Derartige Deregu-
lierungsmaßnahmen halte man für falsch und lehne des-
halb auch den gesamten Antrag ab.
Vom Vertreter der Bundesregierung wurde darauf hin-
gewiesen, dass die Absicht bestehe, eine Privilegie-
rungsverordnung zu erlassen, die Unternehmen, die sich
dem Umweltaudit-Verfahren unterzogen hätten, besser-
stelle. Das in Vorbereitung befindliche Artikelgesetz zur
Umsetzung der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom
24. September 1996 über die Integrierte Vermeidung
und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-
Richtlinie) und der Richtlinie 97/11/EG des Rates vom
3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG
über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten
öffentlichen und privaten Projekten in nationales Recht
werde einen Passus enthalten, auf den sich diese Verord-
nung stützen könne.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS, ge-
gen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
F.D.P., dem Deutschen Bundestag zu empfehlen, den
Antrag auf Drucksache 14/570 abzulehnen.

Berlin, den 8. November 1999

Marion Caspers-Merk Bernward Müller (Jena) Winfried Hermann
Berichterstatterin Berichterstatter Berichterstatter
Ulrike Flach Eva-Maria Bulling-Schröter
Berichterstatterin Berichterstatterin

Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
esellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44

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