BT-Drucksache 14/19

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Regelungen - Wohngeldanpassungsgesetz - (WoGAG)

Vom 5. November 1998


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/19 vom 05.11.1998

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung
der wohngeldrechtlichen Regelungen Wohngeldanpassungsgesetz (WoGAG) =

05.11.1998 - 19


14/19

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Christine Ostrowski, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion
der PDS Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen
Regelungen Wohngeldanpassungsgesetz (WoGAG)

A. Problem
Seit acht Jahren wurde weder eine Dynamisierung des Wohngeldes noch eine umfassende Novellierung des Wohngeldgesetzes durchgeführt. Die Folge sind gewachsene Mieten- und Wohnkostenbelastungen für die Haushalte, die
Wohngeld oder Lastenzuschuß erhalten.
Nach dem Wohngeld- und Mietenbericht 1997 lag die durchschnittliche
Mietbelastung der Haushaltsnettoeinkommen bei den Wohngeldempfängern in den
westlichen Bundesländern bereits bei rund 29,5 Prozent, in den östlichen
Bundesländern bei 24,6 Prozent. Arbeitslosenhaushalte, Geringverdienende und
Einpersonenhaushalte müssen bereits ein Drittel oder mehr ihres
Haushaltsnettoeinkommens für die Wohnkosten aufbringen. Bereits über 70
Prozent der Wohngeldempfänger zahlen eine wesentlich höhere Miete als bei der
Wohngeldberechnung zugrunde gelegt wird.
Schon im vorletzten Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung wurde
konstatiert, daß mit wechselndem zeitlichem Abstand zur letzten
Wohngeldnovelle die anrechenbaren Miethöchstbeträge des Wohngeldgesetzes
hinter der tatsächlichen Mietenentwicklung zurückgeblieben und damit
zunehmend weniger den tatsächlichen Wohnungsmarktverhältnissen Rechnung
tragen. Auch in den ostdeutschen Ländern ist ein erheblicher Teil der
Mietkosten nicht mehr wohngeldfähig. Deshalb ist auch hier eine Anpassung
der Wohngeldleistungen an das gestiegene Mietenniveau notwendig. Die im
Wohngeldgesetz festgesetzten pauschalen Einkommensfreibeträge reichen
ebenfalls nicht aus, um einkommensschwachen Haushalten eine sozial
zumutbare Wohnkostenbelastung zu sichern.
B. Lösung
Im Vorgriff auf eine allgemeine Reform des Wohngeldgesetzes sollen zum 1.
Januar 1999 die Miethöchstbeträge des § 8 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes
angehoben und ein Ausgleich in Form einer Anpassungspauschale bei der
Einkommensermittlung eingeführt werden. Auch die Miethöchstbeträge für
die neuen Bundesländer sollen der aktuellen Mietenentwicklung angepaßt
werden. Ein Ausgleich bei der Einkommensermittlung soll auch hier in Form
der gleichen Anpassungspauschale eingeführt werden.
C. Alternativen
Erarbeitung eines neuen Wohngeldgesetzes. Inkraftsetzung des Gesetzes zum
1. Januar 1999.
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
Die vorgesehenen Regelungen verursachen 1999 für Bund und Länder in
Abhängigkeit von anderen wohnungspolitischen Maßnahmen und der damit
verbundenen Mietenentwicklung sowie der Einkommens- und
Arbeitsmarktentwicklung einen Mehraufwand von geschätzt 1,5 Mrd. DM
(Bundesanteil: ca. 800 Mio. DM).
Für die Gemeinden sind infolge der Erhöhung der Wohngeldleistungen
gegenüber 1998 Minderausgaben für die Sozialhilfe zu erwarten, die
allerdings nicht beziffert werden können.
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Regelungen -
Wohngeldanpassungsgesetz (WoGAG)
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Wohngeldgesetzes
Das Wohngeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar
1993 (BGBl. I S. 183), zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung des
§ 42 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes und des § 9 Abs. 3 und 4 des
Eigenheimzulagengesetzes vom 19. Juni 1998, wird wie folgt geändert:
1. § 8 Abs. 1 gilt in folgender Fassung:
"(1) Bei der Gewährung des Wohngeldes wird die Miete oder
Belastung nicht berücksichtigt, als sie monatlich folgende Höchstbeträge
übersteigt:
bei einem
Haushalt mit
in Gemeinden
mit Mieten
der Stufe
für Wohnraum, der bezugsfertig geworden ist,
bis zum 31. Dezember 1965
ab 1. Januar 1966 bis
zum 31. Dezember 1977 ab
1. Januar 1978
bis zum
31. Dezem-
ber 1991
ab
1. Januar 1992
ohne Sammel-
heizung und
ohne Bad oder Duschraum
mit Sammel-
heizung oder
mit Bad oder Duschraum
mit Sammelheizung und mit Bad oder Duschraum sonstiger Wohnraum Wohnraum
mit Sammelheizung und mit Bad oder Duschraum
Deutsche Mark einem/einer Alleinstehenden
I
II
III
IV
V
VI
265
280
300
325
350
370
305
325
350
380
400
430
370
400
425
455
490
530
330
365
380
410
440
470
425
455
485
520
565
600
455
485
515
560
600
640
535."
570."
605."
665."
700."
750."
zwei Familienmitgliedern I
II
III
IV
V
VI
340
365
390
420
450
480
395
420
450
485
520
560
480
515
545
595
635
680
430
455
485
530
565
605
550
590
630
680
725
780
590
630
665
720
775
830
690."
740."
785."
845."
910."
970."
drei Familienmitgliedern I
II
III
IV
V
VI
410
430
460
500
535
570
475
505
535
575
625
655
575
620
655
710
760
810
510
545
580
630
670
720
660
700
750
810
870
930
700
750
800
860
925
990
830."
880."
940."
1 020."
1 090."
1 165." vier Familienmitgliedern I
II
III
IV
V
VI
475
505
535
580
625
655
545
580
625
670
720
775
670
715
760
820
880
940
595
635
680
730
785
840
770
815
870
940
1 010
1 080
815
870
925
1 000
1 075
1 145
960."
1 025."
1 090."
1 180."
1 265."
1 355." fünf Familienmitgliedern I
II
III
IV
V
VI
540
575
610
660
710
755
625
685
710
770
820
880
760
815
870
935
1 010
1 075
650
725
770
835
895
955
875
930
990
1 075
1 150
1 230
930
990
1 055
1 140
1 225

1 310
1 090."
1 170."
1 240."
1 345."
1 440."
1 540."
Mehrbetrag
für jedes weitere
Familien-
mitglied
I
II
III
IV
V
VI
65
70
80
85
90
95
80
85
90
95
100
110
95
100
110
115
125
130
85
90
95
100
110
120
110
120
125
130
145
150
115
125
130
145
150
160
130."
145."
150."
160."
175."
185."
2. Nach § 17 wird folgender § 17a eingefügt:
"§ 17a
Anpassungspauschale
Von dem nach den §§ 9 bis 17 ermittelten Familieneinkommen ist eine Anpassungspauschale von 1 800 Deutsche Mark und für das zweite und jedes weitere Familienmitglied im Sinne des
§ 4 Abs. 1
eine Anpassungspauschale von jeweils 600 Deutsche Mark abzusetzen."
Artikel 2
Änderung des Wohngeldüberleitungsgesetzes
Das Gesetz zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Überleitungsregelungen
für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet -
Wohngeldüberleitungsgesetz (WoGÜG) - in der Fassung der Bekanntmachung
vom 21. November 1996 (BGBl. I S. 1781) wird wie folgt geändert:
§ 42 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
1. Nummer 1 Buchstabe a erhält folgende Fassung:
,a) Absatz 1 ist in folgender Fassung anzuwenden:
"(1) Bei der Gewährung des Wohngeldes wird die Miete
oder Belastung insoweit nicht berücksichtigt, als sie monatlich folgende
Höchstbeträge übersteigt:
bei einem Haushalt mit für Wohnraum, der bezugsfertig geworden ist,
bis zum 31. Dezember 1991
ab
1. Januar 1992
ohne Sammelheizung
mit Sammelheizung
Deutsche Mark einem Alleinstehenden
360
0 515
0 605"
zwei Familienmitgliedern 465
0 665
0 785"
drei Familienmitgliedern 555
0 800
0 940"
vier Familienmitgliedern 645
0 925
1 090"
fünf Familienmitgliedern 735
1 055
1 240" Mehrbetrag für jedes weitere Familienmitglied
090
0 130
0 150". '
2. Nummer 3 erhält folgende Fassung:
"3. Von dem nach den §§ 9 bis 17 ermittelten Familieneinkommen ist
eine Anpassungspauschale von 1 800 Deutsche Mark und für das zweite und
jedes weitere Familienmitglied im Sinne des § 4 Abs. 1 eine
Anpassungspauschale von jeweils 600 Deutsche Mark abzusetzen."
Artikel 3 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1999 in Kraft.
Bonn, den 5. November 1998
Christine Ostrowski
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Begründung
Die letzte Bundesregierung und der Bundesrat haben in den vergangenen
Jahren mehrfach eine gesamtdeutsche Wohngeldnovelle angekündigt, aber
nicht realisiert. Bereits in der Bundestagsdebatte zum
Mietenüberleitungsgesetz am 18. Mai 1995 sagte der damalige
Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Dr. Klaus Töpfer:

"In diesem Zusammenhang ist auch wichtig ..., daß der vorliegende Kompromiß die
Verpflichtung enthält, ein neues Wohngeldgesetz vorzulegen, das im Jahr 1996
wirksam wird. Davon sind wir gar nicht weit entfernt. Wir gehen auf die
Haushaltsberatungen zu. Wir werden uns unmittelbar an die Arbeit begeben, um
wieder eine Regelung zu finden, die alle Seiten mittragen können."
(Stenographischer Bericht, S. 2961).
Diese Zusage der vormaligen Bundesregierung an Deutschen Bundestag und Bundesrat, die die Zustimmung zur Einführung des Vergleichsmietensystems in den östlichen Ländern beförderte, ist bis heute nicht
eingelöst.
Der Bundesrat hatte bereits in seiner Stellungnahme zum
Mietenüberleitungsgesetz (siehe Unterrichtung durch die Bundesregierung
vom 25. April 1995, Drucksache 13/1187, S. 4 ff.) einen Vorschlag zu
einer ersten Wohngeldanpassung unterbreitet. In der Begründung führte der
Bundesrat an:
"Im Vorgriff auf eine allgemeine Wohngeldanpassung ist es ebenfalls
unumgänglich, in einem ersten Schritt bereits zum 1. Januar 1996 ... die
Miethöchstbeträge des § 8 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes anzuheben und einen
Inflationsausgleich bei der Einkommensermittlung einzuführen."
Dem Vorschlag des Bundesrates wurde im Zusammenhang mit der Beratung und
Verabschiedung des Mietenüberleitungsgesetzes nicht gefolgt.
Am 19. Januar 1996 wurde der von der Bundestagsgruppe der PDS eingereichte
Gesetzentwurf, der bereits die vom Bundesrat unterbreiteten Vorschläge zur
Änderung des Wohngeldgesetzes (Drucksache 13/2580) aufnahm, von den Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und F.D.P. mit dem Verweis auf die in allernächster Zeit ins
Haus stehende Wohngeldreform abgelehnt.
Ebenso wurde mit dem Gesetzentwurf der Gruppe der PDS zur Wohngeldanpassung
(Drucksache 13/8961) vom November 1997 verfahren. Die Mietenentwicklung ist aber
seitdem nicht stehengeblieben, deshalb ist jetzt eine Anpassung des Wohngeldes
nicht mehr aufzuschieben. Das seit 1990 nicht mehr angehobene Wohngeld hat seine
Entlastungsfunktion für Mieterinnen und Mieter längst verloren.
Trotz steigender Mieten und sinkender Realeinkommen verlieren immer mehr
Mieterinnen und Mieter ihren Wohngeldanspruch oder erhalten geringere
Wohngeldzahlungen. Die tatsächlich gezahlten Mieten werden längst nicht mehr
durch das Wohngeld erfaßt. Während 39,7 Prozent aller Wohngeldempfänger im
Jahr 1991 eine höhere Miete zahlten, als bei der Wohngeldberechnung
berücksichtigt wird, ist dieser Prozentsatz bis 1997 auf über 70 Prozent
angestiegen.
Aus diesem Grunde sollen im Vorgriff auf eine allgemeine Wohngeldreform die
Miethöchstbeträge - auf der Basis der vom Bundesrat bereits 1995
eingereichten Vorschläge - um mindestens 20 Prozent erhöht werden. In diesem
Zusammenhang sind auch die Tabellen 1 bis 8 mit der gültigen Formel zu
erweitern, und zwar sowohl in der Einkommensspalte als auch in der Spalte
"Miete/Belastung". Zudem sollen die Anpassungspauschalen in den genannten
Höhen eingeführt werden.
Im einzelnen ist folgendes vorgesehen:
1. Zu Artikel 1 (Änderungen beim Wohngeldgesetz)
Die Höchstbeträge für die zuschußfähige Miete oder Belastung werden um
durchschnittlich 20 Prozent angehoben. Dies entspricht dem Vorschlag des
Bundesrates (siehe Drucksache 13/1187) von 1995. Mit der
Anpassungspauschale wird - ebenfalls auf der Basis des Vorschlages des
Bundesrates von 1995 - ein Inflationsausgleich geschaffen.
2. Zu Artikel 2 (Änderungen im Wohngeldüberleitungsgesetz)
Regelungen für die neuen Länder sind im neu gefaßten § 42 WoGÜG
enthalten. Eine Tabelle für die ostdeutschen Länder hebt die
Miethöchstgrenzen für den Bezug von Wohngeld in den Rubriken
- Wohnungen mit Sammelheizung bis Baujahr 1991,
- Wohnungen ab Baujahr 1992
an. Die Anhebung dieser Beträge wird angelehnt an die Miethöchstbeträge
für die in den westlichen Ländern geltende Mietenstufe III des durch
Wohngeldanpassungsgesetz veränderten § 8 des Wohngeldgesetzes. Die
Höchstbeträge für Wohnungen ohne Sammelheizung bleiben erhalten. § 42
Abs. 1 Satz 3 des Wohngeldüberleitungsgesetzes wird durch @5 17a des
Wohngeldanpassungsgesetzes ersetzt. Damit gilt für westliche wie östliche
Bundesländer die gleiche Anpassungspauschale.
Eine bundesweite Wohngeldstrukturnovelle ist damit nicht hinfällig, aber
es werden die notwendigen Schritte in die richtige Richtung getan. Der
neu gewählte Deutsche Bundestag kann mit dem vorliegenden
Wohngeldanpassungsgesetz (WoGAG) die längst überfällige Wohngeldanhebung
zum 1. Januar 1999 durchsetzen.
Kosten
Die vorgesehenen Veränderungen des Wohngeldgesetzes durch das Gesetz zur
Anpassung wohngeldrechtlicher Regelungen - Wohngeldanpassungsgesetz -
verursacht 1999 für Bund und Länder Mehrkosten von geschätzt jeweils rd.
700 bis 800 Mio. DM. Bei den Gemeinden sind infolge der Erhöhung der
Wohngeldleistungen gegenüber 1998 Minderausgaben für die Sozialhilfe zu
erwarten, die allerdings nicht beziffert werden können.
Die Gegenfinanzierung des Mehrbedarfs für Wohngeldleistungen ist. u. a.
möglich durch die Senkung der Einkommensgrenzen beim Bau oder Erwerb von
selbstgenutztem Wohneigentum, die Einsparung der für die Durchsetzung der
Zwangsprivatisierung (mittels Altschuldenhilfe-Gesetz) geplanten Mittel, den
Abbau von Steuersubventionen für nicht selbstgenutzten Wohnungs- und
Gewerbebau und die Abschöpfung von Spekulationsgewinnen im Immobilienhandel.
Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn,
Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44
ISSN 0722-8333

05.11.1998 nnnn

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