BT-Drucksache 14/1803

Umfang und Dauer der Abschiebehaft, Fälle von Misshandlungen und Todesfälle im Zusammemhang mit Abschiebungen

Vom 13. Oktober 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1803
14. Wahlperiode 13. 10. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Umfang und Dauer der Abschiebehaft, Fälle von Misshandlungen und
Todesfälle im Zusammenhang mit Abschiebungen

Der gewaltsame Tod eines sudanesischen Asylbewerbers im Mai dieses Jahres
hat eine neuerliche Diskussion über die ohnehin seit langem umstrittene Ab-
schiebehaft und über Misshandlungen bei Abschiebungen ausgelöst.

Schon in ihrer Koalitionsvereinbarung vom Oktober 1998 hatten die Regie-
rungsparteien vereinbart: „Die Dauer der Abschiebungshaft und des Flughafen-
verfahrens werden im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes überprüft.“
Ein Ergebnis dieser Überprüfung steht bis heute aus, eine Verkürzung oder gar
Abschaffung der Abschiebehaft, wie von vielen Flüchtlings- und Immigrantin-
nen- bzw. Immigrantenorganisationen seit langem gefordert, steht damit in wei-
ter Ferne.

Der Bundesminister des Innern, Otto Schily, hatte im Zusammenhang mit dem
Tod von A. A. Abschiebungen auf dem Luftweg vorübergehend ausgesetzt und
gleichzeitig angekündigt, alle Verfahren gegen BGS-Beamte im Zusammen-
hang mit Misshandlungen bei Abschiebungen zu prüfen (Frankfurter Rund-
schau, 31. Mai 1999). Auch hier steht ein Ergebnis bisher aus.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Ergebnisse hat die vom Bundesminister des Innern, Otto Schily, an-
gekündigte Überprüfung der Vorwürfe gegen BGS-Beamte im Zusammen-
hang mit Abschiebungen erbracht?

2. Welche Reformüberlegungen hinsichtlich der Dauer, des Umfangs und der
Umstände der Abschiebehaft hat die Bundesregierung bisher entwickelt und
wann ist ggf. mit einer Vorlage der entsprechenden Änderungsgesetze bzw.
Verordnungen zu rechnen?

3. Wie viele Personen befanden sich nach Kenntnis der Bundesregierung in
den Jahren 1990 bis 1998 (jeweils am Jahresende) und am 30. Juni 1999 in
Abschiebehaft?

4. Wie lange dauerte in diesen Jahren die durchschnittliche Abschiebehaft
(bitte jährliche Durchschnittswerte für den obigen Zeitraum angeben)?

5. Wie viele der in Abschiebehaft befindlichen Personen waren

a) weiblich,

b) jünger als 18 Jahre?

Drucksache 14/1803 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
6. Wie viele Suizidversuche von in Abschiebehaft befindlichen Personen wur-
den in dem oben genannten Zeitraum erfasst und wie hoch schätzt die Bun-
desregierung die Dunkelziffer der nicht erfassten bzw. nicht gemeldeten
Suizidversuche?

7. Wie viele Personen kamen in der Abschiebehaft im oben genannten Zeit-
raum zu Tode

a) durch Suizid,

b) durch andere Gewalteinwirkungen (z. B. durch Bewachungspersonal, an-
dere Abschiebehäftlinge),

c) infolge Krankheit,

d) durch natürlichen Tod

(bitte Angaben nach Bundesländern aufschlüsseln)?

8. Wie viele Vorwürfe wegen Misshandlung etc. gegen das Aufsichts- und
Wachpersonal der Abschiebehaftanstalten wurden im obigen Zeitraum er-
fasst (bitte Angaben je Jahr, für 1999 für das 1. Halbjahr)?

– Wie viele davon waren nach den Ermittlungsergebnissen der zuständigen
Stellen begründet?

– Wie viele Ermittlungsverfahren, disziplinarische Verfahren o. ä. Ent-
scheidungen ergingen infolgedessen gegen Beamte der Abschiebehaftan-
stalten?

– Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Dunkelziffer der nicht ermit-
telten Misshandlungen?

– Wie viele dieser Beschwerdeverfahren bzw. Ermittlungen endeten in-
folge Abschiebung der Beschwerdeführerin bzw. des Beschwerdefüh-
rers?

Berlin, den 12. Oktober 1999

Ulla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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