BT-Drucksache 14/1683

Entschließungsantrag zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drs. 11368, 14/1682 - Bericht über die Situation von Kindern und die Leistungen der Kinderhilfen in Deutschland - Zehnter Kinder- und Jugendbericht - und Stellungnahme der Bundesregierung

Vom 29. September 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1683
14. Wahlperiode 29. 09. 99

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Maria Eichhorn, Hannelore Rönsch (Wiesbaden),
Wolfgang Dehnel, Renate Diemers, Thomas Dörflinger, Anke Eymer (Lübeck),
Ilse Falk, Ingrid Fischbach, Klaus Holetschek, Walter Link (Diepholz),
Erika Reinhardt, Heinz Schemken, Bärbel Sothmann, Dorothea Störr-Ritter,
Gerald Weiß (Groß-Gerau) und der Fraktion der CDU/CSU

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 13/11368 –

Bericht über die Lebenssituation von Kindern und die Leistungen der Kinder-
hilfen in Deutschland – Zehnter Kinder- und Jugendbericht – und Stellungnahme
der Bundesregierung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Zehnte Kinder- und Jugendbericht (Drucksache 13/11368) vom
25. August 1998 ist der erste Bericht, der sich ausschließlich den Kindern der
Altersgruppe unter 14 Jahre und den Leistungen der Hilfe für Kinder in
Deutschland widmet.

Die Kommission hat uneingeschränkt Recht mit der Einschätzung, dass Kinder
die Zukunft der Gesellschaft sind und optimale Bedingungen für ihr Aufwach-
sen brauchen. Diesen Anforderungen hat die frühere Bundesregierung in der
letzten Legislaturperiode mit der Weiterentwicklung des Familienleistungsaus-
gleichs Rechnung getragen. Das 1986 eingeführte und mehrfach weiterentwi-
ckelte Gesetz über die Gewährung von Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld
trägt wesentlich zur Verbesserung der familiären Situation bei. Die Anerken-
nung von Kindererziehungszeiten im Rentenrecht in Höhe von 3 Jahren schafft
mehr Gerechtigkeit für die Erziehenden und macht deutlich, dass die Erzie-
hungsleistungen ein unverzichtbarer Beitrag für die Zukunft unserer Gesell-
schaft sind.

Der von der Kommission verwendete Armutsbegriff ist methodisch und inhalt-
lich fraglich, ebenso wie die Armutskriterien. Der von der Kommission vorge-
nommenen Gleichsetzung von Armut und Sozialhilfebezug ist nicht zuzustim-
men. Die ansteigende Zahl der Sozialhilfeempfänger ist kein Hinweis auf
wachsende Armut in unserer Gesellschaft. Sozialleistungen verhindern exis-
tenzbedrohliche Armut und schaffen sie nicht.

Drucksache 14/1683 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zutreffend stellt die Kommission fest, dass Gewalt gegen Kinder ein beträchtli-
ches Problem sei. Zum Schutz der Kinder wurden in der letzten Legislaturperi-
ode vielfältige und wirksame Maßnahmen ergriffen. Das Arbeitsprogramm ge-
gen Kindesmissbrauch, Kinderpornographie und Sextourismus war Grundlage
für Aufklärung und Prävention, Gesetzgebung, internationale Strafverfolgung
und Opferschutz zum Schutz der Kinder. Das Sechste Strafrechtsreformgesetz
hat für schwere Fälle sexuellen Missbrauchs Mindest- und Höchststrafen deut-
lich heraufgesetzt, die Herstellung und Verbreitung kinderpornographischer
Darstellung mit bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe belegt und die Verfolgung von
Kindersextourismus verbessert. Weiter sind zu nennen die Regelungen zur Ver-
stärkung der sozialtherapeuthischen Behandlungsmöglichkeiten von Sexual-
straftätern im Strafvollzug und der Sicherungsmaßnahmen gegen rückfällige
Täter, die Regelungen zur Verbesserung des Schutzes kindlicher Zeugen, das
Informations- und Kommunikationsdienstegesetz von 1997 sowie unterschied-
liche Präventionsmaßnahmen.

Die Feststellung des Berichts, dass sich die Mehrzahl der Jugendlichen zwar
nicht kriminell verhalte, dennoch die steigenden Fallzahlen der Kinder- und
Jugendkriminalität ernst genommen werden müssten, ist richtig. In der letzten
Legislaturperiode wurde die Prävention gegen Kinder- und Jugendkriminalität
verstärkt.

Der Ansicht der Kommission ist zuzustimmen, dass die Rechte der Kinder in
der Verfassung ausreichend verankert sind. Die positive Resonanz der Kind-
schaftsrechtsreform von 1997 im Bericht ist zu begrüßen. Vor allem die hohe
Bedeutung der gemeinsamen Verantwortung der Eltern für ihre Kinder und des
Kontakts des Kindes zu beiden Elternteilen nach Trennung und Scheidung der
Eltern hinaus ist zu unterstreichen.

Trotz aller bereits erreichten Verbesserungen der Situation von Kindern sind die
geschaffenen Ansätze weiterzuentwickeln. Besonders für den Schutz von Kin-
dern vor sexuellem Missbrauch, Kindersextourismus und Kinderpornographie
sowie bei der Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität muss die Arbeit
der früheren Bundesregierung fortgesetzt werden.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. für eine Verbesserung der Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft Sorge zu
tragen und dabei insbesondere

– das Ansehen von Erziehungsleistung dadurch zu stärken, dass die An-
erkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung ausgebaut
wird,

– für die Bereitstellung günstigen Wohnraums eine familiengerechte No-
velle des Wohngeldes vorzunehmen,

– Projekte zur Qualitätssicherung in der Tagespflege, für Tageseinrichtun-
gen und im Bereich der Hilfen zur Erziehung zu entwickeln und fördern,

2. sich dafür einzusetzen, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland angst-
frei leben können und dafür

– die Voraussetzungen für die strafrechtliche Verfolgung bei Delikten des
sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu verbessern,

– zu sorgen, dass das Anbieten von Kindern für Straftaten des sexuellen
Missbrauchs, besonders unter Missbrauch der modernen Kommunikati-
onstechnologien, wirksamer unter Strafe gestellt wird,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1683

– die Telefonüberwachung Verdächtiger bei sexuellem Missbrauch von
Kindern zu ermöglichen,

– darauf hinzuwirken, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
ausreichende Standards zur Bekämpfung der Kinderpornographie und
anderer Form der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie Jugendlichen
geschaffen werden,

3. den Jugendschutz in den Medien weiterzuentwickeln und dabei

– die Öffentlichkeitsarbeit gegen Gewaltdarstellungen in den Medien und
ihre Verbreitung in den neuen Medien zu verstärken, die Aufklärungsar-
beit für Eltern, Kinder und Lehrkräfte gezielt fortzusetzen und dabei ins-
besondere die Elternverantwortung im Umgang mit den neuen Medien zu
stärken,

– die Informations- und Kommunikationswirtschaft bei der Entwicklung
von Musterstandards für den Jugendschutz und die freiwilligen Selbst-
kontrollorganisationen der Diensteanbieter zu unterstützen, Bewertungs-
systeme für die Unterscheidung zwischen gewünschter und ungewünsch-
ter Information zu entwickeln,

– die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften sowohl technisch
als auch personell so auszustatten, dass sie konsequent und umfassend
auf neue Herausforderungen im Bereich der neuen Dienste reagieren
kann,

– an die Länder zu apellieren, den Rundfunkstaatsvertrag dahin gehend zu
ändern, dass die Ausstrahlung indizierter Filme im Fernsehen grundsätz-
lich unzulässig ist und der Bußgeldrahmen für Verstöße gegen entspre-
chende Bestimmungen erhöht wird,

– in Orientierung an den Schutzvorschriften über Videokassetten den Rege-
lungsbereich des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit
auf die CD-ROM zu erweitern,

– sich angesichts des globalen Informationsaustausches verstärkt dafür ein-
zusetzen, dass nationale Regelungen und Maßnahmen zum Schutz vor
rechtswidrigen und sonstigen jugendgefährdenden Inhalten in den Netzen
durch Vereinbarungen über internationale Mindeststandards und Aktions-
programme flankiert werden,

4. den Herausforderungen durch die Zunahme von Jugendkriminalität zu be-
gegnen und

– gesetzlich sicherzustellen, dass bei Straftaten Heranwachsender (18 bis
21 Jahre) weniger das Jugendstrafrecht als vielmehr das Erwachsenen-
strafrecht Anwendung findet,

– zur Herausbildung des Rechtsbewusstseins von Kindern und Jugend-
lichen und somit zur Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität die
elterliche Erziehungsverantwortung zu stärken und in diesem Zusam-
menhang für einen Ausbau der Erziehungsberatungsstellen zu sorgen,

– darauf hinzuwirken, dass Jugendrichterinnen und -richter hinsichtlich der
ambulanten erzieherischen Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz
weitergebildet werden,

– auf Länder und Kommunen hinzuwirken, dass eine enge und kontinuier-
liche Kooperation von Eltern, Schulen, Polizei und Gerichten und eine
stärkere Vernetzung der unterschiedlichen Aufgabenbereiche erfolgt.

Drucksache 14/1683 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Berlin, den 28. September 1999

Maria Eichhorn
Hannelore Rönsch (Wiesbaden)
Wolfgang Dehnel
Renate Diemers
Thomas Dörflinger
Anke Eymer (Lübeck)
Ilse Falk
Ingrid Fischbach
Klaus Holetschek
Walter Link (Diepholz)
Erika Reinhardt
Heinz Schemken
Bärbel Sothmann
Dorothea Störr-Ritter
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.