BT-Drucksache 14/1574

Informationspolitik der Bundesregierung zum Tod eines abgelehnten sudanesischen Asylbewerbers bei der Abschiebung

Vom 8. September 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1574
14. Wahlperiode 08. 09. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Informationspolitik der Bundesregierung zum Tod eines abgelehnten sudanesi-
schen Asylbewerbers bei der Abschiebung

Der Sudanese A. starb während einer Rückführung in den Sudan am 28. Mai
1999 durch gewaltsame äußere Einwirkung durch BGS-Beamte.

Nach seinem Tod gab es eine Fülle von Presseberichten über die vermeintliche
strafrechtliche Vorgeschichte von A. in der Bundesrepublik Deutschland, in de-
nen stets „interne Sicherheitskreise“ als Informationsquellen benannt wurden,
mit z. T. auch deutlich widersprüchlichen Angaben, die einer Nachprüfung be-
dürfen.

Die Bundesregierung gab in ihrem Bericht an den Innenausschuss des Deut-
schen Bundestages zum Fall zur Kenntnis, dass A. mehrmals rechtskräftig we-
gen Nötigung und wegen versuchter Störung öffentlicher Betriebe verurteilt
worden sei. Außerdem seien Verfahren wegen sexueller Beleidigung und Verge-
waltigung eingestellt worden, da A. nicht auffindbar gewesen sei.

Abweichend von diesen amtlichen Angaben meldete z. B. die Nachrichtenagen-
tur AP am 29. Mai 1999 unter Berufung auf Sicherheitskreise, A. sei wegen
Diebstahl und gefährlicher Körperverletzung vorbestraft. Die „taz“ vom 31. Mai
1999 meldete unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Landshut, A. sei im Re-
gierungsbezirk Karlsruhe polizeilich bekannt und wegen gefährlicher Körper-
verletzung und Diebstahl gesucht worden. Laut „Süddeutsche Zeitung“ vom
7. Juni 1999 hat ein BGS-Beamter namens „Müller“ der Zeitung gegenüber er-
klärt, A. sei seinen Kollegen als gewaltbereit und wegen schwerer Körperverlet-
zung und Diebstahl verurteilt angekündigt worden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Haben Sicherheitsbehörden des Bundes (z. B. BGS, BKA) und/oder das
Bundesministerium des Innern der Presse gegenüber Auskünfte erteilt dar-
über, ob A. in der Bundesrepublik Deutschland in strafrechtlich relevanter
Hinsicht auffällig geworden sei?

Wenn ja, welche Informationen wurden wann durch wen an welche Presse-
vertreter gegeben?

2. Waren diese Behörden ggf. offiziell berechtigt, der Presse gegenüber Anga-
ben über strafrechtliche Ermittlungen gegen A. oder über gerichtliche Ver-
urteilungen zu geben?

Drucksache 14/1574 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Wenn ja, inwieweit dienten diese Informationen zur Aufklärung des Todes-
falls von A.?

3. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Bundesregierung aus der Tatsa-
che, dass in der Presseberichterstattung zum Todesfall von A. wiederholt un-
ter Berufung auf angebliche Informationen aus Sicherheitskreisen Behaup-
tungen auftauchen, die nicht identisch sind mit den offiziellen Angaben der
Bundesregierung?

Hat die Bundesregierung irgendwelche Ermittlungen wegen möglicher
Falschbehauptungen durch Beamte der Sicherheitsorgane eingeleitet?

4. Wann und wo wurden die im Bericht der Bundesregierung an den Innenaus-
schuss genannten Ermittlungsverfahren eröffnet, aufgrund welcher Straf-
anzeige, wann und wo wurde A. von welchem Gericht zu welcher Strafe
verurteilt bzw. welche Verfahren gegen ihn wurden wo mit welcher Begrün-
dung eingestellt?

5. Lag zum Zeitpunkt der Verhaftung von A. nach Kenntnis der Bundesregie-
rung ein polizeilicher Suchbefehl gegen ihn vor?

Wenn ja, wo wurde dieser wegen welcher Vergehen bzw. Vorwürfe gegen
ihn ausgestellt?

Wenn nein, warum wurde A. verhaftet?

6. Trifft es nach Erkenntnissen der Bundesregierung zu, dass A. am 9. April 1999
von sich aus die Polizei aufgesucht hatte, um einen Diebstahl zu melden?

7. Wurde nach der Verhaftung von A. ein Meldeabgleich mit den Behörden in
Schleswig-Holstein (Wedel) vorgenommen, wo A. am 1. April 1998 seinen
Wohnsitz angemeldet hatte?

Wenn ja, was war das Ergebnis dieses Abgleichs?

Wenn nein, warum nicht?

8. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über eine polizeiliche und ausländer-
rechtliche Überprüfung von A. in Wedel im Jahr 1999?

Wenn ja, wann genau fand diese Überprüfung statt und mit welchem Ergeb-
nis?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, dass A. eine Arbeits- und Aufenthalts-
erlaubnis hatte?

Wenn ja, für welchen Zeitraum waren diese datiert?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, ob beim Landgericht Itzehoe gegen A.
Verfahren anhängig waren?

Wenn ja, aufgrund welcher Vergehen?

In welchem Zeitraum wurden diese Verfahren bearbeitet und wie endeten sie
(bei Verurteilung bitte Strafmaß angeben, bei Einstellung bitte Begründung
angeben)?

Berlin, den 2. September 1999

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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