BT-Drucksache 14/1544

Jahr 2000-Problem - Unterstützung zur Problemlösung

Vom 7. September 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1544
14. Wahlperiode 07. 09. 99

Antrag
der Abgeordneten Birgit Homburger, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hildebrecht Braun (Augsburg), Ernst Burgbacher, Paul K. Friedhoff, Joachim
Günther (Plauen), Walter Hirche, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel,
Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Türk, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der F.D.P.

Jahr-2000-Problem – Unterstützung zur Problemlösung

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Bis zum Jahr 2000 sind es nur noch wenige Monate. Der Bundesregierung ist
das Jahr-2000-Problem bekannt. In Fachkreisen werden die Probleme immer
noch in vielen Bereichen als keineswegs gelöst angesehen. Die praktische Im-
plementierung von Lösungen scheitert noch in vielen Bereichen.

Der Fortschrittsbericht der Bundesregierung von April 1999 lässt viele Fragen
offen. Er zeigt sehr deutlich, dass in vielen Bereichen noch Handlungsbedarf
national wie international besteht. Die Antwort der Bundesregierung auf die
Kleine Anfrage der Fraktion der F.D.P. „Jahr-2000-Problem“ hat diese offenen
Fragen zum großen Teil nicht beantwortet.

Während die Bundesregierung die Situation des Bundes als unproblematisch
einschätzt, berichtet der Bundesrechnungshof, dass die Ressorts immer noch
nicht in der Lage seien, genaue Endtermine für ihre Arbeiten anzugeben. Nach
Meinung des Bundesrechnungshofes verkennen die Ressorts insbesondere den
zeitlichen Aufwand für eine hinreichende Anzahl von Tests.

Es besteht danach die Gefahr, dass die Bundesregierung die Verwaltungen des
Bundes, der Länder und der Kommunen, kleine und mittelständische Unterneh-
men sowie die Bürgerinnen und Bürger relativ unvorbereitet dem Jahreswechsel
begegnen lässt.

Im Fortschrittsbericht der Bundesregierung von April 1999 wird das staatliche
Handeln außerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs beschrieben als ein
Handeln, das auf eine ‚Sensibilisierung und Information der Anwender („Hilfe
zur Selbsthilfe“) sowie die Koordinierung von Aktivitäten der beteiligten gesell-
schaftlichen Gruppen beschränkt bleiben (muss)‘. Dieses Verständnis der Bun-
desregierung darf nicht dazu führen, dass sie im rein Deskriptiven ihrer Ak-
tionen, Hinweise, Abstimmungen und Koordinierungen stecken bleibt. Der
Fortschrittsbericht muss vielmehr den Charakter einer Beschreibung des augen-
blicklichen konkreten Ergebnisstandes der Problemlösung auf allen Ebenen sein
und kein Aktionismusbericht.

Drucksache 14/1544 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der zweite Fortschrittsbericht der Bundesregierung muss ergebnisorientiert ge-
fasst sein. Die Information alleine, dass es zwischen den betroffenen Verantwor-
tungsträgern Kontakte gibt und Aufklärungsarbeit geleistet wird, reicht nicht
aus, um vor tatsächlichen Gefahren zu schützen und die anstehenden Probleme
verantwortungsvoll zu lösen.

Ferner sollte die Bundesregierung an den Stellen, an denen sie auf fremde Aus-
künfte und Informationen angewiesen ist, mehr auf die Erteilung von Fakten
und Informationen drängen, damit Vorbereitungen getroffen werden können und
eine Defizitanalyse mit konkretem Zeitplan zur Lösung der Probleme erstellt
werden kann.

Die Antwort auf die Kleine Anfrage der F.D.P.-Fraktion zum „Jahr-2000-Pro-
blem“ und der Fortschrittsbericht der Bundesregierung sprechen die gleiche
Sprache. Denn auch auf die Kleine Anfrage der F.D.P.-Fraktion antwortet die
Bundesregierung nicht lösungsorientiert, sondern ausweichend, umschweifend
und aktionsbeschreibend. Dies gilt auch für den Verweis auf die Berichte der
Länder im Anhang des Fortschrittsberichtes, die jeweils in Kürze ähnlich wenig
an konkreten Fakten orientiert die Situation beschreiben. Daher wird die Ankün-
digung in der Antwort auf die Fragen 20. und 21. der Kleinen Anfrage der
F.D.P.-Fraktion, dass die Länder und Kommunen ihre in der Folge nach April
1999 bis zum 1. Oktober 1999 getroffenen Vorkehrungen im zweiten Fort-
schrittsbericht darstellen wollen, keinen Beitrag zur Transparenz der augen-
blicklichen Situation bringen.

Die Bundesregierung muss die Bevölkerung umfassend informieren. Die Bevöl-
kerung wird derzeit überwiegend mit Gerüchten konfrontiert. Dies ist ein un-
haltbarer Zustand. Die Bundesregierung muss das Jahr-2000-Problem als gesell-
schaftliches Problem ernst nehmen und es auch als solches in der Öffentlichkeit
mit aller Sorgfalt behandeln. Die Bevölkerung muss auf die möglichen Risiken
hingewiesen werden, damit sie sich auf die möglichen Situationen einstellen
kann. Die Bundesregierung hat die Pflicht, die Öffentlichkeit umfassend zu in-
formieren, um Panik auch nach dem Jahreswechsel – falls es zu Versorgungs-
engpässen kommen sollte – auszuschließen.

Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf:

1. den zweiten Fortschrittsbericht termingerecht zum 1. Oktober 1999 vorzu-
legen;

2. den zweiten Fortschrittsbericht fakten- und ergebnisorientiert auf der Ebene
des Bundes, der Länder und der Kommunen mit einer detaillierten Analyse
des Ist-Zustandes, der Defizite, sowie einen Vorschlag incl. Zeitrahmen zur
Lösung der Probleme nach jeder Ebene aufgeschlüsselt zu verfassen;

3. in den zweiten Fortschrittsbericht Eventualplanungen und Notfallpläne mit
genauer Beschreibung und Zeitrahmen aufzunehmen;

4. den zweiten Fortschrittsbericht der Bundesregierung so zu gestalten, dass er
eine nachvollziehbare Grundlage für die Schlussfolgerungen und Annahmen
der Bundesregierung aufweist;

5. den ausweichenden verschleiernden Sprachgebrauch des ersten Fortschritts-
berichtes durch klare Formulierungen im zweiten Fortschrittsbericht zu er-
setzen;

6. einen dritten Fortschrittsbericht zum 1. Dezember 1999 für die im zweiten
Bericht nicht geklärten Fragen vorzulegen;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1544

7. detailliert über den Ist-Zustand der Kommunen zu berichten und die wei-
teren Vorgehensmaßnahmen zur Unterstützung der Kommunen auf jeder
Ebene darzustellen;

8. darzulegen, welche Unterstützung die für das Gesundheitswesen zuständi-
gen Behörden und Ministerien bislang den Krankenhäusern gewährt haben;

9. darzulegen, warum die Bundesregierung der Überzeugung ist, dass von den
Betreibern der Atomkraftwerke die Vorsorge- und Überprüfungsmaßnah-
men zeitgerecht erfolgen. Insbesondere ist hierbei darzustellen, wie die
Bundesregierung vor Abschluss der Überprüfung der Unterlagen (ein-
schließlich Vorsorgemaßnahmen) im Oktober/November durch die von den
atomrechtlichen Aufsichtsbehörden zuständigen Ländern eingeschalteten
Sachverständigen zu solchen Erkenntnissen kommen kann;

10. diese Ergebnisse in den dritten Fortschrittsbericht mit aufzunehmen;

11. ein für jeden Bürger erreichbares und verständliches Informationskonzept
zu erarbeiten und umzusetzen.

Berlin, den 7. September 1999

Birgit Homburger
Ulrike Flach
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Ernst Burgbacher
Paul K. Friedhoff
Joachim Günther (Plauen)
Walter Hirche
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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