BT-Drucksache 14/1533

Vierter Jahrestag des deutsch-vietnamesichen Rückübernahmeabkommens - Bilanz und Perspektiven

Vom 2. September 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1533
14. Wahlperiode 02. 09. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Vierter Jahrestag des deutsch-vietnamesischen Rückübernahmeabkommens —
Bilanz und Perspektiven

In wenigen Wochen jährt sich zum vierten Mal das am 21. September 1995 in
Kraft getretene deutsch-vietnamesische Rückübernahmeabkommen. Ende des
kommenden Jahres endet die Laufzeit des Abkommens, das jeweils um ein Jahr
verlängert wird, wenn es nicht sechs Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer ge-
kündigt wird.

Die frühere Bundesregierung hatte bei Unterzeichnung des Abkommens erklärt,
sie gehe von 40 000 „ausreisepflichtigen“ Vietnamesinnen und Vietnamesen aus.
Davon sollten laut Artikel 4 des Abkommen bis Ende 1998 bereits 20 000 Perso-
nen wieder in Vietnam aufgenommen sein. In der Praxis liegt die Zahl aber deut-
lich niedriger.

Gleichzeitig hält die Diskriminierung und Kriminalisierung der hier lebenden
Vietnamesinnen und Vietnamesen an. Die deutsche Politik beharrt hartnäckig auf
der Rückführung dieser Menschen nach Vietnam, statt ihnen hier ein Bleiberecht
zu gewähren.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Personen sind im Zuge des Rückübernahmeabkommens bisher nach
Vietnam zurückgekehrt (bitte jährliche Angaben seit 1995 bzw. für 1999 zum
30. Juni 1999)

2. Wie viele Anträge auf Rückübernahme wurden von deutscher Seite bisher ins-
gesamt gestellt (A-Liste) (bitte Angaben wie unter Frage 1)?

3. Wie viele dieser Anträge sind von vietnamesischer Seite positiv beschieden
worden (bitte Angaben wie unter Frage 1)?

4. Wie viele dieser Anträge sind von vietnamesischer Seite negativ beschieden
worden und worin liegen nach Erkenntnissen der Bundesregierung die we-
sentlichen Gründe für diese Bescheide?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass hier lebende vietnamesische Personen,
wenn sie von einem deutschen Antrag auf Rückübernahme erfahren, in Nach-
barländer migrieren?
a) Wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Umfang und

die Zielländer dieser Migration?
b) Haben Nachbarländer wegen dieser durch das Rückübernahmeabkommen

ausgelösten Migration bei der Bundesregierung interveniert?

Drucksache 14/1533 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

6. Wie sollen die Bundesländer nach den Vorstellungen der Bundesregierung mit den
Personen verfahren, die die Bundesregierung zurückführen will, deren Rücknahme
aber von vietnamesischer Seite abgelehnt wird?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Rückkehrer nach ihrer Rückkehr in Vi-
etnam in der Bundesrepublik Deutschland erneut um Asyl gebeten haben (bitte jähr-
liche Angaben wie unter Frage 1)?
Wenn ja, wie viele Personen haben ihren Asylantrag damit begründet, dass sie in
Vietnam
– wegen kritischer Meinungsäußerungen,
– aus religiösen Gründen,
– aus anderen Gründen
verfolgt wurden?

8. Hat die Bundesregierung die Einhaltung der in dem Abkommen von vietnamesi-
scher Seite übernommenen Verpflichtung, rückkehrende Vietnamesinnen und Vi-
etnamesen nicht wegen evtl. „illegaler Ausreise“ zu belangen, überpüft?
– Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
– Wenn nein, warum nicht?

9. Wie bewertet die Bundesregierung, dass das Rückübernahmeabkommen keine Be-
gleitung durch den UNHCR vorsieht?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die in dem Abkommen enthaltene Koppelung
von Entwicklungszusammenarbeit an die Erfüllung deutscher innenpolitischer For-
derungen, in diesem Fall an die Rückübernahme von hier lebenden Vietnamesinnen
und Vietnamesen?

11. a) Wie viel Entwicklungshilfe und Exportbürgschaften wurden 1995 zugesagt?
b) Wie viel ist davon bis heute gezahlt worden?
c) Welches sind die wichtigsten Projekte, die damit unterstützt wurden?
d) Welche Gelder kamen damit den Rückkehrern direkt zugute?
e) Hat die Bundesregierung die Firmen, die seit 1995 in Vietnam mit Unterstützung

durch deutsche Finanzhilfen und/oder Bürgschaften investierten, verpflichtet,
Arbeitsplätze für Rückkehrer bereitzustellen?
Wenn ja, in welchem Umfang?

12. Welche Planungen hat die Bundesregierung im Hinblick auf das Auslaufen des Ab-
kommens im kommenden Jahr?

13. Gab es in jüngster Zeit Gespräche zwischen der deutschen und der vietnamesischen
Seite zu Fragen des Rückübernahmeabkommens und seiner künftigen Umsetzung?
– Wenn ja, wann fanden diese Verhandlungen statt, welche Vorschläge wurden von

deutscher Seite unterbreitet und wie war die vietnamesische Reaktion?
– Wenn nein, sind solche Gespräche in nächster Zeit ins Auge gefaßt?

14. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über ein laut Koalitionsvereinba-
rung gemeinsam mit den Ländern zu vereinbarendes humanitäres Bleiberecht für
langjährig in der Bundesrepublik Deutschland lebende abgelehnte vietnamesische
Asylbewerber?

Berlin, den 26. August 1999

Ulla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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