BT-Drucksache 14/15

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht der Arbeitslosenhilfe (Erstes Arbeitslosenhilfe-Korrekturgesetz - 1. Alhi-KG)

Vom 4. November 1998


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/15 vom 04.11.1998

Gesetzentwurf der Fraktion der PDS Entwurf eines Ersten Gesetzes zur
Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht der Arbeitslosenhilfe (Erstes
Arbeitslosenhilfe-Korrekturgesetz - 1. Alhi-KG) =

04.11.1998 - 15


14/15

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Heidi Knake-Werner und der Fraktion der PDS
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Korrektur von Fehlentwicklungen im
Recht der Arbeitslosenhilfe (Erstes Arbeitslosenhilfe-Korrekturgesetz -
1. Alhi-KG)

A. Problem
In den vergangenen Jahren nahm der Gesetzgeber mehrfach Änderungen im Recht der
Arbeitslosenhilfe vor, deren Intention ausschließlich in einer Entlastung des
Bundeshaushaltes auf Kosten der Kommunen, der Sozialversicherungskassen und der
Arbeitslosenhilfe-Empfänger bestand. Von besonderer Bedeutung war hierbei das
Gesetz zur Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe (Arbeitslosenhilfe-
Reformgesetz - Alhi-RG) und darin die jährliche Absenkung des
Bemessungsentgeltes für die Arbeitslosenhilfe. Hierbei handelte es sich um eine
Regelung, die der Arbeitslosenhilfe, die in ihrem Charakter dem
Arbeitslosengeld angenähert ist und selbst wesentliche Merkmale einer
Lohnersatzleistung aufweist, ihren spezifischen Charakter und damit ihre
Unterscheidbarkeit von der Hilfe zum Lebensunterhalt nimmt. Zugleich förderte
die gesetzliche Regelung eine verstärkte Inanspruchnahme ergänzender
Sozialhilfe und damit die Mehrbelastung der Kommunen. Die erhofften Wirkungen
- Verminderung der Zahl der Langzeitarbeitslosen - traten nicht ein und
konnten auch gar nicht eintreten, weil es sinnlos ist, Arbeitslose durch
Absenkung der Unterstützungsleistungen unter Druck zu setzen, weil eben die
Arbeitsplätze fehlen. Schließlich trug das Gesetz in erheblichem Maße zur
Entsolidarisierung und Diskreditierung sozialstaatlicher Regelungen bei, weil
es einen generellen Mißbrauchsvorbehalt gegenüber den Bezieherinnen und
Beziehern von Arbeitslosenhilfe enthielt und im Hintergrund der Vorwurf stand,
die Leistungsempänger erhielten zu viel. Solche Fehlentwicklungen der letzten
Jahre bedürfen der politischen Kurskorrektur. Das Wichtigste ist, für mehr
Arbeit zu sorgen, dabei darf man nicht die Arbeitslosen bekämpfen. Im Vorgriff
auf eine grundlegende Reform des Rechts der Arbeitslosenhilfe müssen einzelne
Maßnahmen, die für sich und als Symbol für eine falsche Weichenstellung von
besonderer Bedeutung sind, umgehend korrigiert werden. Denn nur so läßt sich
ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem sich zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren lassen.
B. Lösung
Die gesetzliche Regelung, wonach der jährliche Anpassungsfaktor für das Bemessungsentgelt der Arbeitslosenhilfe vermindert wird, wird ersatzlos gestrichen.
C. Alternativen
Keine
D. Kosten
Die Maßnahmen des Ersten Arbeitslosenhilfe-Korrekturgesetzes werden den Bundeshaushalt jährlich mit bis zu 250 Mio. DM belasten. Die Gemeinden werden in einer nicht
bezifferbaren Höhe entlastet.
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Korrektur von Fehlentwicklungen im Recht

der Arbeitslosenhilfe (Erstes Arbeitslosenhilfe-Korrekturgesetz - 1. Alhi-KG)
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) - Arbeitsförderung - in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches
Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970) wird wie folgt geändert:
§ 201 - Besonderheiten der Anpassung - wird ersatzlos gestrichen.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
Bonn, den 4. November 1998
Dr. Heidi Knake-Werner
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Die jährliche Absenkung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitslosenhilfe
gehörte zu einer Reihe gesetzgeberischer Maßnahmen, mit denen die
Arbeitslosenhilfe als eine Fürsorgeleistung aufgefaßt und weiterentwickelt
werden sollte. Damit wurde sie schleichend ihrem Charakter als dem
Arbeitslosengeld angenäherte und von der Hilfe zum Lebensunterhalt
unterscheidbare Lohnersatzleistung entfremdet. Diese Maßnahmen folgten
keinem ordnungspolitisch begründetem Reformanspruch. So war die
Kennzeichnung der Arbeitslosenhilfe als steuerfinanzierte Fürsorgeleistung
ausdrücklich nicht mit der Absicht verbunden, sie in der Höhe des
soziokulturellen Existenzminimums zu sockeln. Vielmehr wurde auch in der
damaligen Gesetzesbegründung billigend in Kauf genommen, daß durch die
Absenkung des Bemessungsentgeltes mehr Arbeitslosenhilfebezieherinnen und -
bezieher in die Abhängigkeit von Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem
Bundessozialhilfegesetz geraten. Die gesetzliche Regelung diente
ausschließlich dem Ziel, den Bundeshaushalt durch Leistungskürzungen zu
ent-lasten.
Darüber hinaus unterstellte die pauschale jährliche Absenkung des Bemessungsentgeltes unterschiedslos bei allen Arbeitslosenhilfebezieherinnen und
-beziehern einen automatischen und gleichförmigen Verlust beruflicher Qualifikation. Diese Annahme war und ist durch keinerlei empirische Erfahrung
gedeckt; im Gegenteil, schon zum damaligen Zeitpunkt lagen empirische Befunde unter anderem des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
vor, aus denen hervorging, daß Langzeiterwerbslose keine homogene Gruppe bilden.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Durch die ersatzlose Streichung des § 201 SGB III wird der alte gesetzliche
Zustand wiederhergestellt. Das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe
wird wieder wie das Bemessungsentgelt für das Arbeitslosengeld jeweils nach
Ablauf eines Jahres entsprechend der Veränderung der Bruttolohn- und -
gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigtem Arbeitnehmer vom
vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr an die Entwicklung der
Bruttoarbeitsentgelte angepaßt.
Zu Artikel 2
Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.
Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn,
Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44
ISSN 0722-8333

04.11.1998 nnnn

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