BT-Drucksache 14/1465

Integration von Frauen in die "Informationsgesellschaft"

Vom 29. Juli 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1465
14. Wahlperiode
29. 07. 99
Kleine Anfrage
derAbgeordneten Petra Bläss, Monika Balt, Dr. Heidi Knake-Werner, Rolf Kutzmutz, Christina Schenk und der Fraktion der PDS
Integration von Frauen in die „Informationsgesellschaft"
Die Arbeitsgruppe „Frauen in der Informationsgesellschaft" stellte bei einem Gespräch „Frauen und Informationsgesellschaft" mit dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 24. Juni 1999 in Bonn fest, daß Mädchen und Frauen an der Entwicklung der Informationsgesellschaft immer noch nicht gleichberechtigt gegenüber Jungen und Männern beteiligt sind. Im Rahmen des Haushaltstitels 685 03-179 „Strategien zur Durchsetzung von Chancengleichheit für Frauen in Bildung und Forschung" im Einzelplan 30 wird der Programmteil „Frauen in der Informationsgesellschaft" deshalb auch weiter gefördert.
Als eine Begründung für die anhaltende Unterrepräsentanz von Frauen wurde benannt, daß die existierenden Beratungsprojekte offensichtlich flächendeckend Frauen nicht ausreichend ansprechen und daß zusätzlich die Möglichkeiten, sozial benachteiligte Frauen zu erreichen, ausgesprochen gering sind. Als eine mögliche Ursache der ungleichen Beteiligung wird auch die Tatsache gesehen, daß nicht genügend frauengerechte Inhalte im Netz angeboten werden. Außerdem bestehen Defizite in der Software- und in der Hardwaregestaltung. Die Inhalte der angebotenen Software sind nicht frauengerecht aufbereitet und ausgestaltet. Es wurde weiterhin konstatiert, daß ein Mangel an ausgebildeten Lehrkräften besteht, die ihrerseits in der Lage sind, Kenntnisse über die Medien und den Umgang mit den Medien zu vermitteln. Ein weiteres Problem stellt die nahezu unmögliche Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie dar: Forschungsergebnisse zur Telearbeit zeigen, daß die Bundesrepublik Deutschland in diesem Punkt hinter anderen europäischen Ländern herhinkt. Das hat zur Folge, daß insbesondere Frauen an einer kontinuierlichen Ausbildung und Erwerbstätigkeit im Rahmen der Informationsgesellschaft gehindert sind. Uns interessiert, welche Vorstellungen die Bundesregierung hat, um die gleichberechtigte Partizipation von Frauen an der Informationsgesellschaft herzustellen und zu gewährleisten.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welchen Erfolg verspricht sich die Bundesregierung davon, mit Fördermitteln die „Beteiligung von Frauen an der Informationsgesellschaft" zu erhöhen?
a) Auf welche Weise und mit welchen Methoden bemißt die Bundesregierung den Anteil von Frauen an der Informationsgesellschaft?
b) Was sind nach der Kenntnis der Bundesregierung die Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen in der Informationsgesellschaft?
c) Welche Rolle spielt nach Auffassung der Bundesregierung die eingeschränkte Vereinbarkeit von Beruf und Familie in bezug auf die geringe Repräsentanz von Frauen in der Informationsgesellschaft?
d) Welche Zugangshemmnisse für Frauen zu IuK-Technik hat die Bundesregierung festgestellt?
2. Was versteht die Bundesregierung unter „familienadäquater" Telearbeit?
a) Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse zahlreicher Studien (u. a. von IBM), die zu der Einschätzung gelangen, daß Telear-beit kein Mittel zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie
darstellt?
b) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Telearbeit bestehende Rollenzwänge für Frauen sogar noch verfestigt, indem Frauen an Teleheimarbeitsplätzen zwar arbeiten, aber Kinderbetreuung und Haushalt dennoch in ihrer Hauptverantwortung liegen?
Wenn ja, wie will die Bundesregierung Abhilfe schaffen?
3. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, daß Mädchen und junge Frauen meist weniger in Ausbildungsberufe aufgenommen werden, die sich mit IuK-Technik beschäftigen?
Wenn ja, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung dieser Entwicklung entgegensetzen?
a) Hält die Bundesregierung eine verbindliche Quotierung mit Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten für die Berufsausbildung für eine geeignete Maßnahme, um die Chancen von Mädchen und jungen Frauen für eine Berufsausbildung bei IuK-Berufen zu fördern?
Wenn nein, warum nicht?
b) Wie könnte eine verbindliche Regelung ausgestaltet sein, die Mädchen und jungen Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu IuK-Ausbildungsberufen sichert?
c) Welche Geltungsbereiche könnte eine gesetzliche Regelung zur Ausgestaltung des gleichberechtigten Zugangs von Mädchen und jungen Frauen in Berufen der IuK-Technik umfassen?
4. Welche Ideen und Vorstellungen hat die Bundesregierung im Rahmen der Berufsbildungsforschung für neue Ausbildungsberufe, die auch für Mädchen und junge Frauen die IuK-Technik attraktiv machen?
5. Welche Gründe hindern Frauen am Verbleib in IT-Berufen, und mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung dazu beitragen, den Verbleib von Mädchen und Frauen in Berufen der IuK-Technik zu fördern?
6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Qualität und Gestaltung der verschiedenen Berufe und Jobs im Bereich der IuK-Technik hinsichtlich Einkommen, Arbeitszeit und Stetigkeit, die speziell von Frauen ausgeübt werden?
7. Welche Erfahrungen zur Heranführung von Frauen an die IuK-Technik wurden durch die Bundesregierung in den Projekten „Frauen in der Informationsgesellschaft" gesammelt?
8. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zur Förderung des Men-torings für Mädchen und Frauen für die Anwendung von IuK-Technik in Schule, Freizeit, Ausbildung, Studium und Weiterbildung?
9. Mit welchen Mitteln fördern die Arbeitsämter speziell eine Heranführung von Mädchen und Frauen an die IuK-Technik?
10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil von Frauen in technischen Berufen insgesamt und den Berufen der IuK-Technik insbesondere?
11. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Anteil von Frauen, die als Beraterinnen für IuK-Technologien in Technologietransferzentren und Technologieagenturen beschäftigt sind?
12. Wie viele Frauen arbeiten nach den Erkenntnissen der Bundesregierung in FuE-intensiven (FuE: Forschung und Entwicklung) Bereichen mit IuK-Technik, und welche Tätigkeiten üben sie dort überwiegend aus?
13. Was verspricht sich die Bundesregierung vom Aktionsprogramm „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft im 21. Jahrhundert" hinsichtlich der qualitativen Integration von Frauen in die Informationsgesellschaft?
14. Teilt die Bundesregierung die Zielstellung der Expertinnengruppe: „50 Prozent Frauen ins Internet bis 2003", wie es im oben genannten Aktionsprogramm gefordert wird?
a) Wie wird der Anteil von „Frauen im Internet" entsprechend der Zielstellung des Aktionsprogrammes „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft im 21. Jahrhundert" ermittelt?
b) Wie hoch wird durch die Bundesregierung der Anteil von „Frauen im Internet" derzeit ausgewiesen?
15. An wie vielen Hochschulen werden Informatik-Studiengänge angeboten und wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Studentinnen an diesen Studiengängen?
16. Was kann und muß nach Einschätzung der Bundesregierung getan werden, um den flächendeckenden Einsatz von IT-Multiplikatorinnen in Schule, Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen?
17. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Forderung der Expertinnengruppe „Frauen in der Informationsgesellschaft" zu unterstützen, daß der Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission „Leben und Arbeiten in der Informationsgesellschaft - Frauen und Technik im 21. Jahrhundert" einrichten solle, und wenn ja, warum?
An welchen Leitbildern und Grundsätzen sollte sich ggf. der Arbeitsauftrag nach Meinung der Bundesregierung orientieren?
Bonn, den 29. Juli 1999
Petra Bläss
Monika Balt
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Christina Schenk
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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