BT-Drucksache 14/1446

Der "Stahlhelm - Kampfbund für Europa" und der Rechtsextremismus

Vom 19. Juli 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1446
19. 07. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Der „Stahlhelm-Kampfbund für Europa“ und der Rechtsextremismus

Der „Stahlhelm“ wurde 1918 gegründet und war in der Weimarer Repu-
blik die bedeutendste militaristische Vereinigung. 1933 wurde der „Stahl-
helm“ in die faschistische SA eingegliedert und 1935 formell aufgelöst.

In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte Anfang der 50er Jahre seine
Wiedergründung als eingetragener Verein. Geistig dominiert in diesem
Verein eine einseitig nationalistische und militaristische Verherrlichung
der deutschen Geschichte. Programmatische Positionen und Grundlagen
sind vorrangig:

– Leugnung der deutschen Schuld am Ersten und Zweiten Weltkrieg

– Forderung nach Wiederherstellung eines Großdeutschen Reiches

– Durchsetzung einer deutschen Hegemonie in Europa

– Rassismus.

Im niedersächsischen York befindet sich das zentrale Schulungszentrum
vom „Stahlhelm“. Es ist benannt nach Franz Seldte, dem Gründer des
„Stahlhelms“ und dem späteren Reichsarbeitsminister des NS-Regimes.

Im November 1997 gründete der „Stahlhelm“ einen Landesverband in
Flandern (vgl. Rundschreiben 11./97 des Landesverbandes Niedersachsen
des „Stahlhelms“ vom 3. Oktober 1997).

Der „Stahlhelm“ wird im Verfassungsschutzbericht des Landes Nieder-
sachsen für das Jahr 1998 erwähnt.

Im März 1998 kam es in Rheinland-Pfalz zu umfangreichenWaffenfunden
in rechtsorientierten Kreisen, darunter bei Mitgliedern des „Stahlhelms“.

In einer gemeinsamen Presseerklärung des Polizeipräsidenten Westpfalz
und zweier Staatsanwaltschaften hieß es hierzu: „. . .In diesem Zusammen-
hang hatte die Polizei in der Vergangenheit 14 Hausdurchsuchungen
durchgeführt und beweiserhebliches Material sicherstellen können. Ge-
gen die ,Waffeninteressenten‘ im Alter zwischen 19 und 62 Jahren wird
wegen Verdachtes eines Verstoßes gegen dasWaffengesetz, Sprengstoffge-
setz und das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. Sie gehören überwie-
gend der Organisation ,Stahlhelm‘, einem Verein mit militaristischer Tra-
ditionspflege an“ (zitiert nach dem Flugblatt „Vorsicht! Neofaschistische
Nachbarn“ der VVN-BdA Kreisvereinigung Stade).

Der „Stahlhelm“ unterhält enge Verbindungen zu rechtsextremen Organi-
sationen. Im Mitteilungsblatt des „Stahlhelms“ wird fast ausschließlich für
neofaschistische Organisationen, Zeitschriften und Buchdienste gewor-
ben. Die Verbindungen zur NPD sind beim „Stahlhelm“ in Rheinland-
Pfalz besonders eng.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche verfassungsschutzrelevante Kenntnis hat die Bundesregierung
über den „Stahlhelm-Kampfbund für Europa“?

2. Wie viele Mitglieder hat der „Stahlhelm“?

3. Welche Verbindungen bestehen zu rechtsextremistischen Parteien und
Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland?

4. Welche Waffen wurden wann bei Mitgliedern des „Stahlhelms“ ge-
funden, und woher stammten diese nach Kenntnis der Bundesregie-
rung?

a. Stammten Teile dieser Waffen aus Beständen der Bundeswehr, und
wenn ja, wie viele (bitte nach Typ und Anzahl auflisten)?

b. Wie viele verfassungsschutzrelevante Ermittlungsverfahren wurden
gegen Mitglieder des „Stahlhelms“ wegen welcher Straftatbestände
eingeleitet, und sind diese Verfahren mittlerweile abgeschlossen?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der „Stahlhelm“ oder
Mitglieder des „Stahlhelms“ Wehrsportübungen durchführen?

Wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber?

6. Hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der „Stahlhelm“ an De-
monstrationen gegen die Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbre-
chen der Wehrmacht“ beteiligt?

Wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber?

7. Welche verfassungsschutzrelevanten Aktivitäten gehen vom „Franz-
Seldte-Haus“ in York und von der vom „Stahlhelm“ unterhaltenen
Gaststätte in Rheinland-Pfalz aus?

Werden die Räumlichkeiten von anderen Gruppen mitgenutzt und
wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung hierüber?

8. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesre-
gierung über internationale Verbindungen des „Stahlhelms“?

9. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesre-
gierung über die Gründung und Aktivitäten des Landesverbandes
Flandern des „Stahlhelms“?

10. Unterhielt der „Stahlhelm“ in den letzten 10 Jahren Kontakte zur
Bundeswehr und verfassungsschutzrelevante Kontakte zu Ver-
einigungen, die der Bundeswehr nahestehen, und wenn ja, welche
(bitte genau nach Jahr und Art der Kontakte auflisten)?

11. Hat die Bundesregierung Kenntnis über eine eventuelle Kinder- und
Jugendarbeit des „Stahlhelms“, und wenn ja, über welche Kenntnisse
verfügt die Bundesregierung?

Drucksache 14/1446 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

12. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über politisch motivierte
Strafverfahren oder Strafverfahren wegen Gewaltdelikten gegen Mit-
glieder des „Stahlhelms“?

13. Warum wird der „Stahlhelm“ nicht im Verfassungsschutzbericht des
Bundes aufgeführt?

14. Wann wurde zum letzten Mal der „Stahlhelm“ im Verfassungsschutz-
bericht des Bundes erwähnt?

Bonn, den 12. Juli 1999

Ulla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 14/1446Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

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