BT-Drucksache 14/1422

Kriegsbilanz: Gleiche Sicherheit für alle Bewohner des Kosovo

Vom 15. Juli 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1422
15. 07. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Fred Gebhardt, Wolfgang Gehrcke-Reymann, Carsten Hübner,
Heidi Lippmann-Kasten, Manfred Müller (Berlin), Dr. Winfried Wolf, Dr. Gregor Gysi
und der Fraktion der PDS

Kriegsbilanz (III)
Gleiche Sicherheit für alle Bewohner des Kosovo

Durch die Gleichzeitigkeit des Abzugs der jugoslawischen Armee- und
Sicherheitskäfte aus dem Kosovo und des Einrückens der KFOR-Trup-
pen sollte die Entstehung eines Machtvakuums im Kosovo verhindert wer-
den. Tatsächlich mehren sich die Meldungen über Plünderungen, Zerstö-
rungen, Raub, Flucht und Vertreibung nichtalbanischer Bevölkerungs-
teile, Übergriffe, Folter und Mord an Angehörigen nichtalbanischer
Bevölkerungsteile sowie Mitarbeitern internationaler (Hilfs-)Organisa-
tionen, bewaffnete Zwischenfälle usw.

Trotz des Durchführungsabkommens zur Demilitarisierung der UCK
scheint diese weiterhin über eine parallele, möglicherweise nach wie vor
bewaffnete Machtstruktur im Kosovo zu verfügen. Medienberichten zu-
folge werden seitens der UCK nach wie vor Kontrollpunkte unterhalten,
Polizeifunktionen wahrgenommen, Gefängnisse unterhalten, geheime
Waffenlager angelegt und lediglich weitgehend kriegsuntaugliches Gerät
in die Sammelstellen verbracht. Das Ziel gleicher Sicherheit für alle Be-
wohner des Kosovo scheint insgesamt nicht erreicht worden zu sein.

Wir fragen deshalb die Bundesregierung (sämtliche Fragen beziehen sich
auf den Zeitraum seit Beginn der Besetzung des Kosovo durch die
KFOR):

1. Wie viele Angehörige der nichtalbanischen Bevölkerung haben das
Kosovo verlassen?

Wie viele davon sind inzwischen wieder zurückgekehrt?

Wie viele davon sind aus der deutschen Besatzungszone geflohen oder
vertrieben worden?

2. Wie viele Angehörige der nichtalbanischen Bevölkerung wurden er-
mordet oder getötet?

Welche Erkenntnisse liegen über die Täter und die Tatmotive vor?

Wie viele davon kamen in der deutschen Besatzungszone ums Leben?

3. Wie viele Angehörige der kosovo-albanischen Bevölkerung wurden
ermordet oder getötet?

Wie viele davon kamen in der deutschen Besatzungszone ums Leben?

Welche Erkenntnisse liegen über die Täter und die Tatmotive vor?

4. Wie viele Angehörige der nichtalbanischen Bevölkerung waren an-
deren als tödlichen Übergriffen (Folter, Prügel, Verletzungen) ausge-
setzt?

Wie viele dieser Übergriffe entfallen auf die deutsche Besatzungs-
zone?

Welche Erkenntnisse liegen über die Täter und die Tatmotive vor?

5. Wie viele Angehörige der nichtalbanischen Bevölkerung waren an-
deren als tödlichen Übergriffen ausgesetzt?

Wie viele dieser Übergriffe entfallen auf die deutsche Besatzungs-
zone?

Welche Erkenntnisse liegen über die Täter und die Tatmotive vor?

6. Wie viele Fälle von

a) Raub,

b) Plünderungen,

c) Brandschatzungen,

d) anderen Zerstörungen von Wohnraum oder Hab und Gut

sind bekannt?

Wie viele Fälle davon sind jeweils in der deutschen Besatzungszone
aufgetreten?

Wie viele dieser Fälle sind jeweils Angehörigen welcher Bevölke-
rungsgruppe zuzurechnen?

7. In welchen Gebieten des Kosovo treten die folgenden Vorkommnisse
gehäuft auf:

a) Flucht und Vertreibung der nichtalbanischen Bevölkerung,

b) Übergriffe auf die nichtalbanische Bevölkerung,

c) Morde, Folter und Freiheitsberaubungen an Angehörigen der
nichtalbanischen Bevölkerung,

d) Plünderungen und Brandschatzungen,

e) bewaffnete Auseinandersetzungen,

f) Kontrollpunkte der UCK,

g) bewaffnete Patrouillen der UCK,

h) Entdeckung von Gefängnissen der UCK?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Beteiligung
von UCK-Angehörigen an Übergriffen auf Angehörige nicht-
albanischer Bevölkerungsgruppen?

9. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über das Ausmaß
der Beteiligung von aus Albanien heraus operierenden Banden an
kriminellen Handlungen im Kosovo insgesamt und speziell in der
deutschen Besatzungszone vor?

Gab es Festnahmen nichtjugoslawischer Staatsangehöriger im Zusam-
menhang mit solchen Handlungen?

Wenn ja, wie viele insgesamt und wie viele in der deutschen Besat-
zungszone?

Drucksache 14/1422 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

10. Verfügt die KFOR über hinreichende Möglichkeiten der Grenz-
sicherung und -kontrolle gegenüber eindringenden nichtjugoslawi-
schen Kriminellen?

11. Wie oft und von Angehörigen welcher Bevölkerungsgruppe wurden
KFOR-Angehörige oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen mit
welchem Ergebnis angegriffen?

12. Wie oft und mit welchem Ergebnis haben Soldaten der KFOR einge-
griffen, um Gewalttaten und andere Handlungen gegen die allgemeine
Sicherheit zu verhindern?

Wie oft haben Bundeswehrsoldaten eingegriffen?

13. Wie viele Festnahmen von Albanern, Kosovo-Albanern, Serben,
Roma u. a. durch KFOR-Soldaten sind bislang aus welchen Gründen
und mit welchen Folgen für die Festgenommenen vorgenommen wor-
den?

Wie viele Festnahmen erfolgten in der deutschen Besatzungszone?

14. Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden seitens der KFOR für die
nichtalbanische Bevölkerung des Kosovo insgesamt geplant, veranlaßt
bzw. durchgeführt oder angeboten?

15. Warum hält die Bundesregierung die gemeinsame Politik von NATO
und serbischer Regierung, die serbische Bevölkerung davon ab-
zuhalten, aus dem Kosovo zu fliehen bzw. die Flucht rückgängig zu
machen, angesichts der objektiv bestehenden Gefahren für verant-
wortbar?

Bonn, den 9. Juli 1999

Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Carsten Hübner
Heidi Lippmann-Kasten
Manfred Müller (Berlin)
Dr. Winfried Wolf
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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