BT-Drucksache 14/1373

Lizenverträge deutscher Rüstungsfirmen mit der Türkei

Vom 29. Juni 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1373
29. 06. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS

Lizenzverträge deutscher Rüstungsfirmen mit der Türkei

Ende 1998 antworteten vier Firmen auf die Ausschreibung des türkischen
Verteidigungsministeriums für die Co-Produktion von sechs militärischen
Minenräumgeräten, darunter befanden sich Lürssen zusammen mit ihrem
Partner Abeking&Rassmussen. Das Programmbeinhaltete die Konstruk-
tion von fünf Minenräumgeräten unter Lizenz der entsprechenden Firma
in der Türkei und dem Import eines weiteren (Jane’s Defence Weekly,
21. Februar 1998).

In der Jane’s DefenceWeekly vom 14. April 1999 wird berichtet, das türki-
sche Verteidigungsministerium habe sich entschieden, über das deutsche
Angebot zu verhandeln. Das Konsortium soll sechs Minensucher bauen,
von denen fünf faktisch in Lizenz auf türkischenWerften endgefertigt wer-
den. Sie sollen eingesetzt werden, um den Bosporus in Krisenzeiten von
Minen zu räumen.

Im Oktober 1998 wurde der Start der lizenzierten Produktion von 500 000
Heckler &Koch 33E 5.56 mm-Angriffsgewehren und 1 500 Granatwerfern
durch deutsche Waffen-Export-Regulierungen aufgeschoben (Jane’s
Defence Weekly, 28. Oktober 1998).

Am 27. Januar dieses Jahres berichtete die Jane’s Defence Weekly, daß
Heckler & Koch bald mit der Produktion von 500 000 5.56 mm G36-An-
griffsgewehren beginnen würde, um die 7.62 mm G3-Sturmgewehre, über
welche die Türkei zur Zeit verfügt, im Rahmen eines zehnjährigenModer-
nisierungsprojektes zu ersetzen. Dieses würde auch die Produktion von
5.56 mm SS 109-Munition beinhalten. Die G3-Gewehre gehören zur Stan-
dardbewaffnung der türkischen Infanteristen in den kurdischen Gebieten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, daß die Firma Blohm1
Voss der türkischen Marine angeboten hat, ihr vier Korvetten vom Typ
MEKO 200 zu verkaufen und dafür die zwölf, zur Zeit im Rahmen des
türkischen „Naval National Vessel Projekts“ (MilGem) geplanten, Kor-
vetten vom Typ 200 auf acht zu reduzieren (Jane’s Defence Weekly,
12. Mai 1999)?

a) Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Vertragsänderung bereits
realisiert wurde oder realisiert werden wird?

Wenn ja, weiß die Bundesregierung, wann die Änderung vorgenom-
men wurde oder vorgenommen werden wird?

b) Gibt es derzeit Verhandlungen zwischen Blohm 1 Voss und der
Türkei hinsichtlich der Vertragsänderung?
Wenn ja, wann?

c) Gab es Zustimmung seitens des Bundessicherheitsrates?
Wenn ja, wann?

d) Ist der Bundesregierung bekannt, warum Blohm 1 Voss die oben
genannte Änderung vorschlägt?

e) Gibt es für die Korvetten vomTypMEKOFinanzierungshilfe seitens
des Bundes?
Gibt es Hermes-Kreditbürgschaften, oder sind solche geplant?

f) Worin unterscheiden sich die nun von Blohm 1 Voss vorgeschlage-
nen Fregatten von denMEKO 200-Fregatten, die sich zur Zeit in der
Türkei im Bau befinden?

g) Sollen die jetzt von Blohm + Voss vorgeschlagenen Fregatten voll-
ständig in der BundesrepublikDeutschland konstruiert werden, oder
nur zum Teil?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, daß zur Zeit in der Türkei Korvetten
vom Typ MEKO 200 unter Lizenz von Blohm 1 Voss konstruiert wer-
den?
Erfolgen für die Korvettenproduktion in der Türkei noch Materialzu-
lieferungen aus Deutschland?
Wenn ja, welche?
In welchem Umfang finden die Materialzulieferungen statt?
Wie viele Container werden z. B. jährlich geliefert?

3. Trifft es zu, daß im Oktober 1998 der Start der lizenzierten Produktion
von 500 000 Heckler & Koch 33E 5.56 mm-Angriffsgewehren und 1 500
Granatwerfern durch deutsche Waffen-Export-Regulierungen aufge-
schoben wurde (Jane’s Defence Weekly, 28. Oktober 1998)?
Welches waren die Gründe, um die Produktion der G36-Gewehre im
Herbst 1998 aufzuschieben?

4. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, daß Heckler & Koch
bald mit der Produktion von 500 000 5.56 mm G36-Angriffsgewehren
beginnen würde, um die 7.62 mm G3-Sturmgewehre, über welche die
Türkei zur Zeit verfügt, zu ersetzen (Jane’s Defence Weekly, 27. Ja-
nuar 1999)?
a) Hat die Bundesregierung dem von der Jane’s Defence Weekly im

Januar angekündigten Beginn der Produktion der G36-Gewehre zu-
gestimmt?
Wenn ja, wann?

b) Weiß die Bundesregierung, wann genau die Produktion der Heckler
& Koch G36-Gewehre beginnen soll?

c) Wieso wird statt der im Herbst 1998 aufgeschobenen Produktion der
33E 5.56 mm-Gewehre im Januar 1999 vom Produktionsbeginn von
5.56 mm G36-Angriffsgwehren ausgegangen?

d) In welchem Ausmaß sollen die 5.56 mm-Gewehre in der Bundes-
republik Deutschland und in welchem Ausmaß in der Türkei unter
Lizenz von Heckler & Koch produziert werden?

e) Welche Vereinbarungen traf die Bundesregierung mit der Türkei, um
auszuschließen, daß G36-Gewehre, welche die G3-Gewehre er-

Drucksache 14/1373 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

setzen, nicht gegen die kurdische Bevölkerung zum Einsatz kom-
men?

f) Wurde bezüglich der 5.56 mm G3-Gewehre eine Endverbleibs-
klausel mit der Türkei vereinbart?

Wenn ja, gibt es eine zeitliche Begrenzung im Rahmen der End-
verbleibsklausel?

Gibt es Exportbeschränkungen nach 15 Jahren?

g) Ist es geplant, die 7.62 mm G3-Gewehre vollständig durch die
5.56 mm G36-Gewehre zu ersetzen?

h) Gibt es Absprachen und Vereinbarungen zwischen der Bundesre-
gierung und der türkischen Regierung hinsichtlich des Moder-
nisierungsprojektes der Türkei?

Wenn ja, welche?

i) Ist der Bundesregierung bekannt, was mit den alten 7.62 mm G3-
Gewehren passieren soll?

j) Worin unterscheiden sich die beiden Gewehrtypen?

5. Stimmt es, daß die Produktion der Heckler & Koch-Gewehre laut
Jane’s Defence Weekly vom 27. Januar 1999 auch die Produktion von
5.56 mm SS 109-Munition beinhaltet?

a) Ist bekannt, welche Mengen an Munition produziert werden sollen?

b) Wird die Munition in der Bundesrepublik Deutschland oder unter
Lizenz von Heckler & Koch in der Türkei produziert?

c) Ist die Munition für die Ausrüstung im Rahmen von NATO-Opera-
tionen bestimmt?

Wenn nein, wofür ist sie bestimmt?

6. Stimmt es, daß im Herbst 1998 der Start der lizenzierten Produktion
von Heckler & Koch-Granatwerfern vorläufig aufgeschoben wurde
(Jane’s Defence Weekly, 28. Oktober 1998) und daß die Bundesregie-
rung den Technologietransfer für die Produktion der Granatwerfer in
die Türkei blockierte (Jane’s Defence Weekly, 14. April 1999)?

a) Aus welchen Gründen war die Regierung gegen die Produktion von
Granatwerfern in der Türkei unter Lizenz von Heckler & Koch?

b) Wird die Regierung weiterhin die lizenzierte Produktion der Gra-
natwerfer in der Türkei unterbinden?

Wenn ja, wie lange?

c) Ist der Bundesregierung bekannt, wozu die Türkei die Granatwerfer
benötigt und wo sie zum Einsatz kommen sollten?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Ausschreibung des
türkischen Verteidigungsministeriums für die Co-Produktion von sechs
militärischen Minenräumungsgeräten und das Angebot deutscher Fir-
men vor?

a) Wann und auf welcher Ebene wurde verhandelt, daß das deutsche
Konsortium an der Ausschreibung teilnimmt?

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b) Wurde der Vertrag bereits geschlossen?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, ist der Bundesregierung bekannt, wann der Vertrag ge-
schlossen werden soll und welche Verhandlungen zur Zeit geführt
werden?

c) Wird dieses Rüstungsgeschäft von Bundesmitteln mitfinanziert?

Wenn ja, in welcher Form?

Gibt es Hermes-Kreditbürgschaften, bzw. sind solche geplant?

d) Ist der Bundesregierung bekannt, von welchem militärischen Kon-
flikt ausgegangen wird, der eine Minenräumung des Bosporus er-
fordern würde?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Angaben, daß die Türkei am
19. März 1999 mit dem deutsch-französischen Konsortium Eurocopter
einen Vertrag zum Kauf von 8 Cougar-Hubschraubern unterzeichnete?

a) Bedürfte dieser Vertrag der Genehmigung des Bundessicherheitsra-
tes?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wann erteilte er seine Zustimmung?

b) Bedürfte dieser Vertrag der Zustimmung deutscher Instanzen?
Wenn nein, warum nicht?

c) Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse bezüglich des Ge-
brauchs des Transporthubschraubers Cougar im Rahmen militä-
rischer Handlungen seitens der Türkei in den kurdischen Gebieten?

Bonn, den 21. Juni 1999

Ulla Jelpke
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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