BT-Drucksache 14/1354

Unterstützung für Landsmannschaften und andere Organisationen der deutschen Heimatvertriebenen sowie für die Pflege des Kulturgutes der Vertreibungsgebiete

Vom 29. Juni 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1354
29. 06. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hartmut Koschyk, Manfred Grund, Georg Janovsky, Eva-Maria
Kors, Dr. Peter Paziorek, Anita Schäfer, Heinz Schemken, Elke Wülfing und der
Fraktion der CDU/CSU

Unterstützung für Landsmannschaften und andere Organisationen der deutschen
Heimatvertriebenen sowie für die Pflege des Kulturgutes der Vertreibungsgebiete

Am 29. Mai 1999 erklärte der Bundesminister des Innern, Otto Schily, auf
der Festveranstaltung des Bundes der Vertriebenen anläßlich des Tages
der deutschen Heimatvertriebenen im Berliner Dom für die Bundesregie-
rung: „EntgegenmanchemVorurteil haben sich die Heimatvertriebenen in
ihrer übergroßen Mehrheit auch an der Aussöhnung unter den europäi-
schen Völkern aktiv beteiligt und tun dies auch heute noch. Ihr leidvolles
Schicksal haben sie nicht als Hindernis, sondern – im Gegenteil – als Auf-
trag verstanden, sich für die europäische Einigung und die Herstellung
gutnachbarlicher und friedlicher Beziehungen zwischen den europäischen
Staaten einzusetzen. Dazu steht nicht im Widerspruch, daß die Vertriebe-
nen die Erinnerung an die massenhafte Vertreibung am Ende des Zweiten
Weltkrieges wachhalten. (. . .)

Die politische Linke hat in der Vergangenheit, das läßt sich leider nicht
bestreiten, zeitweise über die Vertreibungsverbrechen, über das millionen-
fache Leid, das den Vertriebenen zugefügt wurde, hinweggesehen, sei es
aus Desinteresse, sei es aus Ängstlichkeit vor dem Vorwurf, als Revan-
chist gescholten zu werden, oder sei es in dem Irrglauben, durch Ver-
schweigen und Verdrängen eher den Weg zu einem Ausgleich mit unseren
Nachbarn im Osten zu erreichen. Dieses Verhalten war Ausdruck von
Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit. Inzwischen wissen wir, daß wir nur dann,
wenn wir den Mut zu einer klaren Sprache aufbringen und der Wahrheit
ins Gesicht sehen, die Grundlage für ein gutes und friedliches Zusammen-
leben finden können. (. . .)

In einer Entschließung des Deutschen Bundestages vom 28. Februar 1997,
der die Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
F.D.P., nicht jedoch die Fraktion der PDS, zugestimmt haben, hat das Par-
lament die deutsche Öffentlichkeit an die schreckliche Zeit der Vertrei-
bung erinnert. (. . .) Den Aussagen in dieser Entschließung weiß sich auch
die neue Bundesregierung verpflichtet.“

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Welche Bundestreffen von Landsmannschaften oder von anderen
Vertriebenenorganisationen wurden oder werden noch im Jahr 1999

aus Mitteln des Bundes mitfinanziert, und bei welchen Bundestreffen
hat die Bundesregierung aus welchen Gründen eine Mitfinanzierung
abgelehnt?

2. Wird die Bundesregierung auch in den kommenden Jahren Bundes-
treffen von Landsmannschaften oder anderen Vertriebenenorganisa-
tionen mitfinanzieren, und wenn nicht, warum nicht?

3. Welche kulturpolitischen Schwerpunktverlagerungen beabsichtigt
oder unternimmt die Bundesregierung im Vergleich zur Kulturpolitik
des Bundes in der Vergangenheit?

4. Welche Auswirkungen auf die künftigen Haushaltsmittel des Bundes
fürMaßnahmen nach § 96 BVFG haben die etwaigen kulturpolitischen
Schwerpunktverlagerungen der Bundesregierung?

5. Welche Schwerpunktänderungen beabsichtigt oder unternimmt die
Bundesregierung bei Maßnahmen nach § 96 BVFG?

6. Welchen Stellenwert mißt die Bundesregierung der grenzüber-
schreitenden Kulturarbeit bei Maßnahmen nach § 96 BVFG bei, und
ist die Bundesregierung der Auffassung, daß bisher nach § 96 BVFG
geförderte Einrichtungen den Kriterien der Bundesregierung für die
grenzüberschreitende Kulturarbeit nicht genügt haben?

7. Welche bislang nach § 96 BVFG geförderten Einrichtungen genügen
nach Auffassung der Bundesregierung aus welchen Gründen nicht den
Kriterien der Bundesregierung für die grenzüberschreitende Kultur-
arbeit?

8. Welchen Stellenwert mißt die Bundesregierung der kulturellen Brei-
tenarbeit bei Maßnahmen nach § 96 BVFG bei, und ist die Bundesre-
gierung der Auffassung, daß bisher nach § 96 BVFG geförderte Maß-
nahmen den Kriterien der Bundesregierung für die kulturelle Breiten-
arbeit nicht genügt haben?

9. Welche bislang nach § 96 BVFG geförderten Maßnahmen oder Be-
standteile von Maßnahmen genügen nach Auffassung der Bundesre-
gierung aus welchen Gründen nicht den Anforderungen der Bundes-
regierung an die kulturelle Breitenarbeit?

10. Welche Anstrengungen beabsichtigt oder unternimmt die Bundesre-
gierung, um angesichts des systematischen Verschweigens des Vertrei-
bungsunrechts in der ehemaligen DDR das Anliegen des § 96 BVFG
in den neuen Ländern stärker zu vermitteln?

11. Wie viele Projektmittel für welche Maßnahmen nach § 96 BVFG wur-
den im Jahr 1998 bewilligt?

12. Wie viele Projektmittel für welche Maßnahmen nach § 96 BVFG, so-
weit bereits verplant, können im Jahr 1999 ausgereicht werden, und
fallen im Jahr 1999 darunter lediglich Maßnahmen, die bereits ge-
förderte Projekte fortführen?

13. Hat die Bundesregierung Anträge von Projektträgern für vorgesehene
Maßnahmen nach § 96 BVFG mit der Begründung, es könnten nur
bereits begonnene Projekte gefördert werden, abschlägig beschieden?

Drucksache 14/1354 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

14. Führt ein Projekt nur dann ein bereits begonnenes Projekt fort, wenn
es am gleichen Ort durchgeführt wird, und wenn ja, aus welchen
Zweckmäßigkeitsüberlegungen heraus bildet dieser Tatbestand eine
Förderbedingung der Bundesregierung?

15. Trifft es zu, daß die Bundesregierung anläßlich der Ankündigung im
Jahr 1997, die Stiftung Deutschlandhaus Berlin in Zukunft nicht mehr
institutionell zu fördern, die Zusage gegeben hat, das Gebäude des
Deutschlandhauses auch künftig dem Aufgabenbereich nach § 96
BVFG zu erhalten?

16. Welcher Zweckbestimmung wird das Deutschlandhaus in Berlin in
Zukunft zugeführt?

17. Bei welchen Landsmannschaften oder anderen Vertriebenenorganisa-
tionen hat die Bundesregierung im Jahr 1999 die hauptamtlichen Kul-
turreferenten gefördert, und bei welchen Landsmannschaften oder
anderen Vertriebenenorganisationen hat die Bundesregierung die ent-
sprechende Förderung im Jahr 1999 aus welchen Gründen abgelehnt?

18. Bei welchen Landsmannschaften oder anderen Vertriebenenorganisa-
tionen wird die Bundesregierung in den kommenden Jahren haupt-
amtliche Kulturreferenten fördern?

19. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung ihre Zusage zurück-
gezogen, die an der Universität Bayreuth vorgesehene Stiftungs-
professur für die zeitgeschichtliche Erforschung der Integration der
deutschen Heimatvertriebenen für die Dauer von fünf Jahren zu för-
dern?

20. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung aufgrund ihrer
Rücknahme der Entscheidung, die an der Universität Bayreuth vor-
gesehene Stiftungsprofessur für die zeitgeschichtliche Erforschung der
Integration der deutschen Heimatvertriebenen für die Dauer von fünf
Jahren zu fördern, für die Arbeit des in Bayreuth entstehenden zen-
tralen Archivs für den Lastenausgleich im Bundesarchiv, insbesondere
für die systematische wissenschaftliche Auswertung, Bearbeitung und
Dokumentation der Archivbestände?

21. Teilt die Bundesregierung dem Grundsatz nach die Auffassung, daß –
ungeachtet haushälterischer Überlegungen – institutionell geförderte
wissenschaftliche, dokumentarische und kulturelle Einrichtungen in
der Regel ihre Aufgaben undDienstleistungen erheblich sachkundiger
und qualifizierter erledigen und erbringen können als projektge-
förderte Maßnahmen?

22. Werden die bislang nach § 96 BVFG institutionell geförderten Ein-
richtungen, insbesondere der Ostdeutsche Kulturrat und die Kultur-
stiftung der deutschen Vertriebenen, auch in den kommenden Jahren
institutionell gefördert, und wenn nicht, warum nicht?

23. Werden die bislang nach § 96 BVFG geförderten musealen Ein-
richtungen in diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren gefördert,
und wenn nicht, warum nicht?

24. Sollen nach Auffassung der Bundesregierung die Selbständigkeit der
bislang vom Bund geförderten Einrichtungen Ostpreußisches Landes-

Drucksache 14/1354Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

museum in Lüneburg undWestpreußisches Landesmuseum inMünster
erhalten bleiben, und wenn nicht, warum nicht?

25. Sollen nach Auffassung der Bundesregierung die Selbständigkeit der
bislang vom Bund geförderten Einrichtungen Schlesisches Museum zu
Görlitz und Oberschlesisches Landesmuseum zu Ratingen erhalten
bleiben, und wenn nicht, warum nicht?

26. Wird die institutionelle Förderung des Schlesischen Schaufensters im
„Haus Schlesien“ in Königswinter-Heisterbacherrott beibehalten, und
falls nicht, warum nicht?

27. Sollen nach Auffassung der Bundesregierung die Selbständigkeit der
bislang vom Bund geförderten Einrichtungen Donauschwäbisches
Zentralmuseum in Ulm und Siebenbürgisches Museum in Gundels-
heim erhalten bleiben, und wenn nicht, warum nicht?

28. Wird die institutionelle Förderung der Stiftung Ostdeutsche Galerie
Regensburg auch längerfristig beibehalten, und wenn nicht, warum
nicht?

29. Sollen nach Auffassung der Bundesregierung die Selbständigkeit der
bislang vom Bund geförderten Einrichtungen Adalbert-Stifter-Verein
in München, Südostdeutsches Kulturwerk in München, Nordost-
deutsches Kulturwerk in Lüneburg und Stiftung Kulturwerk Schlesien
in Würzburg erhalten bleiben, und wenn nicht, warum nicht?

30. Wird die institutionelle Förderung der Einrichtungen Stiftung Haus
Oberschlesien in Ratingen, Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen
undGöttinger Arbeitskreis beibehalten, und wenn nicht, warum nicht?

31. Plant die Bundesregierung die Errichtung einer zentralen Kulturein-
richtung für die Kulturarbeit nach § 96 BVFG?

32. Falls ja, mit welchen Aufgaben wird eine solche Einrichtung betraut,
und in welcher Weise sind davon bestehende und bislang vom Bund
geförderte Einrichtungen betroffen?

33. Beabsichtigt die Bundesregierung, Verwaltungsaufgaben bestehender
und bislang vom Bund geförderter Einrichtungen der Kulturarbeit
nach § 96 BVFG zu zentralisieren, und falls ja, in welcher Form soll
dies geschehen?

34. In welcher Höhe hat die Bundesregierung die deutschenMinderheiten
in den Staaten Ostmittel-, Südost- und Osteuropas sowie in den Staa-
ten der ehemaligen Sowjetunion – insgesamt und aufgeschlüsselt nach
Staaten – im Jahr 1998 unterstützt?

35. Über welche Mittlerorganisationen in jeweils welcher Höhe unter-
stützt die Bundesregierung die deutschenMinderheiten in den Staaten
Ostmittel-, Südost- und Osteuropas sowie in den Staaten der ehe-
maligen Sowjetunion – insgesamt und aufgeschlüsselt nach Staaten –
im Jahr 1999?

36. In welcher Höhe will die Bundesregierung die deutschenMinderheiten
in den Staaten Ostmittel-, Südost- und Osteuropas sowie in den Staa-
ten der ehemaligen Sowjetunion – insgesamt und aufgeschlüsselt nach
Staaten – in den kommenden Jahren unterstützen?

Drucksache 14/1354 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 4 –

37. Welche Schwerpunktverlagerungen beabsichtigt oder unternimmt die
Bundesregierung im Vergleich zu den Vorjahren bei der Förderung der
deutschen Minderheiten in den Staaten Ostmittel-, Südost- und Ost-
europas sowie in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion?

Bonn, den 29. Juni 1999

Hartmut Koschyk
Manfred Grund
Georg Janovsky
Eva-Maria Kors
Dr. Peter Paziorek
Anita Schäfer
Heinz Schemken
Elke Wülfing
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

Drucksache 14/1354Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 –

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.