BT-Drucksache 14/1242

zu dem Antrag Drs. 14/806 - Gegen den Einsatz von Kindern als Soldaten in bewaffneten Konflikten - zu dem Antrag Drs. 14/310 - Gegen den Mißbrauch von Kindern als Soldaten - zu dem Antrag Drs. 14/552 - Einsatz von Kindern als Soldaten wirksam verhindern

Vom 23. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1242
14. Wahlperiode

23. 06. 99

Beschlußempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(20. Ausschuß)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Kortmann, Brigitte Adler,
Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie
der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele,
Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/806 –

Gegen den Einsatz von Kindern als Soldaten in bewaffneten Konflikten

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Erika Reinhardt, Dr. Norbert Blüm,
Klaus-Jürgen Hedrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 14/310 –

Gegen den Mißbrauch von Kindern als Soldaten

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Fred Gebhardt, Carsten Hübner,
Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/552 –

Einsatz von Kindern als Soldaten wirksam verhindern

A. Problem
Der Antrag in der Drucksache 14/806 sieht den umfassenden Schutz
von Kindern in bewaffneten Konflikten als eine zentrale Herausfor-
derung der Politik an. Kinder seien immer Leidtragende in bewaff-
neten Konflikten, doch in den kriegerischen Auseinandersetzun-
gen der letzten Jahrzehnte seien sie zunehmend nicht nur Opfer, son-
dern mehr und mehr auch Täter geworden. Sie schlössen sich frei-
willig Regierungsarmeen und Rebellenverbänden an oder würden
zwangsrekrutiert. Die Rekrutierung von Kindersoldaten kenne auch
keine Geschlechtergrenzen. In zahlreichen Rebellengruppen seien

Drucksache 14/1242 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Mädchen fester Bestandteil. Die Bundesregierung wird u. a. aufge-
fordert,
– sich bei den Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zur Kon-

vention über die Rechte von Kindern in bewaffneten Konflik-
ten für die Festlegung eines Mindestalters von 18 Jahren bei der
direkten und indirekten Teilnahme an Kampfhandlungen einzu-
setzen,

– im Rahmen der bilateralen und multilateralen Entwicklungszu-
sammenarbeit die Achtung und den Schutz der Rechte der Kinder
besonders zu fördern,

– die sofortige Demobilisierung aller Kindersoldaten zu verlangen
und durch Förderprogramme zur Rehabilitierung und Reintegra-
tion von ehemaligen Kindersoldaten Unterstützung zu leisten,

– die Situation von Mädchen als Kindersoldaten besonders zu be-
rücksichtigen.

B. Lösung
Der Ausschuß empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS bei Stimmenthaltung der
Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., den Antrag der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 14/806
anzunehmen.
Mehrheit im Ausschuß

C. Alternativen
Annahme eines der beiden anderen Anträge.
Die Anträge der Fraktionen der CDU/CSU und PDS enthalten weit-
gehend dieselben Forderungen wie der Antrag der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, setzen jedoch zum Teil andere
Akzente.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1242

Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Antrag – Drucksache 14/806 – anzunehmen,
b) die Anträge – Drucksachen 14/310 und 14/552 – abzulehnen.

Bonn, den 23. Juni 1999

Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Rudolf Kraus Karin Kortmannn Erika Reinhardt Dr. Angelika Köster-Loßack
Vorsitzender Berichterstatterin Berichterstatterin Berichterstatterin

Joachim Günther (Plauen) Carsten Hübner
Berichterstatter Berichterstatter

Drucksache 14/1242 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Karin Kortmann, Erika Reinhardt,
Dr. Angelika Köster-Loßack, Joachim Günther (Plauen) und Carsten Hübner

I. Zum Beratungsverfahren
Der Deutsche Bundestag hat die Anträge der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache
14/806 und den Antrag der Fraktion der PDS in Druck-
sache 14/552 in seiner 35. Sitzung am 22. April 1999
federführend an den Ausschuß für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung und mitberatend an den
Auswärtigen Ausschuß, den Rechtsausschuß, den Ver-
teidigungsausschuß, den Ausschuß für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend und den Ausschuß für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen.
Den Antrag der Fraktion der CDU/CSU in Drucksache
14/310 hat er in seiner 19. Sitzung am 28. Januar 1999
federführend an den Ausschuß für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung und mitberatend an den
Auswärtigen Ausschuß, den Verteidigungsausschuß und
den Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
überwiesen.
Der Verteidigungsausschuß hat über die Anträge in den
Drucksachen 14/806, 14/310 und 14/552 in seiner Sit-
zung am 16.Juni 1999 beraten.
Er empfiehlt dem federführenden Ausschuß für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die An-
nahme der Anträge in den Drucksachen 14/806 und
14/310 unter folgender Maßgabe:
Eine Heraufsetzung der Altersgrenze auf 18 Jahre und
die im Beschlußantrag – Drucksache 14/806 – gewählte
Formulierung, wonach „die Rekrutierung und Einberu-
fung von Kindern in Armeen sowie ihre aktive Teil-
nahme an bewaffneten Feindseligkeiten“ grundsätzlich
ausgeschlossen sein sollen, stehen der Einstellung von
Bewerbern unter 18 Jahren, die sich mit Einwilligung
der Eltern freiwillig zum Dienst in den Streitkräften be-
reit erklärt haben, nicht entgegen, soweit gewährleistet
ist, daß die Minderjährigen nur in Ausbildungs- und
Übungsverwendungen Dienst leisten.
Die Begriffe „Rekrutierung“ und „Einberufung“ im Sin-
ne des oben genannten Antrags erfassen nur all jene
Fälle, in denen der Staat oder die Streitkräfte mit zivilen
Personen in Ausübung von staatlicher Gewalt ein Wehr-
dienstverhältnis begründen wollen oder begründen mit
dem Ziel, sie unbeschränkt in den Streitkräften verwen-
den zu können, einschließlich der Möglichkeit zu einem
jederzeitigen Einsatz in bewaffneten Konflikten.
Damit beziehen sich der 2. Absatz auf Seite 3 und die
1. Strichaufzählung im Forderungskatalog an die Bun-
desregierung nicht auf die Bundeswehr und deren recht-
liche Möglichkeit, auf freiwillige Bewerber ab dem
17. Lebensjahr zurückzugreifen. Diese werden im Sinne
des Antrags nicht rekrutiert, sondern wollen freiwillig
Wehrdienst leisten, um sich beruflich zu verwirklichen.
Diese Möglichkeit darf die Bundeswehr diesen jungen

Menschen nicht verwehren, indem sie die Freiwilligkeit
ab dem 17. Lebensjahr nicht akzeptiert.
Diese Empfehlung wurde mit den Stimmen der Fraktio-
nen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und
F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der PDS ausge-
sprochen.
Weiter empfiehlt der Verteidigungsausschuß, den Antrag
in der Drucksache 14/552 abzulehnen. Diese Empfeh-
lung wurde mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und F.D.P.
gegen die Stimmen der Fraktion der PDS ausgesprochen.
Der Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat über die Anträge in den Drucksachen 14/806,
14/310 und 14/552 in seiner Sitzung am 23. Juni 1999
beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. die
Annahme des Antrags in der Drucksache 14/806. Den
Antrag in der Drucksache 14/310 hat er mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und F.D.P. bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS
und den Antrag in der Drucksache 14/552 mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimme der
Fraktion der PDS abgelehnt.
Der Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat über die Anträge in den Drucksachen 14/806
und 14/552 in seiner Sitzung am 16. Juni 1999 beraten
und empfiehlt dem federführenden Ausschuß für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einstim-
mig unter Berücksichtigung der Anträge in den Druck-
sachen 14/552 und 14/806 und dem bereits in seiner Sit-
zung am 17. März 1999 mit Ergänzungen angenomme-
nen Antrag in der Drucksache 14/310 einen interfraktio-
nellen Antrag zu erarbeiten.
Der Auswärtige Ausschuß hat über die Anträge in den
Drucksachen 14/806, 14/310 und 14/552 in seiner Sit-
zung am 16. Juni 1999 beraten und empfiehlt dem feder-
führenden Ausschuß, die Anträge wegen ihrer weitge-
henden Deckungsgleichheit zusammenzufassen und nach
Möglichkeit zu einer interfraktionellen Beschlußfassung
zu gelangen.
Der Rechtsausschuß empfiehlt einstimmig, dem Antrag
in der Drucksache 14/806 zuzustimmen. Der Antrag in
der Drucksache 14/552 wird mit Mehrheit gegen die
Stimme der Fraktion der PDS abgelehnt.

II. Zum Inhalt der Beratungen
Von seiten der Fraktion der SPD wurde ausgeführt, die
vorliegenden drei Anträge seien in der Begründung zum
Teil sehr ähnlich. In den Forderungskatalogen gebe es

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/1242

Unterschiede, vieles sei aber auch deckungsgleich. Sie
bedauere es deshalb, daß es aus zeitlichen Gründen nicht
mehr möglich gewesen sei, die Anträge der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Antrag
der Fraktion der CDU/CSU zu einem gemeinsamen An-
trag zusammenzufassen. Die Fraktion der SPD bean-
tragte Zustimmung zu dem Antrag in der Drucksache
14/806.
Auch von seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde be-
dauert, daß es nicht mehr dazu gekommen sei, einen ge-
meinsamen Antrag zu erarbeiten. Man hätte dies auch
deshalb als wünschenswert angesehen, weil der Antrag
der Fraktion der CDU/CSU Punkte enthalte, die in den
anderen Anträgen nicht behandelt seien. Dies gelte z. B.
für den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Der Antrag der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ver-
mische stark Kinderarbeit mit Kindersoldaten. Aus der
Sicht der Fraktion der CDU/CSU handele es sich inso-
weit um unterschiedliche Sachverhalte.
Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-
dauerte, daß es nicht gelungen sei, einen gemeinsamen
Antrag zu erarbeiten. Sie sah es als wichtig an, daß
international endlich der Einsatz von Kindern in bewaff-
neten Konflikten verboten werde. Im soeben beschlosse-
nen ILO-Übereinkommen zu den schlimmsten Formen
der Kinderarbeit sei auf Druck der USA und Großbritan-
niens nur die Zwangsrekrutierung von Kindern geächtet
worden. Im Prinzip müsse aber auch der „freiwillige“
Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten künftig
verboten werden.
Der Antrag in der Drucksache 14/806 sei präzise formu-
liert und in der Thematik der umfassendste Antrag. Er
verweise auf die notwendige psychosoziale Betreuung,
die geflüchtete Kindersoldaten in Deutschland erhalten
sollten. Weiter nenne er die Menschenrechtssituation im
Empfängerland als wichtiges Kriterium für die Unter-
sagung von Waffenexporten. Er gehe auch explizit auf
die doppelte Diskriminierung von Mädchen als Kinder-
soldaten ein. Außerdem weise er auf die zentrale Not-
wendigkeit hin, daß Kinder Dokumente brauchten, aus
denen ihr Alter hervorgehe. Darüber hinaus setze er sich
für die Universalität des Ottawa-Übereinkommens (Anti-
Personenminen) ein. Minen stellten vor allem für Kinder
in bewaffneten Konflikten eine besondere Gefährdung
dar. Die zentrale Konferenz über Kindersoldaten, die
stattfinden solle, solle deutscherseits unterstützt werden.

Gerade in den Ländern der sogenannten Dritten Welt
stelle die Rekrutierung von Kindern in Rebellen- und
anderen nichtstaatlichen Truppen ein riesiges Problem
dar. Langfristig solle im Bundesministerium der Vertei-
digung auch darüber nachgedacht werden, unter 18jäh-
rige nicht an der Waffe auszubilden. Dies wäre für die
internationale Glaubwürdigkeit Deutschlands wichtig,
wenn ein internationales Abkommen zum Verbot jedwe-
der Teilnahme von Kindern an bewaffneten Konflikten
durchgesetzt werden solle.
Die Fraktion der F.D.P. machte darauf aufmerksam, daß
auch sie sich um einen gemeinsamen Antrag bemüht
habe. In der Sache könne man keine elementaren Unter-
schiede zwischen den Anträgen feststellen. Zum Thema
der Kindersoldaten wolle sie zum Ausdruck bringen, daß
die deutsche und die von ihr mitgetragene europäische
Entwicklungspolitik konsequent und kompromißlos jede
Zusammenarbeit mit Regimen ablehnen müsse, die die
Rekrutierung von Kindersoldaten förderten oder zumin-
dest duldeten. Da in diesem Punkt der Antrag der Frak-
tion der CDU/CSU deutlicher und klarer sei, werde die
Fraktion der F.D.P. diesem Antrag zustimmen.
Die Fraktion der PDS erklärte, daß Kinderarbeit und
Kriegseinsätze nicht trennbar seien. Die ILO habe in
ihrer Konvention darauf hingewiesen, daß sie den Armee-
dienst als gefährliche Arbeit einstufe, und dies sei er
auch. Eine Trennung erscheine aus diesem Grunde nicht
als sinnvoll, zumal viele Kinder in kriegerische Kon-
flikte mit dem Motiv zögen, mit dem andere zur Arbeit
gingen, nämlich etwas zu Essen zu haben, die Familien
zu ernähren oder überhaupt zu überleben.
Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung stimmte dem Antrag in der Drucksache
14/806 mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN und PDS bei Stimmenthaltung
der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zu.
Den Antrag in der Drucksache 14/310 lehnte er mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und F.D.P. bei Stimmenthaltung der Fraktion der
PDS ab.
Ebenso lehnte er den Antrag in der Drucksache 14/552
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die
Stimme der Fraktion der PDS ab.

Bonn, den 23. Juni 1999

Karin Kortmann Erika Reinhardt Dr. Angelika Köster-Loßack
Berichterstatterin Berichterstatterin Berichterstatterin
Joachim Günther (Plauen) Carsten Hübner
Berichterstatter Berichterstatter

Drucksache 14/1242 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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