BT-Drucksache 14/1238

zu dem a) Antrag der Abg. Renate Jäger - Drs. 14/941 - Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas, b) Antrag der Abg. Dr. Elke Leonhard - Drs. 14/942 -, c) Antrag der Abg. Gert Weisskirchen (Wiesloch) - Drs. 14/963 - Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas, d) Antrag der Abg. Michael Roth (Heringen) - Drs. 14/944 - Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas und eines "Hauses der Erinnerung", e) Antrag - Drs. 14/965, f) Antrag - Drs. 14/981

Vom 23. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1238
14. Wahlperiode

23. 06. 99

Beschlußempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien (23. Ausschuß)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Renate Jäger, Dr. Mathias Schubert, Ernst Bahr,
Doris Barnett, Norbert Barthle, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Hans Büttner (Ingolstadt),
Dr. Peter Wilhelm Danckert, Peter Dreßen, Dr. Peter Eckhardt, Petra Ernstberger, Dirk Fischer
(Hamburg), Iris Follak, Rainer Fornahl, Hans-Joachim Hacker, Ulrich Heinrich, Stephan Hilsberg,
Jelena Hoffmann (Chemnitz), Eike Hovermann, Werner Labsch, Vera Lengsfeld, Eduard Lintner,
Markus Meckel, Bernward Müller (Jena), Eckhard Ohl, Dr. Willfried Penner, Reinhold Robbe,
Marlene Rupprecht, Silvia Schmidt (Eisleben), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Regina Schmidt-Zadel, Dr. Emil Schnell, Diethard Schütze (Berlin), Joachim Tappe,
Arnold Vaatz, Gunter Weißgerber, Jürgen Wieczorek (Böhlen), Helmut Wieczorek (Duisburg),
Willy Wimmer (Neuss), Engelbert Clemens Wistuba, Verena Wohlleben, Peter Zumkley
– Drucksache 14/941 –
Errichtung eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Gregor Gysi, Andrea Nahles, Dr. Hermann Otto Solms, Petra Bläss,
Dr. Eckhart Pick, Dr. Heinrich Fink, Rainer Brüderle, Volker Kröning, Iris Gleicke,
Dr. Irmgard Schwaetzer, Gisela Schröter, Petra Bierwirth, Dr. Michael Bürsch,
Lothar Fischer (Homburg), Ulrike Flach, Gisela Frick, Paul K. Friedhoff, Peter Friedrich (Altenburg),
Horst Friedrich (Bayreuth), Günter Gloser, Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher,
Klaus Haupt, Gudrun Kopp, Angelika Krüger-Leißner, Detlev von Larcher, Christine Lehder,
Ina Lenke, Klaus Lennartz, Dr. Christa Luft, Ulrike Mascher, Dirk Niebel, Petra Pau,
Georg Pfannenstein, Cornelia Pieper, Renate Rennebach, Dr. Hansjörg Schäfer,
Heinz Schmitt (Berg), Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Carl-Ludwig Thiele, Simone Violka,
Lydia Westrich, Barbara Wittig
– Drucksache 14/942 –
Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch), Dr. Rita Süssmuth,
Volker Beck (Köln), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Gila Altmann (Aurich),
Eckhardt Barthel (Berlin), Marieluise Beck (Bremen), Angelika Beer, Matthias Berninger,
Hans-Werner Bertl, Lothar Bindig (Heidelberg), Dr. Eberhard Brecht, Annelie Buntenbach,
Ekin Deligöz, Andrea Fischer (Berlin), Winfried Hermann, Michaele Hustedt, Ilse Janz,
Dr. Angelika Köster-Loßack, Steffi Lemke, Dr. Helmut Lippelt, Lothar Mark,
Klaus Wolfgang Müller (Kiel), Winfried Nachtwei, Volker Neumann (Bramsche), Christa Nickels,
Claudia Roth (Augsburg), Christine Scheel, Irmingard Schewe-Gerigk, Dagmar Schmidt (Meschede),
Ernst Schwanhold, Bodo Seidenthal, Christian Simmert, Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast,
Christian Sterzing, Hans-Christian Ströbele, Jörg Tauss, Jürgen Trittin,
Heino Wiese (Hannover), Helmut Wilhelm (Amberg)
– Drucksache 14/943 –
Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas

4. zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Roth (Heringen), Karin Kortmann, Dr. Antje Vollmer,
Cem Özdemir, Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Wolfgang Behrendt, Klaus Brandner,

Drucksache 14/1238 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Willi Brase, Rainer Brinkmann (Detmold), Ursula Burchardt, Dr. Michael Bürsch,
Marion Caspers-Merk, Christel Deichmann, Dieter Dzewas, Sebastian Edathy,
Franziska Eichstädt-Bohlig, Dr. Uschi Eid, Marga Elser, Gabriele Fograscher, Hans Forster,
Peter Friedrich (Altenburg), Harald Friese, Anke Fuchs (Köln), Arne Fuhrmann, Konrad Gilges,
Günter Graf (Friesoythe), Monika Griefahn, Rita Grießhaber, Nina Hauer, Hubertus Heil,
Reinhold Hemker, Rolf Hempelmann, Dr. Barbara Hendricks, Gerd Höfer, Ingrid Holzhüter,
Michaele Hustedt, Barbara Imhof, Gabriele Iwersen, Dr. Uwe Jens, Johannes Kahrs,
Sabine Kaspereit, Susanne Kastner, Klaus Kirschner, Siegrun Klemmer, Horst Kubatschka,
Ernst Küchler, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Christian Lange (Backnang), Brigitte Lange,
Dr. Reinhard Loske, Dieter Maaß (Herne), Christoph Matschie, Ulrike Mehl, Ulrike Merten,
Christoph Moosbauer, Michael Müller (Düsseldorf), Dietmar Nietan, Manfred Opel,
Adolf Ostertag, Albrecht Papenroth, Bernd Reuter, René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Siegfried Scheffler, Dieter Schloten, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Ulla Schmidt (Aachen),
Regina Schmidt-Zadel, Carsten Schneider, Karsten Schönfeld, Fritz Schösser, Olaf Scholz,
Volkmar Schultz (Köln), Ewald Schurer, Dr. R. Werner Schuster, Dr. Angelica Schwall-Düren,
Wieland Sorge, Jörg-Otto Spiller, Ludwig Stiegler, Rolf Stöckel, Rita Streb-Hesse,
Dr. Peter Struck, Uta Titze-Stecher, Adelheid Tröscher, Hans-Eberhard Urbaniak,
Ute Vogt (Pforzheim), Matthias Weisheit, Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Jochen Welt,
Klaus Wiesehügel
– Drucksache 14/944 –
Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas
und eines „Hauses der Erinnerung“

5. zu dem Antrag der Abgeordneten Annette Widmann–Mauz, Dr. Martina Krogmann,
Ursula Heinen, Peter Altmaier, Norbert Barthle, Meinrad Belle, Sylvia Bonitz, Georg Brunnhuber,
Leo Dautzenberg, Renate Diemers, Marie-Luise Dött, Ilse Falk, Dr. Hans Georg Faust,
Ingrid Fischbach, Jochen-Konrad Fromme, Norbert Hauser (Bonn), Hans Jochen Henke,
Hubert Hüppe, Irmgard Karwatzki, Eva-Maria Kors, Dr. Paul Laufs, Walter Link (Diepholz),
Ronald Pofalla, Klaus Riegert, Heinz Schemken, Bernd Schmidbauer,
Dr. Andreas Schockenhoff, Werner Siemann, Dorothea Störr-Ritter, Thomas Strobl,
Michael Stübgen, Peter Weiß (Emmendingen), Gerald Weiß (Groß-Gerau),
Heinz Wiese (Ehingen), Willy Wimmer (Neuss), Wolfgang Zöller
– Drucksache 14/965 –
Errichtung eines Mahnmals für die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen
gegen die Menschlichkeit

6. zu dem Antrag der Abgeordneten Wilhelm Josef Sebastian, Hans-Otto Wilhelm (Mainz),
Dr. Gerd Müller, Norbert Königshofen, Peter Letzgus, Ilse Aigner, Günter Baumann,
Otto Bernhardt, Renate Blank, Peter Bleser, Klaus Brähmig, Monika Brudlewsky,
Georg Brunnhuber, Hartmut Büttner (Schönebeck), Hubert Deittert, Albert Deß,
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Herbert Frankenhauser, Dr. Jürgen Gehb, Georg Girisch,
Dr. Wolfgang Götzer, Klaus-Jürgen Hedrich, Manfred Heise, Ernst Hinsken, Klaus Hofbauer,
Martin Hohmann, Klaus Holetschek, Josef Hollerith, Susanne Jaffke, Georg Janovsky,
Dr.-Ing. Rainer Jork, Dr. Harald Kahl, Bartholomäus Kalb, Rudolf Kraus, Karl-Josef Laumann,
Dr. Manfred Lischewski, Dr. Michael Meister, Hans Michelbach, Meinolf Michels,
Franz Obermeier, Friedhelm Ost, Norbert Otto (Erfurt), Beatrix Philipp, Marlies Pretzlaff,
Helmut Rauber, Peter Rauen, Christa Reichard (Dresden), Katherina Reiche, Franz-Xaver Romer,
Dr. Klaus Rose, Kurt J. Rossmanith, Dr. Christian Ruck, Hartmut Schauerte, Norbert Schindler,
Clemens Schwalbe, Horst Seehofer, Heinz Seiffert, Bernd Siebert, Max Straubinger,
Matthäus Strebl, Dr. Hans-Peter Uhl, Klaus-Peter Willsch, Werner Wittlich
– Drucksache 14/981 –
Errichtung eines zentralen Mahnmals

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1238

A. Problem
Seit 1983/1984, spätestens aber seit August 1988 wird aus der Ge-
sellschaft heraus die Forderung erhoben, ein Denkmal für die ermor-
deten Juden Europas in Berlin zu errichten. Diese Forderung wird in
der Folge in Gesellschaft und Politik breit diskutiert und findet die
Unterstützung des Landes Berlin und des Bundes.
Ein erster Wettbewerb, der von dem Förderkreis zur Errichtung eines
Denkmals für die ermordeten Juden Europas e.V., dem Land Berlin
und dem Bund 1994 ausgelobt wird, führt 1995 nicht zur Realisie-
rung eines der zum Sieger erklärten Entwürfe. Ein zweiter Wettbe-
werb, das „Engere Auswahlverfahren“ wird 1997 vom Förderkreis,
dem Land Berlin und dem Bund ausgelobt. Für die Realisierungs-
phase werden aus den eingegangenen Entwürfen die Projekte von
Gerz, Weinmiller, Libeskind und Eisenman ausgewählt. Eine Ent-
scheidung für die Realisierung erfolgt nicht.
Im September 1998 bittet der Senat des Landes Berlin den Deut-
schen Bundestag, eine Entscheidung zu treffen. Am 10. November
1998 stellt der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung fest,
über das Denkmal werde unter Berücksichtigung der breiten öffentli-
chen Debatte im Deutschen Bundestag entschieden. Am 25. März
1999 bekräftigt das Abgeordnetenhaus von Berlin seinen Wunsch,
„daß der Deutsche Bundestag noch vor dem Umzug nach Berlin eine
grundsätzliche Entscheidung zur Errichtung eines Denkmals für die
ermordeten Juden Europas in Berlin trifft“.
Angesichts der nationalen Bedeutung eines Denkmals für die ermor-
deten Juden Europas und im Hinblick darauf, daß im Verlauf einer
nunmehr über 10 Jahre währenden Diskussion alle wesentlichen Ar-
gumente zum Sinn, zum Ort und zur Gestaltung eines Denkmals
ausgetauscht worden sind, ohne daß sich die Auslober der beiden
Wettbewerbe auf die Umsetzung eines Projekts hätten verständigen
können, ergibt sich ein Entscheidungsbedarf, der unter Beachtung
der bisherigen Diskussion umzusetzen ist.

B. Lösung
Zustimmung zur Beschlußempfehlung des Ausschusses.
Mehrheitliche Annahme

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die Frage der Kosten wurde im Ausschuß nicht abschließend erör-
tert.

Drucksache 14/1238 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
A. den Antrag 14/943 in der folgenden Fassung anzunehmen und

– unter Abweichung von der Geschäftsordnung – im Plenum eine
Entscheidung über die unter Nummer II dieser Beschlußempfeh-
lung wiedergegebenen Alternativen herbeizuführen:

I.
1. Die Bundesrepublik Deutschland errichtet in Berlin ein

Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
2. Mit dem Denkmal wollen wir

– die ermordeten Opfer ehren,
– die Erinnerung an ein unvorstellbares Geschehen der

deutschen Geschichte wachhalten und
– alle künftigen Generationen mahnen, die Menschenrechte

nie wieder anzutasten, stets den demokratischen Rechtsstaat
zu verteidigen, die Gleichheit der Menschen vor dem
Gesetz zu wahren und jeder Diktatur und Gewaltherrschaft
zu widerstehen.

3. Das Denkmal soll ein zentraler Ort der Erinnerung und der
Mahnung in Verbindung mit den anderen Gedenkstätten und
Institutionen innerhalb und außerhalb Berlins sein. Es kann die
authentischen Stätten des Terrors nicht ersetzen.

4. Das Denkmal wird auf dem dafür vorgesehenen Ort in der
Mitte Berlins – in den Ministergärten – errichtet.

5. Die Bundesrepublik Deutschland bleibt verpflichtet, der an-
deren Opfer des Nationalsozialismus würdig zu gedenken.

II.
Alternative 1
Der Entwurf eines Stelenfeldes von Peter Eisenman (Eisenman II)
wird realisiert. Dazu gehört ergänzend im Rahmen dieses
Konzepts ein Ort der Information über die zu ehrenden Opfer und
die authentischen Stätten des Gedenkens.
Alternative 2
Das Mahnmal soll ausdrücklich eine Mahnung formulieren. Dafür
wird das Mordverbot vorgeschlagen.

III.
Es wird eine öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet, der Ver-
treter des Deutschen Bundestages, der Bundesregierung, des Landes
Berlin und des Förderkreises zur Errichtung eines Denkmals für
die ermordeten Juden Europas e. V. angehören. In den Gremien

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/1238

sollen Vertreter der Gedenkstätten, des Zentralrats der Juden in
Deutschland und Repräsentanten der Opfergruppen sowie weitere
Sachverständige mitwirken. Die Stiftung verwirklicht die
Grundsatzbeschlüsse des Deutschen Bundestages. Sie trägt dazu
bei, die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus und
ihre Würdigung in geeigneter Weise sicherzustellen.
Die Stiftung nimmt noch in diesem Jahr ihre Arbeit auf. Mit den
Bauarbeiten soll im Jahr 2000 begonnen werden;

B. hilfsweise, sofern eine Abweichung von der Geschäftsordnung
nicht vorgenommen wird, den Antrag 14/943 in folgender
Fassung anzunehmen:

I.
1. Die Bundesrepublik Deutschland errichtet in Berlin ein

Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
2. Mit dem Denkmal wollen wir

– die ermordeten Opfer ehren,
– die Erinnerung an ein unvorstellbares Geschehen der

deutschen Geschichte wachhalten und
– alle künftigen Generationen mahnen, die Menchenrechte nie

wieder anzutasten, stets den demokratischen Rechtsstaat zu
verteidigen, die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz
zu wahren und jeder Diktatur und Gewaltherrschaft zu
widerstehen.

3. Das Denkmal soll ein zentraler Ort der Erinnerung und der
Mahnung in Verbindung mit den anderen Gedenkstätten und
Institutionen innerhalb und außerhalb Berlins sein. Es kann die
authentischen Stätten des Terrors nicht ersetzen.

4. Das Denkmal wird auf dem dafür vorgesehenen Ort in der
Mitte Berlins – in den Ministergärten – errichtet.

5. Die Bundesrepublik Deutschland bleibt verpflichtet, der
anderen Opfer des Nationalsozialismus würdig zu gedenken.

II.
Der Entwurf eines Stelenfeldes von Peter Eisenman (Eisenman II)
wird realisiert. Dazu gehört ergänzend im Rahmen dieses
Konzepts ein Ort der Information über die zu ehrenden Opfer und
die authentischen Stätten des Gedenkens.

III.
Es wird eine öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet, der Ver-
treter des Deutschen Bundestages, der Bundesregierung, des Landes
Berlin und des Förderkreises zur Errichtung eines Denkmals für
die ermordeten Juden Europas e. V. angehören. In den Gremien
sollen Vertreter der Gedenkstätten, des Zentralrats der Juden in
Deutschland und Repräsentanten der Opfergruppen sowie weitere
Sachverständige mitwirken. Die Stiftung verwirklicht die
Grundsatzbeschlüsse des Deutschen Bundestages. Sie trägt dazu

Drucksache 14/1238 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

bei, die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus und
ihre Würdigung in geeigneter Weise sicherzustellen.
Die Stiftung nimmt noch in diesem Jahr ihre Arbeit auf. Mit den
Bauarbeiten soll im Jahr 2000 begonnen werden;

C. die Anträge auf den Drucksachen 14/941, 14/942, 14/944, 14/965
und 14/981 für erledigt zu erklären.

Bonn, den 16. Juni 1999

Der Ausschuß für Kultur und Medien
Dr. Elke Leonhard Gert Weisskirchen Dr. Norbert Lammert Dr. Antje Vollmer
Vorsitzende Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin

Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Dr. Heinrich Fink
Berichterstatter Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/1238

Bericht der Abgeordneten Gert Weisskirchen, Dr. Norbert Lammert,
Dr. Antje Vollmer, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Heinrich Fink

I. Zur Diskussion um das Denkmal
Nachdem schon 1983/1984 ein Wettbewerb zur Gestal-
tung des sog. Prinz-Albrecht-Geländes in Berlin, des
früheren Sitzes zentraler NS-Organisationen wie Gestapo,
SD, RSHA, SS und SA stattgefunden hatte, ohne daß der
ausgewählte Entwurf realisiert worden wäre, fordert am
24. August 1988 in einer Diskussionsveranstaltung zur
zukünftigen Gestaltung dieses Geländes die Journalistin
Lea Rosh, auf diesem Gelände ein Denkmal für die er-
mordeten Juden Europas zu errichten. Daraufhin wird
die Bürgerinitiative „Perspektive Berlin“ gegründet.
Aus dieser Initiative geht am 7. November 1989 der
„Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die er-
mordeten Juden Europas“ hervor. Im Januar 1990
schlägt der Förderkreis das Gelände der ehemaligen
Ministergärten als Standort für das Denkmal vor.
Im November 1991 fordert der Jüdische Weltkongreß
den Bundeskanzler auf, einem Denkmal für die ermorde-
ten Juden Europas zuzustimmen. Im November 1992 ver-
pflichten sich der Bund und das Land Berlin, zusammen
die Hälfte der Realisierungskosten für das Denkmal zu
übernehmen, die andere Hälfte soll vom Förderkreis durch
Einwerbung von Spendenmitteln aufgebracht werden.
Am 18. April 1994 wird vom Bund, vertreten durch den
Bundesminister des Innern, dem Land Berlin, vertreten
durch den Senator für Bau- und Wohnungswesen in Ab-
stimmung mit dem Senator für Kulturelle Angelegen-
heiten und dem Senator für Stadtentwicklung und Um-
weltschutz, und den Förderkreis ein anonymer künstleri-
scher Wettbewerb für die Gestaltung des Denkmals aus-
gelobt, der sich an alle seit mindestens sechs Monaten in
Deutschland lebenden Künstler richtet und zu dem zwölf
international namhafte Künstler zugeladen werden.
2 600 Künstler fordern die Wettbewerbsunterlagen an,
528 Entwürfe werden eingereicht.
Acht Entwürfe werden prämiert, zwei erste Preise wer-
den vergeben. Am 28. Juni 1995 einigen sich die Aus-
lober darauf, den Entwurf von Christine Jackob-
Marks/Hella Rolfes auszuführen, eine 11 Meter hohe,
20 000 qm große geneigte Ebene aus Beton, in die alle
Namen der ermordeten Juden eingraviert werden sollen.
Am 30. Juni 1995 zieht die Bundesregierung ihre Unter-
stützung für diese Lösung zurück und „hält es für erfor-
derlich, die Diskussion über die Gestaltung des Mahn-
mals fortzuführen mit dem Ziel, einen breiten Konsens
aller Beteiligten zu erreichen“.
Am 10. Januar, 14. Februar und 11. April 1997 führt der
Berliner Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur
als Sprecher der Auslober ein Kolloquium durch, an dem
rund 90 Persönlichkeiten aus Geschichts- und Kunstwis-
senschaft, Architektur und öffentlichem Leben sowie
Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des Abge-
ordnetenhauses von Berlin teilnehmen. Das Kolloquium
befaßt sich mit dem Sinn des Denkmals, mit der Frage des

Standorts und mit seiner Typologie, Ikonographie und
Dimensionierung. Im Ergebnis der Kolloquien erklären
die Auslober, daß die Ergebnisse des ersten Wettbewerbs
nicht realisiert werden, sondern in einem neuen, engeren
Auswahlverfahren neue Entwürfe eingeholt werden.
Im Juli 1997 werden in diesem engeren, nicht anonymen
Auswahlverfahren 25 Künstler aus dem In- und Ausland,
darunter die ersten neun Preisträger des ersten Wettbe-
werbs, um Entwürfe gebeten. Achtzehn Entwürfe gehen
ein.
Für die Realisierungsphase werden aus den eingegan-
genen Entwürfen die Projekte von Gerz, Weinmiller,
Libeskind und Eisenman ausgewählt. Eine Entscheidung
für die Realisierung erfolgt nicht.

II. Die Beteiligung des Parlaments
Waren an den ersten beiden Wettbewerben, insbesondere
aber an dem erweiterten Auswahlverfahren Mitglieder des
Deutschen Bundestages beratend beteiligt, so wird späte-
stens mit der Plenardebatte am 9. Mai 1996 der Ruf nach
einer Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Frage
des Denkmals für die ermordeten Juden Europas immer
lauter. Am 23. Mai 1996 wird ein „informelles Gremium“
des Ältestenrates unter Vorsitz der Präsidentin des Deut-
schen Bundestages gebildet, das die Arbeit der Findungs-
kommission des erweiterten Auswahlverfahrens begleitet.
Im September 1998 bittet der Senat des Landes Berlin
den Deutschen Bundestag, eine Entscheidung zu treffen.
Am 10. November 1998 stellt der Bundeskanzler in sei-
ner Regierungserklärung fest, über das Denkmal werde
unter Berücksichtigung der breiten öffentlichen Debatte
im Deutschen Bundestag entschieden. Am 25. März
1999 bekräftigt das Abgeordnetenhaus von Berlin seinen
Wunsch, „daß der Deutsche Bundestag noch vor dem
Umzug nach Berlin eine grundsätzliche Entscheidung
zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden
Europas in Berlin trifft“.
In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Kultur
und Medien am 3. März 1999 bestätigt der Senator für
Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin,
daß sich der Senat einer Entscheidung des Deutschen
Bundestages nicht erwehren werde.
Angesichts der nationalen Bedeutung eines zentralen
Denkmals für die ermordeten Juden Europas sowie im Hin-
blick auf die Dauer der öffentlichen Diskussion und die
Tatsache, daß im Verlauf von nunmehr annähernd
16 Jahren auf den verschiedensten Veranstaltungen und in
der Fach- und Allgemeinpresse alle wesentlichen Argu-
mente ausgetauscht worden sind, die den Sinn, den Ort und
die Gestaltung eines Denkmals für die ermordeten Juden
Europas sowie seine Einbindung in die bestehende Struktur
von Gedenkstätten betreffen, hat sich der Deutsche Bun-
destag entschieden, unter Beachtung des Ergebnisses der
bisherigen Diskussion eine Entscheidung zu treffen.

Drucksache 14/1238 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

III. Zu Verfahren und Inhalt der Beratung
Der Ausschuß für Kultur und Medien, am 13. November
1998 konstituiert, hat sich in seiner 3. Sitzung am
2. Dezember 1998, 5. Sitzung am 27. Januar 1999,
7. Sitzung am 3. März 1999, 11. Sitzung am 20. April
1999, 13. Sitzung am 1. Juni 1999 und 15. Sitzung am
16. Juni 1999 mit dem Denkmal für die ermordeten Ju-
den befaßt.
Die 7. Sitzung wurde als öffentliche Anhörung durchge-
führt, die den Sachstand der Beratungen der Findungs-
kommission und der Auslober des 2. Wettbewerbs für
ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas und
mögliche Hinweise für das weitere Vorgehen des Deut-
schen Bundestages ermitteln sollte. Als Sachverständige
nahmen in dieser Anhörung Stellung Prof. Dr. Ronte,
Prof. Dr. Stölzl, Lea Rosh, Dr. Hans-Jochen Vogel, Prof.
Dr. James E. Young, Dr. Salomon Korn, Dr. Moshe
Zuckermann, Dr. Oscar Schneider, Prof. Josef Paul
Kleihues, Prof. György Konrád, Staatsminister Dr. Mi-
chael Naumann, Senator Peter Radunski.
In dieser öffentlichen Anhörung sprachen sich die Mit-
glieder der Findungskommission des erweiterten Wett-
bewerbs einvernehmlich für den überarbeiteten Entwurf
von Peter Eisenman („Eisenman II“) aus.
Die 11. Sitzung wurde als öffentliche Sitzung im
Reichstagsgebäude in Berlin durchgeführt; sie diente dem
Gespräch mit Leitern von Gedenkstätten zur Frage der
Einbindung eines Denkmals für die ermordeten Juden
Europas in die bestehende Struktur von Gedenkstätten.
Vom 21. Januar bis 5. Februar 1999 wurden auf Veran-
lassung des Ausschusses die Modelle der vier Projekte
ausgestellt, die aus dem erweiterten Wettbewerb für die
Realisierungsphase ausgewählt worden waren; außerdem
wurde das von Peter Eisenman in Absprache mit Staats-
minister Dr. Michael Naumann entworfene Modell aus-
gestellt.
Die Anträge in den Drucksachen 14/941, 14/942, 14/943,
14/944, 14/965 und 14/981 wurden vom 14. Deutschen
Bundestag in seiner 39. Sitzung am 6. Mai 1999 in erster
Lesung ohne Debatte dem Ausschuß für Kultur und Me-
dien zur federführenden Beratung überwiesen. Zur Mit-
beratung wurden sie an den Innenausschuß, den Finanz-
ausschuß, den Ausschuß für Angelegenheiten der neuen
Länder und an den Haushaltsausschuß überwiesen.

Der Innenausschuß, der Finanzausschuß und der Haus-
haltsausschuß haben in ihrer Sitzung am 16. Juni 1999
mitgeteilt, daß sie jeweils einvernehmlich auf eine Mit-
beratung verzichten.
Der Ausschuß für Angelegenheiten der neuen Länder
hat ebenfalls am 16. Juni 1999 mitgeteilt, daß er auf die
Beratung der Vorlagen verzichte und dem federführen-
den Ausschuß empfehle, ein Votum zu den Vorlagen den
individuellen Abstimmungen im Plenum des Deutschen
Bundestages anheimzustellen.
In seiner Sitzung am 16. Juni 1999 hat der Ausschuß für
Kultur und Medien die Anträge abschließend beraten.
Grundlage der Beratung war der Entwurf einer Be-
schlußempfehlung auf der Basis des Antrags 14/943, der
von den Koalitionsfraktionen vorgelegt wurde und der
zur Frage der Gestaltung des Mahnmals eine Entschei-
dung des Plenums zwischen dem Entwurf von Eisenman
(Eisenman II) und der Konzeption von Richard Schröder
empfiehlt.
In kontroverser Diskussion wurde diese Beschlußemp-
fehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der PDS gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und F.D.P. angenommen.
Die Anträge 14/941, 14/942, 14/944, 14/965 und 14/981
wurden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und bei Ent-
haltung der Fraktionen der F.D.P. und PDS für erledigt
erklärt.
Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. erhoben Ein-
wände gegen die Vorlage einer Beschlußempfehlung auf
der Basis des Antrags in Drucksache 14/943 und gegen
das Verfahren, im Falle einer mangelnden Zustimmung
zur beantragten Abweichung von der Geschäftsordnung
hilfsweise eine Beschlußempfehlung auszusprechen, die
nur noch den Vorschlag enthält, das Projekt von Eisen-
man zu realisieren.
Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. sprachen sich
dafür aus, dem Plenum auch in der Frage, ob ein Denk-
mal errichtet werden soll, ob es den ermordeten Juden
Europas oder ausdrücklich auch den anderen Opfern ge-
widmet sein soll und ob die Auslober der bisherigen
Wettbewerbe oder eine zu gründende Stiftung den Be-
schluß des Deutschen Bundestages umsetzen soll, Alter-
nativen zur Beschlußfassung vorzulegen.

Bonn, den 16. Juni 1999

Gert Weisskirchen Dr. Norbert Lammert Dr. Antje Vollmer
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin
Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Dr. Heinrich Fink
Berichterstatter Berichterstatter

Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
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