BT-Drucksache 14/1186

Sicherung des agrarsozialen Systems

Vom 15. Juni 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1186
15. 06. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Albert Deß, Peter Bleser, Peter H.
Carstensen (Nordstrand), Gottfried Haschke (Großhennersdorf), Siegfried Hornung,
Meinolf Michels, Franz Obermeier, Norbert Schindler, Wolfgang Steiger und der
Fraktion der CDU/CSU

Sicherung des agrarsozialen Systems

Die soziale Sicherheit für die in der Landwirtschaft tätigen Menschen war
früher keineswegs selbstverständlich. Erst mit Beginn der 50er Jahre hat
sich die Agrarsozialpolitik Schritt für Schritt zu den wichtigsten Säulen
der nationalen Agrarpolitik entwickelt.

Neben vielen Übereinstimmungen mit den Sozialversicherungssystemen
der übrigen Bevölkerung weist die landwirtschaftliche Sozialversicherung
einige wichtige Besonderheiten auf:

— Die Beiträge und Leistungen sind auf die Lebens- und Arbeits-
verhältnisse der bäuerlichen Familien zugeschnitten.

— Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wird über dieses System so-
zial abgefedert.

— Durch die starke Beteiligung des Staates an der Finanzierung werden
die bäuerlichen Familien beträchtlich von Sozialabgaben entlastet. Da-
mit ist die Agrarsozialpolitik einkommenspolitisch von großer Bedeu-
tung.

Mit dem Agrarsozialreformgesetz vom 1. Januar 1995 wurde das agrarso-
ziale Sicherungssystem in folgenden Punkten entscheidend verbessert:

— Mit der eingeführten Defizitdeckung übernimmt der Staat die Folgen
dafür, daß den Leistungsempfängern immer weniger Beitragszahler
gegenüberstehen.

— Mit der Einführung einer eigenständigen sozialen Sicherung haben die
Bäuerinnen einen eigenen Anspruch auf Altersrente und erstmals eine
eigene Absicherung für den Fall einer Erwerbsunfähigkeit erworben.

— Mit der Überleitung der landwirtschaftsspezifischen Alterssicherungs-
systeme auf die neuen Bundesländer besteht eine einheitliche agrar-
soziale Sicherung in ganz Deutschland.

Seit 1963 werden jährlich zweckgebundene Zuschüsse des Bundes an die
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften als Träger der landwirt-
schaftlichen Unfallversicherung gewährt. In der 13. Legislaturperiode

konnten trotz der angespannten Haushaltssituation durchgehend jährlich
Bundesmittel in Höhe von 615 Mio. DM bereitgestellt werden. Im Haus-
halt für 1999 wurde der staatliche Zuschuß erstmals um 65 Mio. DM ge-
kürzt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie steht die Bundesregierung zum gegenwärtigen agrarsozialen Sy-
stem, das die jetzige Koalition sowohl im Deutschen Bundestag als
auch im Bundesrat 1995 mitgestaltet und unterstützt hat?

2. Plant die Bundesregierung Änderungen in Einzelbereichen des agrar-
sozialen Systems?

3. a) Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Sonderbe-
richt des Bundesrechnungshofes zur Neuorganisation der agrar-
sozialen Sicherung?

b) Bleibt die Bundesregierung beim bewährten System der Selbst-
verwaltung?

4. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung im Hinblick auf das
wachsende Mißverhältnis zwischen Beitragszahlern und Leistungs-
empfängern?

5. a) Plant die Bundesregierung angesichts der angekündigten Kür-
zungen im Bundeshaushalt weitere Einsparungen im agrarsozialen
Sicherungssystem?

b) Wenn ja, in welchen Bereichen und in welcher Höhe?

c) Wie wirkt sich dies auf die Beiträge zur Alters-, Kranken- und
Unfallversicherung aus?

d) Wie wirkt sich die bereits vorgenommene Kürzung der staatlichen
Zuschüsse für die Unfallversicherung auf die Höhe der Beitrags-
sätze bei den einzelnen Trägern der Berufsgenossenschaften in den
nächsten Jahren aus?

6. a) Wie steht die Bundesregierung zur eigenständigen Sicherung der
Bäuerinnen?

b) Garantiert die Bundesregierung ihren Fortbestand?

7. Garantiert die Bundesregierung wie bisher die Sicherung des An-
spruchs auf Arbeitslosengeld für Nebenerwerbslandwirte und mitar-
beitende Familienangehörige bei Verlust ihrer versicherungspflich-
tigen Hauptbeschäftigung?

8. Nutzt die Bundesregierung auch in Zukunft uneingeschränkt die von
der EU-Kommission zugestandene Möglichkeit, im Rahmen des
„Lohnkostenzuschusses Ost“ die zusätzliche Beschäftigung arbeits-
loser Arbeitnehmer in der Landwirtschaft zu fördern?

Drucksache 14/1186 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

9. Plant die Bundesregierung eine zusätzliche Vorruhestandsregelung zur
Abfederung des agendabedingten beschleunigten Strukturwandels,
ohne die anderen Sozialbereiche zu schmälern?

Bonn, den 15. Juni 1999

Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Albert Deß
Peter Bleser
Peter H. Carstensen (Nordstrand)
Gottfried Haschke (Großhennersdorf)
Siegfried Hornung
Meinolf Michels
Franz Obermeier
Norbert Schindler
Wolfgang Steiger
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

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