BT-Drucksache 14/1183

Anerkennung eines Asylanspruchs für jugoslawische Deserteure und Kriegsdienstverweigerer

Vom 17. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1183
14. Wahlperiode

17. 06. 99

Antrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Anerkennung eines Asylanspruchs für jugoslawische Deserteure und
Kriegsdienstverweigerer

Der Bundestag wolle beschließen.

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Serbische Deserteure und Kriegsdienstverweigerer haben bisher keinen An-
spruch auf Asyl.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
Umgehend die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, daß Deserteure
und Kriegsdienstverweigerer aus der Bundesrepublik Jugoslawien einen An-
spruch auf Asyl erhalten.

Bonn, den 17. Juni 1999
Ulla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung
Die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ äußerte in einer Stellungnahme zum
Kosovo-Krieg: „Wenig Beachtung wird von der Politik und Öffentlichkeit
bislang der Situation derer entgegengebracht, die sich der Teilnahme an
Krieg und Vertreibung auf serbischer Seite zu entziehen versuchen, indem
sie den Gestellungsbefehlen nicht Folge leisten, den Kriegsdienst verwei-
gern oder aus der Armee desertieren. Viele von ihnen sind in Jugoslawien
untergetaucht oder in Nachbarländer geflüchtet. Es ist möglich, daß das Ri-
siko für diejenigen, die wegen dieser Delikte vor Gericht gestellt werden,
größer ist als während des Krieges in Bosnien. Es ist nicht nur moralische
Pflicht der Regierungen der europäischen Staaten, sondern auch in ihrem
ureigensten Interesse, daß denjenigen, die sich der Teilnahme am Krieg ver-
weigern, der Schutz des Asylrechts gewährt wird. Bereits im Jahre 1993
während des Bosnienkrieges hat sich das Europäische Parlament in einer

Entschließung für eine Unterstützung von Deserteuren und Kriegsdienst-
verweigerung im ehemaligen Jugoslawien eingesetzt. Es ist an der Zeit, im
Geiste dieser Entschließung die Desertation von Angehörigen der serbischen
Streitkräfte zu unterstützen, indem ihnen ein gesicherter Status versprochen
wird.“ (Pro Asyl, Eckpunkte und Forderungen für die Aufnahme von Flücht-
lingen aus dem Kosovo in der Bundesrepublik Deutschland, 30. April 1999,
S. 10).
In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 21. April 1999 – also am
28. Tage des NATO-Krieges gegen Jugoslawien – stellte der Abgeordnete
Dr. Heinrich Fink die Frage, auf welche Weise die Bundesregierung beab-
sichtige, mit den jugoslawischen Deserteuren umzugehen. Die Bundesre-
gierung antwortete: „Die Bundesregierung beabsichtigt keine von den gel-
tenden gesetzlichen Regelungen abweichende Behandlung der
jugoslawischen Deserteure. Wenn die Betroffenen Asyl beantragen, wird ihr
Vorbringen im Rahmen des Asylverfahrens geprüft und nach den einschlä-
gigen Regelungen entschieden. Falls sie kein Asyl beantragen und nach
Deutschland einreisen wollen, müssen sie zu diesem Zweck das Visumver-
fahren beschreiten. Sind sie bereits in Deutschland aufhältig, unterliegen sie
den allgemeinen ausländerrechtlichen Regelungen. Im Rahmen dieser Re-
gelungen wird von den zuständigen Stellen auch ein eventueller Abschie-
bungsschutz oder das Vorliegen von Abschiebungshindernissen geprüft.“
(Protokoll Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, 34. Sitzung am 21.April
1999, S. 2751)
Bisher ist es noch so, daß Deserteure der jugoslawischen Armee in der Bun-
desrepublik Deutschland prinzipiell kein Asyl erhalten. Die Zeitung „ana-
lyse und kritik“ zitiert aus einem Memorandum der IALANA (Juristinnen
und Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen): „Deser-
teure aus der serbischen Armee erhalten in der Bundesrepublik Deutschland
und anderen europäischen Ländern keine Anerkennung als politische Flücht-
linge mit der Begründung, ,wer aus der serbischen Armee oder den serbi-
schen Sonderpolizeieinheiten desertiere und deshalb bestraft werde, werde
nicht politisch verfolgt: denn Deserteure würden in jedem Land der Welt (zu
recht) bestraft‘.“ (ak Nr. 426, 14. Mai 1999)

Drucksache 14/1183 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.