BT-Drucksache 14/1182

Keine Zurückweisung von Kosovo-Flüchtlingen an den Grenzen, die Erteilung von Visa für Familienangehörige, sowie unbürokratische Ausstellung von Reisedokumenten und Aufnahme und Schutz von unbegleiteten Flüchtlings- und Waisenkindern

Vom 17. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1182
14. Wahlperiode

17. 06. 99

Antrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS

Keine Zurückweisung von Kosovo-Flüchtlingen an den Grenzen, die Erteilung
von Visa für Familienangehörige sowie unbürokratische Ausstellung von
Reisedokumenten und Aufnahme und Schutz von unbegleiteten Flüchtlings-
und Waisenkindern

Der Bundestag wolle beschließen.

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Weiterhin werden Ko s ovo-Albanerinnen und -Albaner an den deutschen
Grenzen zurückgewiesen. Visa für Ko s ovo-Flüchtlinge, die Angehörige in
Deutschland haben, werden kaum erteilt. Unbegleitete Flüchtlings- und Wa i-
senkinder bedürfen dringend einer Aufnahme und eines besonderen Schutzes.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
– dafür zu sorgen, daß gegenwärtig keine Kosovo-Flüchtlinge an den deut-

schen Grenzen zurückgewiesen werden;
– das Auswärtige Amt und die Auslandsvertretungen insbesondere in Ti-

rana und Skopje anzuweisen, Visa an jene Personen zu erteilen, die nahe
Familienangehörige (Eltern, Kinder und Ehegatten generell, weitere Ver-
wandte, sofern sie infolge von Krankheit oder besonderer Umstände
hilfsbedürftig sind) in Deutschland haben;

– gemäß § 15 Abs. 4 DVAuslG Reisedokumente für Kosovoflüchtlinge
auszustellen, da nur so eine Einreise ins Bundesgebiet ermöglicht wer-
den kann; das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern
werden gebeten, die nach § 16 DVAuslG erforderliche Zustimmung in
diesen Fällen generell zu erklären. Dies ist notwendig, da vielen Flücht-
lingen seitens der serbischen Milizen die Personalpapiere abgenommen
wurden bzw. die Dokumente aufgrund anderer Fluchtumstände verlo-
rengegangen sind;

– Kinder, die von ihren Familien getrennt wurden oder ihre Eltern und An-
gehörigen verloren haben, sollen in Deutschland nach den Bestimmun-
gen der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen Aufnahme und
Schutz finden.

Bonn, den 17. Juni 1999
Ulla Jelpke
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung
„Pro Asyl“ schreibt in der Erklärung „Eckpunkte und Forderungen für die
Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Kosovo in der Bundesrepublik
Deutschland“:
„Weiterhin werden an den deutschen Grenzen und aus dem grenznahen Be-
reich Kosovo-Albanerinnen und -Albaner in Drittstaaten zurückgeschoben,
ohne daß eine Prüfung irgendeiner Art stattfindet. Dies gilt auch für Men-
schen, die sich auf eigene Faust auf dem Landweg nach Deutschland durch-
geschlagen haben und Asyl beantragen wollen. Die sog. Drittstaatenrege-
lung, die jede Individualprüfung ausschließt, erweist sich in der jetzigen
Situation einmal mehr als Instrument, das unnötiges Leid verursacht.
Bei „Pro Asyl“, den Flüchtlingsräten und den Initiativen vor Ort melden sich
zunehmend verzweifelte Menschen, deren Angehörige aus dem Kosovo ver-
trieben wurden und die, oftmals mit nichts als den Kleidern am Leib, Hilfe
durch die in Deutschland lebenden Angehörigen erwarten. Die bisherige
Praxis macht eine solche familiäre Hilfestellung praktisch unmöglich; Visa
werden kaum erteilt. Es ist nachvollziehbar, daß die in Deutschland leben-
den Kosovaren alle Versuche unternehmen, ihren oft kranken Familienan-
gehörigen aus den katastrophalen Lebensbedingungen herauszuhelfen und
in Deutschland in Sicherheit zu bringen. Durch bürokratische Schwierig-
keiten lassen sie sich von dieser menschlich und familiär geschuldeten Le-
benshilfe für die Angehörigen nicht abbringen.“ Pro Asyl bittet deshalb das
Auswärtige Amt, die Auslandsvertretungen in den betroffenen Gebieten
Visa an Personen zu erteilen, die Angehörige in Deutschland haben.
„Pro Asyl“ schreibt weiter: „Kinder sind von den Erfahrungen der Vertrei-
bung und Verfolgung, von den Strapazen der Flucht und der Ungewißheit
über ihre Zukunft besonders gezeichnet. Viele sind krank, völlig erschöpft,
verängstigt und traumatisiert. Viele Familien wurden auseinandergerissen;
viele Kinder haben Eltern und Angehörige verloren. Ihnen kann unter den
Bedingungen der Überlastung und Überforderung vor Ort nicht in jedem
Fall im notwendigen Umfang geholfen werden. Insbesondere körperlich und
psychisch schwer traumatisierte Kinder, die von ihren Eltern getrennt wur-
den oder ihre Eltern und Angehörigen verloren haben, sollten – auch – in
Deutschland nach den Bestimmungen der Kinderrechtskonvention der Ver-
einten Nationen Aufnahme und Schutz finden, da hier die notwendige In-
frastruktur und die therapeutischen Voraussetzungen für eine entsprechen-
de Versorgung vorhanden sind“.

Drucksache 14/1182 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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